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Bewegungen - Beiträge
Der Geist ist es, der wirkt
Alberto Savorana

Die Botschaft des Papstes und Auszüge aus den Referaten der Kardinäle Schönborn, Ouellet und Scola beim II. Weltkongress der kirchlichen Bewegungen und neuen Gemeinschaften in Rocca di Papa, vom 31. Mai - 2. Juni 2006

Mit der Verlesung einer Botschaft Benedikts XVI. ist der II. Weltkongress der kirchlichen Bewegungen und neuen Gemeinschaften zum Thema Die Schönheit, Christ zu sein und die Freude, es mitzuteilen eröffnet worden. Das Thema nimmt Worte der Predigt Benedikts vom 24. April 2005 auf, dem Beginn seines Amtes als Nachfolger Petri. Der Kongress führte vom 31. Mai bis zum 2. Juni in Rocca di Papa 300 Vertreter der über 100 katholischen Bewegungen und Gemeinschaften aus der ganzen Welt zusammen. Sie hatten die Aufgabe, das Treffen der Bewegung mit dem Papst am Vorabend des Pfingstfestes vorzubreiten. Hierzu fanden sich dann am 3. Juni, auf dem Petersplatz über 400.000 Mitglieder unterschiedlicher Bewegungen und Gemeinschaften aus aller Welt ein.
An dem Kongress nahmen neben den bekannten Bewegungen auch eine Vielzahl neuer Gemeinschaften teil, die sich durch zwei Eigenschaften auszeichnen: Eine leidenschaftliche Verbundenheit mit Benedikt XVI. als sicherem Bezugspunkt für das eigene Glaubensleben, sowie das Bewusstsein der Notwendigkeit einer Erziehung zur Vertiefung der Gründe des Glaubens, damit aus dem anfänglichen Staunen eine feste Überzeugung wird.
Das alles hat gezeigt, wie sehr diese vielgestaltige Wirklichkeit von Bewegungen und neuen Gemeinschaften einer Führung bedarf, zu der der Päpstliche Rat für die Laien vom Papst berufen ist: ständig an die Natur des Christentums zu erinnern, das in erster Linie nicht eine Geschichte oder eine Ethik ist, sondern «das Ereignis einer Begegnung» (Deus caritas est) die das Leben verändert.
Beim I. Kongress der Bewegungen 1998 hatte der damalige Kardinal Ratzinger einen Vortrag gehalten zum Thema Kirchliche Bewegungen und ihr Standort in der Theologie. Acht Jahre danach wandte er sich an die Kongressteilnehmer, nun mit der Autorität des Papstes. Er forderte dazu auf, darüber nachzudenken, «was das Wesen des christlichen Ereignisses ausmacht: In ihm begegnet uns tatsächlich Derjenige, der in Fleisch und Blut, sichtbar, als geschichtliche Tatsache, den Glanz der Herrlichkeit Gottes auf die Erde gebracht hat».
In einer Zeit, in der die menschliche Vernunft von Relativismus und Nihilismus ernsthaft bedroht ist, betonte der Papst, dass «Christus im Herzen des Menschen gegenwärtig ist und ihn an sich zieht. Dank dieser außergewöhnlichen Anziehung wird die Vernunft aus ihrer Trägheit gerissen und für das Geheimnis geöffnet». Das, so fährt der Papst fort, «hat viele Menschen in "Bewegung" gesetzt ... Auch heute lässt Christus im Herzen vieler jenes "komm und folge mir nach" widerhallen, das über ihr Schicksal entscheiden kann. Normalerweise geschieht das durch das Zeugnis eines Menschen, der eine persönliche Erfahrung der Gegenwart Christi gemacht hat».
