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Islam - don Andrea Santoro
Das Leben ist ein Zeugnis
Paola Bergamini

Am 5. Februar wurde der Priester Andrea Santoro, der sich seit sechs Jahren in der Türkei aufhielt, in seiner Kirche ermordet. In einem Land mit siebzig Millionen Einwohnern leitete er eine Gemeinde von zehn Personen. «Ich bin hier, um unter diesen Menschen zu wohnen, und dies auch Jesus zu ermöglichen, indem ich ihm mein Fleisch dazu leihe.»
Sein Martyrium ruft uns, genau wie die Gewalttaten auf den Philippinen, in Nigeria und anderswo auf der Welt, in Erinnerung, dass wir die Gefahr, die vom islamischen Fundamentalismus ausgeht, nicht unterschätzen dürfen. Zugleich macht es uns deutlich, dass die einzige Möglichkeit eines christlichen Zeugnisses in einem erneuerten Bewusstsein von unserer Identität liegt.
Nichtsdestotrotz muss alles unternommen werden, um diese Gewalt einzudämmen. Zugleich müssen die Länder und internationalen Organisationen die Religionsfreiheit schützen und die Völkerverständigung fördern. Daran hat Benedikt XVI. beim Empfang des neuen Botschafters von Marokko beim Heiligen Stuhl erinnert.

«Man soll sich nicht darum bemühen, ein guter Mensch zu sein, sondern ein Heiliger.» Andrea Santoro wiederholte dieses Wort gern. Er wurde von einem Sechzehnjährigen am Sonntag, den 5. Februar, erschossen, während er zum Gebet in seiner Kirche, der Marienkirche in Trapezunt (Trabzon) an der Schwarzmeerküste der Türkei, kniete. Seit fünf Jahren war er, als fidei donum, Pfarrer dieser kleinen, zehnköpfigen Gemeinde gewesen, und das in einer Stadt mit 200.000 mehrheitlich muslimischen Einwohnern und einer starken orthodoxen Kirche. Im Jahr 1993 war er zum ersten Mal in «das große Land gepilgert, in dem Gott sich auf ganz besondere Weise den Menschen hat mitteilen wollen». Mehrere Male war er im Mittleren Osten mit der Opera Romana Pellegrinaggi auf Pilgerfahrt. Während dieser Reisen reifte in ihm der Wunsch, seine priesterliche Berufung in dem Land zu erfüllen, in dem das Christentum zuerst großgeworden ist. Obwohl er bereits Pfarrer der Pfarrei Santi Fabiano e Venanzio war, bat er zuerst Kardinal Poletti und dann Kardinal Ruini immer wieder darum, als fidei donum-Priester in die Türkei entsandt zu werden. Daran erinnert Ruini auch in seiner Predigt: «Das war der Geist, in dem Andrea Santoro darum bat, nach Anatolien entsandt zu werden: Er wollte eine gläubige und freundschaftliche Gegenwart sein und einen Austausch gerade der geistlichen Gaben zwischen dem Orient und Rom, zwischen Christen, Juden und Moslems ermöglichen.» Im Jahr 2000 war es dann soweit: Zuerst ging es nach Urfa (das alte Edessa), in der Nähe von Harran, dem Wohnort Abrahams, dann vor drei Jahren an die Pfarrei Sankt Marien in Trapezunt, die seit über drei Jahren ohne Priester war. Dort bezeugte er weiter die Liebe Jesu zu den Menschen - still, ohne große Gesten und nur durch seine Gegenwart. «Oft frage ich mich, warum ich hier bin», sagte er im Rahmen einer Einkehrzeit, «und dann kommt mir das Johannesevangelium in den Sinn: "Und das Wort ist Fleisch geworden, und hat unter uns gewohnt". Ich bin hier, um unter diesen Menschen zu wohnen, und dies auch Jesus zu ermöglichen, indem ich ihm mein Fleisch dazu leihe. Jesus muss den Mittleren Osten wieder zur Wohnung nehmen, so wie er gestern hier gewohnt hat: mit langen Zeiten der Stille, mit Bescheidenheit und einem einfachen Leben, mit Werken des Glaubens, Wundern der Liebe, mit der wehrlosen Einfachheit des Zeugnisses, und mit der bewussten Hingabe des Lebens.» Und es ist nun geschehen. Benedikt XVI. sagte während einer Audienz am 8. Februar, wenige Tage nach Andrea Santoros Tod: «Der Herr nehme die Seele dieses stillen und mutigen Dieners des Evangeliums auf und mache aus seinem Opfer einen Beitrag zum Dialog zwischen den Religionen und zum Frieden der Völker.»