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Aufmacher
Die Vertrautheit mit Christus
Luigi Giussani

Aufzeichnungen eines Vortrags von Luigi Giussani bei den geistlichen Exerzitien der Fraternität von Comunione e Liberazione, Rimini, 8. Mai 1982

Es fällt mir etwas schwer anzufangen, weil mir unentwegt die Namen meiner ersten Schüler in den Sinn kommen, die der Herr bis an diesen Ort hat kommen lassen. Und nach ihnen kommen mir all die anderen in den Sinn, die ich kennen gelernt habe, und dann jene, die hier sind, ohne dass ich sie persönlich kennen gelernt hätte. Die Beziehung zu ihnen ist trotzdem sehr viel bedeutungsvoller als die Beziehung zu vielen Leuten, die ich zwar kenne, mit denen ich jedoch nicht gemeinsam unterwegs bin. Daher ist es so, als würde ich sie kennen. Dieser Gedanke an die ersten Schüler, die ich hatte, und die jetzt hier sind, hervorragende Familienväter und -mütter mit Kindern, die jetzt vielleicht elf oder zwölf Jahre alt sind, Personen, die es in ihrem Beruf zu etwas gebracht haben, vielleicht schon "ehrwürdige" Universitätsdozenten sind, dieser Gedanke lässt mich wirklich erzittern. Er lässt mich erzittern - entschuldigt bitte - nicht so sehr wegen des Wunders der Geschichte, die sich ereignet hat, nicht so sehr dessentwegen, was mich mit ihnen verbindet, und was mich somit mit euch verbindet und das Wichtigste und Schwerwiegendste ist, was es in meinem und eurem Leben gibt. Johannes Paul II. hat einmal gesagt: "Es wird keine Treue geben [...], wenn sich nicht im Herzen des Menschen eine Frage findet, zu der nur Gott eine Antwort anbietet, oder besser, zu der nur Gott die Antwort ist".1 "Eine Frage, zu der nur Gott eine Antwort anbietet". Von den Schulbänken, auf denen wir uns kennen gelernt haben, bis hin zur Gemeinschaft von heute - wie ich es bereits gestern Abend ausgehend von den Texten der Liturgie angesprochen habe. Es ist die Ernsthaftigkeit dieser menschlichen Frage, die ich heute Morgen zu meiner Überraschung in all ihrer Dringlichkeit verspüre, in all ihrer Wucht und zugleich in all der Vorläufigkeit und Unbeständigkeit, die ihr im Leben des Menschen zueigen ist. Auch wenn diese Frage von der Intention her lebendig ist, wie oft wird sie doch vergessen während der Minuten und Stunden des Tages! Wie sehr entfernen wir uns doch auf dem Weg unserer Zeit von uns selbst!
Was mich heute Morgen wirklich erzittern lässt, ist die überraschende Erkenntnis, dass ich mich weit von mir entfernen kann. Denn meine Person ist das, was sie noch werden muss. Der Mensch ist ein Projekt, und das, was ihn definiert, ist die Erfüllung dieses Projekts. Die Gedanken von heute Morgen lassen mich entdecken, wie weit ich normalerweise von dem entfernt bin, was ich - zwar nur anfanghaft, aber immer wieder - aufgreife, meditiere und den anderen zur Meditation vorschlage. Das bedeutet: Wie dringend ist es, dass die Menschlichkeit, die uns vor Jahren zusammengeführt hat, die in euch vibrierte, und die in mir eine so leidenschaftliche Antwort erfuhr, wie wichtig ist es, dass diese Menschlichkeit sich trifft und sich in angemessener Weise hilft, nicht zu vergessen! Und um nicht zu "vergessen", muss die Antwort gegenwärtig sein.
