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Don Giussani - Todestag
Ein lebendiges Gedächtnis


Aus Anlass des zweiten Jahrestages der Todes von Don Giussani fanden in aller Welt Gedenkmessen statt. Auf diesen Seiten geben wir Auszüge aus Predigten mehrerer Bischöfe wieder, darunter auch jene des Wiener Kardinals Christoph Schönborn.

Kardinal Antonio Rouco Varela, Erzbischof von Madrid
Don Giussani kam am Geburtstag der heiligen Theresia von Avila Welt und starb am Tag des heiligen Petrus. Die heilige Theresia gehörte ganz Jesus. Und in dieser Beziehung lebte sie eine mütterliche und erziehende Berufung, mit einer Autorität, die noch heute lebendig und faszinierend ist. Das können wir auch über Don Giussani sagen. Die Begegnung mit Christus im Laufe des Lebens als Antwort auf die Probleme der heutigen Zeit war die zentrale Lehre Don Giussanis. Er lebte sein Zeugnis stets mit Enthusiasmus und Reinheit und er reagierte mit jener Andersartigkeit auf die Probleme der Welt, die zeigte, wie sehr er sie liebte. Sein Zeugnis war immer das des Petrus und mit Petrus, dem Vikar der Kirche. Im Gehorsam gegenüber Petrus und in Gemeinschaft mit der Kirche erkannte er die geliebte und lebendige Autorität und die unfehlbare Gewissheit im Bekenntniss des Glaubens. In den schwierigen Jahren in Spanien, die auf das Zweite Vatikanische Konzil folgten, will die Kirche ein Fenster sein, durch das die Person Christi in die Welt eintritt. Don Giussan ist eines dieser offenen Fenster, die der Heilige Geist aussuchte, damit der Herr von neuem gegenwärtig wird und in das Leben der Gesellschaft eintritt. Wir luden ihn genau deshalb nach Spanien ein, damit er dieses neue Fenster für die Studenten der Universität aufstieß, wo es nicht viele Fenster gab und wo natürlich sein Fenster fehlte, das erhellte und zu faszinieren verstand, da es ein so helles, so wahres Licht gab. Wir müssen die Gottesmutter so wie er lieben, wir brauchen Zeugen Christi, die verliebt sind in Christus, das Zeugnis von Menschen, deren Leben Christus verändert. Und wir müssen das «Ja des Petrus» leben, den Gehorsam des Sohnes. Ihr müsst mit eurer Erfahrung und eurem Leben Verantwortung übernehmen, um das Charisma, das ihr erhalten habt, weiterzutragen und lebendige Zeichen dafür zu sein, dass Christus gegenwärtig ist und den Menschen sucht, dass er den Menschen und den Jugendlichen dieser Zeit begegnen will.

Kardinal Ennio Antonelli, Erzbischof von Florenz
Zu den vielen Verdiensten Don Giussanis gehört auch dieses: Er hat uns zu einer intensiven und leidenschaftlichen Hingabe an den Papst erzogen, einer Hingabe ohne Wenn und Aber. Und ihr habt seine Lehre angenommen und bezeugt damit Hingabe und Liebe gegenüber dem Papst, Zustimmung zu seinem Lehramt, bereiten Gehorsam gegenüber seinen Entscheidungen, großherzige und bereite Zustimmung zu seinen Orientierungen und der Papst hat dies bemerkt. Johannes Paul II. hat dies bemerkt und auch Benedikt XVI. und er bezeugte und bezeugt euch in vielerlei Hinsicht sein Wohlwollen. Ich sehe die beiden zusammen vor mir, den Papst und Don Giussani, die auf Christus zeigen und in diesen beiden Gestalten erblicke ich die vertraute Einheit dieser beiden grundlegenden Dimensionen der Kirche: Die hierarchische und charismatische Dimension, die Johannes Paul II. als ergänzend und grundlegend für das Leben und die Mission der Kirche bezeichnet hat.

Monsignore Luigi Negri, Bischof von San Marino-Montefeltro
Was sagt uns Don Giussani durch seine geheimnisvolle aber reale Gegenwart heute auf unserem Weg? Er sagt uns, dass der Glaube mehr zählt als das Leben, so wie es für ihn jeden Augenblick gewesen ist, das heißt das Anerkennen des gegenwärtigen Christus, die liebende Anerkennung seiner Gegenwart. Das ist der Sinn des Lebens. Wenn man nicht diese Ebene erreicht, bleibt das Leben eine unverständliche Wirklichkeit. Die Begegnung mit ihm und der Bewegung bestand genau darin. Andernfalls wäre der Glaube der Existenz fremd und entfernt geblieben. Er hätte das Alltägliche nicht durchdringen können, hätte die tägliche Existenz nicht mit Sinn, Schönheit, Kraft des Opfers und des Schmerzes und mit Freude durchdringen können: beim Essen und Trinken, beim Wachen und Schlafen, beim Leben und Sterben, in denen sich das Hundertfache hier unten und im ewigen Leben zeigt, so wie er es vom ersten bis zum letzten Tag seines Lebens unablässig bezeugt hat.

