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Briefe
Briefe November
Zusammengestellt von Paola Bergamini

Prozession in Mailand

Aus einer sehr einfachen Bitte und einer diskreten Beziehung zu unserm Pfarrer ist ein großartiger Gestus erwachsen. Und er hat ein tiefgreifendes Zeichen in all jenen hinterlassen, die daran teilgenommen haben. Zum 500jährigen Jubiläum des Heiligtums von Santa Maria alla Fontana baten wir den Pfarrer am Abend vor der Feier mit dem Erzbischof von Mailand, eine Marienprozession durch die Straßen des Viertels zu veranstalten. Dabei boten wir uns an, das große Gemälde der Jungfrau, wie es einmal Brauch war, auf den Schultern zu tragen, statt es auf einen Lastwagen zu stellen. Angestellte, Journalisten oder Bankiers stellten sich zur Verfügung, um etwas zu tun, was sie nie zuvor in ihrem Leben gemacht hatten. Dennoch waren wir mehr als erwartet. So kam auch die große Gemeinschaft der Katholiken aus Sri Lanka, die in unserem Viertel leben. Sie brachten ihre Landesfahne und ein Banner mit dem Bild des Allerheiligsten mit. Einige von ihnen wetteiferten um das Tragen des Gemäldes; mit dem ganzen Stolz dessen, der sich der Bedeutung eines solchen Gestus bewusst ist. So gaben sie auch uns ein Glaubenszeugnis. An der Prozession – ein Gestus, der in den Straßen einer Stadt wie Mailand schon weithin vergessen ist – nahmen mehrere hundert Pfarrmitglieder teil. Wir pilgerten durch die Straßen zwischen Boutiquen und Trendläden auf der Viale Jenner unweit der Moschee. Viele Leute waren der Einladung des Pfarrers gefolgt und hatten ihre Fenster mit Lichtern geschmückt. Wir hielten im Garten der Klinik Pius X. an, um mit den Schwestern und Ärzten für die Kranken zu beten. Nach dem Abschluss der Prozession kam der Pfarrer zu unserer Gruppe der spontan entschlossenen Träger, klopfte uns auf die Schulter und rief: «Seht ihr, wir heben es geschafft haben!» Und während er uns und den Freunden aus Sri Lanka die Hand schüttelte, fragte eine fünfjährige Tochter ihren Vater, der zu uns gehörte: «Aber war Maria heute Abend wirklich mit uns?». Möglicherweise würde mehr als einer von uns im Zynismus, der unseren Alltag allzuoft prägt, diese Frage ersticken. Doch wird dieser Zynismus durch einen Gestus wie der an jenem Abend weggefegt: Ja, Maria ist wahrhaft jeden Tag mit uns, in jedem Augenblick.
Die Freunde der Gemeinschaft von S. Maria alla Fontana, Mailand

Ein gutes Bild
Bis heute war ich davon überzeugt, ich hätte mein Leben unter Kontrolle! Ich habe mich geirrt! Nun werde ich mir bewusst, dass ich stets von Jemandem geführt worden bin. Diese Gegenwart zeichnet ein Bild für jeden von uns vor. Sie zeigt uns den Weg auf, weist uns Aufgaben zu und beobachtet dabei während unseres gesamten Lebens unsere Bewegungen. Ich bin mir dessen sicher, denn wenn es nicht so wäre, wäre ich nach einigen Ereignissen längst in einer psychiatrischen Anstalt gelandet. Wenn ich in die Kirche gehe, überkommt mich ein Gefühl, etwas Großes reißt mich mit, das mich in dem, was ich tue und wie ich es tue, sicher fühlen lässt. Ich frage mich: Wie kann ich dieses Gefühl von Frieden nach der schmerzhaften Erfahrung empfinden, die meine Welt zerstört hat und die mich, wenn auch für begrenzte Zeit, von meiner größten Liebe trennte? Solche Empfindungen können unter den gegebenen Umständen nur das Werk von etwas Größerem sein, das uns unterstützt und uns auf unserem Lebensweg begleitet. Die harte Welt des Leids ist aber etwas Unbezähmbares, etwas, das sich dann gegen dich wendet, wenn du es am wenigsten erwartest, und das dir so tausend Fragen aufwirft, auf die kein menschliches Wesen eine Antwort geben kann. «Nur Er kann». Warum, Jesus, hast du keine andere Art gefunden, in mein Leben zu treten? Mit der Zeit habe ich begonnen, die Zeichen und Ereignisse zu verstehen, die irgendwie zu mir sprechen. Vielleicht sind diese Zeichen kleine Antworten, die wir sammeln und in Gewissheit übersetzten müssen. Einer Sache jedoch bin ich mir gewiss: Mein «Engel» ist mir immer nah, und ich nehme seine Anwesenheit wahr. Christus wohnt in den Kindern und zeigt sich, wenn sie Momente schlimmsten Leids durchstehen müssen. Ja, ich habe ihn gesehen! Ich habe ihn in der Onkologiestation gesehen, wo alle Kinder einem herzlosen Monster Namens Krebs gegenüberstanden, etwas, das uns Erwachsene erzittern lässt aber «sie», unsere Kinder, sorglos lässt. Christus hält die Hand von je! dem von ihnen. Die Kirche ist für mich der einzige Ort, wo ich Liebe und Frieden finden kann.
Die Mutter von Davide

