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Trivolzio - Heiliger Riccardo Pampuri
Zehn Jahre Wunder und Gebete eines Volkes
Renato Farina

Don Giussani verehrt den heiligen Arzt der Barmherzigen Brüder in besonderer Weise. In den vergangenen zehn Jahren trafen Gebete, Bitten und Nachrichten über Wunder aus der ganzen Welt ein. Jeden Sonntag füllt sich die Kirche mit Pilgern. Es begann alles mit einem Brief, der in Tracce erschien.

Es ist wie an jedem Sonntag in den vergangenen zehn Jahren. Gegen 10.30 Uhr und am späten Nachmittag stauen sich die Autos an der Zahlstelle Bereguardo-Pavia Süd der Autobahn Mailand-Genua, dort wo man in der Ferne einen Glockenturm in der schönen Landschaft erblickt. Ziel ist das kleine Dorf Trivolzio mit etwas mehr als tausend Seelen. Offensichtlich gibt es hier etwas, das die Menschen anzieht. Es ist zwar kein Markt, aber so etwas Ähnliches. Auffällig sind vor allem die Gesichter der Menschen, die man hier trifft. Sie sind offen und gespannt darauf, mit jemandem über ihre größten Wünsche "zu handeln" und sich ihm ganz anzuvertrauen. Es ist so, als habe sie ein aufmerksamer Hausherr dazu verpflichtet, die unsichtbare Rüstung abzulegen, mit der man sich vor dem Staunen schützt.
An der Tür der Kirche aus dem sechzehnten Jahrhundert, die den heiligen Cornelius und Cyprian geweiht ist, heißt uns Don Angelo Beretta willkommen. Und schon fällt der Blick auf ein großes Kristallreliquiar. Dort liegen die sterblichen Überreste von Riccardo Pampuri, aufgebahrt in der schwarzen Soutane der Barmherzigen Brüder und mit einer Silbermaske auf dem Gesicht. Es ist der Leib eines Toten, aber alle wissen, dass der Tod die Wiedergeburt einschließt. Beim heiligen Riccardo Pampuri wird dies ganz deutlich.
Die Pilger können ihre Bitten in Bücher, die zu diesem Zweck ausliegen, eintragen. Und dafür sind sie bereit, Schlange zu stehen. Man feiert die heilige Messe, spricht das Gebet zum heiligen Riccardo und küsst die Reliquie. In einem Nebenraum befindet sich das Museum, wo private Gegenstände und Kleidungsstücke des Heiligen zu sehen sind. Hier kann man auch Devotionalien wie kleine Bilder und Rosenkränze kaufen. Doch hier geschieht mehr als museale Betrachtung: Hier begegnet man dem Heiligen.

Die "abgeriebene" kleine Medaille
Auch der Autor gehört zu den Pilgern. Diese Einmaligkeit des Katholizismus beeindruckt jeden: Man ist allein mit Gott, und doch ein Volk. Dies wird deutlich beim Lesen der Fürbittgebete, die bereits 143 große Bände füllen - hinzu kommen natürlich die ungeschriebenen.
In diesem Jahr feiert diese religiöse Wiedergeburt oder das "goldene Mittelalter", kaum zwanzig Autominuten vor den Toren Mailands, sein zehnjähriges Jubiläum. Die Anfänge gehen auf einen Brief zurück, der im Februar 1995 in Tracce erschien. Cristina Bologna erzählt darin gemeinsam mit einigen Memores, die in der Gegend wohnen, von ihrem Besuch beim heiligen Riccardo. Sie bittet um eine Gnade für eine Freundin, die an Krebs erkrankt ist. Dabei berühren sie auch mit einem Bild des Heiligen sein Gewand, das er trug, als er in einer Kappelle betete. "Diese Geste bringt die Bitte zum Ausdruck. Es ist kein Fanatismus. Wir wollen nur konkret sein", erläutert Laura, die Cristina dazu rät. Als man der kranken Freundin das Bild gibt, verschwindet jedes Zeichen der Krankheit. So etwas kann passieren. Es ist nicht unbedingt ein Wunder sozusagen im technischen Sinne des Wortes. Aber die Heilung ist sicher. Tracce berichtet darüber auf Anraten von Don Giussani. Er ist Riccardo Pampuri, den Papst Johannes Paul II. 1989 heilig sprach, seit- dem zutiefst ergeben. Pampuri war ein junger Hausarzt, der zunächst unter Jugendlichen wirkte und später den Barmherzigen Brüdern beitrat. Was waren seine Werke? Die Nächstenliebe: "immer Gottes Willen folgen", "immer große Wünsche haben".
Auch ich bin Zeuge eines Wunders, der Umwandlung eines Ortes von Schmerz und Tod in etwas Wiedergeborenes. Ende 2000 wurde mein Vater Guido mit Krebs ins Krankenhaus von Desio eingeliefert. Die Ärzte geben keine Hoffnung. Von starkem Glauben aber nicht besonders gottesfürchtig geht er in den folgenden Monaten mit seiner Familie zum heiligen Riccardo und wird davon tief ergriffen.
Daraufhin änderte sich auch das Leben in seinem Krankenzimmer, wo Patienten im Endstadium liegen. Unter ihnen sind auch Atheisten und ein Muslim. Wenn einer starb, beteten sie noch, bevor der Krankenpfleger erschien, das Requiem und das Gebet zum heiligen Riccardo. Bislang hatte ich Ähnliches nur in Kalkutta gesehen, im Haus der Sterbenden von Mutter Teresa: das neue Leben im Tod.

