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CL - Papst Johannes Paul II.
Ausschnitte
Luigi Giussani

1978
Die Wahl Johannes Paul I. und Johannes Paul II.


Erinnern Sie sich an jene 33 Tage?
Gott wollte - glaube ich - das Opfer dieses Menschen (denn es war ein wirkliches Opfer! Und wir werden vielleicht erst am Ende der Welt wissen, inwieweit es ein Martyrium war). Gott wollte es, um die Kirche auf Johannes Pauls II. vorzubereiten. Er war ein Papst aus der Fremde und die Inkarnation dessen, was Paul VI. die letzten 10 Jahre seines Pontifikats erahnen ließ und zum Ausdruck gebracht hatte.

Was bedeutet das? Die klare Gewissheit über das, was der Inhalt der christlichen Botschaft auch für die Geschichte dieser Welt bedeutet. Der Glaube an Gott, der Mensch geworden ist, mit einer Leidenschaft für diesen Menschen, auf den man die gesamte Hoffnung jedes einzelnen Menschen und der ganzen Welt zurückführen kann. Deshalb ist die Geschichte der Ort, an dem Christus verherrlicht wird, als äußerster Ausdruck eben dieser Geschichte. Auf der anderen Seite steht die Gegenwart! Die Kirche als Gegenwart in der Welt überall und grundsätzlich, und Gegenwart als Kirche: Das ist das Instrument der Herrlichkeit Christi in der Geschichte.
(L.Giussani - R.Farina, Un caffè in compagnia, Rizzoli, Milano 2004, Seiten 109-110)

1981
Das Attentat


Was haben Sie damals empfunden, Don Giussani?
Nach einem überraschenden Gefühl der Leere, wie bei jemandem, der sich plötzlich mit etwas Unmöglichem konfrontiert sieht, habe ich in mir gleichsam das Unvermeidliche dessen wahrgenommen, was passiert war. Wer den Menschen verteidigt - das wissen wir von Jesus Christus -, muss das ganze Risiko des Lebens auf sich nehmen, bis zum Äußersten.

Wer stand hinter dem Attentat? Warum wurde es verübt?
Gleich welches System jene Hand geführt haben mag, es war die Macht. Es ist die Macht, die instrumentalisiert, entfremdet und diese sogenannte Zivilisation von heute beherrscht, die im wesentlichen atheistisch ist. Die Macht sieht im Papst den einzigen wirklichen Gegner, den einzigen Feind. Sie nimmt ihn als solchen wahr, weil der Mensch sich nur aus dem Netz der Macht befreien kann, wenn er im Menschen die Beziehung mit Gott anerkennt.

Was bedeutet das für Sie und ihre "Jünger"? Durch das Geschehene ist noch klarer geworden, dass der Sinn des Lebens ausschließlich darin besteht, jenen wahren Wert des Menschen zu bezeugen, für den der Papst sein Leben riskiert.
(L.Giussani - R.Farina, Un caffè in compagnia, Rizzoli, Milano 2004, Seiten 41-43)

1986
Unsere jüdischen Brüder

Die Kirche Christi entdeckt ihre Verbindung mit dem Judentum, "indem sie ihr eigenes Geheimnis genau erforscht". Die jüdische Religion liegt nicht außerhalb von uns, sondern wohnt auf eine bestimmte Weise unserer Religion inne. Wir haben daher eine Beziehung zu ihr, wie zu keiner anderen Religion. Ihr seid unsere geliebten Brüder, und in gewisser Weise könnte man sagen unsere älteren Brüder.
(Begegnung mit der jüdischen Gemeinde in der Synagoge in Rom, 13. April 1986)

Angesichts der jüdischen Geschichte gibt es keine einfühlsamere und demütigere Regung des menschlichen Gewissens - die fast schon den wegen der Gewissheit um Entschuldigung bittet, der «pondus diei et aestus», die gesamte Last der vorhergehenden Geschichte getragen hat -, ja es gibt nichts friedvolleres als die Bejahung, dass sich die Erfüllung des ganzen Universums bereits im Juden Jesus von Nazareth, der gestorben und auferstanden ist, ereignet hat.
(L.Giussani, Il valore di alcune parole che segnano il cammino cristiano, in Tracce Litterae Communionis, 1996, n. 5, Seite III)

1998
Die Vernunft gegen die Macht

"Der Erlöser des Menschen, Jesus Christus, ist das Zentrum des Kosmos und der Geschichte" (Redemptor hominis). Diese Aussage des Papstes zum Beginn seines Pontifikats hat mich zutiefst bewegt! Wenn man hört, wie jemanden diese Aussage 20 Jahre immer wiederholt, begeistert es jeden Menschen, der ein aufrichtiges Herz hat. Wojtyla ist der Papst, der die Wahrheit über den Menschen mit unablässiger Leidenschaft und absoluter Konsequenz ausgesprochen hat. Seine Kraft besteht in der Identität zwischen seiner Erfahrung als Mensch und dem geschichtlichen Faktum Christi. Die 20 Jahre seines Pontifikats sind wie Lichter vergangen, die einander im dunklen Schatten unter dem Schlachthimmel kreuzen. (Don Luigi Giussani, La Repubblica, 24 ottobre 1998, Seite 13)