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Beiheft
Treffen zu Rom


Grußwort an den Heiligen Vater Benedikt XVI.
Don Julián Carrón
Präsident der Fraternität von Comunione e Liberazione

Eure Heiligkeit,
eine unerhörte Freude ergreift uns, denn wir sind glücklich, dass wir Sie treffen und mit Ihnen diesen Augenblick teilen können. Erlauben Sie mir, Ihnen im Namen meiner Freunde von Herzen für dieses unschätzbare Geschenk zu danken. Uns allen ist noch in lebendiger Erinnerung, wie wir Ihnen das letzte Mal bei der Beerdigung von Don Giussani begegnet sind. Wir werden nie Ihre bewegende Verfügbarkeit vergessen, die Beerdigung mit uns zu feiern, und ebenso wenig Ihre Worte, die von großer Zuneigung und tiefem Verständnis für Giussani geprägt waren. Wie oft überraschen wir uns seitdem dabei, dass wir von Don Giussani mit jenen Worten sprechen, die Sie damals an uns gerichtet haben, um seine Persönlichkeit zu beschreiben: Ein Mensch, von der Schönheit verletzt, der nicht auf sich, sondern auf Christus schaute und so die Herzen der Menschen gewann! Durch ihn, durch sein beharrliches Zeugnis haben wir gelernt, was auch Sie unermüdlich wiederholen, seitdem Sie das Papstamt übernommen haben: Die Schönheit des Christentums. Wir sind von der Schönheit Christi fasziniert. Sie hat uns durch das ansteckend intensive Leben Don Giussanis überzeugt, bis zu dem Punkt, dass jeder von uns mit Jacopone da Todi ausrufen kann: «Christus ergreift mich ganz in seiner Schönheit». Diese Schönheit des Christentums haben wir entdeckt, ohne irgendetwas authentisch Menschliches zu übergehen.
Mehr noch, für uns entspricht der Glaube an Christus der Verherrlichung des Menschseins. Das ganze erzieherische Bemühen Giussanis bestand darin, die Entsprechung aufzuzeigen, die zwischen Christus und den authentischen Bedürfnissen des Menschen besteht. Er war überzeugt, dass nur ein Vorschlag, der sich an die Vernunft und Freiheit des Menschen richtet und in der Erfahrung bewährt, den Menschen zu interessieren vermag. Denn nur ein solcher Vorschlag kann seine Wahrheit, das heißt seine Angemessenheit für den Menschen erweisen. So hat er uns gezeigt, wie man den Glauben als ganzer Mensch leben kann, und zwar mit ganzem Einsatz von Vernunft und Freiheit und mit Warmherzigkeit. Wir möchten in Don Giussanis Fußstapfen treten. Angesichts von so viel Gnade erfaßt uns unweigerlich ein Schauder aufgrund unserer Unangemessenheit. Deshalb haben wir uns oft - und ganz besonders in diesen Tagen der Vorbereitung auf die Begegnung mit Ihnen - an die Worte erinnert, die Don Giussani im Jahre 1984 zum 30. Jahrestag der Entstehung der Bewegung an uns gerichtet hat: «Je reifer wir werden, umso mehr sind wir ein Schauspiel für uns selbst und, so Gott will, auch für die anderen. Es ist ein Schauspiel der Schwäche und des Verrats und folglich der Demütigung, gleichzeitig ist es ein Schauspiel der Gewissheit der Gnade, die uns jeden Morgen geschenkt und erneuert wird.» Wir sind uns unserer Nichtigkeit bewusst und bitten jeden Tag, «Ja» sagen zu können zu der Gnade, die uns geschenkt wurde, damit wir sie ohne Ansprüche aber auch ohne Furcht unseren Menschenbrüdern bezeugen können. Wir sind gewiss, dass das Herz des Menschen, auch wenn es verletzt ist, selbst in diesem Augenblick der Verwirrung in der Welt, weiterhin die Wahrheit und die Schönheit anerkennen kann, sobald der Mensch sie auf seinem Lebensweg findet. Wir möchten die Neuheit, die uns geschehen ist, in allen Situationen und Lebensumständen unserer Existenz anerkennen. Das ist es, was jene Begegnung ermöglichen kann, die am Ursprung des christlichen Glaubens steht, wie Sie in Ihrer Enzyklika Deus caritas est gesagt haben: «Am Anfang des Christseins steht nicht ein ethischer Entschluss oder eine große Idee, sondern die Begegnung mit einem Ereignis, mit einer Person.» Deshalb haben wir in diesen Jahren versucht, die missionarische Einladung ernst zu nehmen, die der Diener Gottes, Johannes Paul II., aus Anlass der Dreißigjahrfeier der Bewegung an uns gerichtet hat: «Geht in alle Welt und bringt die Wahrheit, die Schönheit und den Frieden, denen man im auferstandenen Christus begegnen kann». Die Verbreitung des Charismas und das Wachstum der Gemeinschaften der Bewegung in der ganzen Welt zeigen die Barmherzigkeit Gottes, der unseren Einsatz fruchtbar machen wollte. Bei meinen Reisen in viele Länder der Erde habe ich gesehen, dass ein solchermaßen in seinen wesentlichen Elementen gelebtes Christentum im Herzen des Menschen Aufnahme finden kann, jenseits der Grenzen von Kultur und Religion. Wir haben denselben Wunsch, der stets das Herz Don Giussanis bewegt hat: Dass die überzeugende Kraft der Bewegung in allem und für alle «Instrument der Mission des einen Volkes Gottes ist». Heiliger Vater, wir sind ganz erwartungsvoll an diesem Ort, um von Ihnen Weisungen und mögliche Korrekturen für den vor uns liegenden Weg zu empfangen. Wir sind überzeugt, dass wir in Ihrer Nachfolge das Geschenk des Charismas, das uns fasziniert hat, für die ganze Kirche und die Welt werden nutzbar machen können. Wir werden Ihre Worte aufnehmen und - ich bin mir sicher, im Namen aller zu sprechen - uns bemühen, sie mit allem, was uns möglich ist, zu leben. Dabei sind wir uns der leidenschaftlichen Begleitung Don Giussanis in unserem Leben gewiss.

