Editorial
Das Meeting der Freiheit
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Vielleicht gibt es dieses Jahr einen Grund mehr, um Ende August das Meeting in
Rimini zu besuchen. "Die Freiheit ist das größte Gut, das der Himmel den
Menschen geschenkt hat", lautet der Titel. So wird das Meeting für alle
Besucher und jeden, der von sich sagt, dass er die Freiheit liebt, eine
Herausforderung sein. Während einer ganzen Woche wird dieses Zitat aus
Cervantes Don Quijote die Möglichkeit bieten, die wahre Bedeutung der Erfahrung
von Freiheit und ihres Geschenkcharakters zu erweitern und zu vertiefen.
Allerdings wird dies wohl weniger nach der Art gewisser Meinungsmacher
geschehen, die vor allem darüber reden und plaudern. Und ebensowenig nach der
Art eines bestimmten führenden italienischen Politikers, der die Ablehnung des
Gesetzes zur künstlichen Befruchtung durch die Italiener bei der jüngsten
Volksabstimmung mit folgenden Worten kommentierte: "Das Bewusstsein des Landes
ist eigentlich weiter, als aus der Abstimmung hervorgeht. Es ist moderner,
laizistischer und ziviler." Nachdem er seine ganze Autorität auf das "Ja"
gestützt hatte, warf er nun jenen 75 Prozent der Wähler, die sich dagegen
entschieden hatten, vor, sie seien nicht hinreichend laizistisch, modern und
zivil und daher weniger fortschrittlich als jene Elite, die unter dem Begriff
"Bewusstsein der Nation" agiert. Was rechtfertigt dieses tiefe Misstrauen
gegenüber der Freiheit der Personen, sich für das Richtige zu entscheiden und
zu wählen?
Freiheit als Kernfrage der Gegenwart
Es gibt eine Frage, die sich wie ein roter Faden durch viele aktuelle Fragen
der Welt von heute zieht, vom Problem der Demokratie, der europäischen Einheit
und der Kriege, bis hin zum Schicksal der Familie, der Erziehung und der
Arbeit. Ebenso sind viele Verwirrungen im persönlichen wie im öffentlichen
Leben von dieser Frage geprägt. Es ist eine Frage, auf die jeder eine ganz
persönliche Antwort gibt: Was ist die Freiheit? Oder genauer: Was denkst du
oder was machst du, um frei zu sein?
Im Leben als Bürger und privat spricht man weiterhin über die Freiheit als ein
Recht und eine Errungenschaft. Und das ist zutreffend. Tatsächlich ist sie die
wertvollste Sache: Für sie kämpft man und wird man immer kämpfen. Aber in ihrem
Namen häufen sich auch viele Konfusionen und Ansprüche, die die Menschen
lediglich zu Sklaven des gerade vorherrschenden Trends machen.
Die Freiheit kann man aber nur erfahren, wenn man freien Menschen begegnet, und
das erlaubt es dann auch, über sie zu sprechen. Man beginnt ihr Wesen zu
verstehen, indem man sich auf Personen einlässt, denen sich das
Eigenschaftswort "frei" in Herz und Blick eingeprägt hat. Genau das hat auch
der betont, der auf Erden die Freiheit am meisten gelebt hat: "Wenn ihr in
meinem Wort bleibt, dann werdet ihr wirklich meine Jünger sein; und ihr werdet
die Wahrheit erkennen und die Wahrheit wird euch frei machen." Und die Wahrheit
ist für Jesus von Nazareth keine Formel, die es in Einsamkeit zu studieren
gilt. Sie ist eine Gabe, etwas, das größer als die Interessen jedes Einzelnen
ist, etwas, das der eine dem anderen bezeugt.
"Die Freiheit ist die Energie, dem Wirklichen, dem Sein anzuhaften. Indem wir
etwas von uns Verschiedenem anhaften, werden wir erfüllt, wachsen wir, wird
unsere Person aufgerichtet und verwirklicht", so Don Giussani. Diese Freiheit,
die dem Wahren, dem Schönen und dem Guten folgt, die diese als gegenwärtig
anerkennt, ist auch die Antwort für den, der sich auf das Bewusstsein eines
Landes beruft, das es nicht gibt, indem er gleichsam das konkrete Volk
verachtet, das eine neue menschliche Erfahrung erwartet. Ein guter Grund, in
Rimini vorbeizuschauen ...
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