"Damit der Mensch an sich selbst glauben kann", sagte Karol Wojtyla einmal bei anderer Gelegenheit, "muss er an Gott glauben. Denn der Mensch ist als Abbild Gottes geschaffen. Wenn man dem Menschen Gott wegnimmt, gibt man ihn nicht sich selbst zurück, sondern man nimmt ihn sich selbst weg!"2
Wer weiß, ob wir uns noch so bewegen lassen wie seinerzeit in Varigotti, als wir die Texte in den kleinen Anthologien lasen, die wir für die Ostertage oder das Wochenende im September vorbereitet hatten! Unseren Freunden an der Universität und auch den Erwachsenen beim diesjährigen Eröffnungstag in Mailand habe ich dieses Jahr oft jenes Gedicht von Pär Lagerkvist, dem Autor des Barabbas, vorgelesen, das mir so gut gefällt, weil es gleichsam den menschlichen Ausgangspunkt zusammenfasst, auf den wir uns in den ersten zehn Jahren unserer Geschichte gestützt haben: "Ein Unbekannter ist mein Freund, einer, den ich nicht kenne. / Ein Unbekannter, der in weiter Ferne ist. / Mein Herz ist voller Sehnsucht nach ihm. Denn er ist nicht in meiner Nähe. / Wer bist du, der du mein Herz mit deiner Abwesenheit erfüllst? Der du die ganze Erde mit deiner Abwesenheit erfüllst?" 3 Heute Morgen dachte ich mir wieder: Wer weiß ob diese Frage wahr ist - wahr ist? Wenn einem Atheisten, der auf der Suche ist, eine solche Formulierung möglich ist, wie müsste es dann bei mir sein? Wie sehr müsste in mir die Bitte widerhallen, die Mose Gott stellte, als dieser ihm begegnet war und dann weggehen wollte: "Lass mich dein Angesicht schauen"" ?4
Nun, ich wollte insbesondere zum Ausdruck bringen, dass es in der Situation, in der wir uns befinden, allzu leicht möglich ist, dass unsere "Glaubensbekenntnisse", unsere Worte und Gespräche intellektuell werden oder nur gute Vorsätze bleiben. Nicht etwa, dass das Herz fern von ihnen wäre, aber es ist sicherlich so, als wäre das, was diese Worte zum Ausdruck bringen, dem Herzen fern, als wäre es nicht gegenwärtig. Ihr seid groß geworden. Während ihr euch in eurem Beruf eine gewisse menschliche Fähigkeit erworben habt, besteht - möglicherweise - gleichsam eine Ferne von Christus (verglichen mit der Begeisterung vor vielen Jahren und besondere unter gewissen Umständen vor vielen Jahren). Es besteht gleichsam eine Ferne von Christus, außer in gewissen Momenten. Das heißt, es besteht eine Ferne von Christus, außer wenn ihr betet. Es besteht eine Ferne von Christus, außer wenn ihr euch daran macht, in Seinem Namen, im Namen der Kirche oder im Namen der Bewegung bestimmte Werke zu vollbringen. Es ist, als wäre Christus dem Herzen fern. Mit dem alten Dichter des italienischen Risorgimento könnte man sagen: "Mit jeder anderen Beschäftigung beschäftigt".5 Unser Herz ist wie isoliert, oder besser, Christus bleibt dem Herzen gegenüber gleichsam isoliert, außer in den Momenten bestimmter Werke: in einem Moment des Gebets oder einem Moment der Anstrengung, wenn es ein allgemeines Treffen gibt, ein Seminar der Gemeinschaft stattfindet und so weiter.
Diese Ferne Christi vom Herzen, außer in gewissen Momenten, in denen Seine Gegenwart zu wirken scheint, erzeugt noch eine andere Ferne, die in einer letzten Unbeholfenheit unter uns zum Ausdruck kommt - ich spreche auch von Ehemännern und -frauen -, in einer letzten gegenseitigen Unbeholfenheit. Das Fehlen der Kenntnis Christi (Kenntnis, wie sie die Bibel versteht: Kenntnis als Familiarität, als Vertrautheit, als sich Hineinversetzen, als Herzensnähe), die Ferne Christi vom Herzen entfernt den Menschen auch vom letzten Aspekt des Herzens des anderen, außer in bestimmten gemeinsamen Handlungen (man muss den Haushalt führen, sich um die Kinder kümmern und so weiter). Zweifellos gibt es auch eine gegenseitige Beziehung, doch nur in Tätigkeiten, in Werken, in gemeinsamen Gesten, bei denen man sich trifft oder ihr euch trefft. Doch wenn ihr euch bei einer gemeinsamen Tätigkeit trefft, lässt sie den Horizont eures Blickes und eures Empfindens mehr oder weniger stumpf werden. Es trifft aber zu, dass alles, was wir im Leben erhalten haben, sich mit der Zeit setzt und wirksam wird, wenn wir älter werden. Es wird wirksam und trägt Früchte. Wenn ich dies so sage, gehe ich von dem Eindruck aus, den ich von mir selber habe. Ich erinnere mich daran, dass das, weswegen ich hier bin, vor allem das ist, weswegen meine früheren Schüler hier sind. Denn ich suche das, was auch sie suchen. Dies ist auch der Sinn der Anwesenheit so vieler Priester (sie ist ein bewegender Aspekt unseres Treffens, vielleicht der bewegendste Aspekt überhaupt; denn noch nie waren sie mit der einfachen Wahrhaftigkeit unter uns, mit der sie jetzt hier sind). Wir alle sind Menschen, die wirklich auf der Suche nach ihrer Bestimmung sind, und Menschen, denen ihre Bestimmung verkündigt wurde, denen sie begegnet ist und die sie durchdrungen hat. Dies definiert uns, und gibt uns Bestand.
