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Brasilien: Die neue Pfarrei des Auferstandenen Christus
«Mit uns gibt es in diesem Viertel ein Zeichen.»
Francisco Borba

Die ehemalige Armensiedlung Novos Alagados ist heute ein bürgerliches Viertel. Und seit Mitte September hat sie auch eine neue Kirche. An der Einweihung nahmen über 2000 Menschen teil. Es dauerte 20 Jahre, um diesen Wunsch zu verwirklichen.

Am 14. September haben über 2000 Menschen tief bewegt an der Einweihung der neuen Kirche in Novos Alagados teilgenommen. Sie erhielt den Namen Jesus Christus, der Auferstandene. Novos Alagados ist ein Viertel am Rande von Salvador de Bahia. Da es hier keine anderen Kirchen gibt und da die Einweihung dieser neuen Kirche folglich die Entstehung einer neuen Pfarrei bedeutete, konnte niemand die Reaktionen der örtlichen Gemeinde vorhersehen. Aber in den Augen der Anwesenden waren die Leute, die kamen, um das Ereignis zu feiern, auf eine besondere Art und Weise anwesend, wie es sich nicht einmal einer der am meisten begeisterten Organisatoren zu erträumen wagte. Und das, obwohl diese Menschen scheinbar aus dem Nichts kommen, aus ihren ärmlichen, schlammigen Hütten. Doch bei aller materiellen Not sind sie inzwischen Teil der 20-jährigen Geschichte der Präsenz von CL und der Entwicklungshilfeorganisation AVSI in den Slums von Novos Alagados. Hier zeigte sich die tiefe Sehnsucht nach Gott, die das Herze jedes Menschen ausmacht und nur auf den rechten Augenblick wartet, um sich zu zeigen.
In der Kirche des Auferstanden versammelte sich an jenem Tag ein neues Volk. Es war in Randbezirken einer Stadt entstanden, wo sich die europäische katholische Tradition mit den afrikanischen Traditionen zu einer einzigartigen Kultur vermischt hat; eine Kultur, die sich durch einen besonderen Geschmack für die Schönheit auszeichnet. Man könnte sich fragen, ob diese Synthese nichts Anderes ist als eine Kraft der Vergangenheit, ein volkstümliches Brauchtum, das niemals wiederkehren wird: etwas, wodurch nur eine «sterile» Schönheit hervorgebracht wird, versteinert in den schönen Kirchen, die unter der Bezeichnung «historisches Erbe» vor dem Verfall bewahrt werden. Die neue Kirche, die in einem der ärmsten Bezirke von Salvador eingeweiht wurde, bezeugt gerade das Gegenteil: Sie bezeugt, dass diese Fähigkeit zur Synthese auch heute noch lebendig ist, dass weiterhin ein neues Volk entsteht, indem es kulturelle, gesellschaftliche und nationale Eigenheiten miteinander verschmilzt, und zwar mit der gleichen Kraft wie in der Vergangenheit.
Daran erinnerte Monsignore Giancarlo Petrini, der Weihbischof von Salvador, der seit langem im Amt ist. Am Anfang stand die verborgene Arbeit junger Lehrer und Studenten von CL, die vor 20 Jahren begonnen hatten, sich um die Kinder zu kümmern und das schwierige Leben der Leute im Viertel zu begleiten. Sie kamen nun in Scharen zur Kirchweihe. Und sie trafen nun durchaus bewegt und auch stolz jene «Kinder», die mittlerweile Erwachsene geworden sind und die sie als einen Teil ihres eigenen Lebens ansehen.
Am Anfang stand auch die Arbeit von AVSI. Nachdem verschiedene anderen Organisationen gescheitert waren, begann vor Jahren eine Gruppe von Italienern dieser Nichtregierungsorganisation mit der örtlichen Gemeinde zusammenzuarbeiten.
Dabei folgen sie der Grundeinsicht, dass es nicht nur um die Lösung von Problemen geht, sondern um Menschen, deren Fähigkeiten und Erfahrungen es wertzuschätzen gilt. Gemeinsam mit der einheimischen Bevölkerung entwickelten sie ein neues Viertel und schufen so ein Projekt, das im Laufe der Jahre zu einem Bezugspunkt auf internationaler Ebene wurde, selbst für die Weltbank. Die AVSI betreibt heute die Sozialarbeit im Viertel, beispielsweise in der Johannes Paul II.– Kinderkrippe, im Erziehungszentrum für Jugendliche, dem Orientierungszentrum für Familien oder im neuen Monsignore Luigi Giussani – Kindergarten.
