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Briefe
Briefe Juli-August 2006
Zusammengestellt von Paola Bergamini

"Tod, wo ist dein Stachel?"
Lieber Don Carrón,
vor einem Jahr, genau 73 Tage vor der Hochzeit mit Sven, wurde bei mir ein Tumor entdeckt, der bald schon als bösartig eingeschätzt wurde. Von einem Moment auf den anderen war mein Leben, meine Wünsche und besonders meine Freude, ein gemeinsames Leben  mit Sven zu verbringen, in Frage gestellt.
In dieser Situation habe ich das erste Mal verstanden, dass mein Leben mir gegeben ist, dass ich mich selbst nicht erschaffen habe und mein Leben mir nicht gehört. Genau deswegen, inmitten dieser neuen Umstände, war es nicht einfach für mich, die Herangehensweise einiger Personen anzunehmen. Denn die Herausforderung für mich sah ich darin, diese Realität meiner Krankheit zu umarmen, auch wenn dies mir Angst bereitete. Und so war es verletzend zu hören, dass alles schon wieder gut werde. Laut ihnen sollte ich gesund werden, weil ich eine "gute Christin" sei. Aber ich wollte und konnte diese Krankheit nicht bloß auf eine Frage moralischen Verhaltens reduzieren.
So sagte ich mir darauf als erstes, dass ich mein Leben nicht verdiene. Ich habe es mir weder gegeben, noch gehört es mir. Auf genau dies verwies auch die Wirklichkeit meines Praktikums auf einer Kinderkrebsstation, wo ich mit sterbenden Kindern und ihren Familien konfrontiert war. Welch Herausforderung auch dort nach Sinn zu suchen!
In den Wochen zwischen OP und Diagnosenstellung des Tumors war nichts zu tun, bloß warten. Und so wurde mir bewusst, dass ich seit einem Monat fast jeden Tag im Krankenhaus gewesen bin, erschöpft von den Schmerzen und Medikamenten und, dass ich an den Prüfungen nicht mehr teilnehmen könne. Und meine Antwort auf dies war selbst für mich überraschend. Ich sagte mir, dass im Endeffekt das Wesentliche in meinem Leben sich nichts verändert hat. Dieser Tumor, der mir mein Leben hätte nehmen können, konnte mich nicht davon abhalten, in jenem Augenblick lebendig und glücklich zu sein. Der Tumor konnte meinen Wunsch nach Leben und Sinn nicht besiegen. "Tod, wo ist dein Stachel?"
Wenn ich also hätte sterben sollen, so wäre ich glücklich gestorben, denn ich hatte bis zu jenem Zeitpunkt das Leben in Fülle gelebt. Ich musste mir nicht eingestehen, die brennende Frage nach Sinn für die Zukunft aufgehoben zu haben. Ich hatte ein schönes und erfülltes Leben gehabt und diese Fülle konnte mir nicht genommen werden. So war diese Zeit schwer, aber lebbar. Gleichzeitig war es eine Zeit voller überraschender Gnaden: ein Freund, der im Petersdom eine Messe für mich feierte, Freunde, die meinen Verlobten bei sich aufnahmen um ihm beizustehen, andere, die an der Rue du Bac eine Novene für mich beteten, ein Brautpaar, das im Rahmen der Hochzeitsfeierlichkeiten eine Pilgerfahrt zum Hl. Riccardo Pampuri organisierte, und das Sakrament der Krankensalbung, das ich erhalten habe.
Meine Freunde und ihre vielen Gesten der Freundschaft, ihre Präsenz und besonders die große Treue und Liebe von Sven haben mir bewusst gemacht, dass mein Leben einen Sinn haben muss und, dass die Auferstehung konkrete Folgen für meinen Blick auf das Leben hat. Ich brauchte mein Leben also nicht fest zu halten, denn der Tod bedeut nicht mein Ende. Schließlich, wider alles Erwarten, handelte es sich bei dem Tumor um eine seltene aber gutartige Form. Aber doch war dies fast nicht mehr das Zentrale, denn ich war bereit mein Leben los zu lassen, es einem Anderen zu überlassen.
"Wer ist der Mensch, der das Leben liebt und sich glückliche Tage wünscht?" (PSALM 34). Bewusster als vor der Krankheit kann ich sagen: "Ich, ich liebe das Leben." Und, da ich auch während dieser schweren Zeit Glück erfahren habe, heute glücklich bin, bin ich mir sicher, dass ich an jedem Tag meines Lebens die Erfahrung des Glückes machen kann.
