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Kirche - Weltjugendtag in Köln
«Lasst euch von Christus überraschen»
Andrea Tornielli

Der Papst und die Jugendlichen in Köln. "Das Glück, auf das ihr ein Anrecht habt, hat einen Namen, ein Gesicht: Es ist Jesus von Nazareth. Gewährt ihm in diesen Tagen das "Recht, zu euch zu sprechen!""

Papst Benedikt XVI. hatte es bereits in den Tagen vor seiner Teilnahme am Weltjugendtag (WJT) in Köln verdeutlicht, was der Inhalt seiner Botschaft sein sollte: Das Christentum ist keine Bürde und es ist nicht auf eine Reihe von Verboten zu verkürzen. Das Christentum ist Freude und Schönheit, es ist die Begegnung mit einer Person, mit einem Gesicht, mit einer lebendigen Gegenwart. Der Papst wollte bei seiner ersten Auslandsreise, die mit der ersten Rückkehr in seine Heimat zusammenfiel, den 800.000 Jugendlichen, die nach Deutschland gekommen waren, allein diese Botschaft hinterlassen: «Liebe Jugendliche, das Glück, das ihr sucht, das Glück, auf das ihr ein Recht habt, es zu genießen, hat einen Namen, ein Gesicht: jenes von Jesus von Nazareth, verborgen in der Eucharistie. Nur Er gibt dem Leben der Menschlichkeit seine Fülle!» Worte, die der Papst schon am ersten Tag der Reise aussprach, auf dem Höhepunkt der Willkommensfeier, als man ihn in Richtung des Kölner Doms ankommen sah: auf einem Boot, das den Rhein entlangfuhr, umgeben von Vertretern der Jugend aus allen fünf Erdteilen.

Antwort auf den Durst des Herzens
«Wir sind gekommen, um Ihn anzubeten!» lautete das Motto des WJT, das noch Johannes Paul II. ausgewählt hatte. Im Kölner Dom werden der Überlieferung nach die Reliquien der Heiligen Drei Könige in einem goldenen Schrein aufbewahrt. So wurden ihre Worte aus dem Matthäus-Evangelium, zum Leitmotiv des Treffens. Einen «besonderen Gruß» richtete der Papst an all jene, «die, wie die Heiligen Drei Könige, aus dem Osten gekommen sind. Ihr seid die Vertreter der unzähligen Menge unserer Brüder und Schwestern in der Menschlichkeit, die, ohne es zu wissen, das Aufgehen des Sternes an ihrem Himmel erwarten, um zu Christus geführt zu werden, dem Licht der Völker, und um in Ihm die zufriedenstellende Antwort auf den Durst ihrer Herzen zu finden.» «Reißt Gott euer Herz auf, lasst euch von Christus überraschen! Gebt Ihm das „Recht, zu euch zu sprechen“ in diesen Tagen! ... Macht die befreiende Erfahrung der Kirche als Ort der Barmherzigkeit und der Zärtlichkeit Gottes gegenüber den Menschen.»
Benedikt XVI. beeindruckte durch seine Heiterkeit und Einfachheit. Zurückhaltend und gemessen in den Gesten konzentrierte er seine ganze Verkündigung auf die drei bewegenden Reden bei der Willkommensfeier, der Vigil und der Messe auf dem Marienfeld. Er versuchte, nicht selbst als Hauptdarsteller im Zentrum der Aufmerksamkeit zu stehen, sondern den Jugendlichen die Richtung zu zeigen, in die sie gemeinsam schauen sollten. Aus diesem Grund war der Höhepunkt der Vigil am Samstag, dem 20. August, die eucharistische Anbetung, eine Neuheit für die riesigen Versammlungen des WJT.

Ein Kind, der König, den sie suchten
Er hielt keine Predigt über den Relativismus, der Europa plagt, er wetterte nicht gegen die Säkularisierung und die Entchristlichung (allein in Deutschland entscheidet sich alle 75 Sekunden ein Christ, Katholik oder Protestant, dafür, seine Gemeinschaft zu verlassen), er gab weder ethische Zurechtweisungen, noch baute er Barrieren im Namen der eigenen Identität auf, um etwa im Namen westlicher Werte Widerstand gegen die Zuwanderung zu leisten. Benedikt XVI. weiß gut, dass die Christen gegen niemanden sind, sondern dass sie Personen sind, denen es durch Gnade zukommt, der Schönheit und der Wahrheit zu begegnen, und die allen Menschen den Widerschein jener Begegnung als Vorschlag entgegenbringen (und ihn weder aufzwingen noch zu einer Ideologie reduzieren). «Wir können uns das Staunen der Heiligen Drei Könige vorstellen,» sagte der Papst, «vor dem Kind in Windeln! Nur der Glaube erlaubte es ihnen, in den Gesichtszügen jenes Kindes den König wiederzuerkennen, den sie suchten, den Gott, zu dem der Stern ihnen den Weg gewiesen hatte. In Ihm ist der Ewige in die Zeit eingetreten, indem Er den Graben zwischen dem Begrenzten und dem Unbegrenzten, zwischen dem Sichtbaren und dem Unsichtbaren zugeschüttet hat, das Geheimnis ließ sich erkennen, indem es sich uns auslieferte in den zerbrechlichen Gliedern eines kleinen Kindes». Jenes kleine Kind, das Johannes Paul II. im März 2000, als er die Messe auf dem Krippen-Platz von Bethlehem feierte, als «unser Ein und Alles» bezeichnet hat.

Stets mit uns und vor uns
Die Verkündigung des Evangeliums als gelebter Glauben, als Begegnung mit einer heute lebendigen Gegenwart wurde von der Mitteilung einer anderen Gewissheit begleitet: In der «großen Prozession der Gläubigen, die Kirche heißt» offenbart sich Jesus als der Lebendige, «immer mit uns und gleichzeitig immer vor uns». Benedikt XVI. räumte ein, dass «man die Kirche sehr kritisieren kann», und er erinnerte an die Bitte um Vergebung von Johannes Paul II. Und dann fügte er hinzu, dass «die Tatsache, dass es Zwietracht in der Kirche gibt, im Grunde tröstlich ist. So können wir mit all unseren Fehlern hoffen, uns noch im Kreise Jesu zu befinden, der ja gerade die Sünder berufen hat.»
Die Begeisterung, mit der der Papst empfangen wurde, die Art und Weise, mit der die 800.000 Jugendlichen – trotz Müdigkeit und organisatorischer Mängel – an den drei Treffen mit dem Pontifex teilgenommen haben, und die rund zweitausend Jugendlichen, die nach dem WJT erklärten, sich ganz dem gottgeweihten Leben hinzugeben, bezeugen, dass die wirkliche Kraft der Botschaft gerade in ihrer Einfachheit und Wesentlichkeit lag.