Die Botschaft fährt fort mit einem Appell an die Bewegungen: «Tragt da, wo ihr lebt das Licht Christi in alle gesellschaftlichen und kulturellen Milieus ... Erleuchtet die Dunkelheit einer von den widersprüchlichen Botschaften der Ideologien verwirrten Welt!». Der Papst ermutigte dazu, «Zeugnis von der Freiheit zu geben, zu der Christus uns befreit hat. Die außergewöhnliche Verschmelzung der Liebe zu Gott und der Liebe zum Nächsten macht das Leben schön und lässt die Wüste erblühen, in der zu leben uns oft beschieden ist ... .» Wo die Liebe sich als leidenschaftliche Anteilnahme am Leben und Schicksal der anderen erweist, wo sie sichtbar wird im liebevollen Umgang miteinander wie auch bei der Arbeit und zur Kraft wird für den Aufbau einer gerechteren Gesellschaftsordnung, da schafft man eine Gesellschaft, die fähig ist, dem Vormarsch der Barbarei entgegenzutreten.»
Das ist genau das Gegenteil einer Einladung zum Rückzug aus der Welt, um einer vagen Religiosität oder einer fleischlosen Spiritualität nachzujagen, sondern ein Maximum an Teilnahme an den Angelegenheiten des irdischen Lebens in einem «missionarischen Schwung»: das heißt, den anderen die Schönheit des Christentums mitzuteilen, die die Welt verändert. Zum Schluss erinnerte Benedikt XVI. die Bewegungen und neuen Gemeinschaften daran dass «ihr der lebendigen Struktur der Kirche angehört. Die Kirche dankt euch für euren missionarischen Einsatz, für die erzieherische Tätigkeit, für die Förderung der Berufungen» und auch «für die gezeigte Bereitwilligkeit, die operativen Anweisungen nicht nur des Nachfolgers Petri, sondern auch der Bischöfe aufzunehmen».

Christus, der Schönste der Menschen
Kardinal Christoph Schönborn, Erzbischof von Wien

«Wo Christus ist, da ist die Schönheit. Da, wo das Herz ist, öffnet sich das Leben für Christus, ergießt sich die Schönheit wie ein Leben spendender Strom über eine von der Sünde gedemütigte, vom Bösen entstellte Welt. Und das ereignet sich nach 2000 Jahren». Dies betonte Kardinal Schönborn in seinem Referat, das wir in Ausschnitten wiedergeben.
Das Wahre, das Gute, das Schöne sind keine äußerlichen Merkmale Gottes, sondern fallen mit dem Sein Gottes selbst zusammen. Gott ist die Wahrheit, das Gute, die Liebe, die Schönheit.
Alle erschaffene Schönheit ist Teilnahme an der unendlichen Schönheit des «Seins» Gottes. Wenn das wahr ist, dann muss man einen Schritt weiter gehen und sagen, dass das Wort, indem es Fleisch geworden ist, die Güte und die Liebe, die Wahrheit und die unendliche Schönheit Gottes sozusagen hat «Fleisch werden lassen». Christus ist nicht wegen besonderer ästhetischer Eigenschaften der Schönste unter den Menschenkindern, sondern weil er die Fleisch gewordene Schönheit Gottes ist. Sein ganzes Sein ist Liebe und Wahrheit, Güte und Schönheit. Christus ist der Glanz der Wahrheit, der Glanz der Güte.
Christus hat mit seiner Menschwerdung einen neuen «Maßstab der Schönheit» gebracht. Er hat nicht nur die ursprüngliche, durch die Sünde und das Böse verloren gegangene und geschändete Schönheit der Schöpfung wiederhergestellt, sondern in seiner Person die Quelle aller Schönheit gebracht. Von ihm aus breitet sich das lebendige Wasser der Schönheit über die Welt aus. Und alle Schönheit der Welt, die der Natur wie die der Tugend oder der Kunst ist Abglanz seiner Schönheit ... zugänglich gemacht durch seine Menschwerdung.
Es gibt nichts Schöneres auf Erden als die Heiligkeit. Von den Heiligen kann man sagen, was der Brief an die Hebräer von Christus sagt: Sie sind wie «ein Abglanz der Herrlichkeit Gottes».
Christus war schön im Himmel und auf Erden, im Schoß seiner Mutter und als sie ihn in ihre Arme schloss, schön am Holz des Kreuzes und als er in den Himmel aufstieg.

Die Schönheit, Christ zu sein
Kardinal Marc Ouellet, Erzbischof von Québec und Primas von Kanada

Donnerstag, 1. Juli, begann mit dem Referat von Kardinal Marc Ouellet, dem Erzbischof von Québec und Primas von Kanada, der über «Die Schönheit, Christ zu sein» sprach. Es folgen Auszüge aus seine Rede.