Usha, Dortmund

Sehnsucht nach Kultur
Lieber Don Carrón. Am Anfang des Seminars für Soziologie der Erziehung fragte der Professor: «Wer von euch hat eine brennende Sehnsucht nach Kultur?». Wenige hoben die Hand. Der Professor schrieb an die Tafel: «ABER WELCHE SEHNSUCHT?» Am Ende der Stunde sagte ich ihm: «Ich fühle mich durch Ihre Frage herausgefordert. Ich möchte erläutern, welches meine Sehnsucht ist.» Ich schrieb eine Seite, die ich ihm brachte und die er mit mir lesen wollte. Ich sagte, dass Kultur, auch etymologisch, mit Erziehung zu tun habe, und dass es dies sei, was mich interessiere. Ich studiere, um Lehrerin zu werden, und mich interessiert meine Erziehung heute. Ich sprach auch vom Bedürfnis nach einem Lehrmeister. Das Gespräch zwischen mir und dem Professor endete mit seinen Worten: «Eine, die so spricht, ist sicher einem Lehrmeister begegnet.» Beim nächsten Mal brachte ich Spuren und die DVD über Das Wagnis der Erziehung mit. Für einige Zeit sagte er mir nach jedem Seminar, dass er keine Zeit zum Anschauen habe. «Ich werde Ihnen das Heft mitbringen, in dem der Vortrag abgedruckt ist.» So blieb es. Am folgenden Montag sagte er zu mir: «Du hast Recht. Es ist sehr interessant, stellenweise auch bewegend. Mich hat seitens eines Priesters das Misstrauen gegenüber der Macht überrascht.» Ich lächelte, es hatte ihn positiv überrascht. «Wenn es Ihnen interessant erscheint, könnten wir doch zusammen darüber diskutieren!» «OK.Wir werden eine heiße Diskussion erleben!» Beim nächsten Mal brachte ich ihm das Buch Das Wagnis der Erziehung mit. Ich machte ihn auf den Aufruf zur Erziehung in der Mitte des Buches aufmerksam und bat ihn, das zu lesen. Er las es mit mir zusammen; es gab keinen Abschnitt, in dem er nicht unterbrach, um seine Zustimmung zu äußern, mir ein Buch zu empfehlen oder mich um Klärung zu bitten. Ich schlug ihm vor, an der Vorstellung der DVD in der Fakultät teilzunehmen. Am Tag der Vorstellung begann er die Soziologiestunde, indem er von Don Giussani sprach. Der Professor lud zu der Vorstellung ein und präsentierte sie sozusagen als «Seminar», indem er mitteilte, dass die Teilnahme praktisch obligatorisch sei. Mein Herz schlug vor Staunen und Dankbarkeit. Er hatte die DVD zum Teil seines Unterrichts gemacht. Er begann nach der Vorstellung eine Erörterung, die wir nicht vorgesehen hatten. Im Dunkeln hatte er sich zwei Seiten mit Notizen gemacht; über das, was ihn erstaunte; über das, was ihm nicht klar geworden war; und über das, womit er nicht einverstanden war. Die darauf folgende Stunde begann wieder mit Don Giussani. Der Professor bedauerte, dass so wenig Leute zur Vorstellung gekommen waren - meine Erwartungen waren hingegen eher übertroffen worden. Er wiederholte die Wichtigkeit der erzieherischen Mitteilung von Don Giussani, auch am Ende unserer Studien. Er hob nochmals einige wichtige Punkte der Konferenz hervor und äußerte einige Kritikpunkte. Letzte Stunde des Kurses. Er nahm mich dran, um ein Referat über einen Artikel zu halten, den wir hatten studieren sollen. Nach dem Lesen wurde mir plötzlich klar, dass er mich für den Essay gewählt hatte, weil ich nochmals im Kurs so über Erziehung sprechen würde, wie ich es mit ihm getan hatte. So wurde ich also «Schlussredner» im Seminar Soziologie der Erziehung für die Fächer Neue Literatur, Philosophie und Sozialarbeit und sprach von der großen erzieherischen Herausforderung, so wie es auch mir mitgeteilt worden war.
