Logo Tracce


Papst Benedikt XVI.
Die neue Enzyklika
Nikolaus Lobkowicz

Die neue Enzyklika Benedikt XVI. wird in mehrfacher Hinsicht in die Geschichte eingehen. Sie ist eines der, wenn nicht schlechthin das gelehrteste Sendschreiben, das je ein Papst veröf-fentlicht hat. Josef Ratzinger ist einer der gebildetsten Theologen unserer Zeit. Sie ist zwei-tens das Meisterwerk eines großen Schriftstellers; noch nie hat ein päpstliches Sendschreiben mich so tief persönlich bewegt, auch anderen Lesern ist es gewiss ebenso ergangen. Spe salvi ist darüber hinaus ein Vorbild ökumenischer Gesinnung. Nicht nur ist die Enzyklika so ge-schrieben, das jeder gläubige Christ gleich welcher Konfession sich über sie freuen kann; sie greift auch in völlig undogmatischer Weise Themen auf, über die unter Christen Streit herrscht und versucht, Nichtkatholiken die katholische Überzeugung verständlich zu machen (das Fegefeuer; das Gebet für die Verstorbenen; die als Gebet formulierte Darstellung der Bedeutung Mariä in der Heilsgeschichte). Nicht zuletzt trifft die Enzyklika den eigentlichen Problemnerv unserer Zeit: «Die Glaubenskrise der Gegenwart ist ganz praktisch vor allem eine Krise der christlichen Hoffnung» (17). Ohne die Bedeutung des technologisch-wissenschaftlichen Fortschritts auch nur mit einem Wort in Frage zu stellen, zeigt sie auf, dass dieser Fortschritt nie erreichen kann, wonach unser Herz letztlich lechzt. Dabei verschont die Enzyklika selbst uns, die Katholiken, nicht vor einer Selbstkritik: in den letzten Jahrhun-derten haben wir uns oft zu sehr auf unser je eigenes Heil konzentriert und übersehen, dass eine «Hoffnung nur für mich ... keine wirkliche Hoffnung ist, weil sie die anderen vergisst und auslässt» (27). All das ist umso beeindruckender formuliert, als Benedikt XVI. in keiner Zeile „päpstlich“ schreibt: er beruft sich nicht auf seine Autorität, sondern spricht wie ein gü-tiger Seelsorger, der weiß, dass er – mit Gottes Hilfe – seine Leser allein durch die Art, in der er sich ausdrückt, gewinnen kann.