Erziehung
Erziehung - Beitrag zu einer Erfahrung
In seiner Ansprache an die italienischen Bischöfe hat der Papst "den Kernpunkt
der großen Herausforderung der Vermittlung des Glaubens an die jungen
Generationen" aufgezeigt. Es gehe darum, die Jugend zu dem Verständnis zu
erziehen, dass "der Glaube nicht etwas ist, das wir zur Last des Lebens
hinzufügen, sondern die Perle, die es zu entdecken gilt, ein Faktum, das das
Herz eines jeden verwirklicht."
Dieser Vorschlag bietet die Möglichkeit, eine ganze Generation dem drohenden
Nichts zu entreißen. Denn sie sind der Gefahr ausgesetzt, ein Spiel der Wellen
zu werden, hin und her geworfen vom Widerstreit der Meinungen, wie es Paulus
ausdrückt.
Spuren hat Jugendliche und Erwachsene in aller Welt dazu ermutigt, sich
mit den Worten von Papst Benedikt XVI. auseinanderzusetzen. Im Folgenden geben
wir die Worte von Benedikt XVI. wieder, in denen er die ganze Kirche in dieser
Aufgabe in die Pflicht nimmt, sowie einen Beitrag über die Erfahrung, die vor
50 Jahren begann, um auf diese erzieherische Herausforderung zu antworten.
"In der Tat sind die Jugendlichen, wie Johannes Paul II. es wiederholt
bekräftigt hat, die Hoffnung der Kirche, aber in der heutigen Welt sind sie
auch besonders der Gefahr ausgesetzt, "ein Spiel der Wellen zu sein, hin und
her getrieben von jedem Widerstreit der Meinungen" (Eph 4, 14). Sie brauchen
daher Hilfe, um im Glauben zu wachsen und zu reifen: Dies ist der erste Dienst,
den sie von der Kirche empfangen müssen, und besonders von uns Bischöfen und
unseren Priestern. Wir müssen sie verstehen lassen, dass der Glaube nicht etwas
ist, das wir zur Last des Lebens hinzufügen, sondern die Perle, die es zu
entdecken gilt und somit ein großartiges Geschenk, auf das sie ein Recht
besitzen. Es ist unsere Pflicht, sie dabei zu unterstützen, diese Perle kennen
zu lernen und den Wert des Glaubens zu entdecken, der uns für das Licht Gottes
öffnet. Wir wissen sehr wohl, dass viele von ihnen nicht in der Lage sind,
sofort die gesamte Lehre der Kirche zu verstehen und anzunehmen, aber genau
deshalb ist es wichtig, in ihnen wieder die Absicht zu erwecken, mit der Kirche
zu glauben, das heißt die Zuversicht, dass diese Kirche, die vom Geist beseelt
und geleitet wird, das wahre Subjekt des Glaubens ist. Wenn wir uns in sie
eingliedern, treten wir in die Gemeinschaft des Glaubens ein und haben an ihr
teil.
Auch wenn ein Einzelner nicht alles versteht, tritt er in die Gemeinschaft mit
der Kirche ein, will mit der Kirche glauben und ist so auf dem gemeinsamen Weg
mit der Kirche, mit dem Herrn selbst.
Damit dies geschieht, müssen sich die Jugendlichen von der Kirche geliebt
fühlen, und zwar konkret von uns Bischöfen und Priestern. So können sie in der
Kirche die Freundschaft und Liebe spüren, die der Herr für sie hat. Sie werden
verstehen, dass in Christus Wahrheit und Liebe dasselbe sind, und sie werden
ihrerseits lernen, den Herrn zu lieben und seinem Leib, der Kirche, zu
vertrauen. Heute ist dies, liebe italienische Brüder im Bischofsamt, der
zentrale Punkt für die große Herausforderung der Weitergabe des Glaubens an die
jungen Generationen."
Papst Benedikt XVI.
(Aus der Ansprache von Benedikt XVI. an die Teilnehmer der 54.
Vollversammlung der italienischen Bischofskonferenz -
Synodenaula, Montag, 30. Mai 2005)
Die Ansprache des Papstes über die Erziehung der Jugendlichen - eine Erziehung,
die sich dadurch auszeichnet, dass man sich gemeinsam auf den Weg macht -, hat
in mir einige Gedanken hervorgerufen. Sie verbinden sich etwas mit dem, was ich
bereits aus dem Buch des damaligen Kardinals Ratzinger Glaube, Wahrheit,
Toleranz gelesen und meditiert habe, und den Aussagen von Monsignore Giussani
in seinem Buch Das Wagnis der Erziehung.
Ratzinger schreibt: "Der Glaube ist kein Gebilde ... Er ist ein Weg, und einen
Weg erkennt man nur, indem man ihn einschlägt und ihm folgt". "Der Weg, der
alleinige Weg" ... hätte Monsignore Giussani wiederholt.
Aber wie deutlich ist der Hinweis auf die vom Papst erwähnten Schwierigkeiten,
denen die Jugend begegnet, und das Bedürfnis der Zugehörigkeit zur Kirche in
ihren verschiedenen Ausdrucks- und Erscheinungsformen, was zum Beispiel eine
Bewegung sein kann, in den Schriften eines jeden gegenwärtig.