Teresa, Palermo

Fraternität
Lieber Don Carrón. Ich habe den Brief erhalten, in dem meine Bitte um Aufnahme in die Fraternität angenommen wurde. Um ehrlich zu sein: Ich hatte mich schon am Ende meines Studiums eingeschrieben, nach der Erfahrung von GS und CLU; aber letztlich wurde mir klar, dass ich dies aus der Treue zu einem moralistisch gelebtem Weg, sozusagen als ethische Entscheidung, beschlossen hatte. Für einige Jahre lebte ich «nebenbei» unsere Weggemeinschaft: Ich blieb einigen Instrumenten treu, wie Spuren, Texte vom Seminar inbegriffen. Aber all dies tat ich, ohne mich in die Gemeinschaft einzubringen, ohne den Wunsch zu haben, bei den anderen zu bleiben; denn die «anderen» waren nicht kohärent und entsprachen nicht dem Bild, das ich mir von der Kirche gemacht hatte. Aus einem Akt von Hochmut bat ich, die Einschreibung in die Fraternität rückgängig zu machen. Denn die Realität war nicht so, wie ich sie wollte. Es kamen harte, traurige und ermüdende Jahre; auch wenn ich weiter mit Großzügigkeit und Altruismus viele Dinge in der Gemeinde und im Oratorium tat, um jenem Bedürfnis nach Gott nachzugehen, das in meinem Herzen geblieben war. Ich denke, dass es die Gebete und die Gegenwart meiner Frau waren, die mich nach ein paar Jahren wieder dahin brachten, von neuem jene Erfahrung zu teilen, die mich fasziniert hatte, als ich zu Beginn der Oberschule einigen von GS begegnet war. Nach dem Tod von Don Giussani beschloss ich, dass ich mein Leben nicht weiter vergeuden wollte, indem ich immer wieder von mir selbst ausging. So habe ich erneut auf die Bewegung «gesetzt»: Ich weiß, dass ich nur hier die Gewissheit einer Entsprechung meiner Sehnsucht nach Wahrheit finde. Ich habe schließlich mit Demut, aber freudig, das Leben meiner Gemeinschaft wieder aufgenommen; und zwar im Bewusstsein, dass mein Anhängen an Christus entweder durch das Menschliche, durch mich und die Wegbegleitung, also die Kirche geschieht, oder dass ich dahin zurückkehre, mein eigener Maßstab zu sein. Die wahre Gnade besteht aber im Wiederfinden jener Freunde und Gesichter, die mich seit GS und CLU begleitet haben. Sie haben mich nie aufgegeben, nicht im Erwachsenenalter und nicht jetzt, mit 50 Jahren. Ich bin überzeugt, dass sie die historische und wirkliche Art und Weise sind, wie ich in Christus und gleichermaßen in Seiner Kirche leben kann.
Giancarlo, Varese

Schuljahresende
Ihr Lieben. Dieses Schuljahr war voller Zeichen; es hat mich geprägt wie nur selten zuvor. Was am Ende des Schuljahres bleibt, ist eine Freundschaft. Sie ist gewachsen, weil sie sich dem Leben und seinen Fragen gegenüber immer mehr geöffnet hat. Es ist eine Freundschaft mit den Schülern, die mich mit ihrer Leidenschaft und ihren Fragen nie in Ruhe ließen. Es ist die Freundschaft mit einigen Lehrern, die für mich ein affektiver und ideeller Bezugspunkt sind, so dass ich mich jeden Morgen nach ihnen sehne, wenn ich die Schule betrete. Nur einige dieser Lehrer sind von der Bewegung, die anderen nicht. Dass mir das Folgende passiert ist, ist ein Wunder, für das ich dankbar bin. Ich habe nichts dafür getan. Im Zentrum dieser Freundschaft der letzten Schultage reifte folgende Idee: nämlich allen Kollegen die Dringlichkeit der erzieherischen Frage zu stellen. Denn angesichts der schulischen Fragen selbst herrscht häufig das große Nichts, auch wenn jeder Augenblick bedrückend ist. So haben wir einen Text geschrieben: über die Dringlichkeit, die schulischen Probleme vor dem Hintergrund einer Erziehung anzuschauen. Es war interessant, Das Wagnis der Erziehung in diesem Zusammenhang zu lesen. Denn dies zeigte, wie wahrhaftig und wirkungsvoll dieses Buch ist. Und dass schließlich Lehrer, die nicht von der Bewegung waren, mich drängten, die erzieherische Herausforderung in den konkreten Fragen des Schullebens zu sehen, war für mich eine Gelegenheit zum Lernen.