Nun, ich bin von der Überlegung über mich selbst ausgegangen und vom Zittern, von der Unbeholfenheit, die ich zu Beginn unseres heutigen Gesprächs verspüre. Denn ich fühle mich gleichsam all dessen entledigt, was ich täglich tun muss, und was ich unter euch tun muss. Ich verspüre in mir, nach so langer Zeit, mehr denn je diese Zweideutigkeit des "Erwachsenwerdens". In der Tat setzt sich das, was wir empfangen haben, auf eine Art und Weise, dass es auch seine Früchte bringt. Doch das Herz, gerade das Herz im wörtlichen Sinne, ist an meiner Unbeholfenheit von heute Morgen gleichsam beteiligt, es ist Christus gegenüber gleichsam unbeholfen. Es ist so, als würde jene Vertrautheit nicht fortdauern, die an einem bestimmten Punkt unserer Existenz zu verspüren war, wenn auch mit jener Sentimentalität, die für das betreffende Alter charakteristisch ist. Es gibt eine Unbeholfenheit, die darin besteht, dass Er fern ist, dass Er gleichsam nicht gegenwärtig ist, nicht unser Herz bestimmt. In unseren Handlungen schon, hier kann er bestimmend sein (wir gehen in die Kirche, "machen" die Bewegung, beten vielleicht sogar die Komplet, machen Seminar der Gemeinschaft, wir engagieren uns in der Caritativa, bilden Gruppen hier und dort und stürzen uns sogar in die Politik). In den Handlungen fehlt Er nicht: in den Handlungen, in vielen Handlungen mag Er bestimmend sein, doch im Herzen? Im Herzen nicht! Denn beim Herzen geht es darum, wie jemand seine Kinder anschaut, wie er seine Frau anschaut und seine Frau ihn, wie jemand einen Passanten anschaut, wie er die Leute von der Gemeinschaft oder die Kollegen anschaut, und - vor allem - wie er morgens aufsteht. Und diese Ferne erklärt auch eine andere Ferne, die sich in einer letzten Unbeholfenheit in unseren Beziehungen zeigt, in unserem Blick aufeinander. Denn nur Christus, unser Bruder, kann uns wirklich zu Brüdern machen - zu Brüdern!
Wenn wir bedenken, dass der Bestand und der Wert unseres Lebens von der Verantwortung gegenüber der Nähe Christi abhängen und somit von der Verantwortung gegenüber der Nähe unter Menschen, der Nähe unter uns, so verstehen wir, dass die Freundschaft und Gemeinschaft, die wir leben wollen, dazu da sind, nicht zuzulassen, dass wir unsere Initiative in diesem Sinne unterbrechen oder unterbrochen lassen. Meine Beziehung zu Gott kann meinem Leben Bestand geben als etwas Wahrem, als ein Werk, das am Aufbau der Welt mitwirkt. Doch die erste Frucht, die aus dieser Beziehung hervorgeht, besteht darin, eine Gemeinschaft zu schaffen, eine Gemeinschaft unter denen, die dieses Werk leben und verwirklichen wollen. Unsere Gemeinschaft ist dazu da, nicht mehr zuzulassen, dass die Zeit vergeht, ohne dass unsere Existenz die Beziehung mit dem lebendigen Gott erbittet, ersehnt und ihr nachgeht, und ohne dass unsere Existenz diese Gemeinschaft wünscht und annimmt, ohne die nicht einmal das Bild Seiner Gegenwart wahr wäre.
Ich weiß nicht, ob ich den Eindruck gut beschreiben konnte, der mich heute Morgen beherrscht hat und beunruhigt, wenn auch noch verworren: das, was ich die "Zweideutigkeit des Erwachsenwerdens" genannt habe, ist wirklich eine Erkenntnis, von der wir ausgehen müssen. Ich glaube in der Tat nicht, dass es statistisch gesehen der Normalfall ist, dass das Erwachsenwerden uns Christus hat vertrauter werden lassen, dass es uns jene "große Abwesenheit" mehr zur Gegenwart gemacht hat, dass es uns die Antwort auf jene Frage hat vertrauter werden lassen, mit der wir vor 25 Jahren den Vorschlag verspürt haben. Paradoxerweise ist Christus gerade das Motiv, aus dem wir ein Leben führen, das wir sonst nicht geführt hätten. Und doch ist Er unserem Herzen fern! So sind wir "umgarnt" und in eine Gemeinschaft verwickelt, die wir sicher nicht gewählt oder jedenfalls nicht in der Form gehabt hätten, in der wir sie heute haben. Und doch führt uns das Erwachsenwerden zu einer Unbeholfenheit und zu einer Ferne untereinander.
