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Thema - Das Werk der Bewegung
Die päpstliche Anerkennung - Die größte Gnade in der Geschichte der Bewegung
Giorgio Feliciani

Wir geben einige Auszüge aus der «Historischen Notiz» wieder, die im Buch von Don Giussani Die Fraternität von Comunione und Liberazione (San Paolo, Alba 2002) veröffentlicht wurde. Der Vizepräsident der Fraternität, Giorgio Feliciani blickt darin auf die Momente zurück, die den Heiligen Stuhl am 11. Februar 1982 dazu bewogen, die Fraternität von CL offiziell anzuerkennen.

Seit 1978 bis zur Anerkennung der Fraternität bemühte sich Don Giussani bei verschiedenen Gelegenheiten darum, das Konzept der Bruderschaft zu klären und zu vertiefen. Seiner Realisierung maß er entscheidende Bedeutung für die Zukunft der gesamten Bewegung bei. Unter den zahlreichen Definitionen und Beschreibungen verschiedener Tragweite, die er bei verschiedenen Gelegenheiten vorstellte, bringt die Formulierung «freundschaftliche und gemeinschaftliche Wirklichkeit» es vielleicht auf den Punkt (S. 41 a.a.O.). Ursprung ist die vollständige Verantwortung der Erwachsenen, aus dem umfassendes Motiv «der Liebe zu Christus, zum Geheimnis Christi, das unter ihnen ist» heraus. Das Ergebnis des Einsatzes mit Christus ist «eine Arbeitsamkeit: Deswegen ist der zentrale Punkt der Bruderschaft die Berufung (Familie und Arbeit)». Die Bruderschaft ist also nichts anderes als das «weltliche Verständnis des Klosters» (S. 43).
Die Idee wird mit so viel Zustimmung aufgenommen, dass innerhalb weniger Monate eine «Vielzahl von Bruderschaften entsteht» (L. Giussani, Die Bewegung Comunione und Liberazione. Unterredungen mit Roby Ronza, Mailand 1987). Die «Bewegung der Bruderschaften» wird als «Ideal oder als Utopie, als Ergebnis unserer ganzen Bewegung angesehen, die eine Bewegung von reifen Menschen sein will, also von Personen die mit vollständiger Verantwortung tätig sind (S. 43) (...) .
Aber gerade diese einzigartige Lebendigkeit der Bewegung der Bruderschaften stellte ein ernstes Problem dar. Es handelte sich tatsächlich um eine rein faktische Wirklichkeit ohne jede formal definierte Struktur oder irgendeine juristische Anerkennung seitens kirchlicher oder ziviler Instanzen. Das war eine entschieden unangemessene Situation für die Perspektiven einer Gemeinschaft von Erwachsenen, die in ihrer vollständigen Verantwortung, sich als eine eifrige Präsenz in der Kirche und in der Gesellschaft anbot.
Ein Priester im direkten Dienst des Heiligen Stuhls, Monsignore Mariano De Nicolò konnte dienstlich ein Dossier in Augenschein nehmen, das die Wünsche der Bewegung darlegte und erläuterte. Damals war De Nicolò in der Päpstlichen Kommission zur Revision des Kirchenrechts tätig, heute ist er Bischof von Rimini. Weil er meinte, dass derartige Bestrebungen Aufmerksamkeit verdienten, schlug er dem 1991 verstorbenen Don Francesco Ricci, der damals gemeinsam mit Don Giussani die Verantwortung für die Bewegung trug, vor, auf den Rat von Monsignore Giuseppe Lobina zurückzugreifen. Dieser war ein erfahrener Kanoniker, der eine solide theoretische Ausbildung mit einer ungewöhnlichen Erfahrung der kirchlichen Praxis vereinte.
Lobina beschaffte sich in mehreren Treffen mit Vertretern von CL und Don Giussani alle notwendigen Daten und verfasst in wenigen Monaten jenes Dokument, das kurze Zeit später das Statut der Fraternität werden sollte. Es ist bis heute in großen Teilen unverändert geblieben.
Lobina kümmerte sich dann persönlich darum, eine geeignete kirchliche Autorität zu finden, die bereit war, die Bewegung anzuerkennen. Es war dann Abt Martino Matronola, der als Vorsteher des Klosters von Montecassino im umliegenden Gebiet die gleichen Rechte wie ein Diözesanbischof hatte. Diese Aufnahme war umso willkommen, als Don Giussani der Ansicht war, dass die Grundlagen seiner Bewegung den Gedanken des heiligen Benedikts sehr nahe liegen. (L. Giussani, Die Bewegung Comunione und Liberazione, a.a.O. S. 74f).
