Editorial
Ein schönes Meeting
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Endlich Ferien! Wenn selbst Gott am siebten Tag ausruhte, dann
dürfen wir uns mit Recht auf unseren Urlaub freuen.
Ungewöhnlich viele Ereignisse und Veränderungen hatten die
vergangenen zwölf Monate mit sich gebracht. Angefangen mit den
Geschehnissen in den Vereinigten Staaten im vergangenen September, dem
darauffolgenden «Krieg gegen den Terrorismus» und der
Tragödie im nahen osten. Dann das endgültige Ende der Teilung
der Welt in Ost und West mit der Partnerschaft von Nato und Rußland
und der in Vordergrund tretenden Problematik des Nord-Südgefälles,
den Migrationsphänomen und ihren schwerwiegenden,
teils noch unabsehbaren Konsequenzen. Nicht zu vergessen das sich
ändernde politische Klima in Europa, das Wiederaufleben eines
politischen Terrorismus samt all den stillschweigenden politischen
Abmachungen, die Terrorakte für gewöhnlich mit sich bringen,
und schließlich die Unzahl von Gewaltakten, die an Kindern und
Jugendlichen verübt wurden.
Wir alle sehnen uns da nach ein wenig Freizeit, nach ein paar
Tagen in Freiheit. Das Problem ist nur, dass wir, kaum sind wir einmal
frei, oft in einen Leerlauf geraten. Der Gedanke, wie schön das
Leben wäre, wenn die Menschen nicht so wären, wie sie sind,
drängt sich nicht wenigen auf. Die Ferienzeit kommt da als
vollkommene Ablenkung von den Stürmen der Zeit (oder, was auf das
gleiche hinausläuft, als Ablenkung von scheinbarer Windstille).
Oft merkt man gar nicht, dass man so denkt. Doch sind es solche Gedanken,
die uns mitunter erfüllen, wenn wir unter dem Sonnenschirm liegen
oder in der Hängematte, im Stau stehen oder gerade beim Check-in am
Flughafen sind. Dieselben Gedanken beherrschen auch die Äusserungen
vieler Intellektueller und Meinungsmacher. Die Geschichte erscheint
als etwas Unerträgliches, die Menschen ebenfalls - besser also
versuchen, dem «Unschönen» im Leben zu entkommen und sich
der Betrachtung des Schönen hinzugeben. Allein - bei soviel Eifer,
dem «Unschönen» zu entkommen, bleibt am Ende nicht mehr
viel Schönes übrig. Das Schöne scheint etwas immer rarer
und flüchtigeres zu werden, das sich zudem unversehens - wie ein
Traum - in Nichts auflöst. Umso eifriger macht man sich dann auf die
Suche nach vollendeten Augenblicken innerhalb einer unvollkomenen
Geschichte, hofft auf die Kraft von Regeln und Gesetzen, sucht Zuflucht
bei Magiern oder setzt seine Hoffnungen auf Wellness-Programme. Kurz:
alles was Erfolg verspricht bei der Bekämpfung des Lasters, Mensch
zu sein, stößt auf Interesse. Das Leben bietet für die
Erfahrung des schönen und definitiv Guten scheinbar keinen Raum.
Der Sinn für die Dinge wird von Unzufriedenheit und Sorge
verdunkelt, Unfruchtbarkeit lastet auf ihm. Die Sehnsucht, endlich einen
Ruheplatz zu finden, einen Ort, wo man in Frieden leben kann (wie man
sich dies für den Urlaub wünscht), wächst.
Das Meeting von Rimini ist ein großartiger Urlaub (wiewohl
auch harte Arbeit für all die freiwilligen Helfer!). Viele empfinden
das Meeting als einen Ort, an dem man sich ausruhen kann, ohne dabei das
Denkvermögen ausschalten zu müssen, nehmen gerne am Meeting teil. Das diesjährige Thema des Meetings unterstreicht dies: «Der Sinn
für die Dinge» und die «die Betrachtung des
Schönen» werden sich nicht alternativ gegenübergestellt,
als gäbe es eine Zeit trockener Mühe einerseits und eine Zeit
vergnügter Ablenkung andererseits. In der Geschichte gab und gibt
es immer wieder Menschen, die die Entdeckung des Schönen im Bereich
menschlicher Erfahrung für möglich halten, ohne etwas von ihrer
Erfahrung zensieren zu müssen. Es gibt ein Volk, das sich allein
dadurch von anderen unterscheidet, dass es ein neues Bewusstsein vom
Leben entwickelt hat und die Wirklichkeit anders als andere beurteilt,
d. h. nicht denkt: «Hoffentlich hat das alles möglichst wenig
mit mir zu tun!». Ein enormer Unterschied! Ein Unterschied, der aus
der Zugehörigkeit zu jener Wirklichkeit erwächst, die sich
substantiell von allen zeitgenössischen Vereinigungen unterscheidet:
dem Leib Christi, der Kirche. Denn die Kirche ist nicht Menschenwerk, sie
ist das Werk jenes Gottes, der die Erde gegründet und das Meer
gezähmt hat und schließlich in seinem Sohn die menschliche
Zerbrechlichkeit und Sehnsucht umarmte. Das Meeting mit seinen
Ausstellungen, Begegnungen und Darbietungen stellt somit gerade zum
gegenwärtigen Zeitpunkt eine enorme Provokation dar und lädt
dazu ein, sich mit dem eigenen Leben zu befassen. Auch im Urlaub.
Schöne Ferien!
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