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Briefe
Briefe Februar 2005
Zusammengestellt von Paola Bergamini


Die Teilnehmer der Wallfahrt zum 50-jährigen Berstehen der Bewegung kamen mit dem kleinen "Lieferwagen" von Pater Aurelio. Aber aus dem Auto, das in Europa für 7 und in Afrika für 18 Personen zugelassen wäre, steigen insgesamt 27 Jungen und Mädchen aus. Leider konnten die Freunde vom Westen der Elfenbeinküste und aus Burkina nicht kommen, da die Straße zu unsicher ist. Victor hat aber eine Grußkarte geschickt. Bei der letzten Straßensperre hatte die Polizei sie angehalten, aber wegen ihrer Freundlichkeit und ihres festen Willens nach Niandà zu kommen, ließ sie sich überzeugen und die Jugendlichen durften bis zum Stadtrand von Atepé, einem Ort in der Nähe der Hauptstadt Abidjan weiterfahren. Der Staat ist zwar vollkommen überwacht, überall Polizei und Militär, aber Pater Aurelio und die Seinen durften nicht fehlen. Es ist ein einfacher Gestus. Man betet den Rosenkranz, während man durch die Savanne geht, bis man die kleine Grotte der Jungfrau erreicht. Dann wird die Messe gefeiert und zu Mittag gegessen. Pater Paulo errinnert bei der Abfahrt an den Grund für diesen Gestus. 1954 ging don Giussani die Treppen des Berchet-Gymnasiums hoch; 2004 sind wir in Afrika, um eine Geschichte zu feiern, ein Leben, das uns alle einbezieht. Prisca singt Jesu dulcis memoria; man denkt sofort an Maria, aber auch an don Giussani, der uns immer wieder dazu aufgerufen hat, Jesus durch sie als gegenwärtig anzuerkennen. Es ist unvermeidlich, dass alle Teilnehmer an den Krieg denken, der uns umgibt, an den Frieden, den wir alle ersehnen, und an uns, die wir mit Maria gehen, dem Fundament unserer Hoffnung. Nach der Liturgie berichte ich von Loreto, von dem, was uns don Carrón aus diesem Anlass gesagt hat. Beim Mittagessen, bei dem wir auch die süßen Sachen verspeisen, die wir aus Italien mitgebracht haben, gibt es viele Fragen dazu, wie die Bewegung das Leben jedes Einzelnen immer mehr prägen kann. Die Bewegung als ein Ort der Gegenwart Christi, der dich auch in diesem geprüften Teil Afrikas erreicht, durch den Ort der Freundschaft zwischen ihnen allen. Pater Aurelio und die Seinen fahren wieder ab. Wenige Stunden später werden die Auseinandersetzungen beginnen... Unseren Freunden geht es gut. Die Muttergottes beschütze weiter die Bewegung und die Elfenbeinküste.
Marco Bertoli

Die Annahme der Möglichkeit
Als ich in der Spuren-Ausgabe vom Januar den Brief von Roberto aus Lugano las, kam mir die Idee, euch zu schreiben. Denn die ungläubige belgische Lehrerin gleicht einer Tante von mir, die auch nicht glaubt und an die ich mich einmal wandte, als ich Jugendliche war. Auch ich glaubte nicht und wollte sonntags nicht mehr zur Messe gehen. Aber meine Eltern zwangen mich dazu. Ich hoffte, dass meine Tante mich in meinem Fall unterstützen würde. Ich wusste, dass sie vor dem Zweiten Weltkrieg in die Kirche gegangen war und sogar im Kirchenchor mitgesungen hatte. Aber da mein Vater und mein Großvater sie auch zum Singen in den Kreis der Sozialisten mitnahmen, sagte ihr eine Ordensschwester: "Du musst dich entscheiden, entweder der Kirchenchor oder diese Verbrecher von Sozialisten!" Und sie hatte sich für ihre Familienangehörigen, die Sozialisten entschieden. Aber als meine Tante von meiner Ungläubigkeit hörte, zeigte sie mir den Sonnenuntergang auf dem Meer und sagte mir, dass sie sich noch immer frage, ob es da wirklich niemanden gäbe, der das gemacht hat. Sie empfahl mir, nicht aus Faulheit aufzuhören in die Kirche zu gehen, sondern nur aus ernsthaften Gründen. Nach einigen Monaten wurde ich zu GS eingeladen. Da jene, die mich einluden, mir gefielen und die Themen ihrer Treffen mich interessierten (der Krieg in Vietnam, das Studium) begann ich dort hinzugehen. Aber ich fühlte mich unwohl. Sie gingen jeden Tag in die Messe, während ich weiterhin nicht glaubte... Während ich ihnen folgte, erklärten sie mir nach und nach, dass es zwei Möglichkeiten gibt: Entweder es gibt für niemanden einen Gott, auch nicht für meine Freunde oder es gibt ihn, und in diesem Fall gibt es ihn auch für uns "Ungläubige". Daher begann auch ich mit dem Versuch, mich an ihn zu wenden, wie zu Zeiten der Erstkommunion. Jahre später wurde mir bewusst, dass ich den Weg eingeschlagen hatte, den don Giussani "die Annahme der Möglichkeit" nennt.
Gabriella