Monsignore Angelo Bagnasco, Erzbischof von Genua
Don Giussani beurteilte alles sub lumine Christi, im warmen und durchdringenden Lichte Christi. Er wusste, dass das Christentum keine Ideologie ist, keine Summe von Ideen, Dogmen und Moralismen, sondern die Begegnung mit einer lebendigen Person, Christus. Don Giussani hat – in den Jahren der kulturellen Revolution – die zweifache Forderung aufgegriffen, die alles Lebendige, jede soziale Schicht, vor allem die Jugendlichen durchdrang: Die Notwendigkeit nach Freiheit und Beziehung. Und diese Bedürfnisse hat er nicht nur mit dem Lichte Jesu erhellt, sondern im Leben Jesu gesucht. Natürlich kannte er sie schon als Christ und Priester, aber die drängenden Herausforderungen dieses historischen Augenblicks zwangen ihn dazu, seiner apostolischen und erzieherischen Leidenschaft mehr Bedeutung beizumessen, sie mit größerer Kraft hervortreten zu lassen und sie zum Herzen seines Charismas werden zu lassen: die Freiheit und Beziehung in Gemeinschaft. Auf die Fürsprache von Don Giussani schenke uns der Herr, in der Beziehung zu Ihm zu wachsen – von Herz zu Herz, von Vernunft zu Vernunft –, damit die Fähigkeit in uns reift, Ihm in Liebe und mit Liebe zu folgen bis zur Aufgabe des Lebens, wie uns das Evangelium lehrt. Es ist die einzige Möglichkeit, uns nicht für immer zu verlieren und wahrer und intensiver die christliche Freude auszukosten. Es ist besser, das Leben zu verlieren als uns selbst.

Kardinal Severino Poletto, Erzbischof von Turin
Ich erinnere mich an eine Person, die euch aber auch mir wichtig geworden ist. Ich habe Don Giussani in den Jahren meiner Jugend kennen gelernt, als er nach Casale Monferrato kam, um eine Gruppe von Priestern zu treffen. Wir waren nicht von Comunione e Liberazione, aber wir waren sehr aktiv in der Predigt für die Volksmission und haben uns mit ihm mehrfach ausgetauscht. Ich spreche von den Jahren 1962-63 und 1964. Ich danke Don Giussani, der Bewegung und der Fraternität sehr für die Arbeit, die ihr für Erwachsene leistet, aber auch und vor allem für die Jugend. Don Giussani war von folgender Sorge durchdrungen: Er versuchte, die Menschen an Jesus, dem Herrn zu orientieren, einem Jesus, den er leidenschaftlich liebte. Ich danke euch für eure Präsenz in der Kirche von Turin, für den Einsatz in euren Gemeinschaften aber auch in euren Gemeinden. Ich bin ein großer Befürworter der Bewegungen, auch wenn es Stimmen gibt, die behaupten, dass dies manchmal nicht so ist, weil ich manchmal Empfehlungen gebe, aber das heißt nicht, dass ich sie nicht schätze. Eine Bewegung ist eine großartige Möglichkeit zur persönlichen Entwicklung des Einzelnen, damit er den Reichtum, den er in der Bewegung erhalten hast in die Gemeinschaft der Pfarrei und der Gesellschaft tragen kann. Ich danke euch dafür und ermutige euch auch, in unserer Kirche und in dieser unserer Stadt, die es nötig hat, ein wenig nach oben zu schauen, zum Sauerteig zu werden.

Monsignore Misue Atsumi, Bischof von Hiroshima
In diesem Jahr feiert die japanische katholische Kirche die Seligsprechung von 188 Märtyrern, von denen drei aus der Stadt Hiroshima stammen. Diese Personen haben durch die Hingabe ihres Lebens bezeugt, dass der Glaube an Jesus bedeutender und wichtiger war als das eigene Leben. Don Giussani hat uns das Gleiche bezeugt, indem er in Mailand begann und von dort aus viele Länder der Welt erreichte. Wir alle sind zu demselben Zeugnis aufgerufen. Wir müssen nur den Herrn um die Gnade bitten, ihn in dieser dunklen Zeit der Geschichte bezeugen zu können. Gerade haben wir aus dem Markusevangelium gehört: «Effatà!» also «Öffne dich!». Bitten wir Don Giussani darum, dass er uns hilft, unser Herz vor dieser Gnade immer offen zu halten.

