Logo Tracce


Briefe
Briefe März 2007
Zusammengestellt von Paola Bergamini

Ein Alpenveilchen für ein Leben
Ich unterrichte Religion an einer höheren Schule und bin durch den Text Religionsunterricht auf das Gedankengut Don Giussanis gestoßen. Was meinem und dem Wachsen meiner Schüler täglich am meisten hilft, ist die Herausforderung, uns ins Spiel zu bringen und damit das intellektuelle Niveau der Stunden zu ergänzen. Dies erlaubt uns, unsere Talente zu entdecken und das, wozu wir geschaffen sind. Daraus entstand vor fünf Jahren die Idee der Schüler, eine konkrete Erfahrung an der Schule zu verwirklichen, die dem Bedürfnis des anderen begegnet. Wir nannten es: Projekt der Erziehung zur Solidarität. Mit meiner Kollegin Paola und den Schülern haben wir den Verkauf von Alpenveilchen organisiert, um so durch eine Patenschaft die Hilfsorganisation AVSI zu unterstützen – und zwar beim nachmittäglichen Empfang der Eltern. Nach fünf Jahren sind unerwartet aus der einen Patenschaft drei entstanden. Die Schüler, der Lehrer und das ganze Personal hatten den Wunsch, die anderen Schule des Schulverbundes mit einzubeziehen. Wir dachte, dass unsere Solidarität ausschließlich in der Beziehung zwischen uns und Aline, James und Ken bestehe, jenen Kindern, die wir in ihrem Herkunftsland unterstützen. In Wahrheit öffnete sich uns aber ein neuer Horizont. So wie wir die Solidarität verstanden, war sie ein Teil der Begegnung unter den Schülern, Eltern, Lehrern und dem Personal, die aus der Einfachheit des Herzens entstand. Wir wünschen nicht, dass diese Momente zu einer großen ethischen Entscheidung oder zu humanitären Ideen führen; vielmehr, dass sie ihre Spontaneität bewahren und uns helfen, auf etwas anderes zu schauen; so wie es uns die Kirche lehrt, in verschiedenen Charismen, aber alle vereint in dem einen Bedürfnis des Herzens: lieben und geliebt werden.
Maria Enrica und Paola, Bologna

Singen im Restaurant
Unlängst habe ich mich mit etwa zehn Freunden zum Essen getroffen. Wir aßen die typischen Riesenkoteletts, die man hier so bekommt, und überreichten dann Elisa ihr Geburtstagsgeschenk. Dazu sangen Bonfa, Simone und ich das Lied Over in the glory land und dann Doman l`è festa. Daraufhin geschah Folgendes: Der Kellner blieb an unserem Tisch stehen und bat uns, weiter zu singen. Dann rief er andere Kellner und ließ uns noch einmal das Lied aus den Alpen singen. Dann kam auch noch die Inhaberin des Lokals, setzte sich neben einen von uns und blieb dort länger sitzen, um uns zuzuhören (nicht nur uns dreien, sondern der ganzen Gruppe). Einige Kunden, die schon im Aufbruch gewesen waren, blieben noch an unserem Tisch stehen, um weiter zuzuhören. Eine Frau bot uns sogar Grappa an. So ging es etwa eine Stunde lang. Die Inhaberin ließ uns noch die Gitarre holen. Ein Kellner fragte, warum wir denn nicht eine CD aufnehmen … Zu guter Letzt brauchten wir auf Geheiß der Inhaberin nur fünf Euro pro Person zu zahlen und verließen das Lokal, tanzten dabei und sagen das Lied L´anaconda. Es war der Einbruch unvorhergesehener Schönheit in unser Leben – für alle, für uns und die anderen, die wir noch nicht einmal kannten. Wir blieben ergriffen von etwas, das größer ist als wir. Eine andere schöne Sache war das Studienwochenende, das wir im Studentenwohnheim organisiert haben, in dem ich wohne. Es kamen auch einige Freunde, die wir in diesen Monaten kennen gelernt haben, im ganzen waren wir gestern etwa fünfzehn. Es ist schön, dass wir nun nach dem Kennenlernen in diesen Monaten beginnen, – angespornt auch durch die Prüfungszeit – auch beim Lernen das Leben zu teilen, nicht nur beim Essen, Singen oder beim Seminar. Es ist ein Zeichen, dass unsere Freundschaft für alle immer wichtiger wird; bis dahin, dass wir die Aufgaben des Studiums ernst nehmen.
Giuseppe, Wien