Um zu dem einzigen Punkt zu kommen, auf dem ich heute Morgen insistieren möchte: Abgesehen von einer gewissen Zerstreuung, die den Grund der Frage bestens vernebeln kann, ist es äußerst schwierig, dass das Erwachsenwerden eine "Demoralisierung" umgeht. Nicht in den Werken: ich spreche vom Herzen, nicht von den Werken. Natürlich werden wir sehen, dass später auch die Werke die Folgen hiervon erleiden: sie können nicht zu Werken werden, die wirklich die Zeit herausfordern; sie können keine kräftige Zähigkeit gegenüber der Zeit entwickeln, jene kräftige Zähigkeit, die in der Liturgie Gott zugeschrieben wird, also der wahren Dauer, dem wahren Bestand der Dinge. Diese kulturelle Würde, diese kräftige Zähigkeit gegenüber der Zeit hängt vom Herzen ab. Das Problem liegt daher wirklich in unserem Herzen: der Quelle der Gefühle, Gedanken, Vorstellungen und letztlich auch der Beurteilungen, Entscheidungen und der kreativen Energie.Nicht in den Werken, doch im Herzen, erfahrt ihr letztlich eine Demoralisierung, eine Demoralisierung. "De-Moralisierung": Die Bedeutung dieses Begriffs wird im diesjährigen Seminar der Gemeinschaft sehr interessant werden. Wenn die Moralität darin besteht, nach etwas zu streben, das größer ist als wir, so bedeutet Demoralisierung das Fehlen dieses Strebens.6 Im Reden und im Tun tritt dieses Streben wieder zutage - und zwar nicht als Lüge, sondern mit Wahrhaftigkeit. Aber es ist nicht bis ins Letzte im Herzen verwurzelt. Denn das, was bis ins Letzte im Herzen verwurzelt ist, kennt keine Stunden oder Bedingungen, die es behindern oder aufheben. Es kann sich zwar auch selbst vergessen, aber das ist dann eine Selbstvergessenheit, die ihm trotzdem zu leben erlaubt. Wie das Ich sein eigenes Leben nicht aufheben kann, so kann auch dieses Streben nach dem "Mehr" nicht weniger werden, wenn das Herz moralisch und nicht demoralisiert ist. Es ist wie, wenn ihr als Mutter oder Vater in der Nähe eurer Kinder seid. Während sie spielen, scheinen sie nicht daran zu denken, doch wenn ihr weggeht, merken sie das und hören auf zu spielen.
Was ich also sagen will: Es gibt eine Demoralisierung in uns, die für das Erwachsenwerden charakteristisch ist. Unsere Gemeinschaft muss vor allem gegen diese Demoralisierung ankämpfen und sollte das primäre Mittel gegen diese Demoralisierung sein. Nicht wie bei unserer Situation in der Bewegung (denn unsere Teilnahme an der Bewegung lässt uns keine Ruhe bezüglich Dingen, die zu tun sind, oder Aufgaben, die man hat, oder Dingen, an die man kurz- oder langfristig denken muss). Unsere Gemeinschaft muss tiefer gehen, und sie muss uns selbst und unser Herz betreffen. Das ist paradoxerweise eine Verantwortung, die man nicht auf die Gemeinschaft abwälzen kann.
Das Herz ist die einzige Sache, in der es gleichsam keine Partner gibt. Es hat keine organische Struktur, in der es Personen gibt, von denen jede eine Rolle hat. Wenn man in einer Mannschaft ist, in der jeder eine Rolle hat, so zieht einer den anderen mit. Genauso ist es auch bei der Bewegung und ihren Aktivitäten. Doch hier nicht! Unsere Gemeinschaft muss daher eine ungewohnte Art von Gemeinschaft sein: gleichsam eine Gemeinschaft, auf die man nichts abwälzen kann. Man hat mich auf folgendes Gedicht von Alain Bosquet aufmerksam gemacht. Es lautet: "Weil ich bevor einer zu sein zwei war: / einer zu sein bedeutet darunter leiden [bevor einer zu sein, war ich zwei, Vater und Mutter]. / Weil ich bevor einer zu sein drei war: / einer zu sein bedeutet daran zu sterben [Vater, Mutter und Sohn: aber wenn der Sohn Person wird, reif wird, erwachsen, also nur er selbst wird, dann muss er selbst sein Schicksal, seinen Weg entscheiden]. / Weil ich, bevor einer zu sein, tausend war: / Einer zu sein, nach dem Tod, will / sagen Gott sein. / Weil ich - das vergaß ich - bevor einer zu sein Null war, / glücklich und frei. / Weil ich bevor einer zu sein - das vergaß ich -/ Hafer war, Fluss, / geteilt, viel Vielfaches, / Vogel, Wolke [bevor einer zu sein war ich nichts, ich war also die Anhäufung von Dingen, aus denen ich biologisch hervorgehen würde]: / einer zu sein meint [jetzt] sich auf unerträgliche Weise verantwortlich zu fühlen".7 Das heißt: Zuerst waren Vater und Mutter da, zuerst waren Priester und Diakonie da, zuerst waren wir zusammen in der Gemeinde oder der Diakonie und das darin ich selbst Sein, war wirklich ein "daran Sterben". Zuerst waren wir nichts und alles. Aber an einem bestimmten Punkt muss das einer zu sein, das ich selbst zu sein zu einer "unerträglichen Verantwortung" werden. Ich habe dieses Gedicht vorgelesen, weil es mir in diesem Zusammenhang bedeutsam schien. In dieser unserer Gesellschaft muss genau dies geschehen. Es ist eine sonderbare Gesellschaft, auf die keiner etwas abwälzen kann, weil es seine eigene Aufgabe ist. Aber was ist seine Aufgabe? Was ist das Gegenteil von Demoralisierung? Das Gegenteil von Demoralisierung ist, kurz gesagt, die Hoffnung.