Wenn ich all das mit dem Umfeld vergleiche, in dem ich hier in Sierra Leone
lebe, zu einer Zeit des langsamen Wiederaufbaus eines Volkes, das Mühe hat, auf
die Beine zu kommen, werde ich mir der Massen von Jugendlichen bewusst, denen
es an Vorbildern mangelt, denen sie nachfolgen können. Gegen zwei Uhr
nachmittags wird Freetown vom bunten Strom der Schüler in ihren Uniformen
überflutet, die nach Hause gehen. Nach Hause ... doch wo ist der Vater, wo die
Mutter? Es ist nutzlos, nach einer Antwort zu suchen, denn das ist der Grund
für die Führungs- und Haltlosigkeit der Jugend. Die Kirche müsste zwar die
Alternative sein, aber in Anbetracht der Präsenz der Kirche, ist diese Aufgabe
unverhältnismäßig groß.
Doch haben diese Jugendlichen das Bedürfnis, begleitet zu werden. Genau das
versuchen wir im "Family Homes Movement", wobei wir uns an den erzieherischen
Schriften Monsignor Giussanis orientieren, die so sehr mit dem Denken des
Papstes übereinstimmen. Wir bemühen uns, die Jugendlichen im Zusammenleben "die
Freundschaft und Liebe, die der Herr für sie hat, erfahren zu lassen, so dass
sie verstehen, dass sich in Christus die Wahrheit mit der Liebe verbindet, und
sie lernen, den Herrn ihrerseits zu lieben und Vertrauen zu haben in seinen
Leib, der die Kirche ist."
Es ist schon einige Zeit her, seit wir angefangen haben, zusammen mit ihnen
diesen Weg zu gehen. Und dieser Weg erscheint lang und beschwerlich, nicht nur
aufgrund vieler interkultureller Faktoren, sondern vor allem wegen des schweren
Erbes von zehn Kriegsjahren, die alle sozialen Netze zerstört haben. Es ist
"der Wert des Glaubens, der uns für das Licht Gottes öffnet", der uns Hoffnung
gibt und uns die nicht immer einfache Nächstenliebe des Zusammenlebens üben
lässt. Es sind die göttlichen Tugenden, die uns die Aussicht auf eine bessere
Welt ermöglichen und unsere Beharrlichkeit, Ihn zu suchen, aufrechterhalten.
Wir sind dazu fähig, auch wenn das alles nicht zu verstehen ist, nicht nur für
die Jugendlichen, sondern auch für uns, obwohl wir einen Glaubensschatz auf den
Schultern tragen, auch für uns, die wir bereits jetzt ein gutes Stück des Weges
zurückgelegt haben müssten. Bis jetzt fehlt es uns nicht an Mut, auch wenn ich
nicht genau weiß, ob wir es sind, die die Jugendlichen ermutigen, oder die
Jugendlichen uns ermutigen durch ihren Enthusiasmus, der sie antreibt.
Bepi Berton, Priester im Missionarsdienst, Sierra
Leone
Wie kann ein Jugendlicher heutzutage, angesichts des herrschenden Nihilismus
und Skeptizismus, Jesus begegnen und ein wahres religiöses Leben in der
Auseinandersetzung mit der Wirklichkeit erfahren? Wie kann er die Einheit mit
der Kirche leben und sein ganzes Leben mit der christlichen Gemeinschaft
teilen? Diese Fragen stelle ich mir jedesmal, wenn ich mich umschaue und mir
der riesigen Lüge von Seiten des Staates gewahr werde oder wenn ich sehe, welch
großen Einfluss die allgemeine Mentalität auf die Jugend ausübt. Es ist eine
Mentalität, deren Ideale für die Person zerstörerisch sind. Um glücklich zu
sein, brauchst du nur ein Handy, möglichst das einer ausländischen Firma, und
ein hohes Gehalt. Viele Freunde von uns, die die Bewegung durch die Priester,
die vor rund zehn Jahren nach Kasachstan gekommen waren, noch in der Schule
kennen lernten, haben nun angefangen zu arbeiten. Dies bringt viele neue
Risiken für sie mit sich. Einerseits versucht die herrschende Macht, wie Don
Giussani geschrieben hat, die "Persönlichkeit einzuschränken", andererseits
wird unser Wunsch nach dem Unendlichen unter der Flut der alltäglichen Wünsche
allmählich verschüttet. So müssen wir mit einer Bitte und zugleich einer Wunde
im Herzen zuschauen, wie einige von ihnen sich von der Gemeinschaft entfernen
und einen anderen Weg einschlagen, indem sie ihren Wunsch nach dem Unendlichen
mit Ersatzantworten befriedigen. Nur das Grundbedürfnis nach Wahrheit, Glück,
Gerechtigkeit und Liebe siegt über diese Gefahren, denen die Jugend ausgesetzt
ist. Der "Reichtum des Armen" siegt über das Reich der Lüge. Benedikt XVI.
sagt: "...die Jugendlichen müssen sich von der Kirche geliebt fühlen", damit
sie bewusst und leidenschaftlich diesen Mangel, dieses Bedürfnis, diesen Durst
nach Gott spüren können. Das ist die einzige wahre Methode jeglicher Erziehung.
So versteht man, dass wir Erwachsene in erster Linie in der Wegbegleitung ganz
und gar eingebunden sein müssen, die uns die Möglichkeit zur Erfahrung einer
wirklichen Begegnung ermöglicht hat. In der Zugehörigkeit zur christlichen
Gemeinschaft gilt es, alle Umstände vorbehaltlos zu leben und alles durch den
Glauben zu beurteilen. So bezeugt man vor den Jugendlichen eine menschliche und
erfüllte Art und Weise, die Wirklichkeit zu leben. Wir selbst sollen der
Gemeinschaft anhängen, um dabei die Jugendlichen mit einer väterlichen Liebe,
mit einer Gewissheit und Wahrheit herauszufordern, die eine vom Glauben
geprägte neue Mentalität in ihnen aufkeimen lässt.
Lyubov Khon, Lehrerin, Kasachstan
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