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Editorial
Von Christus begeistert
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Auch das 26. Meeting für die Freundschaft unter den Völkern in Rimini war wieder "ein Erfolg". Die Besucherzahlen übertrafen alle Erwartungen. Aus aller Welt kamen bedeutende Vertreter aus Kultur und Gesellschaft und diskutierten miteinander wichtige Fragen - nicht zufällig ist das Treffen an der Adriaküste in Italien mittlerweile das Medienereignis des Sommers. Zahllosen Begegnungen bietet das Meeting Raum und zahllos sind auch die Beziehungen und Freundschaften, die dort geknüpft werden. Eingeladen waren diesmal Minister aus Afghanistan und Irak ebenso wie Journalisten und Bischöfe, freiheitsliebende Linke und Islamwissenschaftler, Vertreter der Regierung und der Opposition, Schriftsteller und Bankiers. Das Meeting - ein echtes Erfolgsmodell. Doch worin genau besteht sein Erfolg. Was "erfolgt" da auf dem Messegelände an der belebten Adriaküste eigentlich?
Der Titel des diesjährigen Meetings (Die Freiheit ist das größte Gut, das die Himmel den Menschen gegeben haben) wollte besonders hervorheben, dass die Bedeutung wichtiger Worte der menschlichen Erfahrung stets neu erschlossen werden muss. Und in seiner Eigenart weist das Meeting an sich selbst einen Weg, eine Methode, wie man sich diese Bedeutung erschließen kann: innerhalb einer auf die Bestimmung hin geleiteten Weggemeinschaft und in einem offenen Vergleich mit allem, was für das Leben von Interesse scheint. Denn, so beteuerte Don Julian Carrón wenige Tage nach dem Meeting in La Thuile auf den Internationalen Ferien von Cl vor 800 Teilnehmern aus über 70 Nationen: "Jesus Christus hat nicht eine Universität gegründet, sondern die Kirche!". Das Meeting und das Leben, dem es überaus vielfältig Ausdruck verleiht, ist nicht Ergebnis akademischer Bemühungen. Es ist keine Vereinigung von Intellektuellen, die das Meeting ins Leben gerufen haben. Am Anfang stand die Erfahrung eines Mannes - Don Giussanis - der voll und ganz damit beschäftigt war, den Sinn seiner Existenz zu verstehen und sich aus diesem Grund mit dem außergewöhnlichen Vorschlag auseinander setzte, der ihm in Christus begegnete.
Ein Mann, auf den die Worte zutreffen, die Benedikt XVI. in Köln sagte: "Lasst euch von Christus begeistern!" Ein Mann, dessen Lebensintensität ein ganzes Volk hervorgebracht hat, ein Volk, in dem jeder Einzelne in der Freundschaft mit Don Giussani die je eigene Freiheit ins Spiel gebracht hat, ein Volk, das nun - unverdientermaßen, aber frohen Mutes - das Erbe dieses Mannes antritt.
Was das Meeting kennzeichnet, ist sein ungewöhnliches Vertrauen in die Menschen. Und das in einer Zeit, in der keiner so recht weiß, wem oder was er noch trauen kann und folglich auch Worte wie Freiheit, Gerechtigkeit, Schönheit und Wahrheit unweigerlich an Sinngehalt einbüßen und zu reinen Floskeln werden. Das ganze Dasein scheint ja, wie Shakespeare einmal eine seiner Gestalten sagen ließ, nicht mehr als "ein von einem Idioten erzähltes Märchen, ohne jeden Sinn" zu sein. Die persönliche Erfahrung hingegen, Teil des beschriebenen Volk zu sein, erlaubt es, die Weite und Größe des Lebens zu erahnen und in den oftmals dramatischen Momenten seiner Entfaltung nicht davonzulaufen und die geheimnisvolle Tiefe des Lebens auszuhalten. Nur wer das Christentum als Vollendung des Abenteuers Menschsein erfährt, läuft nicht Gefahr, den christlichen Glauben mit einem Beruhigungsmittel oder einem Angebot im Supermarkt der Religionen zu verwechseln. Er erfährt vielmehr, wie ihm der Glaube hilft, jeden Morgen neu zu beginnen, sich für die Wirklichkeit zu öffnen. Es scheint unmöglich, das innere Geheimnis aller Dinge mit einem DU anzureden und sich selbst als aufgeschlossen und verfügbar für die ganze Wirklichkeit zu erfahren, und doch ist dies genau die Erfahrung, die viele Christen in aller Welt machen - in welchen Umständen sie auch leben mögen. Der "Erfolg" des Meetings besteht also weniger in seinem Gelingen, mag das auch noch so beeindruckend sein in einer in sich zerrissenen Welt, die entweder von Gleichgültigkeit oder von Hass beherrscht wird. Der Erfolg des Meetings besteht vielmehr darin, deutlich sicht- und berührbares Zeichen jener Wirklichkeit zu sein, die wahrhaft zum Wohle aller Menschenbrüder ist und die sich geschichtlich im christlichen Volk fortsetzt.