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Editorial
Die unbezwingbare Positivität, die das Herz des Papstes bestimmt
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Der Papst hat bei seinem Türkeibesuch jeder Form von Feindseligkeit eine Absage erteilt. Dennoch ist er schwierigen Fragen nicht ausgewichen und hat heiße Eisen angefasst wie den Dialog der Kulturen, die Religionsfreiheit, die Menschenrechte, die Ökumene oder geopolitische Fragen. Besonders aber hat er in Wort und Tat gezeigt, wie man aus dem Glauben heraus diese Probleme angeht. Probleme, die sich uns allen Tag für Tag im Kleinen stellen und – unter dem Einfluss des Bösen – Ursache von Feindschaft unter Menschen werden. Die Worte und Taten des Papstes haben die unbezwingbare Positivität gezeigt, die das Herz eines Christen bestimmt und ihm immer wieder ermöglicht, neue Wege des Aufbaus zu beschreiten. Türkischen und arabischen, aber auch westlichen Berichterstattern und einfachen Bürgern ist die schlichte und unmittelbare Einfachheit des Papstes nicht entgangen. Es war offensichtlich, wie der Papst aus der Gewissheit seines Glaubens und seiner Verantwortung heraus in der Lage ist, die anderen anzunehmen und in einen Dialog mit ihnen zu treten, ihnen wahrhaft zu begegnen. Das verdankt er keiner diplomatischen oder politischen Strategie, sondern einer Haltung, die einem inneren Frieden als Frucht des Glaubens entspringt.
Doch was ist das für ein Frieden, der aus dem Glauben kommt? Ist damit gemeint, sich durch nichts aus der Ruhe bringen zu lassen? Inneren Konflikten aus dem Weg zu gehen, Widersprüche der Existenz nicht zur Kenntnis zu nehmen? Der Papst hat es der kleinen Christengemeinde, die an den Orten wohnt, die einst der Apostel Paulus besucht und wo Maria gelebt hat, selbst erklärt: «Er, Christus, ist unser Friede.» Das von Paulus stammende Motto, unter das der Papst seine Reise gestellt hat, erläuterte er in Ephesus so: «Vom Heiligen Geist inspiriert, unterstreicht Paulus nicht nur, dass Jesus uns den Frieden gebracht hat, sondern dass er unser Friede „ist“. Er rechtfertigt diese Behauptung, indem er sich auf das Geheimnis des Kreuzes bezieht: im Vergießen „seines Blutes“ – so sagt er – und im Opfern seines „Fleisches“, hat er die Feindschaft „in sich selbst“ besiegt und hat „in sich selbst, aus den beiden einen einzigen neuen Menschen“ geschaffen (Eph 2, 14-16) Der Apostel erklärt, in welchem Sinne sich der messianische Friede – auf eine wirklich unerwartete Weise – in der Person Christi selbst und seinem heilbringenden Geheimnis verwirklich hat. (…) Dieses „Geheimnis“ verwirklicht sich heilsgeschichtlich in der Kirche, jenem neuen Volk, in dem die alten Mauern der Trennung niedergerissen sind und sich Juden und Heiden wiederfinden. Wie Christus ist die Kirche nicht nur Instrument der Einheit, sondern auch wirksames Zeichen. Die Jungfrau Maria, die Mutter Christi und der Kirche, ist die Mutter jenes Geheimnisses der Einheit, das Christus und die Kirche in untrennbarer Weise darstellen und das sie im Laufe der Menschheitsgeschichte verwirklichen.»
Das Böse, das uns verletzt, ist in Christus besiegt, der darunter gelitten hat, aber sich nicht davon hat beherrschen lassen – kraft seiner unbezwingbar festen Beziehung zum Vater. Das Zeugnis des Papstes als eines Mannes des Friedens hat seinen Ursprung in einer Wiederentdeckung der Bedeutung der Taufe. Wir spüren tagtäglich, wie sehr uns die Feindschaft zusetzt und uns zersetzt. Viele sehen in ihr das authentische und endgültige Angesicht des Menschen. Ihr ist der Mensch letztlich ausgeliefert, vergeblich jeder Versuch, ihren Sieg durch Gesetze oder Bräuche aufzuhalten. Im besten Fall bleibt man vor allzu vielen Problemen verschont. Doch die Taufe stellt diese Sicht der Dinge auf den Kopf. Dank der Taufe bleibt das Leben nicht der Feindschaft überlassen, der bittere Nachgeschmack der Gewaltsamkeit verschwindet. Denn die Taufe reißt die Wurzel der Gewalttätigkeit in uns aus.
«Als wir das Sakrament der Taufe erhielten», so der Papst in der Kathedrale zu Istanbul, «wurden wir alle in den Tod und die Auferstehung des Herrn eingetaucht, „es wurde uns gegeben, von dem einen Geist zu trinken“, und das Leben Christi wurde unseres, damit wir wie er leben, um unsere Brüder und Schwestern so zu lieben, wie er uns geliebt hat. (vgl. Joh 13, 34)». Was der Papst bezeugt, bezeugen auch viele einfache Christen, die die Bedeutung ihrer Taufe entdecken: Sobald ein Mensch die Positivität in sein Leben eintreten lässt, die Jesus Christus ist, wird er mit seinem Leben zu einer ursprünglichen Gegenwart, anstatt nur auf die jeweiligen Umstände zu reagieren.
Die ganze Reise des Papstes hat dies vor Augen geführt. Damit hat sie zugleich uns Christen unsere abenteuerliche Mission gezeigt, nämlich Mitarbeiter des Willens des Vaters zu sein, der das Heil in dieser Welt will. Überall da, wo der Papst Halt machte, wurde der Sieg über das Böse spürbar: «Die gute Nachricht ist nicht nur ein Wort, sondern eine Person, Christus selbst». Frohe Weihnachten!