Herren über das Leben? - Cottolengo
Der Besuch des Papstes
Aus der Ansprache des Papstes bei seinem Besuch im Cottolengo. Turin, 13. April 1980
Liebe ist die Erklärung für alles. Eine Liebe, die sich dem anderen in seiner
Einmaligkeit öffnet und ihm das entscheidende Wort sagt: "Ich will, dass du da
bist". Wenn man nicht mit dieser Annahme des anderen beginnt, wie immer er uns
erscheint, und in ihm ein wahres, wenn auch getrübtes Bild Christi erkennt,
kann man nicht behaupten, wirklich zu lieben.
Also keine Diskriminierung. Das Gleichnis vom "guten Samariter" ist vielsagend.
Und Cottolengo hat es mit seinem Leben erläutert. Als guter "Hilfsarbeiter der
Vorsehung", wie er sich gern nannte, machte er keine Pläne im Voraus, sondern
versuchte von Mal zu Mal dem zu entsprechen, was ihm die Umstände "zufällig"
(Lk 10,31) nahe legten. Und das Ergebnis ist dieses grandiose Werk.
Das von der Sünde beeinträchtigte Leben des geschichtlichen Menschen vollzieht
sich tatsächlich unter dem Zeichen des Kreuzes Christi. Im Kreuz hat Gott die
Bedeutung des Leidens umgekehrt: Was Ergebnis und Zeugnis der Sünde war, ist
jetzt Teilnahme an der erlösenden Sühnetat Christi geworden. Als solche trägt
sie also schon jetzt die Vorankündigung des endgültigen Sieges über die Sünde
und ihre Folgen in sich, durch die Teilnahme an der glorreichen Auferstehung
des Erlösers.
Im Lichte des auferstandenen Christus wende ich mich deshalb an die kranken
Gäste dieses Hauses, und mit ihnen an alle, die auf ihren Schultern das schwere
Kreuz des Leidens tragen. Geliebte Brüder und Schwestern fasst Mut! Ihr habt
eine ganz große Aufgabe: Ihr seid berufen "für den Leib Christi, die Kirche, in
eurem irdischen Leben das zu ergänzen, was an den Leiden Christi noch fehlt"
(Kol 1,24). In euch verlängert Christus sein erlösendes Leiden. Mit Ihm könnt
ihr, wenn ihr wollt, die Welt retten!
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