Gianni, Abbiategrasso

Solidaritätszentrum
Lieber Don Julián, am Karsamstag war ich Patin bei der Taufe, Erstkommunion und Firmung von Florida, einem sechzehnjährigen albanischen Mädchen, das diese Sakramente zusammen mit ihrer Schwester Gloria vom Bischof von Pesaro erhielt. Die Patin von Gloria war Miriam, eine Freundin von mir. Wir wurden von ihrer Mutter Klarita, einer orthodoxen Albanerin, darum gebeten. Ich hatte sie vor drei Jahren am Solidaritätszentrum [eine Hilfsorganisation von CL-Mitgliedern für Arbeitslose] kennen gelernt. Ich hatte damals nichts anderes getan, als dieser verzweifelten Mutter Aufmerksamkeit zu schenken. Sie musste von Bari nach Pesaro umziehen zusammen mit dem Mann (ein katholischer Albaner) und konnte keine Arbeit finden. Sie war in Albanien als Fremdsprachenlehrerin tätig, kam nach Bari, wo sie nach verschiedenen Jobs als Kulturreferentin bei der Stadtverwaltung tätig war. Nun war sie in Pesaro und fand keine Arbeit. Sie kam traurig und entmutigt zum Solidaritätszentrum. Wir versuchten, ihr eine angemessene Anstellung zu besorgen. In den ersten Jahren war es schwierig, aber dann wurde sie dank ihres Einsatzes und der Beziehung zu uns für eine ausgeschriebene Einstellung als Kulturreferentin ausgewählt. Von der ersten Begegnung an hing sie sehr an uns und engagierte sich sofort selbst im Solidaritätszentrum mit mir und Miriam. Dann kam sie zum Seminar der Gemeinschaft. Ihre Freundschaft ist ein großes, ganz ungeschuldetes Geschenk und ich habe nichts Besonderes dafür getan. Ich habe ihr bloß Aufmerksamkeit geschenkt. Es ist wahr: Gott ist groß und er braucht die Menschen, wie ein alter Film heißt, den Don Giussani uns zeigte, als ich Schülerin war. Damals verstand ich nichts davon. Ich bin ein Nichts, aber ich habe ein großes Geschenk erhalten: Einem Menschen wie Don Giussani zu begegnen, der mich Fünfzehnjährige wie eine Tochter erzog. Heute bin ich 51, verheiratet, habe 2 Kinder und wünsche, dass sie der gleichen Schönheit begegnen, die mir zugeteilt wurde.
Carla, Pesaro

A propos Taufe
Ich habe meine drei Kinder taufen lassen und war mir dabei immer bewusst, dass dies keine bloß zu erledigende Formalität oder ein traditioneller Ritus sei. Ich war mir dessen bewusst, dass meine Kinder durch die Taufe zu Kindern Gottes wurden. Aber wenn man die Taufe für ein sechsjähriges Kind erbittet, das dir als Pflegekind anvertraut wurde, dann ruft dies in dir den Sinn und den Grund dieses Gestus noch deutlicher in Erinnerung. Wir haben Frank am 14. Mai taufen lassen. Auch seine Herkunftsfamilie war zusammen mit all unseren Freunden dabei. Die Taufe ist wirklich etwas Reales und Konkretes - so hat mein Mann einigen Freunden erzählt: «Zur Taufe kamen 15 Afrikaner, die zu zwei unterschiedlichen Stämmen gehören. Dies fiel sichtlich als etwas Merkwürdiges und Fremdartiges auf. Es war anders als das, woran wir gewöhnt sind. Es war ein bunter Fleck in einem Volksfest mit 150 Personen. Am Ende bedankte sich der leibliche Vater von Frank bei mir für das sehr schöne Fest aber vor allem für die Taufe seines Sohnes. Dies hätte er schon längst machen wollen, aber er habe es irgendwie nie zustande gebracht. Dann sagte er etwas Überraschendes: «Jetzt ist er dein Sohn!» Damit erkannte er, dass die Vaterschaft nicht nur die biologische ist; diese ist bloß ein Weg zur wahren Vaterschaft, die dieser Mann auf faszinierende Weise in uns und in dem Volk erkannte, das an der Feier dabei war. Und es war unser Volk: Das ist der Ort, wo so etwas geschehen kann, und zwar nicht aufgrund der einsamen Anstrengung eines Einzelnen, auch wenn er der tollste aller Menschen wäre.»
