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USA - Die Benediktiner und die Bewegung
Ein anziehendes Leben
Maurizio Maniscalco

Wie der Vizeprior der Benediktinerabtei von Atchison/Kansas Don Giussani entdeckte. «Ich glaube, dass die Bewegung mir geholfen hat, anzuerkennen, dass ich hier und jetzt mit diesen Mönchen Christus begegne.»

Pater Meinrad Miller (40) ist ein hochgewachsener Benediktiner von 1,90 Meter. Er kommt aus Leoti im Bundesstaat Kansas und betreibt leidenschaftlich gerne Theologie. Außerdem ist er ein glänzender Organist. Zurzeit steht er als Vizeprior der Abtei von Atchison mit 60 Mönchen vor und unterrichtet an der Theologischen Fakultät des Benediktiner-Colleges. Er ist ein großartiger Freund und er hat dafür gesorgt, dass Don Giussani und die Bewegung in Atchison heimisch wurden .

Pater Meinrad, wie hast du Don Giussani entdeckt?
Ich hatte einen Kameraden hier vom Benediktiner-College. Er hieß B. J. Adamson. Nach seinem letzten Ausbildungsjahr 1987 besuchte er einen Ethik-Kurs und studierte Aristoteles. Dabei schlug er sich mit der großen Frage über das Bedürfnis nach Freundschaft und Glück herum. Nachdem er am Ende seines Studiums nach Denver zurückgekehrt war, traf er Leute von CL. Dann zog er nach Kalifornien um, und auch dort wartete die Bewegung auf ihn. Von 1987 bis 2002 erzählte er mir jedes Mal, wenn ich ihn sah oder hörte, von Communion and Liberation. Im Stillen dachte ich ehrlich, er übertreibe ... es war zu schön, um wahr zu sein ...
Seit ich aber der Freundschaft und dem Gedanken Don Giussanis begegnet bin, bin auch ich einer, der oft zu übertreiben scheint ...

Was hat dich an Don Giussani am meisten beeindruckt?
Ich habe in Giussani einen Menschen gefunden, der fähig ist, auf unzählige Fragen, die ich in mir trage, zu antworten. Oft wird uns gesagt, dass die Grundentscheidung im Leben zwischen einem sterilen Rationalismus oder einem pietistischen Moralismus liegt. In Giussani aber fand ich jemanden, der das Menschliche und die Begegnung mit Gott auf eine lebendige und neue Art und Weise versteht, die aber zugleich tief in der Tradition des Glaubens verwurzelt ist.

Und die Leute, die du getroffen hast?
Es war ein Leben, das mich anzog. Es gab dort eine Freundschaft und Freiheit, die mir im Innersten entsprachen. Ich sprach gerade mit einem unserer Neu-Diplomierten, einem glänzenden jungen Mann. Er erzählte mir eine Geschichte, die der meinen entspricht. Nachdem er jahrelang Gedichte geschrieben hatte und dabei den Sinn der Dinge suchte, entdeckte er schließlich, dass das, was er gedacht und geschrieben hatte, seine Entsprechung in der Begegnung mit CL fand.

Und die anderen Mönche?
Mönche sind nicht gerade bekannt für ihre Bereitschaft zu Veränderungen. Wenn man seit 1500 Jahren im Geschäft ist, kann es scheinen, als bräuchte man sich nicht zu beeilen. Ich habe die Mönche zu den Vorstellungen eingeladen, habe die Urteile von Giussani vorgetragen und die Vertiefungen von Albacete. Auch die Flugblätter sind ein sehr schönes Werkzeug, um das Herz zu dem hin zu erziehen, was die Bewegung ist. Viele bekommen Spuren und lesen sie regelmäßig. Außerdem verwenden wir Teile des Grundkurses als Studientexte.

Und wie haben die Ordensleute darauf reagiert?
Wie auf alles. Einige sind begeistert, andere weniger. Im Allgemeinen gibt es ein Interesse an der Bewegung und der Liebe zum heiligen Benedikt, die Giussani immer gezeigt hat.

Was hat Don Giussani heute mit deinem Leben als Benediktiner zu tun?
Seit alters her galt die Trägheit als eine der tödlichen Neigungen der Mönche. Nach Evagrius und Johannes Cassianus besteht die Todsünde darin, zu meinen, dass «das Gras des Nachbarn immer grüner ist». Bevor ich der Bewegung begegnete, träumte ich mit offenen Augen davon, ein perfekter Mönch in einem perfekten Kloster und in einer perfekten Universität zu sein. Ich glaube, dass die Bewegung mir geholfen hat, anzuerkennen, dass ich hier und jetzt, mit dieser Gruppe von Mönchen, mit diesen Studenten und mit diesen Freunden der Abtei, Christus begegne, der mich frei macht.

Woran denkst du in diesem Zusammenhang?
Der Erste, der hierher kam, war Pater Peter Lemcke, ein Lutheraner, der sich zum Katholizismus bekehrte. Ich habe gerade wieder sein Tagebuch gelesen. Er schreibt darin, dass er die Aufklärung von so vielen und die Frömmelei von ebenso vielen ablehnt. Lemcke fand in Regensburg eine «Bleibe», bei Bischof Sailer. Wie es Kardinal Ratzinger 140 Jahre später machte. Dann wurde er dem Hause von Friedrich Schlosser, dem Sohn von Goethes Tochter, als Familien-Kaplan zugewiesen. Eines Abends sagten ihm der romantische Dichter Clemens Brentano und Andreas Raess, der später Bischof von Straßburg wurde, dass Bischof Kenrick von Philadelphia händeringend nach Priestern suche. Brentano neckte ihn gar und sagte, Lemcke werde durch sein bequemes Leben in Deutschland langsam zu einem «Luxus-Kaplan, dick und fett». Und Lemcke macht sich auf den Weg. Wenn er nicht abgefahren wäre, gäbe es keine Abtei, kein Kloster und kein College. Wie Abraham, der seine Sachen zusammenpackt und abreist, oder wie Monsignore Giussani, der sich mit seinem Glaubensakt ins Unterrichten stürzt, so brachte dieser ehemalige Lutheraner mich dazu, hier zu sein.