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Beilage
Die Begeisterung für die Wahrheit nennt sich „Glaube“
Julián Carrón

Am 8. März 2008 hat sich in Mailand die zentrale Diakonie der Fraternität von CL getroffen, um ihren Präsidenten zu wählen. Dabei wurde Don Julián Carrón einstimmig bei einer Enthaltung für die nächsten sechs Jahre im Amt bestätigt. Carrón war am 19. März 2005 Don Giussani als Leiter der Bewegung nachgefolgt. An dem Treffen nahmen – bis auf eine Ausnahme – alle Mitglieder der Diakonie teil. Die Abstimmung fand in geheimer Wahl unter dem Vorsitz von Monsignore Massimo Camisasca statt, dem Generaloberen der Missionsbruderschaft vom Heiligen Karl Borromäus. Im Folgenden geben wir die Mitschrift der Ansprache wieder, die Carrón unmittelbar nach seiner Wiederwahl hielt.


1. Was uns am teuersten ist

Ich nehme eure Wahl im selben Geist an, in dem ich seinerzeit Don Giussani gegenüber ja gesagt habe: Ich will versuchen, der Art und Weise gegenüber gehorsam zu sein, mit der das Geheimnis mich zu einer Antwort aufruft. Dabei bin ich mir noch bewusster als am Anfang, dass meine Person der mir anvertrauten Aufgabe völlig unangemessen ist. Damals sah ich die Dinge mehr aus der Ferne. Heute bin ich mir über meine Verantwortung viel unmittelbarer im Klaren. In erster Linie möchte ich euch darum bitten, dass wir gemeinsam auf die Fürsprache der Muttergottes um den Heiligen Geist bitten, damit ich Christus noch enger anhängen kann. Nur dies kann garantieren, dass ich diese Aufgabe zu eurem Wohl und zum Wohl der Welt und meiner selbst erfüllen kann.
Was ich am meisten ersehne, bringt der Text zum Ausdruck, den Don Giussani vor Jahren als ständiges Motto der Bewegung vorgeschlagen hatte. Er fasst zusammen, was mein Leben bestimmt und worin die Verantwortung liegt, vor der wir stehen: «Das Teuerste, was wir im Christentum haben, ist Christus selbst. Er selbst und alles, was von ihm kommt, denn wir wissen, dass in Ihm die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig wohnt.» (Solov\\'ev) Dies will ich leben. In meinem Leben soll mir nichts teurer sein als dies.
Ich bitte euch daher, dies gemeinsam für mich zu erbitten; diese Bitte ist für uns alle gut. Denn bei meiner Wiederwahl geht es nicht nur darum, dem Organigramm einen Schlussstein einzufügen. Es ist vielmehr ein Gestus, der entscheidend ist für den Glauben, für die Anerkennung Christi, das heißt für die Wahrheit, die Neuheit, die Intensität und die Hoffnung unseres Lebens. Wenn wir uns der Bedeutung dieser Wahl bewusst werden, geht es um mehr als um mein «flüchtiges Ich», um einen Ausdruck von Don Giussani zu verwenden. In der Tat wäre es dasselbe, wenn an meiner Stelle jemand anderes stünde. Denn wie die Geschichte unserer Bewegung zeigt, brauchen wir stets einen obersten Bezugspunkt, der für unseren Glauben entscheidend wird. Seit Don Giussanis Tod sind nun drei Jahre vergangen, und ein Jahr seit unserer Audienz beim Papst. In dieser Zeit hatte ich Gelegenheit, viele Gemeinschaften in Italien und im Ausland zu besuchen, und was ich gesehen habe, könnte man in den zwei Worten Neuheit und Zerbrechlichkeit zusammenfassen.

