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CL - Mitteleuropa
Ein neues Volk vereinigt unterschiedliche Völker
Emanuele Bianchi und Federico Rinaldi

Im fantastischen Rahmen der Burgbasilika von Sonntagberg in der Nähe von Wien fand am 11. und 12. Februar die Diakonie der Verantwortlichen der Bewegung von Ungarn, Österreich, der Slowakei und der Tschechischen Republik statt. «Jemand hat sich für uns ereignet - das ist eine Tatsache - und hat euch und uns hierher geführt.»

Österreich, die Tschechische Republik, die Slowakei und Ungarn, mit anderen Worten: Mitteleuropa. Es gibt keinen anderen Ort auf der Welt, der in einem Umkreis von nur 300 Kilometern Völker mit so unterschiedlicher Sprache, Kultur, Geschichte und Gegenwart beherbergt. Abgesehen vom Deutschen und den slawischen Sprachen erklingt unter uns eine melodische Sprache mit einer völlig anderen Wurzel, das Ungarische. Die Geschichte der Bewegung beginnt in dieser Gegend bereits in kommunistischen Zeiten. Durch regelmäßige Besuche und geheime Treffen mit den italienischen Freunden wurden die Beziehungen treu gepflegt. Nach einer zufälligen Begegnung von Don Giussani mit dem künftigen Erzbischof von Wien, Christoph Schönborn, im Innenhof von San Damasus im Vatikan treffen 1995 die ersten italienischen Studenten in Wien ein. Einige Monate später erhalten sie Verstärkung durch das Haus der Priesterbruderschaft San Carlo. Unterdessen lässt die Zeit die Samen reifen, die in Bratislava, Budapest und Prag ausgesät waren.
Der Ausgangspunkt ist für alle derselbe: eine Begegnung, das Eintauchen in eine menschliche Wirklichkeit, die das Leben in grundlegender Weise ändert.

Lucie, Deborah und die anderen
Damals so wie heute: Am 11. und 12. Februar fand das Treffen für Mitteleuropa mit Don Pino und Davide Prosperi auf dem Sonntagberg, einem herrlichen Ort eine Stunde östlich von Wien, statt. Bei der Versammlung erzählt Lucie, die Agrarwissenschaft in Prag studiert, von der ersten Einladung durch die Universitätskapläne Don Andrea und Don Stefano. Was sie faszinierte war eine andere Menschlichkeit, ein außergewöhnliches Interesse für die Person, ein einmaliger Geschmack an allen Einzelheiten. Angesichts dessen könne man nicht anders, als dieser Menschlichkeit zu folgen und versuchen, sie zu ergreifen und sich zu Eigen zu machen.
Erst vor kurzem hat die Studentin Deborah die Bewegung kennen gelernt: «Anfangs habe ich nichts anderes getan, als mit den Personen zusammen zu sein, die ich an meiner Seite vorgefunden habe und das zu tun, was sie gemacht haben, auch wenn ich ein bisschen voreingenommen war. Inzwischen habe ich bemerkt, dass ich mit Christus unterwegs war. Er hat mich begleitet und begleitet mich durch diese Freunde: Es gibt nichts, was revolutionär gewesen wäre.»
Don Pino, der eben von der Diakonie der USA in Boston zurückgekehrt ist, macht sofort den Kern der Frage deutlich: «Anders als zu Anfang ist heute ein Punkt der Einheit in der Verschiedenheit gegenwärtig: Christus, der durch eine Freundschaft die Glieder einer Kette, die von der Zeit gezeichnet und von der Geschichte zerstört worden war, wieder zusammengefügt hat. Nur Verrückte hätten eine so lange Reise unternommen, noch dazu gehemmt vom ergiebigsten Schneefall der letzten Jahre, wenn sie nicht ein deutliches Motiv gehabt hätten, eine Gewissheit, die sie zum Aufbruch getrieben hätte. Jemand hat sich für uns ereignet. Diese Aussage wäre unverständlich geblieben, wenn es sich nur um eine Idee handeln würde. Es ist aber eine Tatsache und genau das führt euch und uns hierher!»