Die Hoffnung ist, unmittelbar, die Hoffnung auf sich selbst, die Hoffnung auf das eigene Schicksal, die Hoffnung auf den eigenen letzten Moment. Und die gibt es auf der Erde nicht. Es gibt sie nicht. Nur wo Gott zum Menschen gesprochen hat, gibt es diese Hoffnung. Deshalb lässt Péguy in Das Tor zum Geheimnis der Hoffnung Gott sagen: "Der Glaube, den ich am liebsten mag, sagt Gott, ist die Hoffnung."8 Und der Inhalt dieser Hoffnung ist das, was der Engel zur Gottesmutter gesagt hat: "Für Gott ist nichts unmöglich".9 Ich glaube, das ist alles. Der neue Mensch, den Christus gekommen ist in der Welt zu erwecken, ist der Mensch für den die Bejahung dieser Aussage das Herz seines Lebens ist: "Für Gott ist nichts unmöglich". Wo Gott nicht der "Gott" unserer Gedanken ist, sondern der wahre Gott, der lebendige, lebende, nämlich der Mensch gewordene, das heißt Christus.
"Für Gott ist nichts unmöglich". Das können wir im Alten Testament als Herz seiner Größe wiederfinden. Lesen wir noch einmal das wunderschöne Kapitel 18, Vers 14, der Genesis: "Ist etwa beim Herrn etwas unmöglich?" Wie erstaunlich ist doch der Gedanke, dass Gott als er das zu Abraham sagte, schon im Sinn hatte, was er später, nach vielen Jahrhunderten, der Gottesmutter durch den Engel sagen würde: "Für Gott ist nichts unmöglich"! Dieser Satz steht also genau am Anfang der wahren Geschichte der Menschheit. Er steht am Anfang der großen Weissagung für das Volk Israel. Er steht am Anfang der Geschichte des neuen Volkes, der neuen Welt in der Verkündigung des Engels an die Gottesmutter, und er steht am Beginn der Askese des neuen Menschen. Er steht am Anfang von Ausblick und Handeln des neuen Menschen in Matthäus, Kapitel 19. Nachdem der reiche Jüngling angesichts der Einladung Christi ("verkauf deinen Besitz und folge mir nach") "traurig wegging, denn er hatte ein großes Vermögen"10 - er hing an dem, was er hatte - begann Christus sich gegen die Reichen zu wenden. Aber es ging letztlich nicht um Geld; dafür spricht, dass die Apostel angesichts Seines Satzes: "Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass ein Reicher in das Himmelreich gelangt" sagten: "Aber wer kann dann noch in das Himmelreich gelangen? Wer kann dann noch gerettet werden?" Sie waren bettelarm, die sieben Sachen, die sie besaßen, hatten sie zurück gelassen. Jesus antwortete: "Euch ist das unmöglich, für Gott aber ist alles möglich". Wie kann man die Wirklichkeit unserer Existenz und die Welt mit jenem inneren Abstand leben - denn das ist der Arme - der das Urteil über die Dinge und den Umgang mit ihnen im Licht ihrer eigentlichen Funktion sieht? Das heißt, wie kann man für das Gottesreich leben? Jesus hatte das kurz zuvor erklärt, als er von der Ehe sprach. Wie kann man die Ehe für das Gottesreich leben? Anstatt zu antworten verschärft Er die Frage, indem Er von der Jungfräulichkeit sprach. Wie kann man in der Welt ohne Frau für das Gottesreich leben? Es ist dasselbe, es sind die gleichen Probleme. Wie kann man für das Gottesreich leben? "Für euch ist das unmöglich, aber für Gott ist nichts unmöglich". Deshalb identifiziert Péguy die Hoffnung auf den ersten Seiten seines Dramas mit der Gestalt des Kindes, das heißt er identifiziert den Armen im Geiste - wie der Herr es getan hat - mit der Gestalt des Menschen der hofft.11 Um zu hoffen muss man arm im Geiste sind, man muss wie ein Kind sein. Denn die Hoffnung stützt sich allein auf etwas anderes, auf den lebendigen, gegenwärtigen Gott, der unser Herz geworden ist.
Das Erwachsenwerden bringt unausweichlich eine Demoralisierung mit sich, wie wenig Sensibilität auch verbleiben mag. Bleibt sie ganz aus, so ist das, meines Erachtens, ein Zeichen für die Beschränktheit der moralischen Sensibilität. Der Demoralisierung, die sich beim Erwachsenwerden einstellt - Erwachsenwerden nicht im banalen Sinn des Wortes, sondern im Sinn jener Vertrautheit mit Gott, aus der das Wesen des Menschen, das Wesen der Berufung des Menschen besteht ("Wir haben den Geist empfangen in dem wir rufen Abba, Vater" )12 - dieser Demoralisierung muss unsere Gemeinschaft zu Hilfe kommen, damit unser Leben zu jeder Zeit und an jeden Ort Hoffnung bringt, damit unser Leben von der Hoffnung bestimmt wird. Die Hoffnung ist ein beherrschender Gedanke, ein Gefühl - wenn ihr wollt - das beherrschender ist als alle anderen, das alle anderen durchdringt, alle anderen qualifiziert: "Für Gott ist nichts unmöglich". Ich wiederhole: nicht für den Gott unserer Gedanken, sondern für den Gott der Mensch geworden ist, den lebendigen Gott, der mitten unter uns gegenwärtig ist. Dazu muss man sowohl die Apologie Abrahams im Brief des heiligen Paulus an die Römer, Kapitel 4 Verse 18 bis 25 lesen (das ist unser Vorbild, das Vorbild dem jeder von uns sich angleichen muss), als auch den Brief an die Hebräer, das ganze Kapitel 11.
