Logo Tracce


Briefe
Briefe Mai 2007
Zusammengestellt von Paooola Bergamini

Ein Volk in Bewegung
Lieber Don Julián, die Worte des Papstes haben uns beeindruckt: Er hat genau den Grund hervorgehoben, der mich schon vor 26 Jahren und danach immer wieder staunen ließ: Das Christentum ist endlich nichts Bedrückendes mehr, sondern befreit und entfacht durch die Schönheit und Wahrheit im Herzen die Sehnsucht nach Christus. Deine Betonung der Notwendigkeit, Bettler zu sein, hat mich ebenfalls wieder tief getroffen. Sie drückt sich in den Worten aus: Gebe mir ein Herz von Fleisch! Als ich dann am Morgen auf dem Petersplatz ankam, saß dort noch relativ alleine eine der Personen, die den Weg meiner Familie mit gezeichnet haben: Rose. Die Gelegenheit, sie wiederzusehen, war ein unerwartetes Geschenk, ein Hinweis auf den Reichtum der Geschichte, die wir in der Bewegung schon gelebt haben. Dann der Gestus selbst: Dass man so mit 80.000 Personen die Laudes beten kann, zeigt, dass sich ein Volk gebildet hat, das aus einer Anziehungskraft heraus entstanden ist. Kein militärisch disziplinierter Trupp, sondern eine Gemeinschaft, die beim Gebet zuhört. Sehr ungewöhnlich. Fast 300 Personen haben an der Wallfahrt teilgenommen und viele andere haben das Ereignis am Fernsehen verfolgt. Viele waren erstmals einer Einladung von uns gefolgt. Die größte Gruppe waren die Jugendlichen von GS, die mit Don Romano, Sabina, Ute, Don Francesco und anderen im Bus nach Rom kamen. Die Jugendlichen waren zutiefst bewegt und ein Lehrstück für uns alle. Für sie war die ganze lange Busfahrt eine Wallfahrt im besten Sinn mit Gebet, Gesang und Freude. In Eichstätt kamen sie erst gegen 3 Uhr morgens an. Eines der Mädchen musste am nächsten Morgen gar nicht lange geweckt werden: Sie wollte unbedingt zur Schule gehen, weil sie die Schönheit, die sie erfahren hatte, unbedingt den Mitschülern erzählen musste. Eine andere Gruppe bestand aus Krankenschwestern aus Freiburg, die im ganzen Krankenhaus die Kollegen eingeladen hatten. Wir sind Papst Benedikt zutiefst dankbar, dass er uns hilft, mit ihm zusammen auf Den zu schauen, der Subjekt dieser Neuheit in unserem Leben ist.
Martin, Eichstätt

Wunderbarer Fischfang
Meine Lieben, ich will euch für die Gelegenheit, die ihr mir geschenkt habt, danken. Ich habe gesehen, wie weit die Kraft einer Gemeinschaft reichen kann. Angesichts dieser großartigen Kraft, die nur Gott bewirkt, habe ich mein übermäßiges eigenes Nichts wahrgenommen, genau wie Petrus angesichts der Ausbeute des geheimnisvollen Fischfangs! Dasselbe gilt für mich! Ich habe Christus nur darum gebeten, dass ich diese Gesichter, die mich bis dorthin begleitet haben, nie verlieren werde. Ich will sie alle, vom Kleinsten bis zum Großen, so, wie sie sind. Auch jetzt denke ich nur an diesen Mann, an das Gesicht des Papstes und von Giussani, von denen ich mich angeschaut gesehen habe, und die Gemeinschaft, die mich bis dort hin geleitet und begleitet hat. Ich kann einfach nur danke sagen. Alles Liebe
Rose, Kampala

