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Litterae communionis
Briefe Juni 2006
Zusammengestellt von Paola Bergamini

Liebe Freunde,
die Begegnung mit dem Papst auf dem Petersplatz am 3. Juni ist uns noch lebhaft in Erinnerung. Deshalb möchte ich gemeinsam mit euch, auf das Geschehen zurückblicken.
Der Gestus des Gebets, den wir gemeinsam mit dem Heiligen Vater und allen anderen Bewegungen gelebt haben, war eine Bitte an den Heiligen Geist. Die Wahl der Form der Begegnung war nicht nebensächlich. Den Grund hierfür finden wir in der Predigt des Papstes während des Pfingstgottesdienstes. Benedikt XVI. äußert dort die Überzeugung, dass «die missionarische Wirksamkeit» nicht «zuallererst von durchdachten Entwürfen und der darauf folgenden intelligenten Umsetzung durch eine konkrete Initiative abhängt», sondern sie ist, vor jedweder Antwort unsererseits, die Initiative dessen, der «der wahre Protagonist der Kirche ist»: der Geist Jesu Christi. Deshalb brauchen wir diesen Geist.
Dass dies wirklich so ist, haben wir alle auf dem Petersplatz verstanden, als der Papst das Wirken des Heiligen Geistes beschrieb: «Sein Geist tritt in unsere Herzen ein und verbindet uns so mit Jesus und dem Vater». Wünschen wir alle nicht gerade, dass diese Zugehörigkeit immer tiefer wird? Nur wenn wir uns so von Ihm einbeziehen lassen, kann der Heilige Geist die Fülle des Lebens, die Freiheit und die Einheit hervorbringen. Auf diese Weise hat uns der Papst den Weg gewiesen.
«Das Leben», so sagte er uns, «finden wir in der Gemeinschaft mit Ihm, der das Leben der Person ist - in der Gemeinschaft mit dem lebendigen Gott.» Diese Gemeinschaft mit Christus erfüllt so sehr unser Herz, dass es uns frei macht und in die Lage versetzt, «den anderen mit unserem Leben zu zeigen, dass wir frei sind». Auf diese Weise baut Er durch den Heiligen Geist seinen Leib auf und bringt jene Einheit hervor, die der Welt begegnet und sie verwandelt.
Ich bitte euch, die Worte, die der Papst an uns gerichtet hat, aufzunehmen und den Heiligen Geist darum zu bitten, dass alles, was er uns gesagt hat, uns immer mehr zu eigen wird. Denn wir sind die Ersten, die dieses wahre Leben und diese wahre Freiheit nötig haben. Wir alle wissen, wie sehr sich Don Giussani der Dringlichkeit dieser Bitte an den Heiligen Geist bewusst war. Dies zeigt sich in seiner nachdrücklichen Einladung, das «Veni, Sancte Spiritus. Veni, per Mariam» zu beten.
Wir können also nur zur Sendung der Kirche beitragen, wenn wir den Appell des Heiligen Vaters aufnehmen: «Liebe Freunde, ich bitte euch, noch mehr, noch wesentlich mehr, Mitarbeiter des universellen apostolischen Amtes des Heiligen Vaters zu sein, indem ihr Christus die Tore öffnet.»
In freundschaftlicher Zuneigung
Don Julián Carrón

«Sympathisanten»
Hochwürdiger Don Carrón, ich bin eine Schwester des Salesianer-Ordens. Ich möchte Ihnen danken, weil Sie mir ermöglicht haben, an den Exerzitien der Fraternität teilzunehmen. Ich war zum ersten Mal dabei, obwohl ich seit einiger Zeit mit der Bewegung «sympathisiere». Denn ich empfinde einen tiefen Einklang zwischen dieser Erfahrung und dem Charisma von Don Bosco. Ich halte mich auf dem Laufenden, indem ich Spuren oder andere Publikationen lese. Die Exerzitien waren für mich eine tiefe geistliche Erfahrung, und ich muss dem Herrn dafür danken und ihm dabei die unzähligen Personen anvertrauen, die in vollkommener Stille zuhörten, sich Notizen machten und den Anweisungen folgten. Ich bitte den Herrn, dass Er die Liebe zu Ihm unter uns immer mehr wachsen lässt und unser Leben froh macht. Und dass Er die Ihnen anvertraute Mission noch fruchtbarer werden lässt.
Schwester Felicina, Messina

