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Editorial
Eine neue Geburt


Im April des vergangenen Jahres starb Johannes Paul II. Seine Gestalt und sein Zeugnis, haben die Welt bewegt und das Leben unzähliger Menschen aus allen Kulturen verändert. Johannes Paul II. gab ihnen Hoffnung. Er hatte eine Leidenschaft für alle Menschen, weil er Christus leidenschaftlich liebte. Das machte sein Leben fruchtbar für alle - in einer Zeit, die von engstirnigen Ideologien und erschreckender Gewaltbereitschaft geprägt ist. Er säte Samen der Hoffnung aus in einer Welt, die viele für desolat halten. Und so brachte er das Leben zahlreicher Menschen zum Blühen.
«Der April ist der grausamste Monat» heißt es zu Beginn des Gedichts Das wüste Land von T.S. Eliot. Der Dichter spielt damit auf die paradoxe Erfahrung an, dass auch im Frühling, wenn alles Leben erwacht, das Dasein wüst und leer sein kann. Denn die Natur allein kann kein erfülltes menschliches Leben garantieren. Um im Leben wirklich etwas hervorzubringen, um schöpferisch zu sein, bedarf es der Gewissheit, dass es ein Ziel, eine Bestimmung gibt. Der Geburtenrückgang und die Unfähigkeit zur Erziehung sind in diesem Zusammenhang beunruhigende Zeichen: Ein Volk, das nichts mehr von einem Ziel und einer Bestimmung weiß, hat sich selbst überlebt, es bringt keine Menschen mehr hervor, die offen und beherzt mit der Wirklichkeit in Beziehung treten und sich dabei ihrer Vernunft bedienen.
Zu dieser Aprilerfahrung passt auch die verbreitete Enttäuschung und Jammerstimmung, die uns davon abhält, vertrauensvoll in die Zukunft zu gehen und um unserer Kinder willen in sie zu investieren. Wir leben, um es mit dem Schriftsteller W.H. Auden zu sagen, in «einer Zeit angstvoller Unruhe». Der natürliche Trieb, der Verheißung des Lebens nachzuspüren und ihr zu folgen, erschöpft sich allzu oft in einem kurzen, fieberhaften Abbau überschüssiger Energien. Wir alle laufen ständig Gefahr, uns vom allgegenwärtigen Nihilismus anstecken zu lassen. Das gilt auch für uns Christen, wenn wir den Glauben auf eine Sammlung von Begriffen oder eine abstrakte Ethik verkürzen, die nichts mit dem alltäglichen Leben zu tun haben.
Das Sterben Johannes Paul II. und Don Giussanis, der ihm nur wenige Tage voranging, gab hingegen Anlass zur Hoffnung und hat viel bewegt. Es zeigt: Es ist stets das Opfer, das ein Leben fruchtbar macht, das eine Vaterschaft ermöglicht. Es ist stets ein Opfer, das man aus Liebe zur Bestimmung erbringt und das den Weg zum Hundertfachen auf Erden, zur Erfüllung weist.
Der April mag «der grausamste Monat» sein für all jene, die den Sinn und die Bestimmung ihres Lebens vergessen haben. Wenn man sich in das eigene Nichts einschließt und es zum Maß aller Dinge macht, erscheinen einem auch das Licht und die Wärme der Natur als feindlich. Man kann und will dann die Schönheit der Natur oder auch die Schönheit eines menschlichen Zeugnisses nicht mehr zur Kenntnis nehmen. Der Spott, den die öffentliche Meinung für die Hoffnung der Menschen übrig hat, sind (neben der weltweit wachsenden Zahl von Märtyrern) erste Anzeichen einer neuen Verfolgung der Kirche. Die Päpste und viele Christen provozieren eben die Aprilmenschen aller Zeiten.
Der Kampf gegen den Nihilismus ist eine tägliche Herausforderung. Benedikt XVI. beharrt nicht umsonst darauf: «Der christliche Glaube ist keine Ideologie, sondern die persönliche Begegnung mit dem gekreuzigten und auferstandenen Christus. Dieser individuellen und gemeinschaftlichen Erfahrung entspringt eine neue Art zu denken und zu handeln.»

Frohe Ostern!