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Kirche - Papst Johannes Paul II.
«Nicht ein Weg, sondern der Weg.»
Die riesige Dankbarkeit der Söhne und Töchter

Johannes Paul II.

Begegnungen und Worte, die die Geschichte der Freundschaft zwischen Johannes Paul II. und CL beschreiben. Von den ersten Audienzen (sowie Audienzen anlässlich von Jubiläen) bis hin zu den letzten Briefen. Das Abenteuer der Beziehung mit dem Bischof von Rom, den Don Giussani stets als «festen Damm für die Gewissheit des katholischen Glaubens» bezeichnete.

1982
Rimini am 29. August 1982, Meeting für die Freundschaft unter den Völkern. «Erbaut die Zivilisation der Wahrheit und der Liebe!»

Die größte «Kraftquelle» des Menschen ist Christus, der Sohn Gottes und Menschensohn. In ihm zeigen sich die Umrisse des neuen Menschen in seiner ganzen Fülle, des Menschen schlechthin, verwirklicht. In Christus, dem Gekreuzigten und Auferstandenen, enthüllt sich dem Menschen die Mög­lichkeit und die Weise, wie er seine ganze Natur in tiefer Einheit annehmen kann. Hier haben wir sozusagen das ei­nigende Band eures Meetings, das ja den Kraftquel­len des Menschen gewidmet ist: der auferstandene Christus als unerschöpfliche Lebensquelle des Menschen
Von Christus als Kraftquelle des Menschen zu spre­chen, heißt bezeugen, dass auch heute die wesentlichen Ele­mente der Zivilisation tatsächlich bewusst oder unbewusst vom Christusereignis her bestimmt sind, das von der Kir­che täglich als Botschaft verkündet wird.
Unser Blick muss sich daher notwendig zum Urheber unseres Heils erhe­ben, damit eine aus der Wahrheit und Liebe geborene Zivi­lisation entsteht. Eine Zivilisation im Zeichen der Liebe! Sonst geraten wir in Todesangst, gehen in zügellosem Egoismus zugrunde oder in blinder Unzulänglichkeit für den Schmerz der anderen. Brüder und Schwestern, baut unermüdlich diese Zivilisation auf!
Diesen Auftrag gebe ich euch heute: Arbeitet dafür, betet dafür, leidet dafür!
(Beilage zu Litterae Communionis, 3/1990)

