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Briefe
Briefe September 07
Verschiedene Autoren

Übertroffene Erwartung
Lieber Don Carrón
Noch immer spüre ich den Widerhall und das Herzklopfen der begeisternden Tage in La Thuile anlässlich der internationalen Versammlung der Verantwortlichen in mir. So vieles ist in diesen vier Tagen geschehen: Begegnungen und Freundschaften mit Menschen aus anderen Kontinenten, Berichte von Geschehnissen, Lieder aus vielen Nationen, Partnerschaften wie zum Beispiel zwischen unserer Compagnia delle Opere der Brianza und jener in Kenia. Um diese Dinge nicht zu vergessen, habe ich sie abends nochmals überschlagen und nacheinander in mein Notizbuch eingetragen, an den Rand der Mitschrift von den Versammlungen und Zeugnissen; auch um sie im Gedächtnis zu behalten und meiner Frau und den Freunden mitzuteilen. Meine große Erwartung, mit der ich losgefahren war, wurde nicht nur nicht enttäuscht, sondern sogar durch die Ereignisse deutlich übertroffen. Ich bin sehr dankbar, dass ich dort war. Es stimmt: das Geheimnis antwortet immer in überreichem Maße, wenn es auf ein offenes und aufrichtiges Herz trifft, das nicht berechnet oder alles für selbstverständlich nimmt. Als ich gestern Nachmittag nach Hause kam, konnte ich nicht anders, als meine Freunde der Fraternität zu uns nach Hause einzuladen und zu erzählen, was mich am meisten beeindruckt hatte. So habe ich auch ein wenig besser verstanden, was «Mission» ist.
Alberto

Das Geschenk der Taufe
Lieber Carrón
Ich bin Albanerin und lebe in Griechenland. Dieses Jahr ist etwas Großes in meinem Leben geschehen: die Taufe meiner Kinder, auf die ich nicht zu hoffen wagte, weil mein Mann Muslim ist. Dies war möglich dank der Begegnung und Freundschaft mit Christus durch das Gesicht einer Person eurer Bewegung – die nun auch meiner Bewegung ist. Ich bin von Natur aus eine optimistische Person. Aber an einem gewissen Punkt meines Lebens hat diese Positivität wegen der Mühen in meinem Leben nachgelassen. Nichtsdestotrotz habe ich weiter gesucht. Eines Tages war ich in der Messe und sehr traurig. So bat ich den Herrn, mir den Weg zu zeigen, mir ein Zeichen Seiner Gegenwart zu geben. Am Ende der Messe kam eine Frau auf mich zu und fragte mich, wie ich heiße und woher ich komme. Ich war überrascht, wie sie mich anschaute und zu mir sprach. Es war ein ganz neuer, anderer Blick als das, was mir bislang begegnet war. Von da an lernten wir uns besser kennen und teilten den Alltag. Dies brachte eine Veränderung in mein Leben. Auch mein Mann bemerkte dies, denn die Art, wie ich ihn anschaute und die gewöhnlichen Dinge tat, änderte sich. So begann auch er, an dieser Freundschaft teilzuhaben und eines Tages sagte er zu mir: «Ich weiß, dass es dein Wunsch ist, die Kinder taufen zu lassen. Und du wartest nur darauf, dass ich meine Zustimmung gebe. Suche ein Datum für die Taufe». Einen Augenblick schwieg ich erstaunt, dann fragte ich ihn: «Warum sagst du Ja?» Mein Mann schaute mich an und sagte: «Der Weg, auf dem wir jetzt gehen, bringt Licht in unser Haus. Und das habe ich so sehr gewünscht». Heute habe ich die Gewissheit, dass unser Herz sich angesichts der vielen Schwierigkeiten im Leben frei fühlt, wenn du Christus in deinem Leben anerkennst. Aufgrund der Dinge, die in meinem Leben passiert sind, bitte ich dich als Vater dieser Familie, euch auf immer durch die Fraternität angehören zu dürfen.
Mimosa, Griechenland