Menschliches Bedürfnis
Lieber Don Julián, ich bin dankbar und stolz, dass auch ich zu diesem Volk der Hunderttausend Personen auf dem Petersplatz gehörte «aufgestellt in einer fröhlichen Ordnung», um den Nachfolger Petri und um mich dieser Gegenwart zu erfreuen. Ich war dort, mit meinen Freunden von der Fraternität und meinen vier Kindern. Der jüngste, Toto, der 5 Jahre alt ist, saß in einem der vielen Kinderwagen, im strömenden Regen! «Warum ist sie von so weit her gekommen, und warum hat sie auch noch das Kind mitgebracht?» war die Reaktion und Herausforderung eines Polizisten aus dem Ordnungsdienst auf meine wiederholten Versuche, den Kleinen unter den Säulen unterzustellen. Nach meiner unmittelbare bissigen und impulsiven Reaktion folgte eine andere, in der ich versuchte, mir über den Grund dieses Gestus Klarheit zu verschaffen. Darüber, warum sich meine Freiheit trotz der angekündigten und zu bewältigenden Unannehmlichkeiten in Bewegung gesetzt hat. Zu selbstverständlich und verkürzend wäre es, einfach zu antworten, dass ich da war, um meine Zugehörigkeit zu einem Volk und einer Geschichte zu bezeugen, oder mit meiner Anwesenheit den Heiligen Vater froh machen zu wollen. Nein, gar nicht! Ich war da, weil ich mein menschliches Bedürfnis ernst genommen habe, ich habe mit Sympathie auf mein Bedürfnis nach Glück geschaut, das vor keinem Hindernis halt macht, nicht einmal vor dem physischen, geographischen oder klimatischen. Die Ordnung der Erwartungen hatte sich geändert: Ich musste nicht bei mir beginnen, bei meinen Grenzen und Erfolgen, sondern bei der Gegenwart. Ich war da, um mich an dieser Gegenwart zu erfreuen, um von dieser Gegenwart wieder neu auszugehen, weil der Einsatz mit meinem Leben mich unausweichlich zu einer Ernsthaftigkeit berief. Und das ist mir geschehen, weil ein Anderer mir entgegengekommen ist, um meine Bestimmung zu erfüllen.
Maria Antonietta, San Giorgio a Cremano

Dankbarkeit
Lieber Don Carrón, eine Freundin von mir, die seit weniger als einem Jahr zum Seminar der Gemeinschaft kommt (und das nicht ohne Momente des Unverständnis, der Schwierigkeit, der Polemik), hat mir nach der Rückkehr aus Rom diese E-Mail geschickt: «Welche Positivität, welche Schönheit, welches Staunen! Der Petersplatz gestern: Eine Teppich bunter Regenschirme, die Gesichter, Personen verbargen, jeder von ihnen mit einer eigenen Bestimmung, jeder in Erwartung von etwas. Plötzlich wird dir bewusst, dass sich eine Evidenz, eine Außergewöhnlichkeit ausbreitet. Das Herz eines jeden sehnt sich danach, dort zu sein, nicht einmal der Regen besiegt es und lässt es vergehen. Und regelmäßig geschieht es, dass du dich ergeben musst: Die Geschichte, der du begegnet bist, Tochter einer größeren Geschichte, der Kirche, beruhigt dich für einen Augenblick, erfüllt dich. Wie kann man Giussani nicht dankbar dafür sein, dass er uns beigebracht hat, dies anzuerkennen und dass er uns angezogen und bis zu Ihm gebracht hat? Wie kann man ihm nicht dankbar dafür sein, dass er uns entdecken ließ, dass man „Mensch“ sein kann und dass unser Dasein als Bettler und Bedürftige nach einem anderen, ein Zeichen unserer Größe ist? Ja, ich muss wirklich sagen, heute war mein Herz froh und erfüllt».
Stefania