Rock-Unterricht
Lieber don Gius,
ich bin in der letzen Klasse des Gymnasiums von Castellammare del Golfo, einem kleinen Ort in Sizilien. Ich möchte dir von den "Wundern" erzählen, die in den letzten Tagen in meiner Schule geschehen sind! Alles begann mit der ersten Versammlung der Schule, in der alle nach einem Thema für die "Woche des Schülers" suchten, die jedes Jahr in meiner Schule stattfindet. Ich schlug mit der Unterstützung meiner Freunde von GS eine Arbeit über "50 Jahre Rock" vor. Ich tat es in ersten Liene, weil ich während des Meetings in diesem Jahr von der Ausstellung Good Rockin' Tonight begeistert war und weil ich glaubte, dass es den Geschmack der Schule treffen würde... und so war es! Einige Tage später erreichte mich zu meiner großen Überraschung ein Anruf: Walter Muto, der zusammen mit anderen die Ausstellung organisiert und betreut hatte, kam nach Sizilen herunter... wie kann man sich solch eine Gelegenheit entgehen lassen?! Daher entschieden wir, ihn in unsere Schule einzuladen, um ein Konzert mit anschließender Begegnung über den Rock zu veranstalten. Ich spach mit dem Schülersprecher darüber. Und er sagte mir zu meiner Überraschung, dass ihm die Sache gefalle. Er machte sich sogar zum Wortführer der Initiative gegenüber dem Schulleiter, ohne dass ich ihm irgendetwas gesagt hatte... Ich nahm Verbindung zu Walter auf und er sagte zu. Alles schien glatt zu gehen, bis zwei Tage vor der Begegnung etwas Unerwartetes geschah. Der Schülersprecher verkündete, dass auf einmal nichts mehr stattfinden werde! All das erschien mir ein wenig absurd. Aber das einzige, was ich in diesem Moment tun konnte und auch tat, war mich der Gottesmutter anzuvertrauen. So begann ich zusammen mit meiner Mutter und meiner Schwester den Rosenkranz zu beten.
Es gelang uns, den Schulleiter zu überzeugen und die Begegnung dennoch zu ermöglichen. Walter kam zusammen mit "Großvater" Luciano und am Morgen des 4. Dezember fand die Begegnung über den Rock statt. Die ganze Schule war da und hörte still zu. Die Jugendlichen hörten zu, weil es eine andere Art war, die Musik, das Leben anzugehen. Walter sprach anhand beispielhafter Ausschnitte über alles und wies darauf hin, dass das, was er sagte, wahr sei, weil der Ursprung aller Dinge, Christus, auch unsere Erfüllung ist, also das, wonach sowohl ich als auch meine Kameraden und die Schüler sich sehnten. Ich wünsche mir jetzt, dass meine Kameraden und die Jugendlichen sich dieser "Sehnsucht" bewusst werden, wie ich mir dessen bewusst wurde!
Marta, Castellammare del Golfo