Christus folgen
Den folgenden Brief haben unsere brasilianischen Freunde Papst Benedikt XVI. nach seinem Südamerikabesuch diesen Mai geschrieben Verehrter Heiliger Vater, Ihnen schreibt eine Gruppe von 50 Jugendlichen aus Bel Horizonte, Brumadinho, Esmeraldo und Lagoa Santa (Brasilien). Wir möchten unsere Freude und was jedem von uns geschah, als wir Sie am 10. und 11. Mai sahen und hörten, nicht verschweigen. Wir möchten Ihnen danken, da unserem kleinen und manchmal auch unbeständigem Glauben Gewissheit gegeben wurde. Wir wollen Christus folgen. Das können wir machen, indem wir Ihnen folgen und denjenigen, die uns helfen zu lieben. Wir sind Schüler und Studenten zwischen 13 und 19 Jahren. Unsere Gemeinschaft umfasst alle Gegensätze Brasiliens. Manche von uns gehen auf Gymnasien und besuchen Aufbaukurse am Zentrum „Virgilio Resi“. Einige wohnen in guten Vierteln, der größte Teil jedoch in „Favelas“. Manche haben Eltern, andere wiederum hatten nicht das Glück, den eigenen Vater kennenzulernen. Einige sind schon seit der Geburt katholisch andere erst seit kurzem. Doch sind wir Freunde, weil jedem von uns dasselbe widerfahren ist. Wir sind von der Menschlichkeit Don Giussanis fasziniert, der uns Christus aufzeigt. Wir sprachen über die Begegnung mit Ihnen. Einige der Aussagen möchten wir Ihnen gerne mitteilen. „Normalerweise sagt man mir, dass ich eine gute Ausbildung haben muss, doch Christus zu folgen, um heilig zu werden, ist wesentlich mehr. Der Papst zählt auf mich, ich möchte ihn nicht enttäuschen.“ (Gerusa, 17). „Wir wollten alle den Papst sehen, und waren von der Liebe zu ihm überwältigt. Es war ein unglaublich starkes miteinander, das sich mir zeigte und mich bewegte. So viele Menschen vereint zu sehen, ein jeder mit einer persönlichen Frage, ist eine überwältigende Erfahrung.“ (Sabrina, 16). „Ich habe festgestellt, dass mein Herz nicht nur nach Sachen fragt, sondern nach mehr verlangt, es will glücklich sein: Es schreit danach, bei Christus zu sein. Dass dies möglich ist, kann man am Papst sehen. Er begegnet allem, indem er selbst von Christus umfangen ist.“ (Lucian, 19). „Als ich den Papst sah, fragte ich mich ‚Wie wird seine Mutter sein, hat er Cousins?’ Das sind Fragen, die ich angesichts eines Verwandten stelle. Von woher kommt dieses Zusammengehörigkeitsgefühl mit dem Papst?“ (Luana, 13). „Ich ging nach Sao Paulo mit dem Wunsch, mehr als das übliche wahrzunehmen und mit der Frage, ob das Leben eine Antwort bereit hält. Als der Papst davon redete heilig zu werden, erkannte ich, dass Christus der Weg und die Antwort auf das ist, was ich will. Als er meinte, dass er uns liebt, weil Christus uns liebt, da verschwand alle Sentimentalität und die Zuneigung wurde konkret.“ (Paula, 17). „Mein Bruder Douglas weinte angesichts des Papstes. Kurz darauf fragte ich ihn etwas, er schaute mich an und antwortete, wie er mich noch nie zuvor angeschaut und mir geantwortet hatte.“ (Daniel, 14). „Ich bin mir sicher, dass der Papst mich gesehen und mir verziehen hat. Ich bin nicht religiös, doch lehrt ihr mir den Katechismus? (Kennedy, 18, lebt in einem Salesianerhaus, seit er mit ansehen musste, wie seine Mutter den Vater ermordete). „Es bewegte mich, als der Papst dazu aufrief heilig zu sein. Diese Aufgabe wurde zu der meinigen und gab der Reise einen Sinn. Ich bin bereit jede Reise zu unternehmen, um mich das abermals sagen zu hören.“ (Elisa, 13). „Ich hoffe, Sie nochmals wiederzutreffen.“ (Felipe Otávio, 14).
Danke, Heiligkeit.
Bel Horizonte