Monsignore Henry Theophilus Howaniec, Bischof von Almaty (Kasachstan)
Es war Gottes Wille, Don Giussani am Tag Cathedra Petri zu sich zu rufen, als Zeichen seiner kindlichen Liebe und Treue zum Papst. Die von ihm gegründete Bewegung CL zeigt das Christentum als ein völlig neues und in der Geschichte unwiederholbares Ereignis. Ich glaube, dass die Heilige Mutter Kirche, die Don Giussani so leidenschaftlich geliebt hat, die er so sehr mit seiner Lehre und dem Beispiel seines Lebens unterstützt hat, die überraschende Heiligkeit seines Lebens und das Außergewöhnliche seiner Lehre anerkennen wird. Auf diese Weise kann er Beispiel für das christliche Leben in der zeitgenössischen Welt und brillanter Lehrer für das Volk Gottes zur Ehre des einen und dreifaltigen Gottes werden.

Monsignore Tadeusz Kondrusiewicz, Erzbischof von Moskau
Der Herr erweckt in seiner Kirche stets Personen, die auf die Bedürfnisse der Zeit zu antworten wissen. So hat Don Giussani in den schwierigen 50er Jahren einen der dramatischsten Punkte der Situation der italienischen Kirche erfasst: Die Trennung von Glauben und Leben in einem Land, das sich dennoch als katholisch bezeichnet, und die fortschreitende Entfremdung der Jugendlichen vom Glauben aufgrund von Desinteresse und Ignoranz. Daher kam die Intuition, dass die Erziehung die grundlegende Aufgabe sei, die auch im Charisma der durch ihn entstandenen Bewegung Comunione e Liberazione einen großen Platz einnimmt. Ich hatte die Gnade, Don Gius persönlich kennen zu lernen und war beeindruckt von seiner erzieherischen Leidenschaft, seinem Interesse für alles, seiner Fähigkeit zur Väterlichkeit gegenüber allen. All dies war offensichtlich Frucht seiner Leidenschaft für Christus. Ich wünsche euch, dass ihr fortfahrt, eure Verantwortung in der Welt und in der Kirche zu leben, indem ihr den Glauben und die Zuneigung zu Christus bezeugt, die Don Gius in euch hervorgerufen hat.

Kardinal José Policarpo, Patriarch von Lissabon
Jemand, der nicht stets in der Lage ist, Kraft seines Glaubens und in der Einfachheit seines Herzens, in allen Umständen zu sagen: Credo sanctam Ecclesiam, wird nichts Dauerhaftes hervorbringen. Er kann Erfolg haben, er kann lange Zeit viele Gefolgsleute haben, aber er wird der Geschichte nicht jene leuchtende Spur einschreiben, die in der Nachfolge als wahre Jünger besteht. Danken wir Don Giussani, der einer dieser Menschen gewesen ist. Auch angesichts von Entbehrungen, und ohne den Anspruch, dass alle mit ihm einverstanden seien oder alle ihm nachfolgten, war er stets in der Lage, der Gemeinschaft den Vorrang zu geben.
Gemeinschaft im strengsten Sinne, den dieses Wort im Neuen Testament hat, koinonia: Bis auf den Grund in den Realismus Christi einzutauchen.

Kardinal Juan Luis Cipriani, Erzbischof von Lima
Die Eucharistie ist die Kirche, ein Leben voller Überraschung und Staunen. Hieraus erwuchs Don Giussani die ganze Kraft, die es ihm erlaubt hat, Tausende von Jugendlichen zu gewinnen. Diese Überraschung ist keine Frage des Gefühls, sie ist etwas Tieferes. Bitten wir den Herrn darum, auf die Fürsprache von Don Giussani, uns zu helfen, die Eucharistie zu leben. Die Welt wird sich ändern, wenn das Geheimnis der Eucharistie wieder erwacht. Wir können dies verstehen, wenn wir sehen, das Christus die erste Liebe Don Giussanis ist. Und wer bringt uns die Eucharistie? Maria. Dies ist ein weiterer Aspekt, den jeder Heilige geliebt hat, so auch Don Giussani. Schließlich die Kirche, der Dienst des Heiligen Vaters. Der Gehorsam und die Liebe zu ihm, die Nähe zu ihm, das Studium der Lehre sind alles Merkmale, die sich bei CL wiederfinden. Das heutige Gebet gilt der Heiligkeit von Don Giussani. Wir sollen Zeichen dieses heiligen Priesters sein, damit in der Bewegung von CL weitere dieser Zeichen der Heiligkeit aufscheinen.