Der Italienischkurs
Lieber don Giussani,
vor einigen Jahren haben die Schwestern der Unbefleckten Empfängnis, ein Orden, der in Indien entstanden ist, in meiner Gemeinde ihr erstes Haus eröffnet. Die größte Schwierigkeit war für sie die Sprache. Daher bot ich ihnen an, ihnen dabei zu helfen, auch wenn ich keine Lehrerin bin. Die Italienischkenntnisse wurden durch eine schöne Freundschaft verstärkt. Auf die Fragen nach meinem Leben sprach ich spontan von dir, von uns, von unserer Freundschaft. Als dann Schwester Francesca hinzukam, die ein wenig mehr Italienisch konnte, dachte ich daran, einige "Sprachübungen" aus Spuren christlicher Erfahrung zu machen. Francesca war sofort sehr neugierig und entschlossen, uns besser kennen zu lernen. Mit Unruhe habe ich sie zum Seminar der Gemeinschaft begleitet, aber es zeigte sich sofort, dass sie in der Lage war, das Herz der Frage aufzugreifen, so wie sie auch sofort zusagte, zur Wallfahrt nach Loreto zu kommen. Sie war sehr enttäuscht, dass es ihr nicht gelungen war, in der Basilika zu beten. "Es ist so, als wenn man für kurze Zeit nach Hause kommt und nichtmals die eigene Mutter umarmen kann", sagte sie, "aber ich bin froh, mitgekommen zu sein, denn es war eine außergewöhnliche Erfahrung, vor allem war es außergewöhnlich, eure Einheit zu sehen." Einige Tage nach der Wallfahrt wurde sie plötzlich und endgültig nach Indien zurückgerufen. Als wir sie verabschiedeten, sagte sie uns: "Ich habe inzwischen schon das Gefüh,l zu eurer Bewegung zu gehören, ich bin von Befreiung und Gemeinschaft." "Nein" - erwiderte ich - "wir nennen uns Gemeinschaft und Befreiung". "Stimmt" , sagte sie, "denn erst komt die Gemeinschaft und dann die Befreiung. Wie dem auch sei, ich werde Personen von eurer Bewegung in Indien suchen, denn ich will diese Begegnung fortsetzen und ich werde auch mit euch in Verbindung bleiben, denn ihr habt mir viele Dinge mitgeteilt und geholfen, meinen Glauben zu vertiefen". Was die Sprache ihr nicht zu sagen vermochte, erlaubte ihr das Herz und ihre Verfügbarkeit, sich von der Wirklichkeit herausfordern zu lassen. Ich danke dem Herrn, der mich wieder einmal seine Großmütigkeit mit den Händen erfassen ließ.
Claudia, Casorate Primo

Termin beim Zahnarzt
Lieber don Giussani,
vor 12 Jahren bin ich der Bewegung begegnet. Mein Leben hat sich von da an fortlaufend gerändert. So habe ich das brühmte Hundertfache am eigenen Leib erfahren dürfen. Eine geliebte Frau und vier Kinder sind in der Folge die Alltäglichkeit eines Lebens geworden, das ansonsten platt und ohne Hoffnung verlaufen wäre. Klar, die Tage sind intensiv, aber in letzter Zeit beginne ich immer mehr, den Wert einer Gemeinschaft zu genießen, die mich erzieht und mich mit liebender Fürsorge begleitet. Bestimmte Gesichter und gewisse Orte stellen für mich keinen Rettungsanker dar, sondern einen sanften und entschiedenen Antrieb auf die tägliche Wirklichkeit hin. Wie dem auch sei, in letzter Zeit war dieser Blick verblasst, und die Gnade der Begegnung war zum Anspruch der Dinge geworden, die ich habe und verdiene. Dann bekam ich eines Tages Zahnschmerzen und suchte einen Zahnarzt, der samstags geöffnet hatte, und begegnete einem Menschen, der weit von meiner Lebensart entfernt war. Mir ist noch nie ein so liebenswürdiger Mensch begegnet. Er war neugierig und hatte einen ehrlichen und vorurteilsfreien Blick. So fragte er mich unvermittelt: "Sind Sie von CL?" Na klar, wir waren in voller Meeting-Vorbereitung und das T-Shirt war dabei fast zu einer zweiten Haut geworden. Wir haben uns dann über unsere Ansichten ausgetauscht, über die Erfahrungen, das Christentum zu leben. Am Ende fragte er mich: "Lassen Sie es mich wissen, wenn Sie etwas Interessantes organisieren." Nach einigen versäumten Gelegenheiten habe ich ihn dann schließlich eingeladen: "Kommst du zu dem Fest, das wir mit den Fischern organisiert haben?" Er antwortete entschieden: "Ja, kann ich meinen Sohn mitbringen?" Zwei Tage später war es dann soweit. Er lernte die Leute kennen, ich stellte ihm meine Freunde vor. Er selbst wirkte wie jemand, der endlich gefunde hatte, was er suchte. Ich selbst hatte mich in Oberflächlichkeiten verloren. Aber seine Reaktion rief mich wieder wach und ließ mich erneut erkennen: "Ja, diese Sache ist wirklich für mich."
Alessandro, Rimini

