Charisma und Berufung - Gespräch mit Paolo Sottopietra
Priesterbruderschaft der Missionare vom heiligen Karl Borromäus Im Dienst der Kirche
Luca Doninelli
Vor mehr als 30 Jahren begann Don Massimo Camisasca seinen Berufungsweg
in einem Priesterseminar in Bergamo. Heute ist die von ihm gegründete
Priesterbruderschaft der Missionare vom heiligen Karl Borromäus mit ihren
Priestern in 14 Ländern der Welt vertreten. Ein Gespräch mit
Don Paolo Sottopietra
Unter welchen Umständen wurde die Idee der Priesterbruderschaft vom
Heiligen Karl geboren?
Die Ursprünge liegen in weiter Ferne
und sind eng mit den Begebenheiten der Berufung von Don Massimo Camisasca
verflochten. In seinen Gesprächen mit Don Giussani während der
Studienzeit war er zu der Entscheidung gekommen, in eine Priestergemeinschaft
einzutreten. Er orientierte sich zunächst an den Dominikanern, von denen
er jedoch enttäuscht war. Daher bat er 1972 um Eintritt in das
Priesterseminar von Venegono, wurde jedoch abgelehnt. Das vermittelt uns eine
Ahnung davon, welche Spannungen es damals in der Diözese Mailand gab,
wenn man sich zur Bewegung von CL bekannte.
Schließlich fand er Aufnahme in einer missionarischen Gemeinschaft, die
vom Bischof von Bergamo geleitet wurde und das Ziel hatte, den an Priestern
weniger reichen Diözesen Italiens zu helfen. In dieser Gemeinschaft mit
Namen „Vom Paradies“, benannt nach der Straße, in der sie
ihren Sitz hatte, wurde er 1975 zum Priester geweiht.
Man könnte sagen, daß die
Bruderschaft vom heiligen Karl dort, in der Freundschaft zwischen Don Massimo
und einigen Gefährten ihren Ursprung hat, die Don Giussani ebenfalls nach
Bergamo geschickt hatte. In dieser Gruppe von Freunden reifte die Idee einer
neuen Wirklichkeit, die der Bewegung und der Kirche als missionarische
Institution dienen sollte.
War die Richtung, in die dieser Dienst gehen sollte, von Anfang an klar?
Der Wunsch gemeinsam zu leben, um sich gegenseitig auf dem Weg der gemeinsamen
Berufung zu unterstützen, die persönliche Bereitschaft zur Mission
auf der ganzen Welt und der Wunsch nach einem Priestertum, das durch das Charisma
von Don Giussani geprägt wird: das sind die Werte, die in der Bruderschaft
vom heiligen Karl immer die Grundsteine sein werden. Noch heute sind dies unsere
drei tragenden Säulen, wie der Name sagt, den wir uns gegeben haben:
Missionspriesterbruderschaft.
Dann entstand das Seminar...
1984 hielten Don Giussani und Don Massimo
die Zeit für reif dafür. Mit sechs Gefährten, die ihm aus
Bergamo gefolgt waren, gründete Don Massimo ein Priesterseminar in Rom,
das in der Via Liberiana 21 eröffnet wurde. Es war der 14. September 1985,
vor fast 20 Jahren. Vier Jahre später wird diese Vereinigung von Kardinal
Poletti als Institut nach Diözesanrecht anerkannt und 1999 von Johannes
Paul II. als Institut des päpstlichen Rechts.
Wie würdest Du das Charisma beschreiben, das die Bruderschaft vom
heiligen Karl antreibt? Mit anderen Worten: wie würdest Du die Beziehung
zwischen der Erfahrung der Fraternität von CL und Eurem Werk beschreiben?