Wegbegleitung für das Leben
Lieber Julián, ich bin 36 Jahre alt und lebe in einem Randviertel von Quito. Ich bin vor 15 Jahren mit meiner Oma hierher umgezogen. Sie hat mich im Glauben erzogen. Zwei Monate lebte ich in einem Zelt. Um uns herum wurde gekämpft und geschossen. Jetzt habe ich eine Wohnung ganz für mich. Ich bekam im Laufe der Jahre drei Kinder. Meine erste Tochter starb mit 16 Monaten am plötzlichen Kindstod. Damals war ich am Boden zerstört und wollte nie mehr ein Kind bekommen. Vier Monate nach ihrem Tod bekam ich eine zweite Tochter und nun bin ich sicher, dass der Herr mir eine weitere Möglichkeit schenken wollte, Mutter zu werden. Mit ihr kam für mich das Glück zurück. 5 Jahre später bekam ich einen Sohn, der sehr froh und spontan war, er lächelte immer. Vor 4 Jahren, am 11. Februar, stellten die Ärzte bei ihm einen unheilbaren Herzfehler fest. Er hatte eine sehr kurze Lebenserwartung. Es war für mich, als ob die Welt sich entzweien würde. Ich war ständig bei ihm im Krankenhaus. Oft wachte er auf und sagte: «Ich liebe dich, Mutti. Mach dir keine Sorgen, der Herr wird mich heilen.» Ich betete inständig zu Gott, mir diesen Sohn nicht wegzunehmen, aber nach 9 Monaten des Gebetes und des Kampfes ist er vor meinen Augen gestorben. Alles verfinsterte sich in mir. Ich beschloss, mich gegen Gott aufzulehnen. Doch schon nach kurzer Zeit wurde ich mir bewusst, dass ich ohne seine Begleitung nicht hätte aufrecht bleiben und weitergehen können. Ein Jahr nach seinem Tod begann ich, bei der Hilfsorganisation AVSI zu arbeiten. Ich war immer noch von diesem Tod gezeichnet, aber die Arbeit lenkte mich mit der Zeit von meinen Problemen ab. Ich fing an, mit den Problemen vieler Familien in Berührung zu kommen und versuchte, ihnen zu helfen. Ich verstand, dass ich nicht zufällig gerade zu jenem Zeitpunkt mit der Arbeit angefangen hatte. Auch damals verstand ich, dass Gott mich begleitet. Drei Monate später lud mich Stefania zur Freizeit der Bewegung ein. Ich hatte nie so viele Leute zusammen gesehen. Die meisten von ihnen kannten sich nicht, aber sie schienen miteinander gut befreundet zu sein. Ich kann wirklich behaupten, dass die erste Begegnung mit der Bewegung mich verändert hat. In diesem Augenblick verstand ich, dass ich nie allein war. Es war, als ob diese Gemeinschaft immer bei mir gewesen wäre. Manchmal bekomme ich auch Angst angesichts dessen, was um mich herum passiert. Wo ich wohne, herrscht viel Gewalt, Drogenmissbrauch und Lüge. Aber zum ersten Mal im Leben fühle ich mich sicher, liebe das Leben und das, was ich tue. Und dies verdanke ich einer Begegnung.
Aparito, Quito (Ecuador)

Die Grenze akzeptieren
Lieber Don Carrón, ich bin soeben von den Exerzitien zurückgekommen, die Don Fabio gehalten hat. Während ich seinen Worte zuhörte, habe ich die Begegnung mit der Bewegung vor zehn Jahren an der Universität neu erlebt. Ich bin seit der Geburt leicht behindert und vor dieser Begegnung hatte ich große Schwierigkeiten, die Wirklichkeit zu akzeptieren. Nachdem ich einmal Don Giussani bei einem Treffen hatte sprechen hören, lernte ich, meine Begrenztheit zu akzeptieren. Nun, nach vielen Jahren, als ich Don Fabio zuhörte, spürte ich meine Zugehörigkeit zur Bewegung noch tiefer. Jeden Tag danke ich Gott im Gebet dafür, dass Er diese Begegnung ermöglichte, die mein Leben verändert hat.
Paolino, Cento

