Logo Tracce


AVSI - Ecuador
Lebensnotwendigkeit und ethisches Gebot
Pablo Lucio-Paredes

Land: Ecuador
Stadt: Portoviejo und Quito
Projekt: Es geht um Bildungsmaßnahmen für Eltern und Erziehungshilfen für Kinder. Ferner sollen «Familien-Kindergärten» und Pfarrschulen in sehr isoliert liegenden Orten errichtet sowie die Lebensbedingungen von Familien und bestimmten Wohngebieten verbessert werden.

Ecuador ist ein Land mit schweren wirtschaftlichen und sozialen Problemen. So trägt die Hilfe für die Familien auch zur gesellschaftlichen Entwicklung bei.
«Erziehung ist der Schlüssel zur gesellschaftlichen Entwicklung». Das unterstreicht der Wirtschaftswissenschaftler Pablo Lucio-Paredes aus Ecuador, Vizepräsident der Vereinigung Esquela de la libertad, eine landesweite Vereinigung zur Förderung der Freiheit der Erziehung, der Hunderte von Personen aus der akademischen, politischen und intellektuellen Welt angehören. «Erziehung ist aber nicht nur der Schlüssel zur wirtschaftlichen Entwicklung, sie ermöglicht vor allem ein menschlicheres, vollkommeneres Sein und Empfinden und weitet den Horizont. Der Ausbau der Erziehung ist eine Lebensnotwendigkeit und ein ethisches Gebot». Der Wirtschaftsfachmann hat keinen Zweifel: «Der Faktor Erziehung spielt an vielen Stellen des Wirtschaftskreislaufs eine Rolle, vom Sparen bis zur technischen Entwicklung und schließlich zur gesellschaftlichen Verteilung der Gewinne. Die erste Form der Gesellschaft, der ein Mensch begegnet, ist die Familie, und gerade hier steht seine Erziehung auf dem Spiel. Denn hier wird er lernen, sich in andere Formen gesellschaftlicher und politischer Organisation einzufügen.»
Alle Untersuchungen zu diesem Thema zeigen: Je höher das Bildungsniveau einer Familie ist, umso höher ist der Lebensstandard den ihre Mitglieder erreichen können. «Und gerade die Gesellschaft als ein Ganzes braucht Erziehung, denn sie braucht kluge, gemeinschaftliche Entscheidungen.» Das Budget der Regierung Ecuadors für Grundschulerziehung liegt unter 300 Dollar pro Jahr und Kind. Es hat nie eine kollektive Anstrengung gegeben, die wichtigsten Probleme des Sektors wie eine angemessene Ausbildung der Lehrkräfte und ihre Verteilung über das Land zu lösen.
Dem AVSI-Projekt im Rahmen der Initivative «Tende» zur Unterstützung der Erziehung Tausender Kindern aus Quito und Portoviejo kommt deshalb eine wichtige Rolle zu. «Die Stärke dieses Projekts liegt in der Partnerschaft und im Prinzip der Subsidiarität. Gelingt eine Zusammenarbeit von Staat und Gesellschaft, dann leistet jeder den ihm eigenen Beitrag: Der eine stellt die Rahmenbedingungen, damit der andere wirksam handeln kann. So erreicht man auf erzieherischem Gebiet eine Tendenzwende: Die Kinder werden besser betreut und haben eine konkrete Hoffnung für ihre Zukunft. Die Erziehung folgt nicht einfach dem Gesetz der Trägheit, sondern entwickelt sich durch ausdrücklichen Entschluss einer Gruppe von Personen, die sich selbst ins Spiel bringen. Die von außen zufließenden Mittel unterstützen den Prozess, so dass auch arme Kinder eine gute Erziehung erhalten können.»

Kindergärten im Wald
Daniela Tasca
Der Sozialarbeiter und Pädagoge ist täglich unter der Sonne Ecuadors mit seinem Motorrad unterwegs. Es geht bergauf und bergab über nicht asphaltierte Straßen, die entweder in Staubwolken gehüllt sind oder sich bei den ersten Regenfällen im Dezember in glitschige Schlammwege verwandeln. So begleitet er kleine Gruppen von Müttern, die sich heute in diesem, morgen in jenem Haus versammeln, auf ihrem gemeinsamen erzieherischen Weg. Während die Kinder spielen, spricht er mit den Müttern über die verschiedensten Themen, um sie so zu menschlicher Bildung zu führen und sie bei ihrer Aufgabe als erste, unersetzliche Erzieher ihrer Kinder zu unterstützen. Er besucht mit den Eltern aber auch den Gemeinschaftsgarten und arbeitet mit an seiner Instandhaltung. Die Hauptaufgabe fällt dabei dem Verwalter zu. Er kümmert sich darum, ob die Pumpe funktioniert oder im Brunnen genügend Wasser ist, oder schaut nach den Küken, deren Aufzucht von einem Tierarzt begleitet wird. Ferner meldet der Pädagoge auch dem Allgemeinarzt oder seinem Mitarbeiter, wo ein Kind krank oder unterernährt ist. So haben wir eine Kinderbetreuung, Pfarrkindergärten und ein Zentrum für Schülerhilfe. Alle entstanden hier in den vergangenen Jahren. Seit nunmehr vier Jahren sind Julcuy, Soledad, Piñas, Agua Pato und Mero Seco; El Paraíso, San Ramón, Santa Rosa, Santa Maria an der Küste der Region von Manabí und, seit dem vergangenen Jahr, Pisulí, la Roldós in Quito. Diese Namen finden sich zwar auf keiner Landkarte, aber sie sind den Familien unserer italienischen Freunde wohlbekannt. In ländlichen und städtischen Gebieten, die von der - bei einem Staatsstreich alle zwei Jahre ohnehin mühsamen - Entwicklung Ecuadors völlig vernachlässigt sind, nehmen etwa 800 Familien mit weit über tausend Kindern zwischen bis acht Jahren an der so genannten Aktion Integrierte Erziehung teil. Konkret heißt das, dass Mütter Kindergärten besuchen können, Erzieher jeweils an die 20 Kinder in der unterrichtsfreien Zeit im Zentrum Portofranco betreuen. Im Rahmen dieser Initiative hat etwa Piñas, ein junger Vater, zusammen mit anderen Eltern seines Dorfes einen Kindergarten angelegt, der nicht nur über einen prächtigen Park, sondern auch über ein eigenes Bewässerungssystem verfügt.