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Exerzitien des CLU
Die einzige Antwort auf die Sehnsucht des Herzens
Alberto de Simoni und Luca Pezzi

Über 6.000 Studenten nahmen Ende Dezember an den Exerzitien teil. Wir geben hier die Erfahrungen einiger ausländischer Studenten wieder.

Wie üblich begrüßte Don Pino zu Beginn alle Anwesenden aus dem Ausland. Von allen aufgezählten Ländern ließ eines sicherlich am meisten aufhorchen. Denn, auch wenn es der chinesischen Regierung gelang, ihre Bischöfe an der Teilnahme der im Oktober stattgefundenen Weltbischofssynode in Rom zu hindern, so konnte sie doch in keinem Fall L., eine Chinesin aus Kanton, davon abhalten, nach Rimini zu kommen. Sie studiert für zwei Jahre an der Mailänder Universität Bocconi. Dort lernte sie Cecilia kennen und durch sie die Bewegung. Da sie nur Englisch spricht, fungiert Cecilia auch noch als Übersetzerin. Wir fragen sie, was ihr am meisten in diesen Tagen gefallen hat. «Auf alle Fälle die Lieder. Und dann die sensationelle Erfahrung einer gewissen Weite, die einen atmen lässt.» Diese Exerzitien hätten ihr Herz verändert und sie habe eine wichtige Entscheidung für ihr Leben getroffen, die sie uns aber noch nicht verraten wolle, erklärt sie. Am Samstag schrieb L. einen Brief an ihre Freunde, um ihnen etwas von der Erfahrung mitzuteilen, die sie gerade macht: «Ich bin sehr froh und kann von Glück reden, hier zu sein (sie haben mir gesagt, ich sei die einzige Chinesin!). Mir liegt sehr viel an diesem Treffen, denn es hat mein Herz berührt. Obwohl unsere Kulturen die Sinnfrage auf verschiedene Art und Weise stellen und in verschiedenen Sprachen ausdrücken, gibt es Leute hier, die auf eine Gemeinsamkeit setzen. Alle hier glauben an Christus, sie sind in ihrer Überzeugung entschieden und haben eine große Sehnsucht nach Glück. Ich glaube fest daran, dass es etwas gibt, das die sichtbaren Dinge auf Erden übersteigt, und dass wir es das ganze Leben lang suchen. Genau das ist der Grund, weshalb wir hier sind.»

Drei deutsche Erasmus-Studenten
Uli nimmt nicht zum ersten Mal an Exerzitien teil. Er kommt aus Hohenheim und ist für sechs Monate in Mailand mit einem Erasmus-Stipendium. Er studiert Landwirtschaft und traf die Studenten des CLU hier in Italien. Bei den Exerzitien, an denen er bisher teilgenommen hatte, waren nie mehr als vierzig Personen, wie er uns erklärt. Daher sei es schon besonders beeindruckend, hier nun gleich 6000 Jugendliche auf einem Fleck zu sehen. Er freut sich bereits darauf, nach Mailand zurückzukehren, um das Leben an der Universität wieder aufzunehmen. «In Deutschland heißt es immer, dass nur die Süditaliener gastfreundlich und offen wären. Aber in Mailand bin ich auf eine sehr nette Freundschaft gestoßen und ich bin froh, dass wir jeden Tag den Angelus zusammen beten, da es wahr ist, was Carròn uns gesagt hat: im Mittelpunkt muss Christus stehen und es ist möglich, ihm jeden Tag zu begegnen.» Neben ihm steht Veronika. Auch sie ist Deutsche, aber am Akzent ihres Italienischs erkennt man, dass sie in Florenz studiert. Ein Kollege ihres Vaters gab ihr die Nummer einiger Studenten des CLU, und so wurde sie letztlich zu den Exerzitien eingeladen. «Ich bin zwar getauft, erzählt sie uns, habe aber keinen sehr gefestigten Glauben. Ich glaube schon an Gott, weiß jedoch nicht recht wieso. Während der Briefe, die vorgelesen wurden, sagte ich ständig: «Das bin ich! Das bin ich!». Vor allem der Brief von Filippo, der überall nach dem Glück suchte und dafür sogar von zu Hause flüchtete. Jetzt habe ich einen Schritt nach vorne getan und kann von diesem Punkt aus weitermachen. Ich habe nicht alles verstanden, aber mich haben die Art zu denken und der Gebrauch der Vernunft beeindruckt, gerade in der Einfachheit der Beispiele. Ich hatte nie daran gedacht, dass die Beziehung zu Christus, die gleiche Sprengkraft entwickeln könnte, wie die Beziehung zu meinem Freund!»
Ihre Übersetzerin ist Katharina. Sie gehörte schon immer der Bewegung an und studiert gerade in Mailand Philosophie. In den letzten Jahren nahm sie stets an den Exerzitien in Deutschland teil. «Ich hatte Angst, dass die vielen Leute mich ablenken könnten. Indem ich jedoch dem Vorschlag des Schweigens folgte, war in erster Linie ich selbst gefordert, vor dem Geheimnis zu stehen. Die Personen, die mit mir waren, wurden dabei zu einer Hilfe und nicht Ablenkung oder Alibi.»