Auf Knien vor dem Papst
Seitdem ich erfahren habe, dass ich vor Papst Benedikt bei der Audienz der Fraternität in Rom stehen würde, war ich ergriffen von einem Gefühl meiner eigenen Unzulänglichkeit, weil ich meine Winzigkeit angesichts der Bedeutung dieses Gestus, zu dem ich berufen war, erkenne. Aber gleichzeitig hat mich ein großes Gefühl der Dankbarkeit ergriffen. In Italien besuchte ich die Kirche San Luigi dei Francesi, wo ich das Bild der Bekehrung des Matthäus von Caravaggio sah. Ich konnte nicht anders, als an mich selbst so zu denken, wie Matthäus, mit dem Finger auf mich selbst gerichtet: «Ich? Bist du dir sicher?» Dieses Bild, das auf so tiefe Art und Weise das zum Ausdruck bringt, was sich mir in diesen Tagen ereignete, konfrontierte mich mit der Tatsache, dass ein jeder Ruf Christi, ob klein oder groß, immer aus absoluter Ungeschuldetheit heraus erfolgt. Beim Papst gewesen zu sein, seinen Ring geküsst zu haben, ihm gesagt zu haben, dass ich ihm die Umarmung aller Brasilianer bringe, von ihm zu hören, dass er nach Brasilien kommen wird, wie um zu sagen: «Ich werde dort diese Umarmung erfahren», die auf einem Blatt Papier aufgeschriebenen Namen und Bezugspersonen der Fraternität und der Bewegung in Brasilien in der Tasche zu tragen, hat mich mit tiefer Freude erfüllt. Ich konnte erkennen, was Don Carrón sagte: «Der Papst ist sicheres Zeichen unseres Glaubens», das heißt, dass dieser Gestus unseren Weg bekräftigt und uns die Gewissheit verleiht, auf ihm voranzuschreiten. Hier wird Christus tatsächlich die Antwort auf meine Sehnsüchte hinsichtlich meiner Familie, meiner Arbeit und all derer, die Teil meines alltäglichen Lebens sind. Zusammen mit jenen Hunderttausend Personen der Bewegung konnte ich die große Zuneigung, die der Papst für unsere Geschichte empfindet, als Freund und Hilfe auf unserem Weg, wahrnehmen. Wie Don Carrón sagte, ist dieser Gestus für mich und für all die Freunde der Bewegung und der Fraternität in Brasilien das Zeichen eines neuen Anfangs. Es ist ein Zeichen dafür, dass der in der Kirche gegenwärtige Christus, durch unsere Bewegung hindurch, die Antwort auf die Sehnsucht unseres Herzens darstellt. Diese Erfahrung, die durch die Begegnung mit dem Papst wiedererweckt wurde, muss meinen Blick auf meine Frau, meine Kinder, die Kollegen, alle Personen und Ereignisse meines Lebens bestimmen.
Benedito, Belo Horizonte

Wunsch nach Schönheit
Piero Bonaguri erhielt diesen Brief von einem Schüler des Konservatoriums von Bologna, den er für den 24. März nach Rom eingeladen hatte
Ich bin ein Junge von 20 Jahren, der, trotz der ganzen Ängste und Verwirrungen, wahrhaftig an das Leben glaubt und daran, dass man sich ihm öffnen soll. Ich denke: ich will das Schöne, ich will das Positive in meinem Leben. (...) Ich will leiden, kämpfen, lieben und geliebt werden, weinen und lachen über die Sachen, die ich auf dem Herzen habe und immer weiter im Positiven wachsen! Deswegen blieb ich beeindruckt von den Worten von Papst Benedikt XVI. in seiner Predigt, wo es heißt: «Und so war er von Anfang an berührt, sogar „verletzt“ von dem Wunsch nach Schönheit und er gab sich nicht mit irgendeiner Schönheit zufrieden, mit einer banalen Schönheit: Er suchte die Schönheit selbst, die unendliche Schönheit und so hat er Christus gefunden, in Christus die wahre Schönheit, den Weg des Lebens, die wahre Freude (...)». Da habe ich gedacht (...)Wow! Wie nah kommt mein Wunsch nach Schönheit diesen Worten – dem Sinn, den sie haben und dass sie wirklich wie für mich gemacht erscheinen. Deswegen bin ich glücklich! Ich bin glücklich über die Atmosphäre, die ich im Konservatorium angetroffen habe. Es ist schön, dass ich mich wohl fühle, denn abgesehen von der Gitarre gibt es auch dieses. Weil ich mich bei euch geborgen fühle. Wenn ich mit euch zusammen bin. Und wenn ich in dieser Stimmung bin, dann fühle ich mich gut und finde, dass ich meine 20 Jahre wirklich in vollen Zügen lebe. Und all das ist nicht gerade wenig. Und ernsthaft, Herr Professor, mehr als dies konnte ich mir nicht vorstellen. Am Ende meines Briefes möchte ich Ihnen danken, weil ich nach Rom fühle, dass der unendliche Wunsch nach Schönheit, nach Sorglosigkeit und der Wunsch das Leben in vollen Zügen zu leben, den ich im Herzen trage, gewachsen und noch wesentlich klarer geworden ist.
Emanuele

