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Briefe
Briefe November 2005
Zusammengestellt von Paola Bergamini

Joshuas Freund
Begleitet von Kathy und Antonio Silva haben sich Mary Ellen, Theresa und ich, nach Raleigh begeben, um Shawn, den Freund von Joshua, kennen zu lernen. Shawn hatte Joshua im Gefängnis kennen gelernt. Er ist vor einer Woche nach fünf Jahren entlassen worden. Nachdem Joshua ihm begegnet war, hatte Theresa begonnen, auch ihm zu schreiben. Kathy und Antonio hatten ihn dann quasi «adoptiert» und den Briefwechsel fortgeführt. Am Samstag sind wir ihm das erste Mal persönlich begegnet. Wir gingen zu seiner Wohnung. Er freute sich so, dass er uns entgegen- rannte: ein junger Mann von 24 Jahren, der einem Comic entsprungen sein könnte. Er ließ uns sofort eintreten, wir setzten uns auf den Boden, da er noch nicht viel hatte. Das Bett war erst vor kurzem gekommen. Er hatte es auch noch nicht viel benutzt. Die erste Nacht hat er mit offenen Augen die Decke angestarrt, da er es noch nicht glauben konnte ? ansonsten arbeitet er in der Nachtschicht. Wir fragten ihn, ob er wenigstens tagsüber ein wenig schlafe, aber er verneinte, denn er wolle nichts verpassen. Plötzlich bat Theresa ihn von der Freundschaft zu Joshua zu berichten. Er erzählte uns, wie dieser ihm im Schlafsaal des Gefängnisses auffiel - als sie sich kennen lernten, schliefen 40 Personen in einem Schlafsaal. Er fiel ihm auf, weil er von interessanten Dingen sprach. Also blieb er bei ihm, klammerte sich sozusagen an ihn. Einmal gelang es ihm zu sehen, was Joshua las. Es war die erste Seite aus dem Religiösen Sinn. Nach dem Lesen habe sich ihm ein Horizont eröffnet. Dann habe er sich von Joshua das Buch borgen können. Es habe ihm so gefallen, dass er damit zur «spirituellen Gruppe» gegangen sei, die sich mit schwarzer Magie und Hexerei beschäftigte. Dort habe er gesagt: «Schluss. Von nun an lesen wir dieses Buch.» Die anderen hätten ihn ein wenig verstört angeschaut und gesagt, sein Buch der Religion gehöre in die Abteilung Religiöse «Bücher». Er habe erwidert: «Ihr habt nichts verstanden. Das Buch spricht nicht von Religion, sondern vom Leben. Wenn ihr verstehen wollt, was das Leben ist, dann müsst ihr dieses Buch lesen.» Das hat mich sehr beeindruckt. Denn am vorherigen Abend waren Paola und Eliana, ihre Kollegin, bei uns gewesen, die von ihren Erfahrungen erzählten. Als Eliana das erste Mal zum Seminar kam, lasen sie gerade das 10. Kapitel des Religiösen Sinns, das sie sehr beeindruckt habe. Ich erzählte dies Shawn, der mir sagte, dass auch ihm dieses Kapitel besonders gefallen habe und dass er immer wieder versucht habe, alles sofort so anzuschauen, wie Don Giussani es sagte. «Und war dir dies möglich?», fragte ich sofort erstaunt. «Ja. Joshua hat mich gelehrt, dass man auch als Häftling frei sein kann.» Er ist nach Raleigh gezogen, um in der Nähe von Rob Jones zu wohnen, der ihm Katechismusunterricht erteilt und auf die Taufe vorbereitet ... er wisse nicht genau, ob er getauft sei oder nicht. Vor kurzem schrieb er Theresa, dass es ihm in jedem Fall besser erscheine, sich taufen zu lassen. Denn beim ersten Mal habe sie nicht «angeschlagen»; und er wolle, dass Luigi (so nennt er Don Giussani) ihn taufe.
Sara, North Carolina, USA