Zwei Ohrfeigen und eine kalte Dusche
«Wieso fährst Du nicht ein paar Tagen früher los und triffst dich mit einigen meiner Freunde in Rimini?», wurde Joshua aus Perth in Australien von seinem Freund und Professor für italienische Linguistik, John Kinder, gefragt. Und so nahm er die Einladung an und baute auch noch Rimini in seine Ferienroute durch Italien ein. Die beiden kennen sich seit vier Jahren. Seit fünf Monaten treffen sie sich wöchentlich einmal, um gemeinsam Spuren zu lesen. «Ich habe noch nie auf eine solche Art und Weise vom Christentum gehört und es auch nicht so gelebt. Die einzigen Nachrichten, die ich hatte, bekam ich aus Zeitungen.» Er erzählt uns von der Erfahrung dieser Tage: «Ich hatte erwartet, es würden ganz stur von vornherein festgelegte Antworten gegeben. Aber statt dessen bekam ich gleichsam zwei Ohrfeigen. Bislang fühlte ich mich recht einsam, völlig eingenommen von den Dingen um mich herum, und konnte nicht in aller Klarheit sagen, was ich eigentlich suche. Diese Exerzitien haben dazu geführt, dass ich wieder dazu ermuntert wurde, mich mit meinem Herzen auf die Wirklichkeit einzulassen.» Den verbleibenden Monat seiner Ferien in Italien möchte er dazu nutzen, die zahlreichen Freundschaften zu vertiefen, die er in Rimini schließen konnte. Der 24-jährige Martijn aus Holland, der erst vergangenes Jahr die Taufe empfing, spricht von einer «kalten Dusche», die ihnen Carròn mit seiner Lektion bereitet hätte. «Mir wurde klar, dass er uns nicht etwas zeigen will, was neben der Wirklichkeit steht, ohne diese zu berühren. Die Exerzitien helfen mir vielmehr dabei, die Neuheit dessen wahrzunehmen, was ich alltäglich lebe.»

Aus der neuen Welt
Matthew kam für ein Semester von Indien nach Mailand. Er ist praktizierender Protestant und nahm ebenfalls die Einladung nach Rimini an. «Ich habe viel zum Nachdenken. Was ich hier hörte, gab genau die Empfindungen meines Herzens wieder, die ich selbst nie zum Ausdruck bringen konnte.» Auch Pablo, ein argentinischer Jurastudent, ist mit dem Erasmus-Stipendium nach Mailand gekommen. Seine Kusine hatte den ersten Kontakt hergestellt, damit er eine Unterkunft finden konnte, und so hat er einige Freunde des CLU kennen gelernt. Bereits wieder in Mailand, treffen wir ihn zur Mittagspause zwischen zwei Vorlesungen. Er ist müde, aber offensichtlich zufrieden. Er hat immer noch das Bild all der Leute im Kopf, die er in Rimini gesehen hat. Sowohl wie sie schweigend im Bus saßen als auch singend im Chor. Folgendes habe er bei den Exerzitien gesehen: «Nicht eine zwar "logische", aber gefühlskalte Antwort auf meine Fragen, sondern eine faszinierend menschliche Freundschaft, die mich dazu herausfordert, auf mein Herz zu schauen, um so herauszufinden, was dem Leben wirklich entspricht.» Der Beginn einer Arbeit, die auf so einfache Art und Weise angefangen hat: «Ich möchte die gleiche Vertrautheit, die ich bei Giussani gegenüber Leopardi sah, auch gegenüber allen Dingen haben, auf die ich treffe.» Dabei bezog er sich auf die Wiedergabe einer Lektion, die Don Giussanis am 22. Mai 1996 vor Studenten der Mailänder Universität Politecnico über Leopardi gehalten hatte.