Wie sehr war Ephräm der Syrer, dieser große geistliche Meister, die große Gestalt der christlichen Geschichte der ersten Jahrhunderte, doch Kind, arm im Geiste! In welch kindlichem Geist schreibt er dieses Gebet, das Gebet des Erwachsenen, des alten Mannes: "Siehe wie mein Leben Tag für Tag zur Neige geht und meine Sünden wachsen. O Herr, Gott der Seele und des Leibes, Du kennst meine Schwäche. Gewähre mir, Herr, Deine Kraft, hilf mir in meinem Elend [...]. O Herr, verschmähe nicht mein Gebet [...] und erhalte mir Dein Wohlwollen bis ans Ende!"13
"Von Tag zu Tag wachsen meine Sünden": Das ist der offensichtliche, richtige Grund der Demoralisierung - richtig im Sinne einer Erklärung. Aber es ist als müsse in uns etwas absolut anderes, eine "menschliche Vernünftigkeit" Platz greifen, deretwegen man nicht mehr auf sich selbst zählt, sein Vertrauen nicht mehr in das setzt, was man tut, und deretwegen das Urteil darüber, wofür es sich zu leben lohnt, nicht aus unseren eigenen Programmen abgeleitet wird. Nun ist gerade dies die merkwürdige Wurzel, die ich "Herz" genannt habe: Es ist die Nähe Christi zu unserem Herzen, diese Gegenwart Christi bei unserem Herzen, die den tief greifenden Wandel unserer Person bewirken muss. Und seltsamerweise gewinnen dann unsere Programme, Aktionen und Anstrengungen eine Energie, einen Gehalt und eine Nützlichkeit, die wir nie erwartet hätten.
Als einer unserer teuersten Freunde, ein Mönch in der Cascinazza14, uns jenes mittelalterliche Gebet hat zukommen lassen, das dann verteilt wurde (zumindest in Mailand haben es viele bekommen), war ihm vielleicht nicht bewusst, etwas für viele so Nützliches zu tun. Aber warum für viele nützlich? Weil es für uns unmöglich oder so selten ist, ein Beispiel für ein solches Herz zu finden, und einem Exemplar dieses neuen Menschen zu begegnen, nach dem wir alle streben, nach dem wir alle ausgestreckt sind! Wir brauchen diese Armut des Herzens oder dieses neue Herz mehr als alles andere. Die Ferne, von der ich vorher gesprochen habe, ist nämlich nicht nur die Ferne von Christus, sondern letztlich auch von der Ehefrau, weil die Ferne von Christus der Beziehung mit allen Menschen und auch mit uns selbst im Wege steht. Man wird wieder "zwei". Ohne die Verantwortung zu leben, wird man, wie Bosquet sagte, wieder zwei, man wird wieder drei, wieder tausend, wieder Null. Das Gebet aus dem Mittelalter lautet: "Mein Vater, ich bitte dich: mach mit mir, was du willst. Ich bin elend, Herr, du weißt es: rette du mich, wie du willst. Wenn ich aus der Tiefe des Herzens an dich glaube, dann wird niemand mir schaden. All meine Kraft scheint aus mir zu fliehen, meine Rettung bist du. Blind bin ich und werde dich suchen. Ich bin gefallen, heb du mich auf. Deine Hand hat mich geschaffen. Nur dich bitte ich. Mein Vater, ich bitte dich: Wie du willst, handle mit mir. Ich bin nichts ohne dich: Mach mit mir, was du willst."15 Das Beispiel, das Kloster und Mönch für das Leben des christlichen Volkes waren, war von dieser Einfachheit. Was ich aber hinzufügen will: Hier ist überhaupt nicht von Gefühl, Charakter, oder Temperament die Rede, sondern es wird eine Einstellung aufgezeigt, ohne die keiner je sich selbst findet und wirklich zum Aufbau einer neuen Welt beitragen kann.
