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Die Weisse Rose
«Du würdest deine Freude an diesen Gesichern haben!»
Franz Reimer

Ende April wurde in Freiburg die Ausstellung Gesichter einer Freundschaft eröffnet. Spuren berichtet von dem Festakt und darüber, wie dieser einzigartige Versuch zustandekam, sich dem Freundeskreis zu nähern, der für ein unbekanntes Deutschland steht, geprägt von der Strahlkraft christlichen Glaubens.

Als sich am 29. April etwa 250 Menschen in der Aula der Freiburger Universität versammelten, um die Eröffnung der Ausstellung «Die Weiße Rose. Gesichter einer Freundschaft» mitzuerleben, folgten sie jener Faszination, der ein Kreis von Freunden in Freiburg, München, Singen und Stuttgart beim Lesen der Briefe und Tagebücher von Hans und Sophie Scholl erlegen war. Sie führte zur Idee einer öffentlichen Lesung, die am 21. Februar 2003 in der Innenstadtpfarrei St. Martin in Freiburg stattfand (vgl. Spuren 3/2003, S. 28). Doch die Anziehungskraft der Weißen Rose erwies sich als langlebig, die Fragen als zäh. Irgendwann stand die Idee einer Ausstellung im Raum. So unrealistisch das Vorhaben schien – die Begegnung mit der dreiundachtzigjährigen Schwester des 1943 hingerichteten Willi Graf, Anneliese Knoop-Graf, die aufmerksam zuhörte und spontan ihr Kommen zusagte, ein Gespräch mit Franz-Josef Müller in der Münchner Denkstätte, ein gemeinsamer Ausflug zur Weißen-Rose-Ausstellung in Ulm und schließlich die Bekanntschaft mit der Zeitzeugin Regina Degkwitz, die zu einer Freundschaft wurde – all dies waren ermutigende Zeichen. Zum großen Staunen aller konnte die Ausstellung pünktlich am 27. April 2004 in der Prometheushalle der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg ihre Tore öffnen. Neben vielen, teils unveröffentlichten Fotos kommen auf 52 Tafeln die damals Beteiligten selbst zu Wort. So entsteht das Bild eines Kreises von Freunden, die so lebenslustig wie intelligent, so entschieden wie sensibel waren, und die sich auf dem Weg wissen – einem Weg, den Hans Scholl (mit Claudel) «une grande aventure vers la lumière“, ein großes Abenteuer hin zum Licht nennt. Drei Tage später, zum Festakt aus Anlaß der Ausstellungseröffnung, stand dieses Bild von der Weißen Rose als Freundeskreis auf dem Prüfstand der Öffentlichkeit. Eingestellt hatten sich die Schirmherren: der Rektor der Universität, Prof. Dr. Wolfgang Jäger, der Freiburger Erzbischof, Dr. Robert Zollitsch, und Frau Knoop-Graf; ferner der Alterzbischof Dr. Saier und – trotz weiter Anreise – etliche Zeitzeugen und Betroffene, darunter Elisabeth Hartnagel (die Schwester Sophie und Hans Scholls), Herta Siebler-Probst (die Witwe Christoph Probsts) und Elisabeth Bollinger (die Witwe Heinz Bollingers). Während der Rektor in seinem Grußwort die Münchener Studenten als Europäer würdigte, erinnerte der Erzbischof an ihren Glauben: «Die Freundschaft unter den Mitgliedern der Weißen Rose wurde wesentlich von einem christlichen Glauben geformt, von einem erlebten und überkonfessionell geprägten Christentum, welches die ganze Kraft des ganzen Menschen verlangte und seine gesamte Existenz betreffen sollte […] ‚Wenn Christus nicht gelebt hätte und nicht gestorben wäre, gäbe es wirklich gar keinen Ausweg. […] Dann müsste man mit dem Kopf gegen die nächste Mauer rennen und sich den Schädel zertrümmern: So aber nicht.’ […] Der christliche Glaube, der Glaube an Gott und Jesus Christus wurde […] von der Gruppe als das erlebt und erfahren, was er ist: Befreiung zum Leben, Sinn und Ziel menschlichen Handelns.» Anneliese Knoop-Graf schilderte eindrucksvoll den Freundeskreis, zu dem sie selber 1942/1943 in München gehört hatte (vgl. S. 23). Sie endete mit den Worten: «Es sind die Gesichter einer Freundschaft, an denen nunmehr auch Sie Ihre Freude haben werden. […] Ich möchte, dass sie Ihnen allen nahe bleiben, wie Bekannte, wie Verwandte, wie Freunde.» Schließlich zeichnete Prof. Dr. Hugo Ott, Heidegger-Biograph, ausgewiesener Kenner Freiburgs im Zweiten Weltkrieg und Theodor Haeckers, das Umfeld der Freiburger Freunde Willi Grafs nach, insbesondere das akademische Milieu und die Umgebung von Heinz Bollinger in Littenweiler, wie auch das literarische Umfeld der Weißen Rose in München (vgl. S. 23). Als Humus, aus dem das Handeln der Studenten erwuchs, erwies sich auch hier der Glauben, vermittelt nicht zuletzt durch zwei Schriftsteller: Reinhold Schneider in Freiburg, Theodor Haecker in München. Und dieselbe Schönheit – Glanz der Wahrheit – schien im Spiel der Cellistin Isabel Martin auf, die aus Dortmund angereist war, um den Freunden der Weißen Rose mit Solosuiten von Bach und Reger die Ehre zu geben. So war es wohl kein Zufall, wenn die Ausstellungstafel, die die beeindruckenden Äußerungen der Münchener Studenten zur Schönheit in Natur, Musik und Malerei zusammenstellt, mit dem Satz Dostojewskis endet: «Die Schönheit wird uns erlösen».