2. Die Neuheit: Christus, der unter uns wirkt

In diesen Jahren haben wir Christus in so vielen Situationen unter uns wirken sehen, dass Don Giussani für uns gegenwärtiger ist als jemals zuvor. Und dies erfüllt mich mit Staunen und Dankbarkeit, denn das ist durchaus nicht selbstverständlich. Dies ist das erste, worauf wir schauen müssen. All unsere Zerbrechlichkeit kann diese Tatsache nicht in Frage stellen. Nichts kann diese beeindruckende Art und Weise verdecken oder auslöschen, mit der Christus sich vor unseren Augen zeigt. Hiervon gibt es zahlreiche Zeichen, die ich folgendermaßen zusammenfassen würde: Viele von uns sind an der Arbeit, setzen sich in Bewegung, und sie werden – vor allem ausgehend vom Seminar der Gemeinschaft – zu einer Hilfe für andere, die vielleicht alleine nicht vorangekommen wären; zu einer Hilfe, die Dinge neu anzupacken und immer wahrer zu leben. Dies ist eine Hoffnung für alle.

3. Unsere Zerbrechlichkeit

Gleichzeitig sehen wir alle auch die Zerbrechlichkeit und Schwäche, die uns trotz aller beeindruckenden Zeichen zu eigen ist. Dies wird zum Beispiel offensichtlich in den Schwierigkeiten, die viele von uns angesichts der anstehenden Wahlen haben, oder in den Familien und bei den jungen Ehepaaren, die nach kurzer Zeit ermüden. Es gibt also zahlreiche Zeichen, die uns zeigen, wie viel Wegstrecke noch vor uns liegt. Sie rufen uns alle zu einer großen Verantwortung auf (besonders uns in der zentralen Diakonie) gegenüber dem Charisma, das uns geschenkt wurde, denn es ist von entscheidender Bedeutung für die Kirche, für die Welt und für jeden von uns.
Dies wird noch wichtiger, wenn wir die Umstände betrachten, in denen wir uns derzeit befinden: Der Gesamtzusammenhang ist in den letzten Jahren schwieriger geworden. Zur Haltlosigkeit der Personen kommt die dramatische gesellschaftliche und kulturelle Situation hinzu, in der wir berufen sind, den Glauben zu leben. Die Feindseligkeit gegenüber der Kirche wächst. Es ist eine Feindseligkeit gegenüber einer Auffassung des Christentums, das wir zu leben versuchen, und das sich nicht in den Privatbereich zurückzieht, sondern mit seiner ganzen Fülle in der Gesellschaft präsent sein will. Gleichzeitig sehen wir, dass diese Art und Weise, mit der wir den Glauben leben, bei vielen Menschen, die nicht zum Leben der Bewegung gehören, ein Staunen hervorruft und die Frage aufwirft, wer wir sind. Doch der allgemeine Kontext ändert sich nicht, und wir alle stellen fest, dass er kompliziert ist. Vielleicht sind Don Giussanis Worte aus dem Jahre 1982, dass wir wirklich «ohne Heimat» sind, heute wahrer denn je. Aus diesem Grund ist unsere Verantwortung noch größer.

4. Die Herausforderung, vor der wir stehen

Die Herausforderung, vor der wir stehen, ist seit jeher dieselbe, ja die Bewegung ist hieraus entstanden: Es ist die Herausforderung der Erziehung. Don Giussani sagte 1976 in Riccione: «Die Gemeinschaft hat das Ziel, Personen hervorzubringen [zu erziehen], die reif im Glauben sind» (Dall’utopia alla presenza, Bur, Mailand 2006, S. 58). Die heutige Schwierigkeit im Leben der Kirche besteht darin, Orte zu finden, wo man einen Weg der Erziehung verwirklichen kann, der es ermöglicht, wirklich reife Menschen hervorzubringen. Dieser Frage galt Don Giussanis fortwährende Sorge, wie wir in der Veröffentlichung der Texte der Équipes, der Treffen mit den Verantwortlichen der Studenten von CL, nochmals feststellen konnten. In dem Buch mit dem Titel „Einiger großer Dinge gewiss“ (Certi di alcune grandi cose, Bur, Mailand, 2007, S. 155) sagt Don Giussani, dass das drängendste Problem «die Notwendigkeit der Personalisierung ist, das Bewusstsein, dass die Bewegung in meiner Person entsteht, dass es um mein Leben geht.» Daher ist das «Hauptproblem» die «Personalisierung des Lebens der Bewegung, das heißt das Erwachsenwerden der Person, ihr neues Selbstverständnis» (S. 196). Dies ist bei vielen von uns noch zerbrechlich: Man sieht das an der Mühe, den Glauben als eine neue Erkenntnis zu verstehen. Es kommen dann lediglich irgendwelche Aktivitäten oder sentimentalen Momente hinzu, doch die alte Art und Weise, sich selbst und die Wirklichkeit zu verstehen, bleibt unverändert.
Wie Don Giussani sagte, bestand die Hoffnung darin, dass sich bereits gegen Ende der 70er Jahre gleichsam eine «Bewegung innerhalb der Bewegung» gebildet hatte (S. 15–18), in der diese Personalisierung zu entstehen begann. Dies meine ich auch heute zu sehen. Es gibt zahlreiche Personen unter uns, die beginnen, überall Zeichen dieser Neuheit hervorzubringen. Dies bedeutet, dass der Vorschlag der Bewegung, wenn er ernst genommen wird, eine bewusste Person hervorbringen kann, die die Umstände, Einwände und Schwierigkeiten anzugehen vermag, das heißt die das Leben als Kampf anzugehen vermag, wie Don Giussani es nannte.

