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Interview mit Msgr. Albacete
Gott und das Ritz
Maurizio Maniscalco

Die wichtigsten Fernsehkanäle laden ihn ein, New York Times veröffentlicht seine Kommentare. Die Rede ist von Mosignore Lorenzo Albacete. Gerade hat er ein Buch veröffentlicht mit Gedanken über wichtige Fragen unserer Tage. Gestellt haben sie ihm Journalisten in dem kalifornischen Hotel. Im Folgenden ein Gespräch des Herausgebers mit dem Autor.

Albacete ist ein besonderer Freund und ein sicherer und verlässlicher Wegweiser. Für mich persönlich ist er häufig auch Reisebegleiter bei unseren Abenteuern mit CL in den Staaten, die uns zu den unglaublichsten Orten des Landes führen. Hier in Amerika kennt jeder Albacete. Nun ja, vielleicht nicht jeder; denn immerhin gibt es 300 Millionen von uns. Doch immerhin eine ganze Menge Leute kennen ihn. Und nicht nur Leute aus der kirchlichen Welt. Monsignore Albacete erscheint im Fernsehen, auf PBS, und der allseits berühmte CNN wandte sich an ihn, als beispielsweise die Pädophilievorwürfe die wichtigste Sache auf der Welt zu sein schienen. Lorenzo schreibt auch für die Wochenzeitschrift New York Times Magazine, aber nicht nur.
Doch ein Buch wie dieses hat er noch nie geschrieben. `Gott und das Ritz' [einem bekannten Hotel, A.d.Ü.] lautet der Titel mit zwei Untertiteln, die neugierig machen: `Von der Anziehungskraft des Unendlichen', und darunter: `Ein Priester und Physiker über Wissenschaft, Sex, Politik und Religion'.
Das Buch besteht aus Überlegungen und Erfahrungen. Lorenzo äußert sich in jeweils höchstens zwei, drei oder vier Seiten zu einem Thema - mit der ihm eigenen Lust am Erzählen, mit Sachkenntnis und der ihm eigenen Dosis Selbstironie, die einem sogar bei heißen Eisen ein Schmunzeln entlocken kann. Hier einige Kostproben aus dem Inhaltsverzeichnis: `Puerto-ricanische Ansichten', `Den Würmern entkommen`, `Das Unendliche verfluchen?', `Alles ist Gnade', `Sterndeutung', `Sex nach dem Tode?', `Kostenloses Innenstadt-Parken', `Von den Gefahren der Religion', `Ist Offenbarung vernünftig?', `Anbetung ...'
Mit einem Wort: man bekommt Lust, gleich mit dem Lesen zu beginnen und mit Lorenzo ins Gespräch zu kommen über das, was er schreibt.
Frage: Du hast also ein Buch geschrieben. Du bist Priester und als solcher hast du Verpflichtungen, hältst Einkehrtage und geistliche Exerzitien. Aber du warst auch viele Jahre lang Lehrer, du schreibst Zeitungsartikel, hältst Reden und Vorträge. Warum jetzt ein Buch? Wozu?
Antwort: `Las malas lenguas', wie wir in Puerto Rico sagen (böse Zungen, also Leute, die Geschwätz mögen), würden sagen, dass ich das Buch geschrieben hätte, weil ich hinter dem Geld her wäre. Sie irren sich. Ich verweise hier auf eine New Yorker Karikatur, die im Buch erwähnt wird, eine Karikatur über zwei Pilgerväter, die auf der Mayflower nach Amerika kommen, und von denen der eine zum anderen sagt: `Ich komme wegen der religiösen Freiheit, aber ich denke auch an eine Immobilie.' Ich würde also sagen, dass ich das Buch geschrieben habe `zur Ehre Gottes, aber ich hoffe, auch ein bisschen Geld damit zu verdienen.'