Ist Ästhetik, Schönheit ein wirklich fruchtbarer Weg für die Kirche von heute? Würde nicht in gewisser Hinsicht das derzeitige Christentum, losgelöst von seinen lebendigen Kräften, riskieren, in einer von den Resten der Kultur einer anderen Epoche geprägten Situation zu erstarren? Ich wage als Hypothese oder als Wette zu sagen, dass mir der Weg der Schönheit der Weg der kirchlichen Bewegungen und neuen Gemeinschaften zu sein scheint. Sind wir nicht (vielleicht) zu Beginn des dritten Jahrtausends aufgerufen, ausgehend von der Schönheit Christi neu zu beginnen? Der Weg des Schönen kommt zutiefst dem menschlichen Herzens entgegen.
Heute ist es dringlich, diesen Weg der Schönheit auszuloten, da der Gesichtspunkt der Wahrheit und Güte den mit Skeptizismus und Relativismus überfrachteten Menschen kaum noch erreicht. Es ist Aufgabe der Christen, die Harmonie zwischen Wahrheit, Güte und Freiheit wiederherzustellen, ausgehend von der lebendigen Begegnung mit Christus, der das Herz des Menschen wachrüttelt und seinem Leben Sinn zu geben vermag, indem er ihn für die ganze Wirklichkeit öffnet.
Die göttliche Liebe, die auf dem Antlitz Christi und der Christen strahlt ? erweckt das «Ich» eines jeden, ihre ganz persönliche Begabung und Freiheit. Mehr noch, die Einmaligkeit des Christentums verglichen mit jeder anderen Religion besteht in dem Paradox, dass es irgendwie das «Ich» eines jeden Menschen absolut setzt in genau dem Augenblick, in dem es relativiert wird, das heißt ganz Beziehung wird.
Eine der Aufgaben der kirchlichen Bewegungen und neuen Gemeinschaften in der Welt und der Kirche von heute ist die Erziehung zur Menschlichkeit, zur Fülle der Menschlichkeit.
Liebe ist nicht nur ein Gefühl, sie ist eine Person, eine Vision, eine Anstrengung, die alle Dimensionen des Menschlichen Wesens beleuchtet, ohne Vernunft und Sensibilität zu vernachlässigen. Der Platz, den Gott den Christen bereitet hat, ist so schön, dass es ihnen nicht gestattet ist, ihn leer zu lassen. Bleiben wir also auf dem Posten.

Kirchliche Bewegungen und neue Gemeinschaften in der Mission der Kirche: Prioritäten und Ausblicke
Kardinal Angelo Scola, Patriarch von Venedig

Der letzte Tag des Kongresses der Bewegungen und neuen Gemeinschaften, der 2. Juni, stand im Zeichen des Referats des Patriarchen von Venedig, Kardinal Angelo Scola, über Prioritäten und Ausblicke für die Sendung der Kirche, das wir in längeren Auszügen wiedergeben.
1.Vom Geist Jesu Christi gesendet
Wie die zweitausendjährige Geschichte des Gottesvolkes belegt, ist jede Verwirklichung kirchlichen Lebens gekennzeichnet vom ständig wiederkehrenden Ereignis der persönlichen und gemeinschaftlichen Begegnung mit Jesus Christus.
Ein tragendes Element der Lehräußerungen Johannes Pauls II. zu den Bewegungen belegt diese Aussage: «Mehrfach hatte ich schon Gelegenheit zu unterstreichen dass es in der Kirche keinen Kontrast oder Gegensatz zwischen der institutionellen und der charismatischen Dimension gibt. Beide sind gleich wesentlich für die göttliche Verfassung der von Jesus gegründeten Kirche, denn beide wirken zusammen daran, das Geheimnis Christi und sein Heilswerk in der Welt gegenwärtig zu machen».
