Wallfahrt Loreto
Gemeinsam unterwegs, um das höchste Gut zu entdecken
Giorgio Paolucci
Mehr als 60.000 Menschen bei der nächtlichen Fußwallfahrt von
Macerata zum Heiligen Haus in Loreto. Ein Bericht sowie die Grußworte
des Heiligen Vaters und von Monsignore Giussani.
Sechzigtausend Gesichter, sechzigtausend
Geschichten, sechzigtausend Leiber, die mit Mühe den letzten Anstieg
hinauf zum Heiligen Haus von Loreto zurücklegen. Alle vereint von der
Bitte, die seit zweitausend Jahren auf den Lippen der Menschen liegt:
«Wir wollen Jesus sehen». Unter diesem Motto stand die 26.
Fußwallfahrt von Macerata nach Loreto, demselben Motto, das Johannes Paul
II. für den Weltjugendtag in Köln vorgeschlagen hat. Eine Bitte, die
mit einer fleischlichen Gegenwart beantwortet wird: sechzigtausend Menschen,
die gemeinsam in der Nacht vom 5. auf den 6. Juni sechsundzwanzig Kilometer zu
Fuß zurücklegen, den Rosenkranz beten und die Zeugnisse von Leuten
hören, deren Existenz durch eine Begegnung verändert wurde, in der sie
die göttliche Gegenwart des Herrn erleben durften. So erzählt z.B.
Alina, eine junge Rumänin, die vor dreizehn Jahren gemeinsam mit 500
Landsleuten bei einigen Familien von CL zu Gast war: «Ich war eine
Fremde, und doch haben sie mich aufgenommen wie eine von ihnen. Ich war noch
nicht in der Lage zu erkennen, dass ich dank dieser Menschen Christus getroffen
hatte, aber mir war klar, dass ich einer ganz außergewöhnlichen
Menschlichkeit begegnet bin. Später habe ich dann verstanden. Seither ist
mein ganzes Leben die ständige Erneuerung dieses Ereignisses.» Ein
Ereignis, dass ihr Leben verändert hat und das dabei ist, das Leben von
jungen Roma-Zigeunern bei Bukarest zu ändern, wo Alina für AVSI (AVSI
ist eine Entwicklungshilfe-Organisation, die von Freunden der Bewegung getragen
wird. A.d.R.) arbeitet und wo sie Menschen trifft, die «schon als
Jugendliche alt sind».
Viele ähnliche Berichte sind auf dem
nächtlichen Fußmarsch zu hören. Man hört sie über
Lautsprecher oder von Freunden, die gemeinsam gehen, einander
zugeflüstert. Gemeinsam geht man voran: Junge Studenten,
Familienväter, ältere Frauen (wie die legendäre Fiorina, die
‘Großmutter’ der Wallfahrt, die mit ihren nun 90 Jahren,
mittlerweile am Stock, der Gottesmutter dasselbe Opfer bringen will, wie
damals, als sie als junges Mädchen vom Land barfuss den Weg durch die
Kornfelder ging). Mit dabei auch: Kardinal Martino, Vorsitzender des
Päpstlichen Rates für Gerechtigkeit und Frieden. Er erinnert daran,
dass «der Friede nicht etwas ist, das man in Gesprächen oder
Diskussionen erreicht, nein er ist vielmehr eine persönliche Aufgabe, eine
Verantwortung» und ermahnt die Jugendlichen, dafür zu arbeiten:
durch den Bau von Brücken zwischen den Völkern und Kulturen, in dem
Bewusstsein, dass die menschlichen Kräfte in keinster Weise ausreichen, um
einen dauerhaften Frieden zu erreichen. Mit dabei auch verschiedene andere
kirchliche Gruppen. Ins Leben gerufen wurde die Wallfahrt 1978 von CL,
näherhin von dem jungen Religionslehrer Don Giancarlo Vecerria. Heute ist
er Bischof von Fabriano-Matelica. Sein Mitbruder im Bischofsamt, der Bischof
von Macerata hebt hervor, dass «die Wallfahrt typisch für CL ist:
Mit der Bitte, ‘wir wollen Jesus sehen’, will die Wallfahrt ihm
Raum geben, sich erfahrbar zu machen.» Was in den vergangenen 25 Jahren
dabei immer deutlicher wurde, ist die Herausforderung, Christus im Antlitz von
Maria in Loreto und im Antlitz eines jeden zu begegnen, der in dieser Nacht mit
uns wandert.
Monsignore Lambiasi, der Vorsitzende der
Katholischen Aktion Italiens, die sich ebenfalls der Wallfahrt anschloß,
griff in einem Grußwort die an CL gerichteten Worte des Papstes auf:
«Es ist keine Formel, die uns retten wird, sondern eine Person und die
Gewissheit, welche sie in uns wachsen lässt: ‘Ich bin bei
euch’. Liebe Freude von CL, auch wir wollen Jesus sehen und ihn gemeinsam
mit euch sichtbar machen. Danke für eure brüderliche
Freundschaft.»
Kardinal Martino, der Präsident des
Päpstlichen Rates für Gerechtigkeit und Frieden erinnerte vor allem
die Jugendlichen daran, dass der Friede nicht in erster Linie in
Gesprächen und Diskussionen gefunden werde, sondern Aufgabe einer
persönlichen Verantwortung sei. «Baut Brücken zwischen den
Völkern und Kulturen, seid euch aber bewusst, dass menschliche Kräfte
dazu absolut nicht ausreichen.»
|