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Meeting Rimini
Gibt es einen Menschen, der das Leben liebt und sich glückliche Tage wünscht
Giancarlo Cesana

«Gibt es einen Menschen, der das Leben liebt und sich glückliche Tage wünscht?» Ich: Ich wünsche mir das! Wenn man an das Glück denkt, denkt man an das, was man sich wünscht und von dem man hofft, dass es Wirklichkeit werde. Wie oft aber kommt es dann anders! Und wie schwer tun wir uns mit diesem anderen! Wie oft lehnen wir uns dann auf und beschließen zu träumen! Glücklich sein zu wollen bedeutet für mich, es jetzt sein zu wollen, mit dem, was ich habe, und nicht, die Zeit als eine unbestimmte Zwischenzeit zu leben, die mich von dem trennt, was ich erwarte. Wenngleich mein Leben auf eine endgültige und vollständige Erfüllung ausgerichtet ist, so habe ich doch das Bedürfnis, schon in diesem Leben damit anzufangen, es zu genießen, und darum kann ich nicht umhin, mich dem zu stellen, was ich jetzt habe. Sich stellen, betrachten, annehmen,lieben und sich danach zu sehnen, von dem auszugehen, was uns gegeben ist: dies ist die Berufung. Sie besteht in dem Bewusstsein, dass das, was in meinem Leben geschehen ist, einem Ziel dient, dass man in diesem Leben einen Beitrag zum Wohl seiner selbst und der anderen leistet. Soll dieses Bewusstsein in mehr als leeren Worten bestehen, dann muss es mich dazu veranlassen, das Glücklichsein auszuprobieren, und zwar jetzt. Auszuprobieren im Sinne von `sein Glück versuchen', und das heißt auch, auszuloten und zu genießen, was man jeweils als wahr entdeckt. Die Berufung - die das eigentliche Thema des kommenden Meetings ist - ist die Voraussetzung, um glücklich sein zu können, denn ohne Ziel und Aufgabe kann niemand etwas aufbauen, oder besser gesagt: was hätte man dann davon, sich Mühe zu geben, sich anzustrengen und sich für etwas einzusetzen? Glücklich ist man in dem Maße, in dem man zu jemandem gemacht wird, dessen freie Initiative unersetzlich ist, in dem Maße also, in dem man zum «Besitzer» der Wirklichkeit wird, in der man lebt. Nur der kann behaupten, er besitze etwas, der in Empfang zu nehmen versteht - im Gegensatz zur vorherrschenden Mentalität,die das Empfangen für etwas rein Passives hält und in ihm nicht das aktive Tun einer Person sieht, die an sich drückt, die liebt und aufzuwerten bemüht ist, was sie erhalten hat. So bildet sich ein ganz anderes Verständnis heraus: um annehmen zu können, muss man staunen können und darf sich nicht vom Instinkt leiten lassen. Das jeweils andere anzuerkennen, das Geheimnis anzuerkennen, das wir nicht gemacht haben,führt zur Selbsthingabe, es verlangt von uns, den instinktiven Reflex zu opfern, in dem wir alles an uns zu reissen versucht sind, was uns umgibt.

Der Titel dieses Meetings scheint mir wirklich die Herausforderung des Christentums auf den Punkt zu bringen: Gott ist Fleisch geworden und wohnt unter uns. Das heißt: das Unmögliche kann geschehen, denn es ist bereits geschehen. Also kann man das Unmögliche ersehnen, etwa auch glücklich zu sein trotz des Übels, trotz der Dramatik des Lebens.