Jede Verwirklichung der Kirche hat eine institutionelle und eine charismatische Dimension: von der Weltkirche bis zur Ortskirche, von der Diözese bis zur Pfarrei und von den klassischen Zusammenschlüssen von Gläubigen bis zu den kirchlichen Bewegungen und neuen Gemeinschaften. Jede dieser Wirklichkeiten lebt, jeweils ihrer eigenen besonderen Natur entsprechend, von diesen beiden Dimensionen. Es ist also nur ein Vorwand und letztlich falsch, die Bewegungen auf den Bereich der rein charismatischen Dimension zu beschränken und Diözesen, Pfarreien und klassische Zusammenschlüsse in die institutionelle Dimension zu verbannen.
Zwei Bemerkungen pastoraler Natur.
- Folgt man dem Charisma, so kann man das objektive Geschehen der eigenen Taufe wiederentdecken: Sie fügt uns dem Leib Christi ein und lässt uns untereinander Glieder werden. Wenn die charismatische Dimension mit-wesentlich ist, dann macht jeder, der einem authentisch kirchlichen Charisma begegnet, eine vollständige Erfahrung der Kirche. Dennoch muss die immer kontingente Natur des Gründer-Charismas und, mehr noch, die der Bewegung, die daraus entstanden ist, wachsam machen gegenüber der - auch indirekten - Gefahr, sie als Modell der ganzen Kirche aufzuzwingen. Eine schädliche Äußerung dieser Gefahr kann der scheinbar großmütige Versuch sein, de facto oder von Rechts wegen ein übergeordnetes Organ zur Koordinierung der neuen Bewegungen zu schaffen, so als könne das Problem der kirchlichen Reife, von dem Johannes Paul II. sprach, gelöst werden, indem man die neuen Bewegungen durch Einsatzpläne einheitlich organisiert, um dann bei Diözesen, Pfarreien und den klassischen Zusammenschlüssen der Gläubigen mitzureden.
- Keine «Pastoralstrategie» kann von sich aus das heilige Volk Gottes hervorbringen. Insbesondere müssen die Hirten der - wegen dringender pastoraler Probleme verständlichen - Versuchung widerstehen, die Bewegungen als reine «Arbeitskraft» zu verstehen, auch ohne so starre Pastoral-Pläne und - Programme aufzwingen zu wollen, dass sie für die verschiedenen Charismen demütigend sind. Andererseits müssen die Bewegungen Sorge tragen, das pastorale Anliegen des Bischofs mit der ihnen eigenen besonderen Gabe aufzunehmen.
2. Die Mission im dritten Jahrtausend
Wesentliche Bedingungen, denen die Bewegungen und neuen Gemeinschaften treu bleiben müssen, wenn sie wollen, dass der unverdiente Anfang ihrer Erfahrung für jedes ihrer Mitglieder zur ständigen Quelle freien Festhaltens an der Begegnung mit dem Herrn und ein dankbarer Weg für die Mission unserer Mitmenschen wird.
- Die erste dieser Bedingungen und bei weitem die dringendste ist das sich Hinstellen des «kirchlichen Subjekts», Person und Gemeinschaft, als Ort des lebendigen Zeugnisses und Angebots der Anziehungskraft Jesu Christi für jeden Menschen. Vor allem brauchen wir Personen und Gemeinschaften mit dem dringenden Wunsch, die Bedeutung der Begegnung mit Christus für die Grunderfahrung jedes Menschen zu bezeugen. Diese «Pflege» des Subjektes erlaubt ganz konkret die elementare, heute oft vergessene Tatsache wieder bewusst zu machen, dass das Leben als solches Berufung ist. Das Leben als Berufung geht der Berufung zu einer besonderen Lebensform voraus. Jede christliche Gemeinschaft ist verpflichtet, eine ständige Erziehung zum Glauben zu fördern als dem lebensnotwendigen Kriterium für den Umgang mit der ganzen Wirklichkeit. Im Leben des Christen wird das paulinische «Prüft alles, und behaltet das Gute!» (1 Thess 5, 21) denn «alles gehört euch, ihr aber gehört Christus und Christus gehört Gott» (1 Kor 3, 22-23) nicht automatisch Wirklichkeit, sondern erfordert eine angemessene erzieherische Arbeit. Es ist unmöglich, bei der christlichen Erziehung das Was vom Wie der Lehre Jesu zu trennen.