Die Liebe zum Unendlichen
Lieber Don Julián, ich bin in Albanien geboren, armenischer und albanischer Herkunft. Zur Zeit studiere ich in Chieti. Ich wollte dir berichten, was mir passiert ist und wieso ich dich darum gebeten habe, der Fraternität beitreten zu dürfen. Das Wichtigste bei den Exerzitien der Studenten war für mich, besser zu verstehen, dass ich mein ganzes Leben mit der Suche nach Erfüllung dieses Wunsches in allen Dingen verbracht habe. Dieser Wunsch und die Umgebung, wo ich mich befand, haben anfangs meinen Charakter und meine Persönlichkeit bestimmt. Ich habe immer gedacht, ich sei einfach instinktiv, überaktiv und ruhelos. So wie ich bin, würde ich sogar niemals müde werden, die Sterne ewig zu beobachten, wie ich es als Kind tat, in der Gewissheit, dass sich etwas ereignet, das Dasein. Es zieht mich von Natur aus mit ganzer Macht an. In allem habe ich immer eine Liebe zu mir gesucht. Obwohl es mir nie genügte, dachte ich immer, es gehe darum, immer wieder zu versuchen und dabei mehr Glück zu haben oder etwas Ausgearbeitetes zu erfinden, das mich erfüllen könnte. Aber etwas ist mir geschehen. Genauso wie der verlorene Sohn am Ende zu demjenigen, der ihn liebt, zurückkehrt. Ich denke, in eine einzige Sache verliebt zu sein, die mir jetzt klarer ist. Ich brauche nicht die Frau, die mich liebt und die Sterne, die zu mir sprechen, ohne die sichere Liebe, aus deren Bedürfnis ich bestehe und die mir durch Don Giussani gegeben wurde. Jetzt vor dem Einschlafen denke ich anstatt an die Sterne, an ihn und an Maria.
Ich will die Perfektion und wie der Reisende, sobald er das Ziel erblickt hat, schneller läuft, so will ich mit all meinen Kräften auf Ihn zulaufen. Lieber Don Carrón, seitdem ich die Bewegung kennen gelernt habe, habe ich die Möglichkeit einer Liebe zu mir erfahren, einer Wahrheit und Schönheit in den Beziehungen, einer Gewissheit des Weges des Lebens und die Gewissheit, auf jemandem schauen und ihm folgen zu können. Ich habe eine Aufwertung meiner selbst und meiner ganzen Geschichte erfahren, einen Frieden und eine Umarmung, die genau das sind, was ich mit meinem ganzen Herzen bejahen kann. Mein Leben ist schwer, aber vor der allerschönsten wie der allertragischsten Sache, wie der Tod meiner Schwester vor wenigen Jahren, habe ich Seine liebevolle Gegenwart erfahren. «Der Glaube ist ein Gehorsam des Herzens gegenüber jener Form der Lehre, der wir anvertraut wurden»(J. Ratzinger). Wenn ich auf meine Erfahrung schaue, erkenne ich, dass mir der Weg, die Gemeinschaft der Personen gegeben wurden, die mit mir und an meiner Seite unterwegs sind: die christliche Gemeinschaft. Diesbezüglich will ich, dass Christus mich für immer begleitet. Ich will, durch die Fraternität, die erwachsene Ebene des Glaubens lernen und verantwortlich für meine Heiligkeit sein.
Zhirajr, Chieti

Der religiöse Sinn im Büro
Lieber Don Carrón, alles hat mit einem Freund von mir, mit Spitzname Bacchio, angefangen.
Ehemaliger Sozialist, ehemaliger Kommunist, ehemaliger Vegetarier, ehemaliger Banco Napoli, ehemaliger alles ... Freilich scherze ich, denn diese außergewöhnliche Persönlichkeit ist wirklich schwer in Ordnung. Ein sehr einfacher Kerl aber mit einer einzigartigen Lebenserfahrung und Fähigkeit, die Beziehungen mit den richtigen Personen aufbauen zu können. Ohne ihn wäre der Klub «Agape», wie wir ihn genannt haben, nie entstanden. Bacchio begann eine Freundschaft mit Bot, der sofort merkte, dass er es mit interessanten Personen zu tun hatte. Besser gesagt, Personen mit einer offenen Mentalität, vor allem aber mit einem großen Herzen. Das ist das Schlüsselwort und genau auf dieser Ebene spielt sich das Spiel ab. «Was sagt ihr, wenn wir mal anfangen, ein Buch Der religiöse Sinn von einem gewissen Giussani zu lesen?» Und wir antworten Bot: «Warum nicht!» Ich beobachte Bacchio aus den Augenwinkeln, und er schien zu sagen: «Was zum Teufel fällt dir ein? Wäre es nicht besser gewesen Tex Willer zu lesen?» Ihr würdet es vielleicht nicht glauben, aber seit dem Zeitpunkt, also seit etwas mehr als einem Jahr, treffen wir uns jeden Dienstag in meinem Büro, um aufmerksam Giussani zu lesen. Aus einem einfachen Abenteuer, ist eine großartige Erfahrung von Leben, Freundschaft und Staunen vor der Wirklichkeit geworden. Eine Wirklichkeit, die uns Tag für Tag auffordert, aufmerksam und bewusst zu sein und die uns hilft, das Herz zu verstehen.
Es geht nicht mehr darum, zu bestimmen, wer gläubig ist und wer nicht. Es bringt nichts, die Leute zu unterscheiden, zwischen denen, die an Gott glauben, und denen, die das nicht tun.
Es geht statt dessen darum, das Herz zu öffnen vor dem Geheimnis des Lebens. Danke Don Giussani, für alles was du uns überliefert hast. Wir werden das Christentum nicht mehr als Idee oder Ideologie betrachten, der wir anhängen sollen. Von nun an wird die Botschaft Christi uns suchen.
Silvio