Der "Wächter" vom heiligen Riccardo
Don Angelo Beretta wacht über die Bewegung, die um den heiligen Riccardo entstanden ist. Er berichtet, wie sich der Ruhm des Heiligtums bereits in der Welt verbreitet hat, weit über die Grenzen von CL und sogar der katholischen Kirche hinaus.Von überall rufen Menschen an, um sich den Weg erklären zu lassen oder um ein Gebet zu erfragen. Jetzt erzählt er mit Dankbarkeit: "Während wir darüber nachdachten, ob es möglich wäre, eine Veranstaltung zur Hundertjahrfeier der Geburt des heiligen Riccardo im Jahr 1997 zu organisieren, wurde ich eines Samstagmorgens im Februar 1995 in die Kirche gerufen und fand sie voller Leute vor. Man sagt mir: ,Der heilige Riccardo hat ein Wunder bewirkt'. Sicherlich hat der heilige Riccardo Wunder bewirkt, sonst wäre er kein Heiliger. Die Leute, die in der Kirche sind, gehören zu CL und zeigen mir eine Ausgabe von Tracce, in der über das Leben unseres Heiligen und ein Wunder berichtet wird, das er gerade bewirkt hatte. Von jenem Augenblick an begannen viele Leuten nach Trivolzio zu pilgern. Samstag abends gibt es sehr viele Jugendliche und am Sonntag kommen Familien mit vielen Kindern. Einige von CL kannten bereits den heiligen Riccardo. Hier in der Nähe, in Coazzano, gibt es ein Haus der Memores, das seit langer Zeit dem seligen Riccardo Pampuri gewidmet ist, und Lorenzo Frugiuele, der ein Leben in Versen vom heiligen Riccardo geschrieben hat, kam schon vor 1995 hierher, um ihn um Beistand in seiner Krankheit zu bitten. Don Giussani hatte ihm dies empfohlen."

Die Überraschungen Gottes
Don Beretta erzählt weiter: "Ich gehörte nicht zu CL, hatte aber von Don Giulio Bosco, einem Freund des Seminars, der im jungen Alter in den Bergen gestorben ist, davon gehört. Ich bin überzeugt, dass wir auf das, was Gott unter uns wirkt, aufmerksam sein müssen, und das Gute fördern sollten, auch wenn wir es nicht organisiert haben. Ich bin Monsignore Giussani begegnet, als er das erste Mal kam, um die heilige Messe beim heiligen Riccardo zu feiern. Ich ging auf die Piazza der Kirche und sah ihn ankommen. Es war das erste Mal, dass ich ihm begegnete. Dennoch schien es mir nach wenigen Worten, als würden wir uns schon immer kennen. Nach der Messe kam er ins Jugendzentrum der Pfarrei, trank Kaffee ohne Milch, aber mit einem Gläschen Schnaps. Wir sprachen und ich fühlte mich wirklich wohl. Danach fragte er mich, warum ich nicht den Meierhof neben dem Kirchplatz kaufe, der gerade unbewohnt war, um eine Herberge für Pilger daraus zu machen. Ich war verblüfft. Aber er machte mir Mut und sagte: "Ich schicke dir das Geld für die Anzahlung". Das überraschte selbst seine Begleiter. So entstand das Herbergs- und Begegnungszentrum, wo man auch Versammlungen halten kann. Wir hoffen zumindest, den ersten Anbau im Mai eröffnen zu können. Mein besonderer Dank gilt dabei Antonio Intiglietta, Saverio Valsasnini und Mauro Berti." Der heilige Riccardo ist immer sehr praktisch und das sind auch jene, die seine Mission weiterführen. Ich frage Don Angelo nach einer Überschrift für die vergangenen zehn Jahre. Er seufzt, während er auf die Uhr schaut und gerade die Gläubigen zum Sitzen auffordert, und sagt dann: "Die Überraschungen Gottes?".