Begegnungen in der Bibliothek
Im Januar fiel mir eines der vielen Plakate auf, die am schwarzen Brett der Fakultät hängen. Das Thema war ungewöhnlich: Es war ein Aufruf zur Erziehung, in dem Giussanis Buch Das Wagnis der Erziehung erwähnt wurde [Vgl. Spuren Januar und Februar 2006]. Ich habe den Titel notiert, das Buch gekauft und gelesen. Teresa lernte ich aus purem Zufall in der Bibliothek der Fakultät kennen. Sie saß neben mir und unter ihren Notizen entdeckte ich die CD eines Vortrags von Don Giussani. Ich fragte sie, wie sie zu dieser CD gekommen sei. Daraufhin schenkte sie mir ein Spuren-Heft und lud mich zu einer Versammlung in einem Uni-Hörsaal ein. Am darauffolgenden Tag ging ich zur Versammlung. Ich war voller Staunen angesichts einer solchen Gemeinschaft, in der alle sprechen und die eigenen Ideen spontan austauschen durften, ohne dass man sich und das eigene Herz verstellen musste und ohne Angst, von den anderen beurteilt zu werden. Bei jener Versammlung begriff ich, dass ich zusammen mit diesen Leuten eine Antwort auf meine Fragen finden konnte, die seit eh und je in mir «dröhnen». Ich konnte ein bisschen Frieden für meine Seele finden, die ständig auf der Suche nach irgendetwas mir Unbekanntem war. Seitdem mache ich alles Mögliche, um mit Teresa und ihren Freunden zusammen zu sein und mich der Bewegung anzunähern. Teresa und ihre Freunde entsprechen annähernd oder auch ganz - ich habe fast Angst, dies zuzugeben - der Auffassung von Freundschaft, nach der ich immer suchte. Ich wünsche mir sehr, mit ihnen zusammen zu sein und sie besser kennen zu lernen. Vor einer Woche habe ich Don Mimmo kennen gelernt. Auf einen Tipp von Teresa hin bin ich zu ihm gegangen. Ich hatte mich schon einmal in einer schwierigen Zeit meines Lebens an einen Priester gewandt, um Trost und Hilfe zu finden. Aber das Ganze beschränkte sich auf die eine Begegnung. Don Mimmo aber zeigte wirkliches Interesse an meiner Person und hörte mir zu. Ich bat ihn, mir auf dem richtigen Weg zu helfen - als Antwort umarmte er mich.
Cristina, Genua

Italienischunterricht
Mit meiner Italienisch- und Geschichtslehrerin hatte ich nie eine gute Beziehung. Sie - wahrscheinlich, weil sie eine Atheistin ist - spricht von der Kirche im Mittelalter als «einer Vereinigung gegen das Kaisertum, eine Einrichtung, die keinen Raum für die Nicht-Christen zuließ, die die Nicht-Gläubigen verfolgte und diejenigen auf den Scheiterhaufen schickte, die anderer Meinung als sie waren». Sie überzeichnet geradezu die Irrtümer einer Epoche. Oft rebellierte ich während des Unterrichts. Ihre Haltung reizte mich. Nun bin ich als «der Priester» der Klasse abgestempelt, als derjenige, der nur Gott und Religion im Sinne hat. Während des Italienischunterrichts lasen wir einmal das Gedicht von Ugo Foscolo Zum Tode meines Bruders Johannes und als Hausaufgabe sollten wir einige Verse über jemanden schreiben, der weggefahren oder verstorben war, also über jemanden, den wir vermissen. Am Tag darauf fragte die Lehrerin nach der Hausaufgabe und meine Mitschüler lasen einer nach dem anderen ihre Gedichte vor. Die einen hatten über den Hund oder die Katze geschrieben, die anderen über die Freundin ... Am Ende, quasi als Trostpreis, bat die Lehrerin auch mich, mein Gedicht vorzulesen. Ich freute mich darüber und erklärte, dass ich das Gedicht zum Gedenken an Don Giussani verfasst habe. Beim Hören des Namens des Gründers von CL weigerte sie sich, mir zuzuhören und machte einfach mit dem Unterricht weiter. Ich war aufgewühlt und bat um eine Erklärung für dieses Verhalten. Sie antwortete, dies sei der Italienisch- und nicht der Religionsunterricht und Don Giussani habe hier nichts zu suchen. Ich versuchte zu erklären, dass er mein Freund gewesen sei, auch wenn er Priester war, und ich das gleiche Recht wie meine Kommilitonen hätte, mein Gedicht vorzulesen. Aber die Lehrerin beharrte auf ihrer Haltung und wiederholte, ich sei der übliche religiöse Junge und im Leben gebe es nicht nur Gott, sondern auch etwas anderes. Ich merkte, dass sie dabei nervös wurde, und so entschied ich, darüber hinwegzugehen. Während sie mit einem neuen Thema anfing, bat mich ein Mitschüler, mein Gedicht zu lesen. Er war mit der Lektüre kaum fertig, als er mir laut gratulierte. Die Lehrerin merkte, dass mein Gedicht immer weiter die Runde machte. So forderte sie mich dann doch auf, es vorzulesen. Ich antwortete, dass ich es nun nicht mehr lesen wolle. Sie bestand darauf und sagte, ich sollte mich beeilen, denn die Zeit sei knapp. Ich las es vor. Nach der Lektüre wurden alle in der Klasse still. Kein Ton war zu hören, alle schwiegen. Die Lehrerin war wie erstarrt und schaute mich erstaunt an. Sie fragte, ob ich es verfasst hätte und gratulierte mir. Man merkte, dass jene Worte etwas in ihr bewegt hatten, sie gerührt hatten. Sie hatte sich darüber gewundert, dass ich eine solch tiefe Beziehung zu einer Person haben konnte, der ich nie persönlich begegnet war. Sie gewann die Überzeugung, dass mein Anhängen an Gott etwas Tiefes ist. Ihr bisheriges Vorurteil zerbrach plötzlich angesichts der Wirklichkeit.
Jaio, Milano