5. Das Entstehen der Person

Deswegen betonte er, dass die eigentliche Frage die «der Entstehung der Person» ist. Was fördert und erzieht diese Entstehung der Person? Eine Weggemeinschaft. Doch dann fragt er: «Wann hilft einem die Weggemeinschaft?» Eine x-beliebige Weggemeinschaft ist es nicht, die zur Entstehung der Person, eines neuen Geschöpfes verhilft. Eine Weggemeinschaft ist dann eine Hilfe, wenn sie aus Leuten besteht, «die auf die Wahrheit hin ausgespannt sind». Deswegen «braucht es eine Weggemeinschaft, die uns hilft; und man kann nur dann von einer solchen reden, wenn sie aus Leuten besteht, die auf die Wahrheit hin ausgespannt sind» (S. 199).
Und was lässt dieses neue Geschöpf entstehen, diese Weggemeinschaft von Leuten, die auf die Wahrheit hin ausgespannt sind? Sie sind nicht das Ergebnis einer Analyse, einer Erinnerung, einer Dialektik, sondern eines Faktums, eines Ereignisses. Deswegen ist die Methode nicht die einer Dialektik verschiedener Positionen, es ist nicht eine Übereinkunft. Die Gemeinschaft kann nicht etwas sein, über das wir uns einig werden. Es ist ein Ereignis, das unsere Vernunft und unsere Freiheit herausfordert. Die Gemeinschaft entsteht als Anerkennung dieses Ereignisses. Damit das aber möglich wird, bedarf es der Zeitgenossenschaft Christi heute. Ohne sie wären wir nicht in der Lage, dies hervorzubringen: Es muss vor unseren Augen geschehen. Vor unseren Augen geschieht etwas, dem wir nachgeben müssen, um es anzuerkennen und um in unserem Leben diese Gemeinschaft zu erfahren.
Wie ist diese Zeitgenossenschaft, die Gleichzeitigkeit Christi zu verstehen? Wann stellt sich Seine Gleichzeitigkeit am meisten unter Beweis? Das sehen wir jetzt im Seminar der Gemeinschaft: durch den Zeugen (vgl. L. Giussani, Kann man so leben?, S. 17ff.). Jeder von uns weiß genau, dass ansonsten keine Neuheit möglich ist. Und wer ist der Zeuge? Der, der mir auf überzeugendere Weise Christus gegenwärtig macht, wer auch immer dieser Zeuge sein mag.
Ich sagte vor kurzem zu Angehörigen der Memores Domini: Ich weiß nicht, wie das Geheimnis dich zur Fülle bringt (wie ich es auch von keinem von euch weiß, noch weniger von jedem, der zur Bewegung gehört); wie Er dich an Sich zieht; nur du weißt, wie das Geheimnis dich anzieht, herausfordert, einlädt. Darauf muss jeder von uns antworten, denn das Christentum ist das Geheimnis, das sich im Fleisch zeigt, in der Geschichte. Und wir hatten einen Zeugen – Don Giussani –, der den Weg aufgezeigt hat, einen Weg für die Gegenwart der Geschichte, in der wir leben, der sich mit keinem anderen vergleichen lässt.
Was heißt es dann aber, mit der Weise eins zu werden, in der das Geheimnis uns erreicht hat, also mit dem Charisma? Es bedeutet, eins zu werden mit demjenigen, der das Charisma, das uns erreicht hat, am meisten lebt. Das muss nicht notwendigerweise ich sein, aber ich bitte die Gottesmutter darum, der zu sein, der als oberster Bezugspunkt der Verfügbarste von allen ist; verfügbar dafür, am meisten anzuerkennen, wo es sich zeigt. Ansonsten sind wir Interpretationen ausgeliefert, unseren Gedanken, weil nicht wir das Ereignis hervorbringen. Ein Zeuge ist der, der uns heute zeigt, was es heißt, dem Charisma zu folgen. Und für uns stellt sich dann die entscheidende Frage: Sind wir verfügbar, das anzuerkennen? Für uns, die wir hier sind, gibt es keine wichtigere Aufgabe im Leben als die, dem nachzugeben.
Don Giussani sagte bei den Exerzitien der Memores Domini im Sommer 1989: «Die Neuheit zeigt sich darin, dass die Anerkennung Christi immer beständiger und vertrauter wird. Alles, was sich dann verändert, ist eine Konsequenz daraus. Alles andere ändert sich dann, wie Gott will und wie du willst.» Die Reihenfolge ist wichtig: Die Neuheit ist die ständige und vertraute Anerkennung Christi. Alles andere ist Konsequenz daraus. Wir sind daher zum Gehorsam gerufen «der Form der Lehre gegenüber, der wir anvertraut worden sind» (J. Ratzinger).