- Das christliche Subjekt ist berufen von dem Ereignis, dem es begegnet ist, Zeugnis zu geben, das heißt sich selbst zu exponieren in der Nachfolge Jesu Christi auf den Spuren des Charismas, an dem es teilhat und das von der kirchlichen Autorität objektiv garantiert wird. Das Zeugnis ist schließlich die froh machende Garantie eines guten, von der Anziehungskraft Jesu verwandelten Lebens. Das Zeugnis als dringendes Anliegen ist ein Wesensmerkmal der Authentizität eines jeden Charismas und wird auf radikale Weise gefordert beim unvermeidlichen Tod der Gründer von Bewegungen und neuen Gemeinschaften. Um in diesem Fall die Treue zum Charisma selbst sicherzustellen ist vor allem entscheidend, dass diejenigen, die dem Charisma begegnet sind, sich selbst exponieren, und das gilt in ganz besonderer Weise für diejenigen, die den Auftrag erhalten haben, die Leitung der Gemeinschaft als Nachfolger der Gründer fortzuführen. Durch das Risiko des persönlichen Zeugnisses wird man immer mehr zu Kindern und deshalb treu gegenüber der empfangenen Gnade: Kinder und nicht einfache Nachahmer.
Für die Sendung der Bewegungen und neuen Gemeinschaften gibt es nicht nur einen einzigen Weg, den alle gehen müssen. Das erfordert den Mut und die Geduld, neue Formen zu finden. In einigen dieser Gemeinschaften entwickelt sich das Bewusstsein, dass dem Charisma zu folgen einfach bedeutet, die normale Zugehörigkeit zur Kirche auf eine überzeugendere Art und Weise auszudrücken. Ähnliche Bewegungen wollen zur «sakramentalen Logik» erziehen, die der christlichen Existenz als solcher eigen ist. Sie erlaubt, auf die allen Gläubigen gemeinsamen Lebensbedingungen einzugehen, ohne auf spezifische Formen und Organe für Aufgaben, Glaubenszeugnisse und Organisation Nachdruck zu legen. Eine ähnliche Richtung bevorzugt das Konzept und die Praxis einer Bewegung, die sich als Ort für Bruderschaft und christliche Freundschaft versteht und fähig ist, flexibel auf die jedem Ort und jeder Zeit eigenen Anliegen einzugehen.
Mission ist zuallererst nicht eine spezifische Tätigkeit zusätzlich zum täglichen Leben.
Der aufgrund eines überzeugenden Charismas von der Schönheit der Begegnung mit Christus angezogene Mensch selbst vermittelt, voller Freude, diese Schönheit in seinem täglichen Leben - bei Zuneigung, Arbeit und Erholung. Die Sendung der Kirche hat, wie wir wissen, keine anderen Grenzen als die der Erde. Das muss so weit gehen, dass sich die anthropologischen und gesellschaftlichen Folgen der Neuheit des von der Taufe erzeugten Lebens zeigen. Dieses Leben wird anziehend durch die Treue zum Charisma das im Leben der Kirche mitgeteilt wird.
In diesem Zusammenhang ist bedeutsam, welches Gewicht in jüngster Zeit - zumindest in Europa und den Vereinigten Staaten - die Diskussion darüber gehabt hat, was eigentlich «Religion» und «Laientum» sind. Einerseits wird das Verhältnis Bürger-Staat verabsolutiert und dabei jede andere Zugehörigkeit oder Identität (kultureller, religiöser Natur) in den Bereich des Privaten verbannt. Andererseits erleben wir eine Betonung kultureller, religiöser und ethnischer «Differenzen», die so weit geht, eine Kommunikation unmöglich zu machen. Der durch die Begegnung mit dem Auferstandenen geprägte Mensch ist aber gerade voller Achtung vor der besonderen Natur der Grunderfahrung und läuft nicht Gefahr, die Unterschiede überzubetonen. Der seinem Wesen nach religiöse Mensch hat die Fähigkeit, die ganze Wirklichkeit anzunehmen, die ihrerseits in ihren wesentlichen Zügen erkennbar ist. Bewegungen und neue Gemeinschaften sind deshalb zu einem umfassenden Zeugnis aufgerufen, das bis zu diesen Folgerungen reicht. Nur so werden sie der wesentlich missionarischen Natur des Christentums treu sein.