F: Fangen wir beim Titel an: `Gott und das Ritz'. Ist Gott momentan dort abgestiegen?
A: `Gott ist alles in allem', einschließlich des Ritz Carlton Hotels in Pasadena, Kalifornien, das jenes `Ritz' ist, auf das sich der Titel bezieht. Offen gesagt würde ich sehr gerne Gott in allen Ritz Carlton Hotels treffen! Aber der Titel bezieht sich auf eine Erfahrung, die ich im Ritz in Pasadena gemacht habe, wo ich hingegangen war, um Fragen von Medienkritikern aus dem ganzen Land zu beantworten, Fragen bezüglich einer PBS Fernsehsendung über den Einfluss von Leben und Werk von Johannes Paul II. Ich bekam einige Fragen zu diesem Thema gestellt, aber die meisten wollten einfach wissen, ob es vernünftig sei, in der heutigen Zeit an einen Gott zu glauben. Unerwarteterweise fand ich mich in der misslichen Lage, im Namen Gottes antworten zu müssen und stellvertretend für die gesamte Religionsgeschichte der Menschheit. Ich schlug mich, so gut es unter diesen Umständen möglich war, aber dachte mir auch, dass ich in einem Buch nochmal auf die Hauptfragen zu sprechen kommen sollte, um mit größerer Präzision und Gedankenschärfe zu antworten. Darum ging es mir. Was dabei rauskam ist, so denke ich, eine Art post-moderner Apologetik für Menschen zwischen Unglauben und Glauben.
F: Gleich nach dem Titel und vor allem anderen findet sich ein Hinweis auf Don Giussani.
A: Ich widmete dieses Buch Don Giussani, weil ich inmitten der Befragung an ihn denken musste und an das, was ich von ihm gelernt habe. In erster Linie habe ich von ihm gelernt, an nichts anderes als an die Sehnsüchte des Herzens zu appellieren und die Erfahrung dieser Sehnsüchte, die wir alle gemeinsam haben. `Bösen Zungen' würden sagen, dass dieses Buch nichts anderes ist als die ultimative Vereinfachung des Denkens von Don Giussani, aber schon das wäre eine große Ehre und Freude für mich!

F: All das, worüber du schreibst - du legst Wert darauf, das zu betonen - sind irgenwie reale Geschichten, in denen Menschen entdecken, dass sie sich mit den `großen Fragen' beschäftigen. Können wir sie die `Worum-es-im-Leben-geht-Fragen' nennen? Stellen sich auch Leute, die im Ritz wohnen, diese Fragen?
A: Ja, so kann man das nennen. Aber mein Publikum waren nicht die Leute, die im Ritz wohnen. Mein Publikum war dort eigentlich ebenso deplaziert, wie ich es war. Wir wohnten dort nur dank der `dicken Dollars' der Medien-Imperien. Meine Zuhörer waren hauptsächlich Journalisten, die sich mit den Unterhaltungsmedien beschäftigen. Ja, und die stellten ganz selbstverständlich diese Fragen.

F: Das sind also jene Leute, die - um deine Puerto-ricanischen Worte zu verwenden - dich auffressen könnten wie es eine `gallina' (Huhn) tun könnte mit einer `cucaracha' (Kakerlake). Stattdessen ...
A: Stattdessen fand ich heraus, dass wir alle `cucarachas' sind in einer Welt, die droht, uns aufzufressen; und wir müssen wissen, wie wir den Kampf gewinnen können.

F: Die Seiten über das Leiden gehören zu denen, die mich am meisten getroffen haben, weil offensichtlich ist, dass du selbst auf diesen Seiten zum Vorschein kommst - mit deiner ganzen menschlichen Schwäche, deiner Zärtlichkeit und deinem Glauben. Warum hast du diese Dinge geschrieben?
A: Nochmals: ich schrieb sie als Antwort auf das, was ich gefragt wurde. Und ich schrieb nur das, was ich selbst erfahren habe. Es sind die Kapitel über das Leiden, welche die meisten Reaktionen hervorgerufen haben: Briefe, E-Mails, etc. Es ist erstaunlich, wie sehr so viele leiden beim Versuch, damit klar zu kommen. Leiden ist ein Durst nach Bedeutung, nach Verständnis, nach Solidarität, nach Freundschaft, nach Bejahung. Derjenige, der leidet, möchte sich darin bestätigt sehen, dass er oder sie nicht verrückt ist oder schuldig, kein vom Leben Ausgestoßener. Ich versuchte, ihnen zu zeigen, wie Leiden ein Ausgangspunkt sein kann für eine Begegnung mit der Barmherzigkeit als dem Ursprung und der Bestimmung des Lebens.

F: Was wünschst Du Dir, sollte im Herzen der Leser hängen bleiben?
A: Die Hoffnung, die ihnen Anlass zu weiterem Fragen geben wird, und dass sie die Erfahrung machen, dass es eine Antwort gibt, die alle Sehnsüchte des Herzens befriedigt.