6. Die Gefahr: letztlich eine Haltung des Dualismus
Wir müssen auf etwas achten, wovon Don Giussani in einem Text spricht, den wir jüngst in Spuren veröffentlicht haben: auf den Gnostizismus, den er so definiert hat: «Es ist nur das wahr, was ich vom Gesagten für wahr halte.» («Glaube gestern und heute», in Spuren, Februar 2008, S. 9). Jeder von uns muss bis ins letzte begleitet werden, damit er das besiegt, was aus meiner Sicht die Gefahr ist, die uns droht: nämlich eine Haltung des Dualismus zu leben. Die Weggemeinschaft kann eben nur durch die Anerkennung Christi entstehen, sie hängt nicht von etwas ab, über das wir uns einigen müssten; das schaffen wir ohnehin nicht. Sie entsteht ganz einfach, wenn wir in der Lage sind, dieser Anerkennung nachzugeben, sonst sind wir immer unserer Interpretation ausgeliefert, auch wenn wir einverstanden sind. Denn wenn wir uns nur auf Übereinkünfte einlassen und damit diese Anerkennung verloren geht, dann interessiert mich auch eine solche Bewegung nicht mehr im Geringsten.
Für Don Giussani ist ein Zeichen dafür, «Ob bei uns wirklich der Glaube an erster Stelle steht oder eine andere Art von Sorge; ob wir uns wirklich alles vom Faktum Christi erwarten, oder ob wir uns vom Faktum Christi das erwarten, was zu erwarten wir entschieden haben, und Ihn letztlich darauf reduzieren, Anregung und Stütze für unsere eigenen Projekte und Pläne zu sein.» Das ist das, was «die mögliche Zweideutigkeit an der Wurzel jeder menschlichen Handlung zum Vorschein bringt» («Der lange Weg zur Reife», in Spuren, März 2008, S. 14). Dem müssen wir ins Angesicht schauen und darüber müssen wir sprechen, denn ansonsten gehen wir zugrunde, auch wenn wir einverstanden sind. Wir haben in der Tat an vielen Zeichen gesehen, dass auch bei uns diese Gefahr besteht. Das hat zum Beispiel Prades im Hinblick auf die Haltung einiger Personen angesichts der Situation in Spanien bemerkt. Wir sehen es auch angesichts der Wahlen in Italien. Meiner Meinung nach ist das die größte Herausforderung, vor der wir jetzt stehen.
Giussani sagte: «Der Bewegung zu folgen heißt, ihr in ihrer wirklichen Ausrichtung zu folgen, und diese besteht darin, einzig die Leidenschaft zu haben, dass man Christus wieder begegnen kann, dass Christus zum Urteil des Lebens und zum Mittelpunkt der Zuneigung wird. Denn das verändert die Welt; Leute, das verändert die Welt! Nur das verändert die Welt und sonst gar nichts: nicht (unsere) Meinungen zur Kultur und nicht (unsere) Meinungen, wie das Gemeinschaftsleben auszusehen hat. Denn wer auf diese Weise nachfolgt, versteht, dass man auch die Art, die Gemeinschaft zu leben, in der Nachfolge lernen muss. Die Bewegung schreitet aufgrund der Einheit voran – aber sicher nicht wegen der Autonomie der Meinungen.» (Certi di alcune grandi cose, S. 80) Wir alle stehen vor dieser Herausforderung, weil wir ansonsten kein ursprüngliches, eigenes Antlitz in der Geschichte hätten. Die Bewegung wäre dann am Ende, auch wenn die Strukturen noch aufrecht erhalten blieben. Denn eine Präsenz ist nur möglich, wenn sie dieses «Bewusstsein von sich selbst als Beziehung zu Christus» (S. 141) hat, betont Don Giussani, das heißt als «Überfülle des religiösen Bewusstseins von sich selbst» (S. 142). Deswegen liegt darin der Ursprung unserer kulturellen Haltung: «Die Kultur ist nichts Anderes als die tiefe Würde einer menschlichen Erfahrung, die sich Ausdruck verschafft und sich mitteilt, die fähig wird, sich auszudrücken und sich mitzuteilen.» (S. 256) Und worin besteht diese Kultur? «„Die Begeisterung für die Wahrheit bringt eine kulturell positive Haltung hervor.“ Die Begeisterung für die Wahrheit nennt sich „Glaube“.» (S. 258) Deswegen scheint mir, dass das Seminar der Gemeinschaft dieses Jahr sehr passend ist angesichts des geschichtlichen Moments, in dem wir leben. Don Giussani sagte zu den Studenten weiter: «Die Begeisterung für die Wahrheit ist die Anerkennung dieses Ereignisses, das unter uns ist, es ist die Anerkennung, dass die Wahrheit ein Mensch geworden ist, dass sie nicht mehr das Endresultat irgendwelcher Dinge ist, die wir ausklügeln, sondern eine Begegnung auf der Straße. Es sind Worte, die bei Tisch fallen, es ist ein Aufruf, der durch den Blick des Mannes auf die Frau geschieht. Sie ist die Anerkennung einer Brüderlichkeit, die mit einem Schlag alle Fremdheit überwindet, sei sie ethnischer Natur oder aufgrund des Charakters, der Herkunft oder der Geschichte. Die Begeisterung für die Wahrheit ist unsere Weggemeinschaft.» (S. 258)

