Kirche - Gottesmutter
Im Ja Mariens blüht unsere Hoffnung auf
Laura Cioni
Eine Meditation zum Monat, der der Mutter Jesu geweiht ist, ausgehend von
einigen Abschnitten von Don Giussani und Papst Johannes Paul II. Sie haben sich
stets an die Gottesmutter gewandt, mit der Bitte um ihren Schutz und um ihre
Hilfe.
Das Ave Maria ist das einfachste und volkstümlichste Gebet. Man kann es immer
sprechen, auch wenn man nicht den Mut hat, das im Vater unser enthaltene "Dein
Wille geschehe" auszusprechen. Das Gebet zur Muttergottes endet, wie wir
wissen, mit den Worten "bitte für uns Sünder, jetzt und in der Stunde unseres
Todes".
Etliche Todesnachrichten haben die ersten Monate dieses Jahres geprägt. Ein
jeder möge hier an den Menschen denken, der ihm persönlich am nächsten stand.
Alle jedoch denken mit großer Anteilnahme und Bewegung an den Tod von Don
Giussani und Johannes Paul II. Beiden war das Ave Maria lieb und teuer, denn
die Verehrung Marias bildete die Wurzel und zugleich den Höhepunkt ihrer Sicht
des christlichen Geheimnisses, dem sie ihr gesamtes Leben hingaben.
Seinen Willen tun
Im Jahr 1959 verfasste Don Giussani einen Text, den er ausdrücklich der Mutter
Gottes widmete. Darin zitiert er eine Stelle aus dem Evangelium und bezeichnet
sie als eine der eindrücklichsten Offenbarungen der Erziehung Christi auf die
Wahrheit der Existenz hin, die in der Beziehung zu Gott gründet. Es handelt
sich um die Episode bei Lukas, als sich in der Menge die Stimme einer Frau
erhebt: "Glücklich der Schoß, der Dich getragen und die Brüste, die Du gesogen!
ER aber sprach: Nein, glücklich sind vielmehr die, die das Wort Gottes hören
und es befolgen." Don Giussani bemerkt, dass gerade in diesem Hören und
Erfüllen des Wortes Gottes die Größe Marias liegt: "Die Größe des menschlichen
Geistes wird nicht an der Aufgabe gemessen, die er zu erfüllen hat, sondern an
seiner Freiheit, das heißt an der Zustimmung zum Plan der göttlichen Vorsehung,
die ihm diese Aufgabe als Auftrag zu erkennen gibt." Schon damals schätzte Don
Giussani die Dichtung Paul Claudels, weil dieser Aspekt der Freiheit in ihr
besonders aufscheint: "Heiligkeit bedeutet nicht, fern der Heimat zu sterben
oder einen Leprakranken zu küssen, sondern bereit sein, den Willen Gottes zu
erfüllen. Bedeute dies, an unserem Platz zu bleiben oder sich Größerem
zuzuwenden." (Claudel, Verkündigung an Maria). Und er schließt damit, dass in
der unergründlichen Intimität des fiat Marias auf den Gruß des Engels, "die
vollkommene Gerechtigkeit des Geschöpfes im Angesicht seines Schöpfers liegt.
In seiner freien Annahme liegt die Größe dieses ‚gebenedeit' unter den Frauen".
Die daran anschließende Passage über die Freiheit der Muttergottes zeigt einen
weiteren Zug der Gestalt Don Giussanis, nämlich sein dramatisches Verständnis
der Existenz: "Am Ende des Lebens, wenn unser problematisches und geprüftes
Sein sich dem Zusammentreffen mit dem absoluten Paradigma des göttlichen Seins
unterziehen wird, wenn wir unsere Größe mit einem einzigen Blick, frei von
jeder Berechnung ermessen werden, wenn wir unsere Würde ohne die Möglichkeit
einer Illusion beurteilen werden, wenn wir die Wahrheit unserer Wirklichkeit
mit unerschöpflicher Genialität erkennen werden, in diesem endlichen Moment
wird das Gesetz, das das Gericht bis in seinen letzten Hauch diktieren wird,
das Gesetz ‚seines', des ‚neuen Gebotes' sein: Am Ende des Lebens werden wir
nach der Liebe gerichtet werden. Im Hier und Jetzt des menschlichen, abhängigen
Seins beginnt die Liebe immer als Annahme." (Luigi Giussani, Porta la speranza,
Marietti 1820, Genua 1997). Es ist nur eine Vermutung, aber im Licht dieser
ersten Worte erscheint das jüngste Beharren, den Heiligen Geist durch die
Muttergottes anzurufen, nicht verwunderlich: Damit das Ja so vollkommen ist,
wie es eben in einem sündigen Menschen vollkommen sein kann, jetzt, hier und in
der Stunde unseres Todes.