1984
Ansprache zum 30jährigen Bestehen von Comunione e Liberazione am 29. September 1984

«Geht in alle Welt!»
Setzt diesen Weg mit Eifer fort, damit die Kirche auch durch euch immer stärker zum Umfeld des erlösten Da­seins des Menschen wird, dem faszinierenden Umfeld, wo jeder Mensch die Antwort auf die Frage nach Sinn und Bedeutung seines Lebens findet: Christus, Mittelpunkt des Kosmos und der Geschichte.
Jesus, der Christus, er, in dem alles entsteht und be­steht, ist also Ursprung und erklärendes Prinzip des Men­schen und seiner Geschichte. Voll Demut, aber zugleich mit aller Festigkeit Christus zum Ursprung und geistlichen Beweggrund des Lebens und des Handelns, des Bewusst­seins und der Tat zu erklären, heißt ihm anhängen, um in entsprechender Weise seinen Sieg über die Welt deutlich zu machen.
Die so verstandene und gelebte christliche Erfahrung erzeugt eine Präsenz, die in jeder menschlichen Lage die Kirche als Ort bestimmt, wo das Kommen Christi, «für Ju­den ein empörendes Ärgernis, für Heiden eine Torheit» (Kor l,23-24), als aufscheinende Wahrheit für den Men­schen lebendig ist.
Wir glauben an Christus, der gestorben und auferstan­den ist, an Christus, der hier und jetzt gegenwärtig ist, der allein den Menschen und die Welt ändern kann und tat­sächlich ändert, indem er sie verwandelt.
Eure immer stärkere und bedeutendere Gegenwart im Leben der Kirche in Italien und den verschiedenen Natio­nen, in denen sich eure Erfahrung auszubreiten beginnt, beruht auf dieser Gewissheit, die den Menschen berührt. In diesem Zusammenhang ist es bedeutsam und muss hervor­gehoben werden, dass der Geist, um mit dem heutigen Men­schen den Dialog weiterzuführen, der von Gott in Christus begonnen und im Laufe der ganzen christlichen Geschichte fortgesetzt wurde, in der Kirche von heute vielfältige kirch­liche Bewegungen zum Leben erweckt hat. Sie sind ein Zei­chen für die Freiheit der Formen, in denen sich die eine Kirche verwirklicht, und sicher eine Neuheit, die noch da­rauf wartet, in ihrer ganzen positiven Wirkung für das Reich Gottes, das in unserer heutigen Geschichte am Werk ist, entsprechend verstanden zu werden.
«Geht zu allen Völkern!» (Mt 28,19) hat Christus zu sei­nen Jüngern gesagt. Und ich wiederhole für euch: «Geht zu allen Völkern, um ihnen die Wahrheit, die Schönheit und den Frieden zu bringen, dem man in Christus, dem Erlöser, begegnet!» Diese Aufforderung, die Christus an alle die Seinen gerichtet hat und die ununterbrochen zu erneu­ern, Aufgabe des Petrus ist, hat eure Geschichte schon ge­prägt. Ihr wart in diesen 30 Jahren für die verschiedensten Situationen offen, indem ihr die Samen der Präsenz eurer Bewegung ausgesät habt. Ich weiß, dass ihr bereits in 18 Nationen der Welt Wurzel gefasst habt: in Europa, Afrika, Amerika, und ich weiß auch, mit welcher Beharrlichkeit eure Präsenz in anderen Ländern wächst. Nehmt die Last dieses kirchlichen Bedürfnisses auf euch: Das ist der Auf­trag, den ich euch heute gebe.
Tragt in die ganze Welt das schlichte und transparente Zeichen des Ereignisses Kirche. Die authentische Glau­bensverkündigung schließt die Bedürfnisse des konkreten Menschen ein und antwortet auf sie, weil sie zur Begeg­nung mit Christus in der christlichen Gemeinde führt. Der heutige Mensch hat ein besonderes Bedürfnis, Christus klar und offenkundig vor Augen zu haben als tiefes Zeichen sei­nes Geborenwerdens, Lebens und Sterbens, seines Leidens und seiner Freude.
(Beilage zu Litterae Communionis, 3/1990)

2000
Bitte um Vergebung

«Er hat den, der keine Sünde kannte, für uns zur Sünde gemacht, damit wir in ihm Gerechtigkeit Gottes würden.»(2 Kor 5,21). Christus, der Heilige, der doch ganz ohne Sünde ist, willigt ein, unsere Sünden auf sich zu nehmen. Er willigt ein, um uns zu erlösen. Er willigt ein, die Last unserer Sünden zu tragen, um die Sendung zu erfüllen, die er vom Vater empfangen hat. Wir vergeben und bitten um Vergebung! Während wir Gott loben, der in seiner barmherzigen Liebe einen wunderbaren Reichtum an Heiligkeit, missionarischem Eifer, vollkommener Hingabe an Christus und den Nächsten in der Kirche hervorgerufen hat, können wir nicht umhin, die Untreue gegenüber dem Evangelium anzuerkennen, deren sich einige unserer Brüder besonders während des zweiten Jahrtausends schuldig gemacht haben. Wir bekennen umso mehr unsere Verantwortung als Christen für die Übel von heute. Für den Anteil, den jeder von uns mit seinem Verhalten an diesen Bösartigkeiten hat und damit beiträgt, das Antlitz der Kirche zu entstellen, bitten wir demütig um Vergebung.
La Repubblica, 15. März 2000

