Logo Tracce


Angelus
Hochfest der Gottesmutter Maria
Papst Benedikt XVI.

Petersplatz, 1. Januar 2009

Liebe Brüder und Schwestern!
An diesem ersten Tag des Jahres freue ich mich, euch allen, die ihr auf dem Petersplatz zugegen seid, sowie denen, die mit uns über Rundfunk und Fernsehen verbunden sind, von ganzem Herzen den Frieden und alles Gute zu wünschen. Es sind dies Wünsche, die der christliche Glaube sozusagen »zuverlässig« werden lässt, indem er sie in dem Ereignis verankert, das wir in diesen Tagen feiern: die Menschwerdung des Wortes Gottes, geboren aus der Jungfrau Maria. In der Tat können wir kraft der Gnade Gottes – und nur mit ihr – immer neu hoffen, dass die Zukunft besser als die Vergangenheit sein wird. Denn es geht nicht darum, auf ein günstigeres Schicksal oder auf die modernen Verflechtungen des Marktes und des Finanzsystems zu vertrauen, sondern uns zu bemühen, dass wir selbst ein wenig besser und verantwortlicher sind, um auf das Wohlwollen des Herrn zählen zu können. Und das ist immer möglich, da »Gott zu uns gesprochen [hat] durch den Sohn« (Hebr 1, 2) und ständig durch die Verkündigung des Evangeliums und die Stimme unseres Gewissens zu uns spricht. In Jesus Christus ist allen Menschen der Weg des Heiles gewiesen worden, der vor allem eine geistliche Erlösung ist, aber das Menschliche als Ganzes einbezieht und dabei auch die soziale und geschichtliche Dimension umfasst.
Während die Kirche die göttliche Mutterschaft der allerseligsten Jungfrau Maria feiert, weist sie daher an dem Tag, der seit 40 Jahren als Weltfriedenstag begangen wird, alle auf Jesus Christus, den Friedensfürsten, hin. Der vom Diener Gottes Papst Paul VI. aufgenommenen Tradition folgend habe ich zu diesem Anlass eine besondere Botschaft geschrieben und hierzu das Thema gewählt: »Die Armut bekämpfen, den Frieden schaffen« Auf diese Weise möchte ich nochmals mit den Verantwortlichen der Nationen und der internationalen Institutionen in einen Dialog treten und den Beitrag der katholischen Kirche zur Förderung einer menschenwürdigen Weltordnung anbieten. Zu Beginn eines neuen Jahres besteht meine erste Absicht gerade darin, alle – die Regierenden wie die einfachen Bürger – einzuladen, angesichts der Schwierigkeiten und der Fehlschläge nicht mutlos zu werden, sondern ihren Einsatz zu erneuern. In der zweiten Hälfte des Jahres 2008 ist eine Wirtschaftkrise großen Ausmaßes zutage getreten. Diese Krise muss in der Tiefe als ein schwerwiegendes Symptom gesehen werden, das es erfordert, bei den Ursachen anzusetzen. Es reicht nicht – wie Jesus sagen würde – ein Stück neuen Stoff auf ein altes Kleid zu nähen (vgl. Mk 2, 21). Die Armen an die erste Stelle zu setzen heißt, entschlossen zu jener globalen Solidarität überzugehen, auf deren Notwendigkeit bereits Johannes Paul II. verwiesen hatte, indem die Potentialitäten des Marktes mit denen der Zivilgesellschaft in Einklang gebracht werden (vgl. Botschaft, 12), in der steten Achtung der Legalität und unter Ausrichtung auf das Gemeinwohl.
Jesus Christus hat keine Kampagnen gegen die Armut geführt, sondern den Armen das Evangelium verkündet, für eine ganzheitliche Befreiung aus dem moralischen und materiellen Elend. Dasselbe tut die Kirche mit ihrem unaufhörlichen Werk der Evangelisierung und Förderung des Menschen. Bitten wir die Jungfrau Maria, die Mutter Gottes, dass sie allen Menschen beistehe, gemeinsam auf dem Weg des Friedens voranzugehen.