Luisella, Bergamo

Gebet eines Kindes
Lieber Don Carrón, ich bin 11 Jahre alt und am 3. Juni bin ich nach Rom gefahren, um den Papst zu sehen. Während er sprach, konnte ich viele Wahrheiten entdecken, die ich nicht kannte, und seine Worte werden immer in meinem Herzen bleiben. Ich habe auch eine sehr schöne Erfahrung gemacht: Ich war in Rom mit meiner Familie und mit unseren Freunden von CL. Wir standen vor den Mauern des Vatikans, inmitten einer Menschenmenge, was nicht gerade angenehm war. Außerdem befürchtete ich, den Petersplatz nicht erreichen zu können. Dann habe ich zwei Sätze des Rosenkranzes gebetet, dass die Gottesmutter mir zum Petersplatz verhelfen möge. Aber der Petersplatz war bereits gesperrt. Es schien, als ob die Gottesmutter auf meine Gebete nicht gehört hatte! Ich musste zur Via della Conciliazione gehen, um das Ereignis auf dem Maxi-Bildschirm sehen zu können. Aber später habe ich ein Geräusch gehört: Es war der Papst persönlich, der durch die Menge ging und zwar gerade neben mir! Ich war so aufgeregt, dass ich weinen musste.
Durch diese Erfahrung habe ich verstanden, dass Maria weiß, ob es besser ist, dass das, worum ich bitte, sich sofort ereignen soll oder später, und zwar anders als ich geplant habe.
Elisabetta

Nach Afrika
Lieber Don Carrón, zu Weihnachten entschloss sich Massimo, mein Mann, ein Arbeitsangebot von Avsi [italienische Hilfsorganisation AdR] in Uganda anzunehmen. Als er mich fragte, was ich von der Sache hielt, antwortete ich ihm, er solle den Vorschlag überprüfen und auf den Grund gehen ... in der Gewissheit, dass nur die «Besten» in die Mission gehen. Aber ich habe mich getäuscht! Christus ruft alle, auch die Schwachen wie mich. Mein Mann entschied sich nämlich dafür, das Angebot zu akzeptieren. Da wir drei Kinder haben, galt ihnen meine ganze Sorge. Meine Einwände gründeten auf dieser Tatsache. Massimo sagte mir aber mit seiner üblichen Einfachheit: «Was wünschst du dir für unsere Kinder? Eine schöne Schule? Ein schönes Haus? Ein ruhiges Leben? Was könnten wir davon vermissen, wenn wir nach Afrika ziehen? ... Egal wohin wir gehen, wir haben im Grunde alles: Wir haben Christus!»
Ich könnte nichts entgegensetzen! Zum ersten Mal begriff ich, worin die Einheit und der Wert der Ehe liegen und was unser Weg als Eheleute und Eltern heißt. Wir überprüften alle Faktoren und zogen alle notwendigen Voraussetzungen für den Umzug in Betracht (Wohnung, Schule usw.) und so entschieden wir uns mit Hilfe der Freunde abzufahren. Massimo fuhr nach Kampala Anfang Februar und wir werden im Sommer zu ihm ziehen. Unsere Freunde erhoben manche Einwände: «Massimo, du gibst nun eine sichere Stelle auf, wie wirst du für deine Familie nach der Rückkehr für den Unterhalt sorgen? Dann bedenkt, wie ihr eure Kinder erzieht ... Und du, Betty, was wirst du den ganzen Tag machen? Du wirst wohl arbeitslos sein». Diese Einwände waren bis zu einem bestimmten Punkt nützlich. Sie haben mir geholfen, den Blick mehr nach oben zu richten. Dies vor allem in Bezug auf die Erziehung der Kinder. Wir haben nach einer Schule gesucht, die uns helfen könnte, sie in der Wirklichkeit aufgrund unserer christlichen Tradition zu begleiten. Aber wir können nicht von einer Schule verlangen, dass sie uns als Eltern und Erzieher ersetzt. Marinella, eine verwitwete Freundin von uns, die nun das Unternehmen ihres Mannes leitet, sagte uns einmal, nachdem sie von unserer Entscheidung gehört hatte: «Macht euch keine Sorgen, wenn es nötig sein wird, werde ich nach eurer Rückkehr einen Job für Massimo finden, im extremen Fall auch als Lagermeister!».
Die Freunde von Muggió, meine Schwestern und meine Eltern begleiteten mich in diesen Monaten, in denen ich allein war, täglich. Mein Haus wurde zum festen Ort zum Studium des Wagnis der Erziehung. Andreas und Milena luden meine Kinder bei Bedarf zu sich ein. Marta, Andrea, Paola, Claudia, Miriam, Dany, Michela, Luisa ? riefen mich jeden Tag an, um zu wissen, wie es mir geht oder auch nur, um mich zu grüßen ... wie erstaunlich ist die Begleitung in Christus!
Betty