Heilige Messe am Tag der Vergebung im Heiligen Jahr 2000
Sonntag, 12. März 2000

Die grosse Kraft des Papstes auf den Knien
Wie viele andere in dieser Zeit, so war auch ich zutiefst bewegt, zu sehen, wie der Papst, geschlagen wie der prophetische Christus und gedemütigt für die ganze Kirche, um Vergebung für die von den Christen begangenen Sünden bittet.
Er wollte, so meine ich, die Wahrheit Christi und der Kirche aufzeigen. Diese Wahrheit wird durch Menschen in Fleisch und Blut mitgeteilt, denn dies ist der Weg, den Gott gewählt hat, um sich in der Geschichte bekannt zu machen.
Deshalb kann kein Missverhältnis, keine Unangemessenheit, kein Fehler der Menschen ein Einwand gegenüber dem Christentum sein.
Der Mensch bittet also um der Bejahung einer Positivität willen, der Positivität Christi, um Vergebung - Christus, der in der Geschichte gegenwärtig ist und sie besiegt hat.
Der Christ hängt einzig und allein an Jesus.
Der Papst auf den Knien vermittelt mir nicht ein Bild von Schwäche. Er erinnert mich eher an den Spartakus der Antike, der sich in der ganzen Größe seiner Menschlichkeit in einem Akt höchster Freiheit aufrichtet, um so ein Beispiel für das stets ersehnte Glück aller und eines jeden darzubieten. Dieser Papst erneuert in mir und meinen Freunden den notwendigen Mut, um die Hoffnung der Menschen aufrechtzuerhalten.

2002
Eigenhändig geschriebener Brief zum 80. Geburtstag von Don Giussani

An Monsignore Luigi Giussani,
Aus Anlass Ihres 80. Geburtstages möchte ich gemeinsam mit Ihnen, lieber Monsignore, dem Herrn für die zahlreichen Wohltaten danken, die Er Ihnen in diesen acht Jahrzehnten mensch­lichen und geistigen Wachstums erwiesen hat.
Gerne versichere ich Sie meiner höchsten Wertschätzung und Zuneigung und blicke mit Freude zusammen mit Ihnen auf wichtige Abschnitte in Ihrem Leben, um sie Maria anzuver­trauen, unserer himmlischen Mutter, die Sie allen als privilegierten Weg vor Augen gestellt haben, um Christus zu begegnen und Ihm treu zu dienen.
Dankbar blicke ich mit Ihnen auf Ihre Kindheit, gedenke dem Beispiel und der Hilfe Ihrer Eltern; den Jahren des Wegs zum Priestertum, während derer Sie Lehrmeister getroffen haben, die ihre menschliche und geistige Bildung sehr zu fördern wussten; der Lehre an Schule und Hochschule, bei der es zu Entstehung und Entfaltung der Bewegung von Comunione e Liberazione kam, sowie der darauf folgenden Jahre der raschen Verbreitung des von Ihnen gegründeten Werkes in zahlreichen Ländern. In erster Linie will ich jedoch ganz besonders die letzten von Krankheit gezeichneten Jahre hervorheben und Ihnen für das Zeugnis vertrauens­voller Fügung in den göttlichen Willen danken, die Sie unermüdlich für die Bewegung und die Kirche aufopfern. Der Herr und Geber alles Guten lasse Sie den Trost Seiner Gegenwart spüren und die Freude Seiner Liebe erfahren.
In meine Wünsche schließe ich auch Ihre Verwandten mit ein sowie die unzähligen Freunde und geistlichen Söhne und Töchter, die mit Ihnen feiern. Im Gebet verbunden erteile ich Ihnen sowie all Ihren Lieben gerne von Herzen meinen besonderen Segen.
Aus dem Vatikan, 7. Oktober 2002

Brief an Don Giussani zum 20. Jubiläum der Fraternität von CL
An Monsignore LUIGI GIUSSANI, Gründer der Bewegung «Comunione e Liberazione»
Wenn man das Leben und die Werke der Fraternität und der Bewegung in Gedanken zurückverfolgt, so ist der erste Aspekt, der einen berührt, die Bereitschaft, sich der Bedürfnisse des Menschen von heute anzunehmen. Der Mensch hört nie auf zu suchen: Mag sein Leben von dramatischer Gewalttätigkeit, von Einsamkeit und Bedeutungslosigkeit gekennzeichnet sein oder von Heiterkeit und Freude - er bleibt stets auf der Suche.
Die Bewegung wollte und will daher nicht einen Weg, sondern den Weg weisen, der zur Lösung dieses existenziellen Dramas führt. Dieser Weg ist, wie Sie so oft bekräftigt haben, Christus.
Christentum ist daher weniger ein System von Lehren oder eine Regel zur Erlangung des Heils, es ist vielmehr das «Ereignis» einer Begegnung. Hierin liegt die Intuition und Erfahrung, die Sie in diesen Jahren an so viele Personen weitergegeben haben, die am Leben der Bewegung teilgenommen haben.
Aus Anlass des dreißigsten Jahrestages der Entstehung von «Comunione e Liberazione» sagte ich euch schon vor Jahren: «Geht hinaus in die ganze Welt, um ihr die Wahrheit, die Schönheit und den Frieden zu bringen, denen man in Christus, dem Erlöser, begegnet.» (Rom, 29. September 1984, n.4). Am Beginn des dritten Jahrtausends der christlichen Zeit vertraue ich euch von Neuem mit Kraft und Dankbarkeit diese Aufgabe an.
Aus dem Vatikan, am 11. Februar 2002, dem Gedenktag Unserer Lieben Frau in Lourdes.

