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Skiferien
Ein Ziehweg zum Unendlichen
Christoph Scholz

Jugendliche von CL verbrachten zu Jahresanfang ihren Skiurlaub im schweizerischen Lenzerheide. Dabei überraschten nicht nur die guten Schneeverhältnisse.

Es war mehr als das Glück des rechten Zeitpunkts. Trotz milder Winde hatten sich kurz nach Neujahr reichlich Schneeflocken auf die Berghänge der Lenzerheide verirrt. So reichte der weiße Segen allemal für drei herrliche Tage auf Ski und Snowboard für die rund 50 Jugendlichen, die an der Winterfreizeit von CL in Parpan/Graubünden teilnahmen. Zumindest jene, die sich wirklich auf die Pisten trauten und nicht wie Don Romano Christen im dunklen Tal herum schlichen. Vielleicht ließ er gerade deshalb nicht nach, jene, die es (am Lift) bis zu 2800 Meter hinauf zog, auf die Schönheit der Bergwelt hinzuweisen. Tatsächlich eröffneten einbrechende Wolkentürme oder aufreißende Nebelschwaden immer neue Panoramen der Schweizer Alpen - unter azurblauem Himmel oder im tausendfachen Farbenspiel des Sonnenuntergangs. «Wer mehr sieht, hat mehr vom Leben!»
So kam auch der Geist zu seinem Recht. Zumal am zweiten Abend: David Brehm erläuterte Gedichte des britischen Nobelpreisträgers T. S. Eliot. Schwere Kost für geprüfte Sportler, sollte man meinen. Doch trotz müder Knochen und schlaffer Muskeln, die auch das tägliche, ultrafrische Redbull-Mittagspaket der Kiwi-Lodge - Sandwich/Apfel/abgelaufener Schokoriegel - nicht recht regenerieren wollte, war die Aufmerksamkeit ungebrochen. Lehrer wären vor Neid erblasst - anwesende wie Sabina Gruschka und Ute Schretzlmeier natürlich ausgenommen.
Und der Film Forrester - Gefunden! wurde selbst von Computerjunkies ohne Zwischenrufe aufgenommen, obgleich es doch einige Zeit brauchte, bis der junge Basketballer aus der Bronx sein Dichtertalent und der betagte Forrester sich selbst gefunden hatten. Die hier aufgeworfene Frage nach dem Ziel des eigene Lebens, war vielen offenbar spannender als das übliche Action-Kino.

Verletzungen waren dieses Jahr kaum zu beklagen. Und als sich Gratia den Fuß verdrehte, erschien postwendend ein SOS - wie der gelockte Erste-Hilfe-Schweizer genannt wurde. Doch so schwungvoll er auf dem Schneemotorrad angerast kam, so gemütsvoll widmete er sich der Untersuchung. Zwischen den Diagnosepausen bekam der Beobachter Zweifel, wer hier eigentlich unter eingeschränkter Bewegungsfähigkeit litt.
So recht leiden mussten eigentlich nur die Snowboarder - besonders die drei Benediktiner und Andi - und zwar unter endlosen Ziehwegen, sozusagen das negative Gegenstück zur Sehnsucht des Herzens nach dem Unendlichen, auf das wiederum Romano hinwies.
Doch bestärkte auch das geteilte Leid, neben der wohl größeren geteilten Freude die Freundschaft. Ein Thema, dass nicht nur das tägliche Seminar der Gemeinschaft prägte, sondern das gesamte Zusammenleben. Zu den Überraschungen gehörte es dabei, dass derartige Treffen nicht notwendigerweise in betroffenem Dauerschweigen oder der Wiederholung des Gelesenen mit unverständlicheren Worten münden muss: Offen, bisweilen kontrovers, aber frei von Klischees und Gemeinschaftsdeutsch. Die Eichstätter Jugendlichen kündigten an, sie wollen künftig auch ein Seminar machen.

Selbst der Küchendienst funktionierte tadellos - abgesehen von einigen Langschnarchern ( Namen werden aus presserechtlichen Gründen nicht genannt!). Am bunten Abend beglückte uns dann noch Herbergsvater Christen (nicht mit Romano verwand oder verschwägert - allerdings auch Schweizer!) alias Simon Tröndle mit seinem Besuch. Er erläuterte nochmals die Rechte und Pflichten bei der Verrichtung und Erfüllung notwendiger Bedürfnisse und Aufgaben. Ja es gab auch sonst viele Einlagen und Beilagen vor allem bei Musik und Gesang: An den Gitarren Annette Lippold und Basil Zöhrer, am Dirigentenpult mit flexiblem Armeinsatz Tanja Piesch; nicht zu vergessen die Toti-Family und Gregor Rugel, der sich mit quasi-Falsettstimme ebenso bravourös in den Damenchor einfühlte wie als Vorsänger bei den Laudes profilierte. Santo Merlini brachte neben seinen drei Teninger Ministranten sein Können am Klavier in Anschlag - zwischen Criminal Jazz und Criminal Tango. Aber auch andere zeigten viel Engagement: Julis, die die Lesung las, oder Manu, der den Eröffnungsabend mit einem «Schmeiß-dich-auf-den-Teller-Kennlern-Spiel» moderierte - die erste gute Möglichkeit für Sportunfälle.

Als es wieder heimwärts ging, setzte erneut das Tauwetter ein - und ein paar Tränen. Auch das ein Zeichen, dass diese gemeinsamen Tage nichts Selbstverständliches waren. Viele bekundeten bei der Abschlussversammlung, dass sie in diesen wenigen Tagen eine Menschlichkeit erfahren hatten, der sie woanders nicht begegnen - bis hin zu dem Beispiel, dass Skifahrer auch Snowboarder abschleppten, wenn es mal wieder einen Ziehweg gab. Das vielleicht beeindruckendste Zeichen dafür, was die Tage bedeutet haben, waren die zahlreichen persönlichen Fürbitten beim Abschlussgottesdienst: keine frömmlerische Rhetorik, sondern das einfache Anvertrauen der eigenen Lebenswirklichkeit an Christus. So war die gelebte Freundschaft selbst ein Stück Ziehweg zum Unendlichen.