Aktiver Verkauf
Ich bin 43, habe vier Kindern, und jeder kennt mich als Anwalt in meinem kleinen Dorf. Der Verkauf von Spuren ist für mich eine ‚Herumplagerei. Ich empfinde es als demütigend, wenn ich von den Leuten drei Euro verlange oder es mir seit 20 Jahren nicht gelingt, alle Exemplare der Zeitschrift zu verkaufen. Schließlich kommt noch die Hitze hinzu. Und es gibt nur mich und meine Frau... Alle diese Gedanken gingen mir am Sonntag während der Messe durch den Kopf, als ich mir an einem gewissen Punkt sagte, dass ich diesen Gestus so nicht weiter fortführen wollte... ich wollte frei sein. Zufällig kam mir ein Satz aus der Bibel in den Sinn: Christus verabscheut die Halbherzigen. So riskierte ich alles. Nach einem kurzen Zeichen an meine Frau, am Ende des Gottesdienstes, ging ich zum Altar und nötigte den Pfarrer auf liebenswürdige Art und Weise, mich eine Mitteilung über das Mikro machen zu lassen. Ich begann von Spuren zu erzählen, von der DVD über Giussani und über unserer Geschichte. Es war mir egal, wie viele Zeitschriften wir verkaufen würden: Ich war frei. Wir haben sie alle verkauft. Eine Dame gab uns für eine einzige Zeitschrift eine beträchtliche Summe. Ich musste sogar nach Hause um das mir einzig verbliebene Exemplar zu holen, welches ich einem Herrn versprochen hatte, der darüber enttäuscht war, dass alle Exemplare vergriffen waren. Meine Frau war glücklich. Das hundertfache ist nur für den, der danach fragt. Ich danke euch für die Gelegenheit, die ihr mir nach so vielen Jahren gebt, in denen ihr mich jung gehalten habt und ich dank des Gestus des Verkaufs unserer außergewöhnlichen Zeitschrift menschlich wachsen konnte.
Romeo

Eine gegenwärtige Gewissheit
Lieber Don Julián, am 9. Juli ist Katia, eine 24 Jahre alte Freundin von uns, zum Vater heimgekehrt. Sie hat uns die Tiefe ihrer Freundschaft sowie viele Fragen hinterlassen. Die vier Monate an der Universität, die sie mit uns voll und ganz geteilt hat, haben unser Leben völlig umgewandelt. Ihre Einfachheit und ihr unstillbarer Durst nach Wissen, nach dem Studium und nach einer tieferen Erkenntnis haben uns die Augen auf das Wesen unserer Freundschaft geöffnet. Wir haben sie monatelang besucht und jedes Mal staunten wir vor der Art und Weise, wie sie das lebte, was Gott von ihr verlangte. Darin liegt die Größe jedes Menschen. Die Krankheit erzwang eine immer größere physische Entfernung. So nahm unser Beistand eine andere Gestalt an: Durch das Gebet, die SMS und die E-Mails lebten wir weiterhin in Einheit mit ihr. Eines Tages schrieb sie in einer E-Mail: «Ich spüre am tiefsten das Bedürfnis, geliebt zu werden. Du wirst wohl sagen, du spinnst... die ist krank, hat einiges durchzumachen und denkt an die Liebe. Aber ich sehne mich nicht nach der Liebe eines Freundes oder von Freunden, sondern nach einer vollkommenen, umfassenden; einer Liebe, die vielleicht auf Erden nie zu finden ist. Das ist möglicherweise ein Lebensdurst, der in jeder von uns zu finden ist. Aber, wie du sagst, man braucht Gewissheiten in die Gegenwart, die vielleicht nicht immer unseren rationalen Wünschen entsprechen. Denn manchmal nehmen die Dinge eine andere Wendung als erwartet. Doch gerade in solchen Situationen gilt es, dem Herrn zu vertrauen, weil Er für uns einen anderen Weg gedacht hat. Erinnerst du dich in „Mariä Verkündigung“, wie viele Aussichten Violaine hatte, die sich alle verwirklichten? Aber dann kam die Krankheit und im düstersten Augenblick wurde sie zum Mittel und zu Protagonistin eines Wunders. Durch sie vollendete sich eine göttliche Wundertat. Die Annahme der Krankheit, die alle Pläne auf den Kopf stellte, war das offensichtliche Zeichen ihres wahren Glaubens, des Glaubens eines wahren Christen!». Trotz der unersetzlichen Leere, die sie hinterlassen hat, ist die Gewissheit über ihr erfülltes Leben in uns gegenwärtig, vor allem durch das, was Katia uns bezeugte und den Glauben ihrer Familie. Nun wenden wir uns oft mit unseren Gebeten an sie: vor einer Prüfung, vor der Wahl des einzuschlagenden Weges nach dem Studium – gleichsam als sie uns hören würde. Katia lebt in unserem Gedenken nicht als etwas Vergangenes, sondern wie eine gegenwärtige Gewissheit, die uns jeden Augenblick an den erinnert, für den es sich lohnt, das Leben hinzugeben.
Patrizia, Maria Giovanna, Macerata