Wesentlich war vor allem die Solidarität der Familie Abbondio aus Italien, die einige Projekte in Novos Alagados auch finanziell unterstützte, darunter den Bau der neuen Kirche. Ausgangpunkt war aber das Charisma von Don Giussani und die Erfahrung von CL. Sie ermöglichten es den verschiedenen Helfern, sich der Herausforderung zu stellen.
Den Innenraum der Kirche gestaltete der Künstler Claudio Pastro aus. Er schuf auch aus Freundschaft zu Monsignore Petrini und anderen Mitgliedern der Gemeinde die schönen Glasfenster.
Am Bau der Kirche nahm das ganze Volk Anteil. In einer Zeit, die von kulturellen und sozialen Unterschieden geprägt ist, war es eindrucksvoll zu sehen, wie alle diese Menschen in das Gotteshaus kamen, um gemeinsam zu feiern: Reiche und Arme, Universitätsprofessoren und einfache Arbeiter, hellhäutige Italiener und dunkelhäutige Brasilianer, Blonde und Mulatten. Sie alle erlebten gemeinsam dieselbe Erfahrung eines Ortes, an dem die Verschiedenartigkeit ihrer wahren Bestimmung begegnete, der Gemeinschaft in Christus.
Was bedeutet diese Kirche für das Volk von Novos Alagados? – Joseilma, eine der ersten Personen der örtlichen Gemeinde, die sich an der Arbeit von CL und AVSI beteiligte, sagte dazu am Ende der Messe: «Wir schauen all dies an und fühlen uns tief bewegt, weil wir spüren, dass dies ein schöner Ort ist, der für uns gemacht wurde. Es ist ein Ort des Glaubens, aber auch ein Ort der Würde. Dies alles ist geschehen, weil gewisse Personen von weit her gekommen sind und sich für uns interessiert haben. Dieser Ort existiert, weil wir für sie wichtig waren. Ihre Aufmerksamkeit für uns ist ein Zeichen unserer Würde.»
Diese neue Kirche ist ein Zeichen sowohl für die Gläubigen als auch für die gesamte Bevölkerung. Denn sie bezeugt, dass der wahre Sinn des Lebens sich nur in einer Erfahrung des Teilens und des Einsatzes für das Leben anderer Menschen entdecken lässt. Die Einweihung zeigt auch, dass jede Erfahrung des Teilens ihre wahre Bedeutung, ihre volle Verwirklichung nur in der Gemeinschaft und in der Begegnung mit Christus findet.
Pater Ignazio, der Pfarrer der neuen Kirche, betonte, wie wichtig es ist zu verstehen, dass das Volk mit seiner Begeisterung sein tiefes Bedürfnis nach Gott bezeugte. So kamen die meisten Leute schon zwei Stunden vor Beginn der Messe.
Es sind einfache Zeichen, aber sie wirken sich aus auf die Geschichte und die Kultur eines Volkes. Wie die Glocken, deren grundlegende Aufgabe man oft vergisst – eben die Aufgabe eines Gedächtnisses und einer Sehnsucht, die in den Herzen der Menschen verwurzelt sind. Als diese einige Tage vor der Einweihung zum ersten Mal erklangen, weckten sie bei vielen das Interesse und die Sehnsucht, an der Geschichte dieses Ortes teilzunehmen. So war es auch für zwei Jungen, die aus Neugier kamen und sich dann bereit erklärten, mit anderen Freiwilligen von Haus zu Haus die Einladungen zu verteilen. «Die Leute sollen verstehen, dass die Kirche ein Zeichen dafür ist, dass Christus zu ihnen gekommen ist», sagt Pater Ignazio. Er bot auch an, die Häuser jener Leute zu segnen, die es wünschten.
Don Carrón nahm an der Feier teil. Bei einer anschließenden Begegnung mit der Gemeinschaft von CL betonte er: «Wie ihr gesehen habt, ist es einfach, Seine Gegenwart zu erkennen und anzuerkennen. Es genügt, hinzuschauen und nachzufolgen.» Christus selbst habe sich für den, der all das gesehen habe, als der Lebendige gezeigt. Es sei aber auch deutlich geworden, dass sich diese Herzen der Menschen nicht wegen einer Sache bewegen lassen, die vor 2000 Jahren geschehen ist. Christus habe diese Herzen bewegt, «weil er eine lebendige Wirklichkeit ist, die jetzt unter uns gegenwärtig ist».