Sommertreffen
Wir möchten von diesem Sommer in Mazara del Vallo erzählen. Alles begann am Tag des Heiligen Benedikts. Wir gingen zur Messe in die Kathedrale. Der Pfarrer der Gemeinde hat in der Cattolica studiert und war ein Schüler Don Giussanis. Diese Erfahrung prägte ihn offensichtlich. In der Tat ist in seinen Predigten und in seiner Herzlichkeit immer klar, dass er mit uns und der Bewegung in großer Übereinstimmung handelt. An jenem Tag sagten wir ihm vor der Messe, dass der heilige Benedikt der Schutzpatron der Fraternität sei. Während der Predigt erinnerte er mit Hochachtung an Don Giussanis Werk und sprach von der Bewegung. Anschließend bat er uns, eines unserer Lieder zu singen. Nach der Messe machte er uns einen Vorschlag: Er vertraute uns eine Kirche an, die im Sommer immer geschlossen war, um sie für die Vesper offen zu halten. Wir bereiteten uns mit Kopien, zehn Stundenbüchern und einigen Liederzetteln mit dem Foto von Don Giussani vor. Außerdem machten wir ein großes Plakat mit den Zeiten und dem Logo der Fraternität, um es über das Kirchentor zu hängen. Dann fingen wir an. Jeden Abend mussten wir den Schlüssel von einer Schwester des Klosters holen. Mit ihr entstand gleich eine herzliche Beziehung. Sie befragte uns über die Bewegung, unsere Erfahrung und unsere Bücher. Wir sprachen jeden Abend miteinander und schenkten ihr die drei Bücher des Grundkurses sowie Spuren mit der CD, die sie mit sich zu den Exerzitien nahm. Auf der Rückfahrt erzählte sie uns, dass sie die Erlaubnis erhalten hatte, ihre Meditationen mit dem Text des Seminars der Gemeinschaft zu vervollständigen. Bei der Vesper waren aber nur wir da. Am 19. August beschlossen wir aufzuhören, um zum Meeting zu gehen. An jenem Abend kamen zwei Schwestern, Angela und Francesca, herein, die das Plakat gesehen hatten und uns kennen lernen wollten. In der Tat ist die Tochter von Angela in der Bewegung, und auch beide wollten, nachdem sie die Freunde des Mädchens kennen gelernt hatten, mehr erfahren. D! ie Begegnung war bewegend, weil sie uns mit Fragen überhäuften und wissbegierig waren. Wir haben sie «unserer» Schwester vorgestellt und sie trafen sich wöchentlich, um gemeinsam einige Texte von Giussani zu lesen. Am Ende bat uns der Pfarrer, im nächsten Sommer definitiv das Seminar der Gemeinschaft zu beginnen. Das Verblüffendste daran ist, dass in diesen Monaten alles auf eine überraschende Art passiert ist. Tag für Tag sind wir der Herausforderung Carróns gefolgt: «Werden wir manchmal den Mut aufbringen, bis auf den Grund zu verifizieren, ob der Lebensvorschlag, den Christus uns anbietet, in der Lage ist, auf alles zu antworten, oder bleiben wir auf halber Strecke stehen?»
Donatella und Maria Grazia