7. Der Vergleich mit dem Charisma
In dem Beitrag «Das größte Opfer besteht darin, sein Leben für das Werk eines Anderen hinzugeben» (in: L’avvenimento cristiano, Mailand 2003) sagt Don Giussani, dass die eigentliche Frage die eines «Vergleichs mit dem Charisma» ist (S. 69). Wir sind gerade wegen dieses höchsten Vergleichs hier, weil wir die oberste Verantwortung für die Bewegung tragen, nicht weil wir besser sind, sondern weil wir erwählt wurden.
Wie Pater Paolo Martinelli bei den Exerzitien der Memores Domini vergangenen Sommer sagte, müssen wir zu Söhnen und Töchtern werden, um Erben des Charismas zu sein; um zu Söhnen und Töchtern zu werden, müssen wir uns vom Charisma, das wir empfangen haben, hervorbringen lassen.
Deswegen frage ich mich jetzt, wo es den Weg neu aufzunehmen gilt, und frage damit auch euch: Welche Umkehr verlangt das Charisma heute von uns? Nur indem wir diese Umkehr annehmen, können wir wirklich die Aufgabe erfüllen, zu der wir berufen sind, das Charisma zu bewahren, ansonsten ist unser Hiersein formal. Wir haben ein faszinierendes Abenteuer vor uns, und das Leben wird immer mehr zu diesem faszinierenden Abenteuer für uns, wenn wir es annehmen, ständig neu vom Charisma hervorgebracht zu werden, wenn wir es immer mehr ersehnen und auch den Heiligen Geist darum bitten, Söhne und Töchter zu werden.