Ehemalige Schüler... ins Priesterseminar
Seit 26 Jahren unterrichte ich an einer Berufsschule. Eine chaotische Schule, mäßig motivierte Jugendliche, Enttäuschungen und Spannungen unter den Kollegen. Ich hatte keine Lust, das neue Schuljahr anzugehen. Die Jahre wogen schwer und ich war ein wenig deprimiert. Am ersten Tag kam ein Junge zu mir, der gerade seinen Abschluss gemacht hatte, und den ich nur vom Sehen kannte. Er sagte: «Ich komme, um mich von meinen Lehrern zu verabschieden. Auch von Ihnen verabschiede ich mich, auch wenn Sie nicht mein Lehrer waren. Ich bin ins Priesterseminar eingetreten. Ich fühle mich dem nicht gewachsen, aber ich habe mir gesagt: Wenn der Herr mich ruft, wird Er mir auch die Kraft geben. Ich danke Ihnen für das Zeugnis, das Sie mir in diesen Jahren gegeben haben und auch für die schönen Feste von CL an der Schule. Machen Sie weiter und beten Sie für mich.» Ich habe ihm geantwortet: «Ja, bete auch du für mich. Wir arbeiten alle in dem gleichen Boot für die Ehre Gottes. Ich möchte dir für das danken, was du gesagt hast, und für die Wahl, die du getroffen hast. Heute hast du mir ein großes Geschenk gemacht: Begeisterung, das neue Schuljahr anzugehen.» Ich habe ihn umarmt und gewünscht, dass er der Bewegung begegnen möge. Beim Nachdenken darüber sagte ich mir später: «Aber er ist ja durch mich der Bewegung begegnet. Es ist nicht unbedingt nötig, dass er zur Bewegung gehört, sondern dass er Christus begegnet ist und der Weise folgt, wie Er sein Herz entzündet hat. Ich muss nur jeden Morgen meine Begegnung mit Christus erneuern, indem ich Ihm meine Müdigkeit vor den Schülern hingebe, zeige, was mich weiterhin nach 53 Jahren, auch in meiner Zerbrechlichkeit und mit meinen Grenzen begeistert. Das ist für mich die Bewegungen, und das Weitere ist Gnade.»
Valerio, Ferrara

Die Taufe der Enkelinnen
Lieber Don Julián,
im vergangenen Schuljahr wurde ein nicht getauftes Mädchen eingeschult. Die Eltern wollten warten, bis sie sich selbst frei entscheide. Aber sie hatten um die Anmeldung an unserer Schule gebeten, weil sie von Freunden Gutes über uns gehört hatten. «Zufällig» landete das Mädchen in meiner Klasse. Und gerade sie rief mir mit ihrem unschuldigen «Mangel» die Gegenwart Christi ins Gedächtnis und ließ mich jeden Morgen die positive Sehnsucht erneuern. «Christus fehlt mir. Aber wie gut, dass er mir fehlt!». So bete ich, bevor ich in die Klasse gehe, damit der Herr aus meiner alltäglichen Arbeit ein Nährboden für Sein Werk mache. Am Morgen des 12. Mai begleitete der Vater das Mädchen bis zur Klasse, weil er mich sprechen wollte. «Wir wollten Ihnen sagen, dass wir nicht länger warten wollen, nach dem, was wir hier gesehen haben. Am 22. Juni lassen wir unsere beiden Töchter taufen. Wir möchten in Absprache mit der Pfarrei bitten, dass Sie nicht nur V. sondern auch uns auf dieses Ereignis vorbereiten.» Einige Tage später suchte mich nach dem Unterricht eine mir unbekannte ältere Person auf. Hier unser Gespräch: «Ich bin der Großvater von V. Ich bin gekommen, um Ihnen zu danken; denn ich habe erfahren, dass meine Enkelinnen getauft werden, und zwar dank Ihnen.» «Nein, nicht mir müssen Sie danken ? » «Na, dann danke ich dieser Schule.» «Nein, nicht einmal der ? » «Wenn Sie wüssten, wie ich mich gegrämt habe, dass meine Enkelinnen noch nicht einmal getauft sind, wo ich doch Christ bin und die Kirche liebe. Auf jegliche Weise habe ich meine Tochter christlich erziehen wollen: ich habe sie die Gebete gelehrt, sie in die Lehre eingeführt und zur Messe mitgenommen. Dann hatte sie einen Freund, der sie davon entfernt hat, und einen Lehrer, der ihr sagte: 'Gott existiert nicht.' Und von da an ?.war es schrecklich für mich! Gestern erfuhr ich von der Taufe, und dass ich Pate sein werde. Ich bitte Sie: Mit Geduld, immer ein wenig, führen sie fort, was ich begonnen habe.» «Aber ich habe nichts getan.» «Gut, dann sage ich es dem, der diese Schule leitet: Ich bitte euch, macht weiter ? »
Angela, Legnano