Den Plan eines Anderen anerkennen
Die vielen Beiträge der Versammlung machen deutlich, wie jeder von uns in den Fragen des Alltags die Einfachheit bräuchte, den Plan eines Anderen anzuerkennen. Aus dieser Anerkennung erwächst die ruhige Annahme der Umstände und die Leidenschaft für das, was man in den Händen hält. «Flüstern von Einem, der ruft.» Margit berichtet von ihrer Aufgabe als Ehefrau und Mutter, von dem Einsatz dafür, dass auch ihre Familie Anteil haben kann an der Schönheit, die sie getroffen hat. «Wir haben im Seminar der Gemeinschaft gelesen, dass die Kirche die Mutter der Gläubigen ist, dass sie nicht ihre Probleme löst, sondern ihre Kinder in die beste Lage versetzt, sie anzugehen. Als Mutter habe ich ebenfalls nicht die Aufgabe, mich an die Stelle meiner Kinder zu setzen, sondern sie zu begleiten, indem ich ihnen beibringe, alles mit ihrem Wunsch nach Glück in Beziehung zu setzen.» Maxi, ein Medizinstudent, erzählt von dem veränderten Blick auf die Patienten im Krankenhaus und der Ruhe beim Angehen vieler anstrengender Situationen im Leben. «Man muss die innere Größe besitzen, beständig und unermüdlich etwas vorzuschlagen.» Maria, die in einigen Tagen Matthias zur Welt bringen sollte, hat einen Brief geschickt, worin sie erklärt, wie dank einer neuen menschlichen Haltung alles, auch die Ängste der Schwangerschaft, «befreit» werden und die Umstände zum geliebten Ort werden, worin Christus durch die Gesichter der Freunde, die uns begleiten, gegenwärtig wird.

Das angehen, was man zu tun hat
Don Pino fasst alles in der Antwort auf den Beitrag von Luca zusammen: «Es ist unnütz, darüber nachzudenken, wie man wachsen kann und dem Reich Gottes dienen kann. Es reicht, das, was man zu tun hat, mit Treue anzugehen, das, was die Wirklichkeit vorschlägt, mit Hoffnung zu akzeptieren und darum zu bitten, das Sein Plan sichtbar werde. In jedem Moment sind wir aufgerufen, ja zu sagen, um die Freiheit zu ehren, die uns gegeben wurde.»
Dieses Bewusstsein zu erlangen, so bezeugen die Beiträge, wird durch die tägliche Beziehung mit Personen möglich, die Christus vergegenwärtigen und die bereits auf andere Weise leben. «Es liegt an uns, den Ort aufzusuchen, wo es sich ereignen kann. Diese Behauptung könnte heutzutage Anstoß erregen, denn wir leben in einer Zeit, die vom Individualismus geprägt ist. Und dieser Individualismus verbiegt die menschliche Person, da sie sich vom ersten Augenblick des Lebens an aufgrund von Beziehungen entwickelt», betont Don Pino. Wenn man Christus als Ausgangspunkt hat, enthüllt sich auch unsere Berufung im Leben, das, was uns die Wirklichkeit als Aufgabe zeigt: die Ehe, die Familie, die Arbeit. Prosperi, der in diesen Jahren die Gemeinschaft von Mitteleuropa mit einer bewegenden Väterlichkeit betreut hat, unterstrich: «Das einzige, worum die Kinder dich bitten, ist, dass du eine Wahrheit bezeugst, an die man sich halten kann, sonst verlieren sie die Orientierung. Man muss lediglich aufrichtig gegenüber dem eigenen Herzen sein.»
Pepe erinnert in der Zusammenfassung daran, dass «die Inhalte der alltäglichen Aktivitäten nur dann Ereignis werden, wenn sie von einem persönlichen Einsatz begleitet sind. Auch viele öffentliche Gesten dieser Zeit, die Präsentationen, die Ausstellungen, die Konzerte, das Seminar der Gemeinschaft, dieses überschäumende Leben wird nur dank des Ja und des Einsatzes jeder einzelnen Person möglich.»
Kurz vor der Abreise am Sonntag wird, ausgehend von dem Video von Don Giussani, der Schritt für die nächste Zeit vorgeschlagen: Alles mit dem Herzen und den eigenen Bedürfnissen vergleichen, wobei man sich stets der Freiheit bewusst sein soll. Mit anderen Worten: Erziehung.