Vielleicht versteht man das gut, wenn man folgende Bemerkung liest, die mir eine Studentin geschrieben hat: "Manchmal ist es, als wenn niemand den Herrn erkennt, weil alle die Köpfe über die eigenen Fehler und die der anderen beugen, über die eigenen Probleme und Projekte. Es scheint so, als ob die Anstrengung, den Blick von sich weg auf diese Gegenwart zu richten, zu groß sei. So kann Christus in uns nichts wirklich mobilisieren, wir geben ihm nicht die Ehre. Man denkt an Christus und handelt im Namen Christi, aber man erkennt nicht den auferstandenen, siegreichen und gegenwärtigen Herrn". Ich habe bis jetzt, in sechzig Jahren, noch nie eine knappere und präzisere Beschreibung der tödlichen Krankheit gefunden, die im christlichen Volk verbreitet ist, besonders unter Leuten, die das Christentum leben wollen, wie die Leute der Bewegung. Und ich sage, sie ist auch deshalb knapp, weil sie ganz einfach ist. Deshalb lese ich sie noch einmal, denn ich hätte heute Morgen nur das sagen wollen, um zu erklären, dass die Fraternität von Comunione e Liberazione nichts will, als solch ein Bewusstsein zu wecken und nichts weiter. Dann nämlich wären wir sicher, dass etwas Neues auf der Welt geschieht. "Manchmal ist es, als wenn niemand den Herrn erkennt, weil alle die Köpfe über die eigenen Fehler und die der anderen beugen, über die eigenen Probleme und Projekte. Es scheint so, als ob die Anstrengung, den Blick von sich weg auf diese Gegenwart zu richten, zu groß sei. So kann Christus in uns nichts wirklich mobilisieren, wir geben ihm nicht die Ehre. Man denkt an Christus und handelt im Namen Christi, aber man erkennt nicht den auferstandenen, siegreichen und gegenwärtigen Herrn".
Seit einigen Jahren habe ich immer einen Vergleich angestellt, der dieses Bewusstsein bildlich wieder vorschlägt. Ich glaube, wir müssen wirklich wörtlich nehmen, was Christus sagt: "Wenn ihr nicht umkehrt und wie die Kinder werdet, könnt ihr nicht in das Himmelreich kommen".16 Wo ist das Kind vollständig Ausdruck seiner selbst, wann ist es wirklich und ganz es selbst, wenn nicht in dem Augenblick, in dem es beruhigt, aus einem freudigen Anlass, aus einem widrigen und schmerzlichen Anlass seine Mutter anschaut und es für eine kurze Zeit so ist, als vergesse es alles, als sei das, was sein Gesicht widerspiegelt, was seine Person erfüllt, das heißt sein Wesen ausmacht, die Gegenwart dieser Frau oder dieses Mannes, des Vaters? Das Kind kennzeichnet, dass sein Wesen in der Gegenwart eines anderen, eines Großen, einer Frau und eines Mannes besteht: Das ist sein ganzes Wesen.
Im mittelalterlichen Gebet wie im Gebet des großen Ephräm des Syrers geht es letztlich darum, ein kindliches Herz zu haben. Und ein kindliches Herz zu haben, heißt, den Blick von den eigenen Problemen und Projekten, von den eigenen Fehlern und den Fehlern der anderen abzuwenden, um auf Christus den Auferstandenen zu schauen. "Den Blick weg von sich auf diese Gegenwart richten". Es ist, als müsse ein Wind kommen und alles, was wir sind wegreißen. Dann wird das Herz wieder frei, oder besser, es wird frei: es lebt weiter im Fleisch, das heißt es macht Fehler wie vorher ("Die Sünden häufen sich an von Tag zu Tag", sagt der große heilige Ephräm), aber es ist so, als sei etwas anderes in die Welt gekommen. Ein neuer Mensch ist in die Welt getreten und mit ihm ein neuer Weg. "Seht her, ich lege einen Weg durch die Wüste: Merkt ihr es nicht?"17 In der Wüste der Welt öffnet sich ein Weg, es eröffnet sich also die Möglichkeit zu wirken, vor allem aber für ein Werk. "Werke" sind Ausdruck des Menschlichen, "Werk" ist ein menschlich Neues, eine neue menschliche Gesellschaft.
Ohne diese Einfachheit, ohne diese Armut, ohne die Fähigkeit, den Blick von uns weg auf diese Gegenwart zu richten, ist eine Gesellschaft nicht möglich, die dieses letzte Hindernis aus ihrem Weg räumt, um wirklich Weg zu werden. Sie ist nicht möglich. Das heißt, eine Gesellschaft, die eine wirkliche Hilfe auf dem Weg zum Schicksal werden soll, ist nur möglich, wenn für die Menschen in dieser Gesellschaft das Schicksal alles ist. Aber das Schicksal ist Mensch geworden, ein Mensch wie ich, der gestorben und auferstanden ist. Und das Ereignis dieser Auferstehung dauert in der Welt an und schwingt in mir. Ich muss den Blick heben weg von mir, hin zu dieser Gegenwart, zur Gegenwart des auferstandenen Christus.