Zur Gründung der Fraternität kam es dann kurze Zeit später, sehr unauffällig, geradezu schlicht am 11. Juli 1980 dem Festtag des heiligen Benedikt. Der Papst hatte ihn 1500 Jahre nach dessen Geburt zum Patron von Europa ausgerufen. Zur Feier kamen nicht mehr als zwölf Personen mit Don Giussani vor dem Abt zusammen und schlossen sich in einer Vereinigung kanonischen Rechts zusammen. Am selben Tag verlieh Monsignore Matronola mit einem formalen Dekret der kirchlichen Bewegung des Namens «Fraternität von Comunione und Liberazione» die Stellung einer juristischen Person in der Kirche. Gleichzeitig billigte er das Statut und die «Werke des Apostolates und der individuellen und gesellschaftlichen Bildung» und stellte sie unter den «Schutz der Unbefleckten Jungfrau und unseres Patrons, des heiligen Benedikt» (aus dem Diözesanbulletin von Montecassino, Nr. 3, 1980, S. 223f).
So entstand die Fraternität als kirchliche Wirklichkeit, die von der kirchlichen Autorität vollständig anerkannt war und somit formell legitimiert handeln konnte, in Gemeinschaft mit den jeweiligen Ortsbischöfen, also nicht nur in Montecassino, sondern auch in den anderen Diözesen. Der Abt wünschte sich nämlich in demselben Dekret, «von Herzen, dass dort, wo die Vereinigung ihre apostolische Tätigkeit ausübt, diese von den ordentlichen Würdenträgern gutwillig aufgenommen, unterstützt und gefördert wird.» (...)
Die Fraternität wurde dann im Rahmen der Exerzitien für Erwachsene der Diözese Mailand, die mit den Bruderschaften Erfahrung gemacht hatten, vorgestellt. Dabei betonte man, dass der Wunsch nach Aufnahme ganz frei und persönlich sein müsse. In Übereinstimmung damit gab es innerhalb der Bewegung keine Kampagne zur Förderung der Einschreibungen, wie es auch die Tatsache belegt, dass bis zum März 1982, soll heißen bis zur päpstlichen Anerkennung, die neue Vereinigung im offiziellen Organ der Bewegung «CL – Litterae Communionis» keine Erwähnung fand. Obgleich es also keine besondere Werbung gab, häuften sich die Bitten um Aufnahme in die Fraternität so sehr, dass binnen eines Jahres die Zahl der Mitglieder von zwölf auf fast zweitausend anwuchs.
Der Abt von Montecassino hatte eine großherzige und mutige Anerkennung gewährt, den er wusste, dass sein Dekret auf scharfe Kritik seitens jener Bischöfe stoßen würde, die für CL nur wenig Sympathie empfanden. Einer der qualifiziertesten Vertreter der italienischen Bischofskonferenz ging so weit zu behaupten, dass die Maßnahme als Betrug den kanonischen Gesetzen abgepresst wurde. Ein weitsichtiger Kirchenrechtler wies zu Recht darauf hin, dass der Abt von Montecassino mutig, ja verwegen gewesen war, eine Vereinigung anzuerkennen, die nicht nur in einer Diözese, sondern in vielen Diözesen aktiv ist. Mit der wachsenden Zahl der Mitglieder reichte die Anerkennung aber nicht mehr aus, um der Vereinigung eine juristische Form zu geben, die ihrer effektiven Wirklichkeit entsprach. Nötig war mittlerweile die Anerkennung durch eine höhere Autorität, was nur der Heilige Stuhl sein konnte, genauer gesagt der Päpstliche Rat für die Laien. Paul VI. hatte ihn ins Leben gerufen, um die Fragen der Beteiligung der Laien am Leben und der Mission der Kirche zu behandeln.
So trug Don Giussani, unterstützt von Lobina dem damaligen Präsidenten dieses Rates, Kardinal Opilio Rossi am 7. April 1981, kaum ein Jahr nach dem Erlass des Abtes von Montecassino, die formale Anfrage um eine päpstliche Anerkennung der Fraternität vor. (...)
Am Ende griff Papst Johannes Paul II. persönlich ein. Nachdem er sich umfassend über den Vorgang informiert hatte, ermunterte er den Päpstlichen Rat, ohne weiteres zu der gewünschten Anerkennung zu kommen (vgl. Dekret des Päpstlichen Rates für die Laien, S. 231, siehe auch S. 229ff a.a.O.).
So kam es zu dem Dekret, das am 11. Februar, dem liturgischen Festtag der Muttergottes von Lourdes, die Fraternität «als juristische Person für die universale Kirche gründet und bestätigt, und sie in jeder Hinsicht als Vereinigung päpstlichen Rechtes bezeichnet und festlegt, dass sie von allen als solche anzuerkennen ist».