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Briefe
Briefe Dezember 2006
Zusammengestellt von Paola Bergamini

Wie GS entstanden ist
Liebe Letizia, wie geht es dir? Mir sehr gut. Wie versprochen habe ich euch ein kleines Geschenk geschickt, das für mich aber sehr bedeutend ist, da es an wunderschöne, mit meinen liebe Freunden verbrachte Ferien erinnert: meine Freunde von GS. Was ist GS? Weißt du, vor fast 50 Jahren unterrichtete ein junger Priester namens Don Luigi Giussani an dem humanistischen Berchet-Gymnasium in Mailand und gründete eine Bewegung von Studenten, die GS (Gioventù studentesca – Studentische Jugend) hieß; später gründete er CL (Comunione e Liberazione – Gemeinschaft und Befreiung) und schließlich den CLU (Comunione e Liberazione universitari – Studentenorganisation von CL). GS und CL sind entstanden, da Don Giussani und seine Schüler – so wie meine Freunde und ich – auf der Suche nach einer absoluten Schönheit waren, der man nur in Jesus begegnen kann. Dies mag dir schwierig erscheinen, aber Don Giuss, so wie wir ihn nennen, hat uns beigebracht, dass diese Begegnung mit Jesus nur in der Kirche möglich ist und zwar durch die Gesichter derer, die Ihn uns gegenwärtig machen, besonders durch unsere Freunde. Ich weiß, dass dies jetzt für dich eine eher schwierige Vorstellung sein mag, denn zu Beginn war sie es auch für mich. Aber wenn du in Ruhe darüber nachdenkst, so tragen wir alle in unserem Herzen eine Sehnsucht mit diesem Wunsch nach Schönheit. Sie findet aber keine einfache Antwort in den alltäglichen Dingen, sondern in Christus, der alle Dinge schafft und ihnen seinen Wert gibt. Diese Schönheit, diese Begegnung habe ich getroffen, als meine Freunde in den schwierigsten Momenten meines Lebens an meiner Seite standen, ohne auf meine Fehler und Mängel zu schauen. Ganz im Gegenteil, sie schauten mich dabei an, besser noch sie dachten immer daran, was in meinem Herzen vorzufinden ist: Liebe, wahre Liebe und Dankbarkeit gegenüber jedem von ihnen: «Es gibt keine größere Liebe, als das Leben für die eigenen Freunde hinzugeben» (Johannesevangelium). Und dies wünsche ich dir: Dass du eine wahre Freundschaft findest, die dir im Leben jeden Tag hilft.
Bis bald,
Caterina, Buccinasco

Unglaubliche Dinge
Lieber Don Julián, ich möchte dir vom Beginn dieses Studienjahres berichten. Ich hatte alles im guten Sinne geplant. Ich war für die Info-Stände der Erstsemestler zuständig. Auch auf diesem Gebiet hatte ich alles schön geplant ... doch schließlich war alles für die Katz. Wie vor zwei Jahren, konnte ich zwei Wochen die Vorlesungen besuchen und dann musste ich wegen der Krankheit zurück nach Hause. In diesen Wochen zu Hause geschahen unglaubliche Dinge. Zunächst einmal bin ich gar nicht böse, sondern glücklich und froh und von einem wahnsinnigen Wunsch durchdrungen, das bis auf den Grund zu leben, wozu ich berufen wurde. Selbstverständlich tut es mir «Leid», nicht an der Uni zu sein, die Schmerzen zu spüren, wenig zu schlafen, und so weiter. Aber ich mache bei diesen Sachen nicht halt! Ich gebe alles für die Freunde hin, damit der eine die Prüfung besteht, oder der andere eine gute Ehe schließen kann, für die Bewegung, für dich, und so weiter. Natürlich bete ich auch für meine vollkommene Genesung ..., aber ohne Ansprüche. Ich wache in der Früh auf und bin dankbar, da zu sein. Und der erste Wunsch ist eine Neugierde: Wie wird Christus mir heute seine Gegenwart zeigen? Jetzt! Sofort! Dann kommt mein Vater, der mir die Medikamente bringt, mein Bruder, der mir in allem hilft, so wie der andere Bruder. Meine Mutter ist immer für mich verfügbar ... Was soll ich sagen? Ich spüre, dass ich gewollt und umarmt bin. Diejenigen, bei denen ich die Strahlentherapie mache, haben mir erlaubt, die Uhrzeiten so zu planen, wie es mir am besten passt. So konnte ich montags immer zum Mittagessen mit Beppe, Gabry, Tony, Enrico, Gian und Frodo dabei sein. Ihre Gesichter zu sehen, ist für mich, wie frische Luft zu atmen. Wenn ich zur Strahlentherapie in den Bunker eintrete, fühle ich mich nie alleine! Mir scheint, dort eine Gemeinschaft zu haben, die von einer anderen Welt ist – ausgehend von Don Giussani, bei dem ich immer die Gnade der Genesung erbitte. Dann in diesen Wochen, in denen ich zu Hause bin, ist eine tiefe Beziehung mit meinen älteren Geschwistern und ihren Kindern entstanden, die ich vorher so nicht hatte. Viele Freunde besuchen mich und wenn sie kommen, möchte ich von ihnen hören. Auch «Freunde» von der Umgebung kommen zu mir. Normalerweise sprechen sie über belanglose Dinge, um die Zeit zu vertreiben, als ob sie mich von meinem Zustand ablenken sollten ... Basta! Seit drei Jahren möchte ich solche Gespräche nicht mehr hören. So fangen wir an, von uns selber zu sprechen, von dem, was uns glücklich macht, von den letzten Ansprachen des Papstes, vom Seminar der Gemeinschaft (das heißt, sie wissen nicht, dass wir gerade über die Inhalte vom Seminar der Gemeinschaft sprechen!). Aus dem Wunsch heraus, dass ich an den Vorlesungen teilnehmen kann, ist etwas echt Rührendes passiert. Ich habe eine Kommilitonin, die sehr gut im Studium ist und mir ihre Notizen bringt und sie auch mit dem Kassettenrekorder aufnimmt. Ist es nicht verrückt? Ich fühle mich wirklich vor all diesen Dingen unangemessen, und bevor ich etwas anpacke, hindert mich nichts daran, ein Veni Sancte Spiritus zu beten.
Nicola, Riva del Garda (Der Brief wurde am 27. September abgeschickt. Nicola ist am 24. November 2006 gestorben.)

Engere Bindungen
Wir veröffentlichen den Brief von Archie Spencer, außerordentlicher Professor für Theologie an der Trinity Western University und an dem baptistischen Priesterseminar von Northwest, an seinen Freund John Zucchi von Montreal