Zeugnis einer Reise
Lieber Don Carrón, das Treffen mit Papst Benedikt XVI. war für mich ein großes Ereignis. An der Grenze zu meinem 50. Lebensjahr habe ich mich an andere Ereignisse erinnert, die ich auf dem Petersplatz erlebt habe: den Palmsonntag im Jahre 1975, damals noch als Schülerin der Bewegung, um Papst Paul VI. zu treffen; die Wallfahrt des Clu, der sich mit Papst Johannes Paul II. am 31. März 1979 traf. Aber dieses Mal bin ich mit meinen Kindern hier. Das ist die Neuigkeit: Diese Kinder, wie auch viele andere Kinder, auch noch sehr viel jüngere, haben dieses Treffen mit dem Papst mit derselben Intensität und Verantwortung der Großen gelebt, ungeachtet des Regens, mit derselben Stille während der Wartezeit, mit demselben Enthusiasmus, als Benedikt XVI. an uns vorüberfuhr und uns in Einfachheit Christus bezeugte. Ich hoffe, dass dieser Tag für immer in ihren Herzen erhalten bleibe, so dass sie bei anderen Gelegenheiten in späteren Jahren diesen Augenblick als Anfang in Erinnerung behalten mögen. Meine Freude wurde durch die Begeisterung, die ich in ihren Gesichtern auf der Rückfahrt, ungeachtet der Müdigkeit, ablesen konnte, bereichert und ebenso durch ihre Vertiefung und ihre Teilnahme an der Schönheit dieses Treffens mit dem Papst, der Schönheit der Begegnung mit Christus, die uns Don Giussani gelehrt hat.
Emanuela, Jesi

Die Herausforderung des Papstes
Verwundet von der Schönheit. Dieses Gefühl beschreibt am besten mein Herz, als ich mich im Bus auf der Rückfahrt von Rom nach dem Treffen mit Benedikt XVI. befand. Verwundet von einer Schönheit, die das Herz erfüllt. Die Worte des Papstes klangen noch immer in meinen Ohren nach: «Geht und bringt die Wahrheit, die Schönheit und den Frieden, die man in Christus dem Erlöser antrifft in alle Welt». Niemals zuvor hatte mir irgendjemand eine so große Herausforderung gestellt, so enorm, so missionarisch. Geh in alle Welt, angefangen von der Schule, den Freundschaften, um die Schönheit Christus zu bringen, die Schönheit Christen zu sein, in eine Welt in der man versucht, die Christen zum Schweigen zu bringen, weil sie unbequem sind. Die Herausforderung, die mir der Papst gestellt hat, ist nicht nur die Schönheit zu bringen, sondern vor allem die Schönheit in jedem Aspekt meines Lebens zu suchen. Denn wenn ich keine Erfahrung der Schönheit mache, wie kann ich sie dann bezeugen? Auf dem Petersplatz habe ich eine Einheit mit den Hunderttausend Personen, die um mich herum waren, bemerkt, eine Einheit, die ich nie zuvor erlebt hatte. Man sieht zwar Hunderttausend Personen auch in einem Stadion oder bei einem Konzert, aber wir, die wir auf dem Petersplatz waren, waren ein Volk in Erwartung auf das, was der Papst uns sagen musste, mir sagen musste. Eine Erwartung, die für mich eine Frage nach Glück war, eine Erwartung, die von einer Einfachheit zu leben gekennzeichnet war. In der Art, zusammen zu singen, fand ich dieselbe Einfachheit, in der uns Don Giussani erzogen hatte. Er war der Erste, der von einer schönen Sache tief ergriffen wurde. All das könnte als ein Gefühl erscheinen, das einige Stunde, bestenfalls einige Tage anhält. Aber für mich war es eine wahre und wahrhaftige Erfahrung, die ich wie einen Schatz aufbewahre. Ich bete zur Gottesmutter, dass der Schrei, der in Rom aus meinem Herzen aufstieg, zu einem Paradigma meines Lebens wird, meines alltäglichen Lebens, im Studium, in den Freundschaften und in der Familie.
Francesco, Bologna