Es ist möglich, so zu leben
Liebe Freunde, ich möchte euch für das Seminar der Gemeinschaft danken. Dadurch wurde mir klar, wie verkürzt meine Auffassung von der Begegnung war und wie leicht ich dazu neige, sie auf etwas zu reduzieren, das ich schon kenne. Dabei öffnet sie mir vielmehr das Herz. Gott lässt sich durch die Freunde begegnen, die Ihm schon verbunden sind. Und er zeigt sich weiter an diesem besonderen Ort, aber nicht nur dort. Wenn Christus wirklich alles in allen ist, dann kann ich ihm immer begegnen, wo und wann er will. Vielleicht – so dachte ich – besteht das Problem im Bewusstsein, das wir haben; ob wir also dazu angemessen erzogen wurden. Wie viele haben Jesus von Nazareth im Grunde nicht erkannt? Vitta fragte: «Was ist dir heute passiert? Wo hast du Ihn heute gesehen?» Meine Antwort lautete: «Äh!» – mit einem enttäuschten und traurigen Gefühl. Aber lebe ich oder lebe ich nicht? Also versuchte ich am Abend, nochmals den Tag zu überdenken. Mit einer Kollegin war ich in der Früh zum Waschen in das Zimmer eines älteren, pflegebedürftigen Patienten gegangen. Nach dem Umkleiden und Waschen hielt ich inne und schaute ihn an: Er hat eine Nasensonde, ist tracheostomiert, katederisiert, bekommt Infusionen, leidet unter Dekubitus … An ihm ist wirklich nichts Schönes, er ist vollkommen bedürftig. Während ich ihn anblickte, waren seine Arme ausgebreitet: welche Zärtlichkeit! Wie ein Kind, wie Christus am Kreuz: nichts ist ihm geblieben. Und doch war in dem Blick etwas Liebevolles, Anerkennendes; eine Schönheit schimmerte hindurch, die über alles hinausging. «Was ist der Mensch, dass Du Dich um ihn kümmerst?» Ich glaube nicht, dass es sich hier um Sentimentalität handelt, sondern dass diese Schönheit der Kranken von einer objektiven Gegenwart herrührt. So kam mir auch das Wunder unserer Einheit im Krankenhaus in den Sinn. Wir sind so verschiedenartig, und doch gibt es diese wahre, authentische Einheit. Diese Tatsache bewegt mich jedes Mal, wenn ich innehalte, um mir sie bewusst zu machen oder wenn sie sich ausdrücklich zeigt. Heute Abend schaute ich auf meinen Mann, müde und unruhig, auch die Kinder, nerviger denn je, auf die nicht endende Hausarbeit …und doch mit einem Empfinden der Dankbarkeit und unendlicher Freude im Herzen. Wie ist dies möglich? Denn ohne Christus, ohne das Sakrament: wäre es möglich, so zu leben?
Dany

Vertrautheit mit dem Geheimnis
Lieber Don Carrón, unsere Fraternitätsgruppe war erstaunt, als wir beim Wiederaufnehmen des Seminars das Johanneszitat lasen: «Ihr könnt es jetzt nicht verstehen. Aber wenn der Heilige Geist kommt, wird er euch alles lehren und erklären, was ich euch sagen wollte.» Diese Sätze ließen uns daran denken, wie unsere Freundin Claudia, die kürzlich verstorben ist, sich dem höchsten Moment des Lebens stellte. Claudia bat um die Vertrautheit mit dem Geheimnis und der Heilige Geist hat sich ihr reichlich offenbart. So gab sie der Fraternität dieses letzte Zeugnis: «Dieser 6. Abschnitt aus dem Seminar hat mich herausgefordert, angezogen und bis zu Tränen gerührt. Denn mir wurde die Erfahrung meiner Tage im Krankenhaus klarer. Obwohl die Leiden mir Angst machten, – denn die Grenzen und alles, was über mein Vermögen, über meine Projekte hinausgeht, macht mir Angst – dachte ich beständig an euch. Und mit Überzeugung kann ich sagen, dass ich diese Tage nicht vergeudet habe, dass ich sie auch jetzt nicht vergeude, dass ich sie nicht gehasst habe, nicht vor ihnen geflohen bin. Ich habe sie gelebt. Wie sagt Carrón: „Was wirklich fasziniert, ist, dass mein Ich sich nicht ausgelöscht fühlt.“ Ich merke, dass ich diese Wirklichkeit intensiv mit meinem ganzen Ich gelebt habe; im Gebet, im Gedenken an Christus. Und Er war in diesen Umständen. Er hat nicht nur verhindert, dass ich mich verschließe und schließlich verzweifle. Vielmehr ließ Er mich soviel Positives, Gutes sehen, sei es die Menschlichkeit der Krankenschwestern und Ärzte, die Worte bestimmter Mitpatienten, sei es in der Fürsorge und ständigen Präsenz der Freunde meiner Fraternität. Von meiner Krankheit ging sogar eine größere Fruchtbarkeit in den Auseinandersetzungen meiner Familie hervor. So ersticke ich nicht in den Grenzen meiner Krankheit, die mir so viel Angst macht, sondern bitte den Herrn, dass Er mich seine Pläne verstehen lässt, sein Projekt. Denn wie schließt Carrón: „Mein Ich, mein Leben kann ein Ort werden, an dem jemand in welchen Umständen auch immer, frei lebt.“
Letizia und die Freunde von Claudia, Florenz