Unser Charisma ist das der Bewegung von CL. Alle Mitglieder der Fraternität
sind der Bewegung begegnet, gehören zu ihr und sind darin in ihrer
Berufung gereift. Ein junger Mann, der um Aufnahme in unser Seminar bittet,
wünscht sich daher vor allem einen Vorschlag der Erziehung und Ausbildung
zum Priester, der eine Fortsetzung der Erfahrung ist, die er bereits in seiner
Ursprungsgemeinschaft gemacht hat, die in der Regel eine Gemeinschaft in der
Universität war. Nach der Priesterweihe und der Aussendung in die Mission
nehmen wir wie alle am Leben der Gemeinschaften der Bewegung vor Ort teil, zu
denen wir gehören wollen und in denen wir weiter reifen wollen. Jeder von
uns wünscht, der Kirche in der Art von Gegenwart unter den Menschen zu
dienen (dem “Temperament” würde Don Giussani sagen), die uns
angezogen und erobert hat. Don Massimo wiederholt uns oft, daß wir
gesandt sind, um zu allen in derjenigen Art zu sprechen, die wir von Don
Giussani gelernt haben. Durch die Aufgaben, die uns die Bischöfe in den
Diözesen anvertrauen, kann das Charisma, das wir geerbt haben, die
unterschiedlichsten Bereiche befruchten und erneuern.
Das Charisma hat allen etwas zu sagen, der ganzen Kirche und
der ganzen Welt: wir arbeiten, damit sich dies erfüllt. Was die juristischen
Beziehungen zur Fraternität von CL betrifft, nehmen wir nach den Statuten,
die von Don Giussani approbiert sind, als Mitglieder an der Internationalen
Diakonie teil, da wir mit Häusern und Missionen in allen Kontinenten
vertreten sind.
Wieso benennt Ihr Euch nach dem heiligen Karl Borromäus?
Wer uns kennt weiß, daß der Hauptpatron der Bruderschaft der heilige
Josef ist, dem besonders all unsere Häuser anvertraut sind.
Der heilige Karl ist nur der Name unserer Bruderschaft. Der Hinweis auf den
großen Mailänder Bischof des 15. Jahrhunderts ist vor allem auf die
persönlichen Erlebnisse Don Massimos vor Gründung der Fraternität
zurückzuführen: der regelmäßige Besuch des Lago Maggiore,
wo seine Familie während des Krieges hinzog und somit die Vertrautheit mit
den Orten der Familie Borromäus und schließlich die Tatsache, daß
er am 4. November, am Gedenktag von Karl Borromäus zum Priester geweiht
wurde.
Vom heiligen Karl haben wir gelernt, seine Liebe zu Christus zu verehren, die ihn
in den schwierigen Jahren, die nach der Beendigung des Konzils von Trient folgten,
zum großen Reformator der Kirche in der Lombardei machte. Der heilige Karl
akzeptierte vor allem die Erneuerung seines Lebens. Aus der Radikalität
seiner Bekehrung entstand seine außergewöhnliche Leidenschaft für
die Menschen, sein Realismus, seine Fähigkeit, Personen zu führen und
Bezugspunkt für das christliche Volk zu sein. Seine Wahl zu unserem Patron
zeigt daher auch unseren Wunsch, daß er von Gott für uns die Gabe der
vollkommenen Hingabe an ihn erbittet.
Die Priesterbruderschaft vom heiligen Karl Borromäus entstand 1985 im Herzen
der Bewegung von CL. Die jungen Priester, die sie, von Giussani dazu ermutigt,
gründeten, wollten sich einander in ihrer Berufung stützen und der
Aufforderung Johannes Paul II. Folge leisten, der bei der Audienz zum 30jährigen
Bestehen von CL am 29. September 1984 die Bewegung aufrief, in alle Welt zu gehen.
Diese Gemeinschaft von Priestern möchte allen Menschen dienen und ist dafür
bereit, dorthin zu gehen, wo die Kirche oder die Bewegung sie braucht, um ihnen mit
priesterlich-missionarischem Schwung die Erfahrung der Bewegung zu ermöglichen.
Außer in Italien ist die Bruderschaft in vierzehn weiteren Ländern
vertreten. Die Priester arbeiten in der Regel in einer Pfarrei, die ihnen
übertragen wird oder lehren an Schulen und Hochschulen.
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