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Kirche - Ökumene
Die unmögliche Einheit am Werk
Javier Prades

Panta dokimazete, to kalon katechete! Prüft alles, und behaltet, was gut ist (1. Thess 5, 21). Diese Empfehlung von Paulus ist das Leitbild der Erziehung zur Ökumene, das Don Giussani immer vorgeschlagen hat. In diesem Licht kann man die Begegnung verstehen, die in Granada stattgefunden hat. Dort waren amerikanische protestantische Theologen verschiedener Richtungen, anglikanische Theologen, die zur Radical Orthodoxy gehören und katholische Theologen aus Amerika und Europa der Einladung von Erzbischof Javier Martinez gefolgt. Martinez blieb unangefochtener Bezugspunkt des Dialogs in diesen Tagen und die Gastfreundschaft war persönlich für alle. Was haben wir zusammen erlebt? Ich lasse die Tagesordnung beiseite, davon wurde auf diesen Seiten schon gesprochen. Statt dessen möchte ich ein paar persönliche Eindrücke wiedergeben. Ich habe einfache und faszinierende Männer und Frauen gesehen, die an Jesus Christus glauben, die Kirche lieben und sich für die Welt interessieren, in der sie leben. Sie sind von weither gekommen, ohne Verpflichtung und Bezahlung, der Antrieb war die Ahnung einer Verheißung für ihr Leben.
Zunächst ist klar, dass es sich um ein zwangloses Treffen von Leuten gehandelt hat, die eine große Leidenschaft für das Leben hegen und diese mitteilen wollen. Wenn man sie sieht, wie sie freundschaftlich miteinander umgehen, von ihren Kindern reden (den eigenen und den angenommenen), wenn man ihr Interesse für das Thema der Einwanderung in die USA oder den Irak-Krieg oder den Umstand, dass große Teile der akademischen Welt, in der sie selber arbeiten, immer formalistischer, bedeutungsleerer werden, spürt man eine menschliche Sympathie, die zum Zuhören einlädt. Einige Mittagessen oder der Flamenco-Abend waren wirklich ein Vergnügen.
Weiterhin springt ins Auge, und das begründet das erste, dass sie an Jesus glauben, wirklich glauben. Auch wenn es auf Grund der so unterschiedlichen Herkunft natürlich Unterschiede gibt, haben alle die Erfahrung ihres Glaubens in unvergleichlich persönlicher Weise geschildert. Man kann aufatmen, wenn bei einer Zusammenkunft von Theologen oder Seelsorgern es nicht notwenig ist, die Gottheit Christi, des Fleisch gewordenen Sohn Gottes zu verteidigen oder die Frage im Sinne der politischen Korrektheit beiseite zu lassen.
Als Bestätigung dieser wahren Liebe zu Jesus trat die Liebe zur Kirche hervor. Alle haben von der Kirche geredet. Deutlich wurde das an der Hochschätzung des gemeinschaftlichen Lebens, der Liturgie, des Gebetes, der Eucharistie, der Erziehung zum Glauben und zur Tradition der Kirche. Die Momente des gemeinsamen liturgischen Gebetes waren ebenso eindrucksvoll wie der eindrucksvolle Respekt vor der nicht vollen Mahlgemeinschaft, indem man auf zweideutige Gesten der Interkommunion verzichtete. Sehr bedeutsam ist darüber hinaus, dass das Interesse für die Kirche auf dem Bewusstsein gründet, dass sie bereits mundus reconciliatus ist (um dieses auf Augustinus zurückgehende Bild wieder aufzunehmen, das ein Teilnehmer eingebracht hat). Das soll heißen, die Kirche ist damit die Hoffnung der Gesellschaft und jedes Einzelnen, weil sie auf Grund des Wirkens des Heiligen Geistes der Ort der wirksamen Gegenwart Jesu Christi ist und somit der Mutterboden einer neuen Menschheit.
Die erste Frucht der Ehre, diese Tage mit den amerikanischen und englischen Theologen verbringen zu dürfen, ist die Dankbarkeit, dass man nicht vorher aufhören kann, als bevor man den Namen Christi ausspricht. An der Wand des Saales hing das Gemälde von Duccio, das Jesus zeigt, wie er seine Jünger erzieht. Es war klar, dass dieses Bild nicht nur eine Erinnerung an die Vergangenheit ist, sondern der Ausdruck einer gegenwärtigen Wirklichkeit. Sie hat uns also eingeladen, dieser Begegnung zu folgen, die fast zufällig auf Grund einer Reihe von E-mails zwischen einem katholischen spanischen Erzbischof und einigen bedeutenden methodistischen und anglikanischen Theologen entstand. An weiteren Gelegenheiten wird es nicht mangeln, um den begonnenen philosophisch-theologischen Dialog fortzuführen. Dabei kann und muss es auch darum gehen, aufrichtig - und auch mit Schmerz - die lehramtlichen oder theologischen Unterschiede zu vermerken, die uns noch trennen. Bei dieser unvergesslichen Gelegenheit hat jedenfalls die Freude über die "unmögliche Einheit", die hier am Werk war, die überwogen.