Kardinal Serafim Fernandes de Araújo, emeritierter Bischof von Belo Horizonte
Der unvergessliche Don Giussani hat seiner Zeit den Stempel aufgedrückt. Die Schönheit seines Charismas vervielfältigt sich in einer Fraternität, wie es der Kirche gefällt. So wird die Schönheit eines gelebten Charismas Christi verwirklicht, welches ihm geschenkt und das Dank seiner Intelligenz der Kirche mitgeteilt wurde. Es war stets mein Wunsch, den Menschen das Charisma von CL mitteilen zu können. Was wird die brasilianische Kirche bei der kommenden Versammlung in Aparecida sagen? Es ist einer der schwierigsten Momente der Kirche, aber wenn der Heilige Geist uns hilft, werden wir das erlangen, was Gott möchte: Das Evangelium mit Realismus leben als Antwort auf das Leben, nicht als Abstraktion. Dies macht aus CL eine Antwort, welcher die Welt bedarf.

Monsignore Filippo Santoro, Bischof von Petropolis
Im großen Strom der Kirche haben wir jemanden getroffen, der uns die Erfahrung des «Ja» von Petrus hat machen lassen und uns erlaubt hat, die Gegenwart desjenigen anzuerkennen, der unser Leben erklärt: «Herr, zu wem sollen wir gehen? Du hast Worte ewigen Lebens!» Mit der Zeit wird das Bewusstsein für das Geschenk, welches der Herr uns gemacht hat, indem er uns Don Giussani begegnen ließ, immer größer. In der Tat stehen wir immer mehr vor einer gegenwärtigen Tatsache. Ich denke an die Tausenden von Studenten der Bewegung der Landlosen von Sao Paolo, die von der Botschaft des Charismas berührt worden sind. Diese Menschen haben Don Giussani nicht kennen gelernt, aber sie sind ihm durch die Gesichter und das Leben seiner Freunde begegnet. Sie alle sind, genauso wie jene der ersten Stunde, dem Weg gefolgt, den er ihnen gezeigt hat: Sie haben begonnen, auf das Herz zu hören und ihm mit seinen Bedürfnissen und Fragen zu folgen.

Kardinal Christoph Schönborn, Erzbischof von Wien
Ich denke, dass wir Gott in dieser Messe heute aus diesem Grund danken. In einem schwierigen Moment für die Kirche hat ein junger Priester eine Antwort für viele gegeben und daher konnte er für viele zum Vater und Freund werden, der den Weg zeigt. Ich glaube, dass dies ein grundlegendes Gesetz des christlichen Lebens ist: Alle werden gefragt und einer antwortet. Das ist kein Kollektivismus, sondern Berufung. Petrus antwortet für alle seine Freunde, Kollegen, Mitbrüder. Und Jesus antwortet: «Selig bist du, Simon. Nicht Fleisch und Blut haben dir dies offenbart, sondern der Vater». Du hast die Aufgabe, die Antwort für die anderen zu finden. Ich denke, dass dieser Satz auch für Don Giussani gilt: Selig bist du; nicht deine eigenen Ideen haben dir eingegeben, zu wirken, das Leben zu öffnen, sondern mein Vater im Himmel hat es dir gezeigt, dir, einem der vielen. Danken wir dafür, dass einer in herausragender Weise für uns geantwortet hat, für so viele, für die ganze Kirche, für eine große Gemeinschaft in der Kirche.

Kardinal Anthony Okogie, Erzbischof von Lagos
Monsignore Giussani hat der Welt gezeigt, dass man nicht als Heiliger geboren wird, sondern zum Heiligen wird. Für ihn war das Christentum mit einer Liebesgeschichte vergleichbar, ein Ereignis. Seine Liebe zur Menschheit kennt keine Grenzen. Luigi und seine Bewegung leben in der vollständigen Hingabe seiner selbst. Sie wollen nicht bedient werden, sondern leben, um den anderen zu dienen. Auf diese Weise bekehren sie die Herzen vieler Menschen zu Christus und machen die Welt zu einer besseren Wirklichkeit. Dem eigenen Vaterland zu dienen, bedeutet nicht, etwas Außergewöhnliches zu tun. «An den Früchten werdet ihr sie erkennen». Danken wir Gott für das Geschenk dieses demütigen und heiligen Dieners des Evangeliums. Beten wir auch für die Bewegung von Comunione e Liberazione und für die Memores Domini, deren Anwesenheit unter uns wir so sehr schätzen.