Ich möchte euch jetzt an die Osterbotschaft Johannes Pauls II. erinnern. Ich will daraus zwei oder drei Abschnitte vorlesen - und euch dann über einige Stellen aus der Bibel meditieren lassen. Der Papst sagt: "[Erstens:] Von Anfang an findet zwischen Leben und Tod ein Kampf statt. In der Welt spielt sich die Schlacht zwischen Gut und Böse ab. Heute schlägt die Waage nach einer Seite aus: Das Leben hat die Oberhand; das Gute hat die Oberhand. Christus der Gekreuzigte ist aus dem Grab erstanden; er hat die Gewichte zugunsten des Lebens verschoben. Er hat das Leben von neuem in den Boden der menschlichen Seelen gepflanzt. Der Tod hat [jetzt] seine Grenzen. Christus hat eine große Hoffnung aufgetan [...]. [Das ist die Ankündigung. Aber in welcher Situation leben wir?] Die Jahre gehen vorüber, die Jahrhunderte gehen vorüber. Wir haben das Jahr 1982. Das österliche Opferlamm ist immer wieder wie der Weinstock, der in den Boden der Menschheit eingepflanzt wird. In der Welt geht der Kampf zwischen Gut und Böse weiter. Es kämpfen Leben und Tod; es kämpfen Sünde und Gnade. Wir haben das Jahr 1982. Mit Beunruhigung müssen wir daran denken wohin die Welt gegenwärtig steuert. Die Strukturen der Sünde haben ihre Wurzeln tief in die Menschheit unserer Zeit vorgetrieben und scheinen wie eine weite Verzweigung des Bösen den [ganzen] Horizont des Guten zu verdunkeln. [...] Sie scheinen den Menschen und die Erde mit Zerstörung zu bedrohen. [...] [Aber] auch wenn sich in der Geschichte des Menschen, der Einzelnen, der Familien, der Gesellschaft und schließlich der ganzen Menschheit das Böse unverhältnismäßig entwickelt und den Horizont des Guten verdunkelt hätte, es wird dich dennoch nicht überwinden! Christus ist auferstanden und stirbt nicht mehr. Würde das Böse in der Geschichte des Menschen [...] auch stärker; würde man auch aus menschlicher Sicht keine Rückkehr zu der Welt bemerken, in der der Mensch in Friede und Gerechtigkeit lebt, zu der Welt der Liebe aller Menschen; würde man auch aus menschlicher Sicht den Übergang nicht bemerken, würden auch die Mächte der Finsternis und die Kräfte des Bösen toben: Du, österliches Opferlamm! Lamm ohne Makel! Erlöser! hast den Sieg schon errungen! Dein Ostern ist [dieser] Übergang! Du hast [...] daraus unseren Sieg gemacht! [...] Das Geheimnis der Auferstehung bleibt [also] mitten im Herzen eines jeden menschlichen Todes. Das Geheimnis der Auferstehung bleibt im Herzen der Volksmengen: im Herzen selbst der Mengen, die keiner zählen kann [...]. Das österliche Geheimnis der Versöhnung bleibt tief in der Welt der Menschen. Und von dort wird es keiner entreißen!" .18
Wir müssen das wörtlich auf uns selbst beziehen, denn die Welt ist nur eine vergrößerte Abbildung - wir schauen sie deshalb mit sehr viel ängstlicheren Augen an - dessen, was in uns ist. Aber das österliche Geheimnis bleibt in der Welt der Menschen, auch in der Tiefe unseres Übels, und von dort wird es keiner mehr wegreißen.
"Den Blick auf diese Gegenwart richten". Anders ausgedrückt könnten wir mit der Liturgie sagen: "Sein Gedächtnis leben". Ich wollte nur daran erinnern, dass die Frage unserer ganzen Geschichte, unsere christliche Geschichte, die Geschichte unserer Bewegung wie am Höhepunkt angekommen ist, an dem sie gezwungen ist, sich radikal zu vereinfachen. Der Herr hat uns zusammengeführt und wir haben akzeptiert uns zusammenzutun, damit genau diese Einfachheit sich verwirkliche, damit diese letzte Vereinfachung geschehe, damit diese Vollendung Wirklichkeit werde. Wir haben uns zusammengetan, damit diese Einfachheit in uns Platz greife: Einerseits muss ein klares Bewusstsein unserer Sünde gefördert werden, die sich, wie der Papst sagt, als Struktur des Bösen in uns ausbreitet (das ist diese beispiellose Kleinlichkeit die all unsere Tage wie "entleert", "ausradiert"). Andererseits muss die Gewissheit, die Sicherheit vermehrt werden, die Gewissheit und die Sicherheit, dass all dieses Übel in mir besiegt ist - besiegt! - von einer Gegenwart. Es ist wie beim Kind: in welcher Verfassung es sich auch befindet, die Gegenwart der Mutter oder des Vaters ist die Sicherheit, dass alles in Ordnung geht, dass alles gut ist.
Ich möchte, dass ihr an diesem Morgen während der Meditation die schöne Prophezeiung des Menschen lest, dem Christus begegnen wollte, das heißt die Prophezeiung eines jeden von uns. Ich möchte, dass ihr den alten Jesaja im Kapitel 38, das Lied des Ezechia19