Wir sind die Schule
Ich möchte etwas Einfaches, aber Bedeutsames erzählen, das am Leonardo-Da-Vinci-Gymnasium geschehen ist: Es gab eine Art viertägiger Schulbesetzung, ausgehend von Geschehnissen wie den Nachprüfungen im September bis hin zu internen Problemen an der Schule (Schwierigkeiten mit der Leitung, schlechte Klassenräume …). Clarissa stürzte sich mit ganzer Leidenschaft in dieses Abenteuer, weil sie tatsächlich von einigen Problemen selbst betroffen war; Giulia folgte ihr etwas zurückhaltender. Als die Besetzung zu Ende war, verfassten sie ein Flugblatt, das sie an ihre Freunde verteilten: „ Liebe Freunde, die vergangenen Tage waren für uns alle sehr intensiv. Jeder war aufgerufen, zu entscheiden, wie er die Schule leben möchte: Ob er sich für etwas engagiert, an das er glaubt, oder ob er einige Unterrichtstage verpasst. Viele haben versucht, eine Veränderung anzustoßen (mehr öffentliche Mittel, Lehrer, die öfter anwesend sind …). Aber wer hat sich wirklich die Frage gestellt, was es heißt, die Schule als Protagonist zu leben? Wären wir beim Lernen glücklicher, wenn wir angemessene Klassenräume, phantastische Lehrer oder hinreichend Geldmittel hätten? Wir merken, dass unser wahres Problem das Desinteresse ist; das Desinteresse für jene, die in diesen Tagen wieder ihr Herz ins Spiel gebracht haben. Sie haben sich schließlich als Protagonisten gefühlt. Sie hatten einen Vorgeschmack davon, wie es sein kann, wenn man die Schule in «erster Person» lebt. Das bedeutet: die Wertschätzung eines Lehrers, wenn er eine Leidenschaft weckt; sich von einem Autor herausfordern lassen, der einen beeindruckt; in den Beziehungen zu den Mitschülern das eigene Herz ins Spiel bringen. Denn wir sind das Herz der Schule mit unseren Fragen, unserer Intelligenz, unserer Sensibilität. Dies in die Klassenzimmer zu tragen, macht wirklich den Unterschied aus. Clarissa 3CS und Giulia 3BS.“ Ihr Enthusiasmus, ihre Leidenschaft ließen mich noch besser verstehen, was Gemeinschaft bedeutet: Das heißt verstehen, dass der andere von der gleichen Sache ergriffen ist, die mich ergriffen hat.
Vincenzo, Bologna

