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Thema - Gehorsam und....
Der Wirklichkeit gehorchen
Davide Perillo

Es ist kein Zufall, dass auch Don Giussani in Der religiöse Sinn von dort seinen Anfang nimmt. Die erste Vorüberlegung befasst sich mit dem Realismus. «Die Methode wird vom Objekt bestimmt». Das Subjekt muss also gehorchen. Man erinnere sich hier an das Beispiel des Zettels. Ich sehe im letzten Augenwinkel einen weißen Fleck auf dem Schreibtisch. Was ist das? «Ich könnte die unmöglichsten Dinge denken: zerlaufenes Eis, ein abgerissenes Stück Hemd. Aber die Methode, um herauszufinden, was es wirklich ist, wird mir von der Sache selbst vorgegeben. (...) Wenn ich wirklich herausfinden will, was es ist, dann muss ich den Kopf senken und es in Augenschein nehmen und mit den Augen darauf hinabschauen». Das Kennenlernen beginnt dort, beim Senken des Kopfes. Denn die Wirklichkeit gebe ich mir nicht selber. Ich entdecke sie.
Ebensowenig entdeckt ich den folgenden Faktor in mir, den Giussani in der zweiten Vorüberlegung hervorhebt: die Vernünftigkeit. Wenn das Objekt die Methode vorgibt, «ist es die Natur des Subjektes, die Art und Weise festzulegen, mit der es benutzt wird. Und die Natur des Subjektes ist es, verstandesgemäß zu handeln». Dabei gilt es, die Vernunft ihrer Natur entsprechend zu benutzen ohne Abstriche, also im Gehorsam gegenüber dem Verlangen nach Unendlichkeit, ohne sich in der Enge eigener Maßstäbe zu verfangen.
Auch die dritte Vorüberlegung zielt darauf ab. Sie betrifft das sittliche Verhalten. Auf dem Gebiet des Bewusstseins bedeutet das, «die Wahrheit des Objektes mehr zu lieben, als man der vorgefassten Meinung verhaftet ist. Ganz kurz gefasst, könnte man sagen: die Wahrheit mehr zu lieben als sich selbst». Richtig betrachtet hat das gewissermaßen die gleiche Bedeutung wie lieben.
Wenn wir also von Gehorsam reden, gilt es von diesen Vorüberlegungen des Religiösen Sinns auszugehen, das heißt von der Liebe zur Wirklichkeit. Anna Vercours bringt dies in Paul Claudels Maria Verkündigung mit jenem Satz, an den Don Giussani oft erinnerte, in einfacher Weise zum Ausdruck: «Wozu sich so verausgaben, wenn es doch so einfach ist, zu gehorchen?»