Ansprache von Papst Benedikt XVI. an die Mitglieder von Comunione e Liberazione
Papst Benedikt XVI.
Audienz vom 24.3.2007 - Petersplatz

Liebe Schwestern und Brüder,
für mich ist es heute eine große Freude, euch aus Anlass des 25. Jahrestages der päpstlichen Anerkennung der Bruderschaft «Comunione e Liberazione» hier auf dem Petersplatz zu empfangen. Wir haben vielleicht auf die Sonne gewartet, aber auch das Wasser ist ein Zeichen der Gnade und ein Geschenk vom Heiligen Geist. An jeden einzelnen von euch richte ich meinen herzlichen Gruß, besonders an die Bischöfe, die Priester und die Verantwortlichen, die hier anwesend sind. Besonders begrüße ich Don Julián Carrón, den Präsidenten eurer Bruderschaft, und ich danke ihm für die schönen und tiefgreifenden Worte, die er im Namen von euch allen an mich gerichtet hat. Mein erster Gedanke geht zu eurem Gründer, Monsignore Luigi Giussani, mit dem ich zahlreiche Erinnerungen verbinde und der mir zu einem wirklichen Freund wurde. Die letzte Begegnung fand - wie bereits Monsignore Carrón erwähnte - im Dom von Mailand statt. Im Februar sind es nun zwei Jahre her, das der geliebte Johannes Paul II. mich sandte, um dem feierlichen Requiem vorzustehen. Der Heilige Geist hat durch Don Giussani eure Bewegung in der Kirche ins Leben gerufen, damit sie Zeugnis gibt von der Schönheit, Christ zu sein. Das geschah zu einer Zeit, in der sich die Meinung verbreitete, das Christentum sei etwas Anstrengendes und Bedrückendes. Don Giussani war deshalb bestrebt, in den Jugendlichen die Liebe zu Christus wiederzuerwecken, der «Weg, Wahrheit und Leben» ist. Er betonte, dass nur Christus der Weg zur Erfüllung der Sehnsüchte des menschlichen Herzens ist; und dass Christus uns nicht trotz unserer Menschlichkeit rettet, sondern gerade durch sie hindurch. Ich habe damals in meiner Predigt daran erinnert, dass dieser mutige Priester - aufgewachsen in einem Haus arm an Brot aber reich an Musik, wie er es selbst gern zu sagen liebte - dass dieser mutige Priester von Anfang an von der Sehnsucht nach Schönheit berührt, ja verletzt war. Es war nicht irgendeine Schönheit. Er suchte die Schönheit selbst, die unendliche Schönheit, die er in Christus fand. Und wie sollte man die zahlreichen Begegnungen und Kontakte mit meinem verehrten Vorgänger Johannes Paul II. vergessen? Bei einem für euch wichtigen Anlass hat der Papst nochmals betonen wollen, dass die ursprüngliche pädagogische Intuition von Comunione e Liberazione darin besteht, das christliche Ereignis in einer faszinierenden Weise und im Einklang mit der gegenwärtigen Kultur vorzuschlagen. Ein Christentum, verstanden als Quelle neuer Werte, das in der Lage ist, der gesamten Existenz eine Richtung zu geben. Das Ereignis, das das Leben des Gründers verändert hat, hat auch das Leben unzähliger seiner geistlichen Kinder «verletzt». Und es hat zahlreichen religiösen und kirchlichen Erfahrungen Raum geschaffen, die die Geschichte eurer weiten und ausdifferenzierten spirituellen Familie prägt. Comunione e Liberazione ist eine gemeinschaftliche Glaubenserfahrung, die in der Kirche aus einer erneuerten Begegnung mit Christus entstanden ist - und nicht weil die Hierarchie sie organisieren wollte.
