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Thema - Erziehung
200 Tage der Herausforderung


Die Erfahrung von Portofranco in Mailand, wo Schüler und Lehrer sich auch über den Unterricht hinaus treffen

Inzwischen ist das Zentrum zur Studienhilfe von Portofranco fünf Jahre alt. Und man kann ohne Übertreibung sagen, dass es ein großer Wurf ist. Das Studienjahr dauert noch genau 200 Tage. Und kaum hatte das Zentrum Anfang September wieder geöffnet, erschienen schon 10 Jugendliche und 14 Familien zur Einschreibung. A. und D. kamen schon um drei Uhr nachmittags. Sie wissen, wie Portofranco funktioniert, denn sie kommen seit zwei Jahren.
Dennoch haben sie sich beeilt, um sich gleich einzuschreiben. Wenn jemand mit 16 Jahren lauthals verkündet: "Ich möchte lernen!", dann wundert man sich. Denn bei Portofranco schreibt man sich ein, um zu lernen.
C. und D. erscheinen mit ihren vier Kindern. Es sind zwei befreundete Mütter, die, wie viele der Familien, über Bekannte von der Einrichtung gehört haben. Dann kommt Y., ein jüdischer Familienvater, der seine Kinder hier anmeldet. Und ich denke unter interreligiösen und interkulturellen Gesichtspunkt steht es gut um uns. So kommt in diesem Jahr auch S. wieder. Er ist ein Ägypter und sozusagen unser Stachel im Fleische. Mit seinem Arbeitseifer hat er schon fast seinen Tutor zur Strecke gebracht. Klar, dass wir mit dem Ramadan, christlichen Festen, jüdischen Festen, chinesischen Festen, südamerikanischen Heiligen und staatlichen Feiertagen das ganze Jahr über geschlossen haben könnten, und dennoch sind alle hier, um gemeinsam zu studieren.
In Portofranco ist der Ausgangspunkt die eigene Freiheit. Hier bezahlt man nicht, um zu lernen, daher gibt es auch keinen Zwang über den Geldbeutel. Und ebensowenig gibt es Noten, Scheine oder Punkte, sondern nur das Angebot einer Unterstützung und die Herausforderung der eigenen Verantwortung. Ja, nicht einmal für das Lehren bezahlt man. So ist auch hier die Freiheit im Spiel. Man muss mühsam die natürlichen, aber verschütteten Dynamiken wieder entdecken, das eigene Wissen weiterzugeben, die Verbindung zwischen den Generationen zu pflegen und fürsorgend für andere verfügbar zu sein. Dabei hilft auch die gemeinsame Lektüre von Texten beim Treffen der Erzieher mit Don Giorgio oder die Vorbereitung des Meetings und der gemeinsamen Ferien, die Diskussionen oder die Beurteilung von Ereignissen. Es ist ein Weg, der durch ein Wunder aufgezeigt wurde und der, gerade weil er anerkannt und gelebt wird, hilft, die Wirklichkeit so wahrzunehmen, wie sie ist und die Herausforderung eines "Zentrums zur Hilfe beim Studium" zu leben.
Alba