2004
50jähriges Bestehen von CL

An Monsignore Luigi Giussani, Gründer der Bewegung «Comunione e Liberazione»
Die göttliche Vorsehung hat in diesem halben Jahrhundert ein Werk hervorgebracht, das sich schnell in Italien und über die ganze Welt verbreitet und reiche Frucht zum Wohle der Kirche und Gesellschaft gebracht hat.
2. Ich wünsche Ihnen und allen Zugehörigen der Bewegung in besonderer Weise, dass das bedeutende Jubiläum für einen jeden zum Anlass wird, zu den Quellen der Erfahrung zurückzukehren, aus denen die Bewegung entstand, um die Begeisterung des Anfangs zu erneuern. Es ist sehr wichtig, dem ursprünglichen Charisma treu zu bleiben, um auf die Erwartungen und Herausforderungen der Zeiten wirksam antworten zu können.
Die ursprüngliche pädagogische Intuition eurer Bewegung besteht gerade darin, das christliche Ereignis auf faszinierende und der zeitgenössischen Kultur entsprechende Weise vorzuschlagen, es als Quelle neuer Werte zu verstehen, die in der Lage sind, der ganzen Existenz Orientierung zu verleihen. Es ist dringend nötig, dem Menschen zur Begegnung mit Christus zu verhelfen, damit Christus auch für den Menschen von heute zum letzten Grund seines Lebens und Handelns wird. Eine derartige Glaubenserfahrung bringt einen neuen Blick auf die Wirklichkeit hervor, eine Verantwortung und Kreativität, die alle Bereiche der Existenz erfasst: von der Arbeitswelt bis zu den familiären Beziehungen, vom sozialen Einsatz bis zur Inspiration von Kultur und Politik.
«Jesus Christus ist derselbe, gestern und heute und in Ewigkeit!» (Heb 13,8) (vgl. Novo millennio ineunte, 1). Aus diesem Bewusstsein heraus soll eure Bewegung weiterhin allen Menschen die Schönheit und die Freude der Begegnung mit dem Erlöser des Menschen verkünden. Sie soll entschieden die göttliche Barmherzigkeit verkünden und die bisweilen verzagte Menschheit daran erinnern, dass man keine Angst zu haben braucht, weil Christus unsere Zukunft ist.
Die Heilige Jungfrau, Lehrmeisterin und Urbild christlichen Lebens und der Hoffnung stets «lebendige Quelle», begleite euch dabei und schütze euch stets auf eurem Weg.
Vatikanstadt, 22. Februar 2004

2005
22. Februar
Die letzten Grußworte
Aus dem Brief zum Tod von Don Giussani

Ich danke dem Herrn für das Geschenk seines Lebens, das er ohne Vorbehalte hingab in der konsequenten Erfüllung seiner eigenen Priesterberufung, im beständigen Hören auf die Bedürfnisse des heutigen Menschen und im mutigen Einsatz für die Kirche. Sein gesamtes apostolisches Handeln könnte man in der offenen und entschiedenen Einladung zu einer persönlichen Begegnung mit Christus, der die vollständige und endgültige Antwort auf die tiefsten Sehnsüchte des menschlichen Herzens ist, zusammenfassen, die er an alle, die sich ihm näherten, zu richten verstand.
Don Giussani hat den überaus vielen Jugendlichen, die ihn heute als Erwachsene als ihren geistlichen "Vater" ansehen, die "Weggemeinschaft" Christi ans Herz gelegt.
Christus und die Kirche: hierin liegt die Zusammenfassung seines Lebens und seines Apostolates. Ohne jemals das eine vom anderen zu trennen.
Johannes Paul II.