Damit gibt sie gleichsam einen Impuls, der letztlich vom Heiligen Geist ausgeht. Auch heute noch ist sie ein Angebot, den christlichen Glauben in tiefer und zeitgemäßer Weise zu leben; zum einen durch die vollkommene Treue und Gemeinschaft mit dem Nachfolger Petri und den Hirten, die die Kirche leiten; zum anderen durch die Spontaneität und Freiheit, die neue und prophetische Möglichkeiten für die apostolische und missionarische Sendung eröffnen. Liebe Freunde, eure Bewegung ist Teil der reichen Blüte von Vereinen, Bewegungen und neuen kirchlichen Phänomenen, die durch die Vorsehung in der Kirche nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil vom Heiligen Geist erweckt wurden. Jede Gabe des Geistes steht ursprünglich und notwendig im Dienst der Erbauung des Leibes Christi, indem sie ein Zeugnis gibt von der unermesslichen Liebe Gottes für das Leben jedes Menschen. Die Wirklichkeit der kirchlichen Bewegungen ist daher ein Zeichen für die Fruchtbarkeit des Geistes des Herrn, damit sich in der Welt der Sieg des auferstandenen Christus zeigt und die missionarische Sendung verwirklicht, die der ganzen Kirche aufgetragen ist. In der Botschaft an den Weltkongress der kirchlichen Bewegungen am 27. Mai 1998 hat der Diener Gottes Johannes Paul II. noch einmal betont, dass in der Kirche weder Zwiespalt noch Gegensatz besteht zwischen der institutionellen und der charismatischen Dimension, für die die Bewegungen ein bedeutender Ausdruck sind.
In der Kirche sind die wesentlichen Institutionen charismatisch. Andererseits müssen die Charismen auf bestimmte Weise institutionalisiert werden, um den inneren Zusammenhag und die Fortdauer zu bewahren. Denn beide Dimensionen, die aus dem einen Heiligen Geist entspringen für den einen Leib Christi, wirken zusammen in der Vergegenwärtigung des Geheimnisses und des Heilswirkens Christi in der Welt. Das macht deutlich, warum der Papst und die Hirten aufmerksam auf den Reichtum der charismatischen Gaben in der gegenwärtigen Epoche schauen. Diesbezüglich habe ich kürzlich bei einem Treffen mit dem Klerus und den Pfarrern von Rom gesagt - mit Bezug auf die Bitte des Heiligen Paulus im Ersten Thessalonicherbrief, die Charismen nicht auszulöschen -, dass wir dankbar sein müssen, wenn uns der Herr neue Gaben schenkt, auch wenn sie manchmal unbequem sind. Weil aber die Kirche «eine» ist, müssen sich die Gemeinschaften, wenn sie wirklich Gaben des Heiligen Geistes sind, in die kirchliche Gemeinschaft eingliedern und ihr dienen, damit sie im geduldigen Dialog mit den Hirten wirklich auferbauende Elemente für die Kirche von heute und morgen darstellen können. Liebe Brüder und Schwestern, Johannes Paul II., um den wir trauern, hat euch bei einer anderen für euch sehr wichtigen Gelegenheit folgenden Auftrag gegeben: «Geht in alle Welt und bringt die Wahrheit, die Schönheit und den Frieden, denen man im Auferstandenen Christus begegnen kann.» Don Giussani hat diese Worte zum Programm der ganzen Bewegung gemacht. Für Comunione e Liberazione war es der Beginn eines missionarischen Frühlings, der euch in 80 Länder geführt hat. Heute lade ich euch dazu ein, auf diesem Weg weiterzugehen, mit einem tiefen Glauben, der einen persönlichen Charakter hat und fest verwurzelt ist im lebendigen Leib Christi, der Kirche, die die Zeitgenossenschaft Jesu mit uns garantiert. Beenden wir unser Treffen, indem wir im Gebet des Angelus unsere Gedanken der Gottesmutter zuwenden. Für sie empfand Don Giussani eine tiefe Verehrung, die sich von der Anrufung «Veni Sancte Spiritus, veni per Mariam» und der Hymne an die Jungfrau Maria von Dante Alighieri, die ihr auch heute morgen gebetet habt, nährte. Die Heilige Jungfrau begleite euch und helfe euch, großherzig in jeder Lebenslage euer «Ja» zum Willen Gottes zu sprechen. Ihr könnt, liebe Freunde, auf mein beständiges Gebet zählen. In Verbundenheit segne ich euch, die hier anwesend seid, und eure gesamte spirituelle Familie.