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Verfolgung in der Welt
Von der Gleichgültigkeit begraben
Antonio Socci

Die Massenmedien sprechen nicht darüber. Dennoch verlieren über 160.000 Christen jährlich ihr Leben um ihres Glaubens willen

Maria, eine achtzehnjährige Ägypterin, hat dasselbe Alter und sogar denselben Namen wie meine Tochter. Sie ist Christin und aus diesem Grund wurde sie eines Tages, so erzählt sie in The Observer, während einer Geburtstagsfeier im Hause von Freunden von fanatischen Moslems entführt. Man versklavte sie neun Monate lang, tat ihr Gewalt an und zwang sie, Muslimin zu werden (Man hat ihr sogar mit Schwefelsäure das Kreuz weggeätzt, das sie auf ihrem Handgelenk eintätowiert hatte). Es gelang ihr zu fliehen, aber sie musste sich lange versteckt halten, da es nicht erlaubt ist, vom Islam zum Christentum «zurückzukehren». Dies ist nur einer von vielen Fällen des alltäglichen Terrors gegen Christen in der Welt. Auch Yusriani (15 Jahre), Theresia (16 Jahre) und Alvita (19 Jahre), die am vergangenen 19. Oktober in Poso in Indonsien wegen ihres katholischen Glaubens mit Machetenschlägen enthauptet wurden, waren meinen Töchtern ähnlich.
Wer würde nicht wie ein Wahnsinniger um die eigenen Kinder schreien? Und sind nicht auch sie unsere Kinder? Sind die drei armen christlichen Bauern aus Sulawesi, die nach den islamischen Ausschreitungen im Jahre 2000 zum Tode verurteilt wurden, nicht unsere Freunde und Brüder? In den Tagen, in denen man in Italien Konzerte, Aufrufe und Kundgebungen gegen die Todesstrafe in den USA veranstaltete, gab es für sie keinen Aufruf. Sie sind - in Erwartung der Hinrichtung - bereits begraben. Durch die Gleichgültigkeit. Niemand erhebt die Stimme für sie, da sie klein und unbedeutend für die Welt sind, ebenso wenig für all die anderen Christen, die in China oder Nordkorea in Lagern verschwunden oder umgekommen sind. Man betet nicht einmal für sie in unseren Kirchen. Für die 160 000, die jährlich ihr Leben aufgrund des Glaubens an Christus verlieren, gibt es keinen Gedenksonntag (wohl aber für die Auswanderer, die Universität, die Massenmedien usw.).
Wir müssten mit allem Atem, den wir in den Lungen haben, die 45 Millionen Christen, die im 20. Jahrhundert wegen ihres Glaubens umgebracht wurden (das größte Massaker in der Geschichte der Christenheit) um ein Eingreifen anflehen. Wenn man das Leben der Christen in armen Ländern, wie zum Beispiel Pakistan, anschaut, ist es beeindruckend zu sehen, bis zu welchem Grad diese einfachen Menschen bereit sind, alles für Christus zu opfern. Für sie bedeutet, Christ zu sein, sich selbst und die eigenen Kinder zu einem Leben ohne Rechte zu verdammen und sich jedem Missbrauch auszusetzen. Aber sie verleugnen Ihn nicht. Sie lieben Ihn, mit Einfachheit und Vertauen.
Die «katholischen» Meinungsmacher, die in den Zeitungen schreiben, geben sich alle Mühe zu wiederholen, dass die Christen nicht verfolgt werden. In den vergangenen Monaten nannte jemand Antonio Fazio [ehemaliger Chef von Banca d' Italia, z.Zt. wegen Untreue angeklagt, A.d.R.] einen Verfolgten, während man in dem Blatt, das er herausgibt, lesen kann, dass die Christen in China und im Iran gute Zeiten erleben. Das ist die Unsitte.
Man wird mit Dreck beworfen, wenn man sich für die arme gekreuzigte Kirche Gottes interessiert, für die die Massenmedien bloß Gleichgültigkeit übrig haben.
Wenn du um Überlebensraum für unsere gedemütigten und gefolterten Mitbrüder bittest, wirst du mindestens wie ein Verrückter angeschaut: «Wer zwingt dich dazu?», fragen sie. «Du würdest dich weniger blamieren, wenn du, wie alle anderen, Schmetterlinge jagen würdest, d.h. über Unwesentliches diskutieren würdest.»
Nur, dass wir nicht deswegen auf der Welt sind. Die Welt möchte, dass wir dumm bleiben, aber unser Vater hat uns dazu erzogen, unser Herz und unseren Verstand zu öffnen, damit wir in diesem Augenblick in der Welt den gekreuzigten Christus wahrnehmen.
Erinnert ihr euch daran, wie wir noch als Kinder Russia Cristiana und Cseo [Zeitschriften, die Texte von Dissidenten veröffentlichten] verteilt haben? Damals haben wir gelernt, den Horizont des Lebens auf die «gesamte Wirklichkeit» auszudehnen und die Zeugnisse unserer Brüder zu lieben. Damals haben wir, vor allen anderen, auch Menschen wie Karol Wojty?a getroffen. Wir waren 18 Jahre alt und empfanden jeden in den Winkeln der Welt verlorenen Christen als einen der unseren. Seine blutenden Wunden waren für uns wie die Wundmale Christi, denn sie waren Teil Seines lebendigen Leibes. So wie wir. Kann man Sein Antlitz, Seine liebliche Gegenwart anerkennen, ohne Ihn in denen anzuerkennen, die für Ihn leiden? «Und wer ein solches Kind um meinetwillen aufnimmt, der nimmt mich auf.» (Mt 18, 5)