Auf der Petrus-Barke
Liebe Freunde von Spuren,
ich bin 12 Jahre alt und kurz nach meiner Rückkehr von dem Versprechen auf Amalfi mit der Petrus-Barke von Rom habe ich den Bericht über die Gruppen der Mittelstufe gelesen. Über alle Dinge, die in diesem Bericht geschrieben stehen, hatten wir in diesen zwei Tagen auf Amalfi mit don Marcello gesprochen. Es hat mich gefreut festzustellen, dass Spuren nicht nur eine Zeitung für Erwachsene ist. Das nächste Mal solltet ihr jedoch auch uns in Rom, dem Kernpunkt des Christentums, eine Seite widmen und nicht nur den Suchern des Graal. Ich warte auf einen Artikel über uns Jugendliche aus der Mittelstufe, auch über das Versprechen auf Amalfi.
Caterina, Roma

Wohin strebt mein kurzes Wandern?
In der Nacht vom 16. auf den 17. Januar ist Stefano Lesma gestorben. Der verdunkelte Geist schafft es nicht zu begreifen, was das bedeutet. Vorher war er da, und nun ist er nicht mehr da - zumindest physisch. Viele von uns kannten ihn nur vom Sehen. Aber bei der Messe war fast die ganze Schule anwesend. Warum? Ein Gedanke trifft uns wie ein Stachel: Das hätte auch ich sein können. Sind wir Menschen wirklich so zerbrechlich? Ist die Grenze zwischen unserem Sein und Nicht-Sein wirklich so schmal? Sind wir wirklich so gering, dass wir in einer Nacht weggerissen werden, ohne Vorankündigung, ohne wenigstens Zeit zu haben, uns dessen bewusst zu werden? Stefano, das sind du und ich. Sein Tod hat uns gezeigt, dass wir auch dies sind: unendlich armselig. Fähig zu großen Heldentaten, aber machtlos angesichts des Todes. Was bedeutet meine Leidenschaft für Dante, meine Liebe zu meiner Mutter und meinen Freunden, die Mühe und Freude zu wachsen, wenn ich dann innerhalb einer Nanosekunde vom Angesicht der Erde weggefegt sein kann? «Wohin zieht mein kurzes Wandern?» Wir wissen nicht, warum Stefano gestorben ist. Aber wir haben einen Ort, wo wir all unsere Fragen hintragen können. Er heißt Kirche, es ist die Gemeinschaft Christi. Wir haben keine Antwort, die dieses Problem zum Schweigen bringt. Aber wir spüren, dass die Antwort Christus ist. Und das bedeutet nicht, die konkrete Frage nach dem Warum? auszublenden, sondern den Beginn einer Antwort ernst zu nehmen. Einen Anfang, der die Ewigkeit verspricht. Denn Christus ist für mich gestorben, um mir zu zeigen, dass meine Sehnsucht nach Leben nicht verraten wird, dass ich nicht zu einem Nichts werde. Und daher wissen wir mit Gewissheit, auf wen unser Weg auf Erden zuläuft. Er heißt Christus, einer der nur auf unser Ja wartet, um mit uns zu gehen, durch ganz präzise Gesichter. Die Kirche sind wir: jene, die spielen, Ski fahren, singen, essen und zusammenleben. Und jene, die jetzt beginnen aufzuerstehen, finden sich verändert, fähig zu lieben und das Leben zu genießen. Das ist der Grund, warum die menschlichste und sogar einzige Art vor diesem Tod aufrecht mit offenen Augen und festen Blick zu stehen, die Feier der Messe an jenem Montagmorgen war. Denn der Blick war auf eine Gegenwart gerichtet, nicht auf eine Abwesenheit, die der Tod ist. Eine Gegenwart, die man bittet und mit der man geht. Sie heißt Christus. Und sie wartet nur auf ein Ja.
Viola, Carate Brianza

Druckfehler
In dem Kasten über das Leben von Robert Schumann in der Spuren-Ausgabe vom Dezember 2004 ist Luxemburg irrtümlich mit der Region Elsass verbunden worden, obwohl es sich in Lothringen befindet. Für dieses Versehen bitten wir unsere Leser um Entschuldigung.