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USA Virginia Tech
«Eine Tragödie ohne Sinn»
Eine Herausforderung an die Vernunft



Der aus Südkorea stammende Student Cho Seung Hui richtete am 16. April auf dem Campus der Technischen Universität von Blacksburg im US-Bundesstaat Virginia ein Blutbad an. Studenten von Comunione e Liberazione verfassten daraufhin folgendes Flugblatt.

Was auf dem Campus der Virginia Tech in Blacksburg, USA, geschehen ist, macht auch uns betroffen. Wir wissen nicht, ob Cho Seung Hui ein Psychopath war. Wir wissen, dass er wütend war, enttäuscht vom Leben.
Aber wie kann ein 23-jähriger, junger Mann - der wie wir voller Erwartungen ist - die Wirklichkeit so negativ wahrnehmen, dass er zur Pistole greift und 32 seiner Mitstudenten umbringt?
Es ist unbestreitbar, dass unter uns Studenten ein Unbehagen, eine Unzufriedenheit vorherrscht. Wir versuchen unseren wahrsten Sehnsüchten nachzugehen (der Sehnsucht nach einem Sinn des Lebens, nach einer ungeschuldeten Liebe, nach Freundschaft, nach Gerechtigkeit ...), aber das, was wir wollen, steht immer im Missverhältnis zu dem, was wir machen oder uns vorstellen können.
Angesichts dieser Tatsache passiert es leicht, dass man aufgibt und anfängt, sich mit etwas zufrieden zu geben, das weniger ist, als das, was wir tatsächlich ersehnen. Wir geben uns zufrieden mit dem Erfolg, dem besten Campus, mit einem bestimmten Bild von uns, also mit etwas, was die Gesellschaft von heute als das Höchste ausgibt.
Wenn man das Unzureichende dieser falschen Ideale entdeckt, sieht man sich enttäuscht und entleert. Auf die zu schießen, die um einen herum sind, auf die eigenen Kommilitonen, ist gleichbedeutend damit, aus diesem Unbehagen ein letztes Urteil über unser Leben zu machen, ein unüberwindbares Hindernis.
Obwohl wir jeden Tag das gleiche Drama erfahren, wollen auch wir nicht auf den Durst nach Erfüllung, der uns ausmacht, verzichten. Wir wollen den Schrei unseres Herzens nicht zum Schweigen bringen.
Wir sind jemandem begegnet, der bereit ist, dieses Drama mit uns zu teilen und der uns die Hypothese einer Antwort auf die Frage, die in uns drängt, anbietet. Eine Antwort, die fähig ist, die ganze Existenz zu umarmen, ohne etwas außen vor zu lassen. Es gibt Studenten in der Universität, die so wie wir studieren, lachen, weinen, lieben, sich dabei aber eines Sinns gewiss sind, einer Gegenwart, die das Leben eint. Sie sind Zeichen einer Hoffnung für alle, der Beginn einer Antwort auch auf die «Tragödie ohne Sinn» von Blacksburg - wie sie Benedikt XVI. nannte -.
Studenten von Comunione e Liberazione
Mailand, 19.04.07