Eröffnungstag
Gestern war ich wirklich froh, weil ich nach vielen Jahren wieder am Eröffnungstag teilnehmen konnte, an einem Ereignis, bei dem man auf ein Volk schauen kann, das unterwegs ist. Einige laufen schneller, andere wiederum langsamer, alle mehr oder weniger mühsam, aber trotzdem ist dieses Volk unterwegs. Ich war froh vor allem, weil ich endlich Carrón zuhören konnte. Es klingt banal, aber es ist so. Die Gewissheit, dass unser Weg geleitet wird, vereinfacht alles. Die Tatsache, dass man jemanden vor sich hat, der uns hilft und den rechten Weg aufzeigt, ist nicht zu unterschätzen. Wir sind in der Bewegung daran gewöhnt, aber dies ist nichts Selbstverständliches. Es ist eher üblich, alleine zu sein, ganz den eigenen Vorstellungen und Fähigkeiten zum «Erfolg» ausgeliefert. Üblicherweise strengt man sich an, damit alles gut läuft (in der Arbeit, in der Familie, mit den eigenen Kindern, und so weiter). Man bemüht sich um den «Erfolg», ohne dass uns jemand zeigt, wie es gehen sollte. Es ist üblich, das Leben als großen Wettkampf zu verstehen, wobei wir traurige Mitbewerber sind. Die eigene Abhängigkeit zu erkennen – nicht dass es einem «gelingen» sollte, abhängig zu sein, sondern man erkennt es an, wie Carrón sagte – dies führt zu einem Staunen selbst über Kleinigkeiten, wie etwa bei Erlebnissen wie das gestrige. Während Carrón sprach (und man konnte merken, dass er ganz von Jesus gefesselt ist: Er ist ein Mensch, der auch am Grunde seiner Dunkelheit «Du» sagt), war es offensichtlich, dass er selber zu Jesus «Du» sagte, während er mich auf Ihn verwies. Ich nahm zugleich eine tiefe Kontinuität mit dem letzten öffentlichen Treffen mit Don Giussani wahr, an dem ich teilnehmen konnte. Leider saß ich diesmal weit entfernt und konnte den Blick Carróns nur auf dem Bildschirm sehen, aber er vermittelt mir die Gewissheit, dass mich jemand auf meinem Weg leitet. Wenn er so ist, brauche ich bloß diesem Blick zu folgen und irgendwann werde auch ich durch Gottes Gnade so werden. Alles wird auf diese Weise einfacher!
Vincenzo, Cantù

Ein neues Bewusstsein
Lieber Don Carrón, im Buch des Seminars der Gemeinschaft habe ich den folgenden Satz gelesen: «Das Christentum ist eine neue Art, die Welt zu leben.» Diese Aussage ist für mich angesichts meiner Erfahrung absolut wahr. Ich bin mir nämlich bewusst, dass ich durch die christliche Erfahrung und die Leute der Bewegung den Alltag mit einem anderen Bewusstsein und auf andere Art und Weise leben kann. Der letzte Sommer war für mich herrlich. Ich sprudelte vor Freude und Begeisterung. Ich habe nichts Besonderes getan, aber ich habe alles intensiv gelebt, ausgehend von der GS-Freizeit, die mich dazu ermunterte, täglich das fortzusetzen, was dort angefangen hatte! Und jetzt ist es nicht mehr so, dass ich jeden Tag wie üblich bloß aufstehe und meinen Pflichten nachgehe. Ich habe eine Methode gelernt, die Möglichkeit, allen Dingen, die ich im Laufe des Tages erledige, einen Sinn zu geben. Jeden Tag bete ich darum, dass die Schönheit, die sich letzten Sommer in meinem Herz aufgetan hat, wieder eintritt. Jeder Tag stellt eine neue Herausforderung dar: Ja sogar in der Schule kann etwas Schönes geschehen. Und es ist ganz erstaunlich, dass diese Schönheit tatsächlich eintrifft, wenn ich darum bitte, wenn ich mich ins Spiel bringe und diesem Ereignis anvertraue. Das war im Sommer der Fall und es ist weiterhin so! Fünf Jahre hatte ich in meiner Schulklasse ein Mädchen, mit dem ich nie sprach. Ich machte stets einen Bogen um sie, weil ich den Eindruck hatte, dass sie allem und jedem gegenüber «sauer» war. Seit Beginn des neuen Schuljahrs spürte ich aber aufgrund einiger Äußerungen während und nach dem Unterricht, bei ihr ein gewisses Unbehagen, vor allem aber eine so tiefe Frage nach dem Sinn des Lebens, dass es mich kalt überlief! Ich hätte so etwas nie erwartet! Dies forderte mich sehr heraus. Als ich sah, wie sie in ihrer Verzweiflung weinte, ging ich zu ihr und erzählte ihr das, was ich erlebe, was es für mich bedeutet, zur Schule zu gehen, also den Grund, weswegen ich jeden Morgen alles wieder neu anpacke.
Federica, Ancona