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CL - Papst Johannes Paul II.
«Dienen wir Christus in diesem großartigen Menschen»
Luigi Giussani

Offener Brief von Don Luigi Giussani an die Gemeinschaften von Comunione e Liberazione nach der Audienz, die ihm von Johannes Paul II gewährt wurde

Liebe Freunde,
wie ihr schon erfahren haben werdet, ist mir das große Geschenk zuteil geworden, mit dem Papst lange über unser Leben und über das, was wir in unserer geliebten Kirche und unserer geliebten Welt sein möchten, sprechen zu können. Während ich ihm gegenübersaß, fragte ich mich: Welchen Grund liefert mein Leben in den Augen des Papstes, dass er mir all dies gewährt? Der Grund ist euer Leben, das Leben von euch allen, meine Freunde und Weggefährten, euer Glaube, euer fleißiger Einsatz, euer Großmut, eure Fähigkeit zum Opfer. Dies ist der wirkliche Grund, aus dem ich empfangen worden bin. Und ich war voller Staunen und Scham über mich selbst, voller Dankbarkeit dem Papst und euch gegenüber. Ich möchte für euch die Botschaft zusammenfassen, die in seiner Sorge und seiner Haltung angeklungen ist:
1. Jesus Christus ist die Wahrheit des ganzen Menschen, und der Glaube ist die Form des ganzen Lebens und des Lebenseinsatzes.
2. Somit gibt es nicht auf der einen Seite den Glauben und auf der anderen Seite die Interessen, die Aufgaben des Lebens, die Arbeit. Nein. Aus dem Glauben entspringt das Kriterium, das uns alle Probleme der Existenz anpacken lässt. Unser Verhalten in unserem Umfeld muss im Glauben verwurzelt sein, denn das, was uns umgibt, ist der Boden auf dem sich alle Probleme entwickeln. 3. Insbesondere muss der Glaube zur Kultur werden. Es ist in der Tat die Kultur, die das Antlitz eines Volkes bestimmt, indem sie dessen Geschichte zum Ausdruck bringt. Unser Glaube darf keine - Minderwertigkeitskomplexe gegenüber der herrschenden Kultur haben.
Wie ihr seht, ist dies die Bestätigung dessen, was er den Menschenmengen beständig mittwochs und sonntags sagt. Wir haben immer gesagt, dass wir uns auf ein Ereignis einlassen müssen, um unseren Glauben zu prüfen und reifen zu lassen. In diesem Ereignis muss der Glaube auf eine Art und Weise leben, dass auch in uns Wunsch, Licht und Mut aufkommen, nachzufolgen. Dieser Papst ist das Ereignis, das Gott hervorgerufen hat. Er hat in ihm die Geschichte des Glaubens und des Martyriums des polnischen Volkes Fleisch werden lassen und vor unseren Augen verherrlicht. Die menschliche Gestalt dieses Papstes ist das konkrete Faktum, von dem wir uns berühren lassen müssen, um Ihn zu sehen, Ihn zu hören und uns in Seine Mentalität hineinzuversetzen, um Ihm zu folgen.
Gleich nachdem die Audienz beendet war, fühlte ich im Herzen meiner Freude ein großes Verantwortungsgefühl: einen Willen, diesem Menschen mit meiner ganzen Kraft und meinem ganzen Leben zu dienen. Ich würde mir wünschen, dass diese Verantwortung alle erfüllen möge. Meine Freunde, in einer Welt, in der der Glaube so verloren und die Ungerechtigkeit so groß ist: schütteln wir unsere Trägheit ab, vertreiben wir unseren Egoismus, indem wir unsere Bürgerlichkeit fortreißen.
Meine Freunde, dienen wir diesem Menschen, dienen wir Christus in diesem großartigen Menschen, mit unserer ganzen Existenz.

In großer Zuneigung,
Don Luigi Giussani

«Litterae Communionis CL», 1979, Nr. 2, S. 2 f.