Meeting Rimini
Wie es zum diesjäährige Thema des Meetings aufkam
Marco Lepori
Das Thema entstammt der Regel des heiligen Benedikt, der einem Mönch,
der zum erstenmal im Kloster vorstellig wird, den Psalm 34 vorliest, in
dem Gott fragt:«Gibt es einen Menschen, der das Leben liebt und
sich glückliche Tage wünscht?»Antwortet der
Postulant «ich» , dann folgt der ganze Rest der Regel. Der
Titel ist hochaktuell. Ich glaube nämlich, dass die äußerst
entschiedene Haltung des Papstes gegen den Irakkrieg -gegen alle
Kriege, aber insbesondere gegen diesen -auf der Erkenntnis
beruht, dass so ein Krieg in gewissem Sinne die Sehnsucht nach
Leben, die Ideale der Völker abtötet. Soldaten um eines
Machtkalküls willen in den Krieg zu schicken, zeigt, dass es in
all dem nicht um den Menschen geht, dass die Sehnsucht des Menschen
nach Leben nicht mehr geachtet wird, nicht mehr im Mittelpunkt
steht.
Gibt es heute diesen Menschen, der das Glück will, für es kämpft?
Wichtig ist, dass die Antwort «ich» lautet, das heißt, dass
ein jeder diese Frage mit «ich» beantwortet:dass jeder
selbst dieser Mensch sein will: das ist das wesentliche, man kann den
Papst einen guten Mann sein lassen, doch wenn ich nicht jener Mensch
werde, der das Leben liebt und sich glückliche Tage wünscht, dann
nützt es mir überhaupt nichts, dass der Papst so ist, es
würde mir noch nicht einmal nützen, dass Jesus Christus
gekommen, am Kreuz gestorben und auferstanden ist. Es kommt darauf an,
zu verstehen, dass die wichtigste Antwort «ich» ist, «ich
»natürlich nicht allein, aber dass ich diesen Wunsch
aufnehme und ihn lebe für die Wahrheit meiner Menschlichkeit
und folglich für die Wahrheit aller Menschlichkeit der
Welt. Die Welt hängt von jedem von uns ab:dass die Welt anders
wird, hängt von mir ab, von der Bitte eines jeden von uns. Wenn
man begreift, dass die Wahrheit des Lebens im Bitten besteht, dass
das Heil von einem Anderen kommt, dann versteht man auch, wie wichtig die
Bitte eines jeden ist:wenn das Heil nämlich von einem Anderen
abhängt, dann genügt meine Bitte, meine Empfänglichkeit:
das ist die Logik der Muttergottes. Denn wenn es ein Anderer ist, der die
ganze Welt rettet, dann sucht er geheimnisvollerweise eine Person, die
«ja» sagt. Offenbar müssen wir alle diese Person sein,
aber die Logik der Verantwortung ist eine persönliche:wenn ich
wirklich meine Grenzen sehe, dass ich die Welt nicht retten, nicht
ändern kann, diesen Krieg nicht aufhalten kann, und weiß,
dass der Retter wirklich die Welt retten kann, dann kommt es auf meine
Antwort an;in der Tat bittet der Papst alle um ihr Gebet, er bittet
nicht allein die Klöster, er bittet nicht einmal nur die
Katholiken, in gewissem Sinne, sondern er bittet einen jeden darum, er
schlägt es vor als Wahrheit für das Heil der Welt, als
Wahrheit auch in der Welt, gegenüber der Welt.
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