Den Rosenkranz in den Händen
Totus tuus / Ganz Dein: Der Wahlspruch von Papst Johannes Paul II. offenbart
jenseits aller verständlichen Vereinfachungen auf einzigartige Weise seine
Größe. Hierzu wurde bereits viel gesagt. Der Tod hat den Pontifex im Jahr der
Eucharistie ereilt, das er ausgerufen und mit unvergesslichen Worten von der
Kirche erbeten hat. Seine Worte nehmen die zum vergangenen "Jahr des
Rosenkranzes" verfassten Schreiben auf. Im Jahr 2002 schloss der Papst das
Rosarium Virginis Mariae folgendermaßen: Ich schaue auf euch alle, Brüder und
Schwestern, gleich aus welchen Verhältnisse, auf euch, ihr christlichen
Familien, ihr Alten und Kranken, ihr jungen Menschen: Nehmt den Rosenkranz mit
Vertrauen in eure Hände, entdeckt ihn im Lichte der Schrift wieder, im Einklang
mit der Liturgie und im Umfeld des alltäglichen Lebens. Dieser Aufruf darf
nicht ungehört bleiben! Zu Beginn des 25. Jahres meines Pontifikates vertraue
ich dieses apostolische Schreiben den weisen Händen der Muttergottes an. Im
prachtvollen Heiligtum, das der selige Bartolo Longo, der Apostel des
Rosenkranzes, zu ihrer Ehre erbaut hat, werfe ich mich geistig vor ihrem Bilde
nieder. Ich mache mir gerne seine bewegenden Worte zu Eigen, mit denen er die
berühmte Bitte an die Königin des heiligen Rosenkranzes beschließt: "O
Rosenkranz, von Maria gesegnet, süße Kette, die uns an Gott bindet, Band der
Liebe, das uns mit den Engeln vereint, Turm des Heiles gegen die Angriffe der
Hölle, sicherer Hafen im allgemeinen Schiffbruch, dich lassen wir nie mehr los.
Du, unsere Stärke in der Stunde des Todes. Dir gilt der letzte Kuss unseres
Lebens, wenn wir sterben. Der letzte Gruß unserer Lippen sei dein holder Name,
o Königin des Rosenkranzes von Pompeji! O gute Mutter, du Zuflucht der Sünder,
erhabene Trösterin der Betrübten, sei überall gepriesen, heute und immer im
Himmel und auf Erden!"
Das Geschenk der Eucharistie
Man sollte den letzten Teil der Enzyklika Ecclesia de eucharistia lesen, um
sich ein Bild von der Schönheit des eucharistischen Geheimnisses, der Kirche
und Marias zu machen, so wie es uns der strenge und zugleich versöhnende Stil
des Papstes aufzeigt. Im hektischen Leben unserer Zeit wird jedoch der Lektüre
nicht hinreichend Aufmerksamkeit gewidmet. Wir lesen immer weniger und lassen
uns bei der Auswahl des Lesestoffs eher von Bestsellerlisten diktieren als von
der möglichen "Nährkraft". Deswegen empfiehlt es sich, öfter in die zahlreichen
Schriften des polnischen Papstes hineinzuschauen: "Erlaubt mir, meine lieben
Brüder und Schwestern, mein Glaubenszeugnis über die heiligste Eucharistie mit
innerer Begeisterung, in Begleitung und zur Stärkung eures Glaubens abzulegen.
Ave, verum corpus natum de Maria Virgine, vere passum, immolatum, in cruce pro
homine! Hier ist der Schatz der Kirche, das Herz der Welt, das Unterpfand des
Ziels, nach der sich jeder Mensch, und sei es auch nur unbewusst, sehnt; ein
großes Geheimnis, das uns überragt und die Fähigkeit unseres Geistes gewiss auf
die harte Probe stellt, über den Augenschein hinauszugehen. ... In der
Eucharistie haben wir Jesus, haben wir sein Erlösungsopfer, haben wir seine
Auferstehung, haben wir die Gabe des Heiligen Geistes, haben wir die Anbetung,
den Gehorsam und die Liebe zum Vater. Würden wir die Eucharistie
vernachlässigen, wie könnten wir unserer Armut abhelfen?" Es ist kein Zufall,
dass Johannes Paul II. aus den Juwelen christlicher Kunst Maria ausgewählt hat.
In ihrem Zeichen beendete er seinen sorgenvollen und zugleich nachdrücklichen
Aufruf von der Wichtigkeit des Glaubens an Christus. Genau dies hat seine
menschliche Person und sein Pontifikat ausgezeichnet.
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