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Am Werk / Unternehmer
„Auch ich bin nur ein Angestellter“
Paolo Perego

Giuseppe Ranalli leitet ein Unternehmen mit 280 Angestellten. Woher kommt aber der Geschmack hierzu, bei aller Mühe und Verantwortung, die das verlangt?

Für Giuseppe Ranalli, bevollmächtigter Verwalter von Tecnomatic, einer im Sektor elektronische Mechanik tätigen Firma aus den Abbruzzen mit über 280 Mitarbeitern, kommt eine oberflächliche Verteufelung des Finanzwesens nicht in Frage. «Die Börse ist ein Instrument. Das wirkliche Problem sind die Menschen und ihre Erziehung». Sein Unternehmen läuft nach eigenen Angaben gut und es hat wichtige Partner auf der ganzen Welt. Aber die Krise spürt er trotzdem. «Der Schlüssel von allem ist eine verbreitete relativistische Mentalität, gemäß der nichts wirklich einen Wert zu haben scheint. Wenn ich morgens aufstehe und an nichts glaube, wie ist dann meine Beziehung zur Wirklichkeit? Ich presse sie aus, um aus ihr soviel Gewinn wie möglich herauszuholen». Und die neuen Freibeuter, die davon profitieren, sind jene Horde von Managern, die auf die Unternehmen aufspringen und sie nach dem Motto «je weniger Investitionen, desto besser » auspressen.

Jenseits der Karriere
Das sagt einer, der seit zehn Jahren die Dividenden nicht umverteilt, sondern alles in Projekte und Forschung rückinvestiert. Ein Risiko. Aber es funktioniert. «Der Aspekt des Glaubens ist bei dieser Entscheidung wesentlich: das Anerkennen, dass dir alles gegeben ist, dass das Unternehmen nicht dein ist... Das ist die kleine Wirklichkeit, in der ich die Aufgabe verwirkliche, die mir anvertraut wurde. Das ist meine Arbeit. Und mir wird dabei bewusst, dass auch ich nur ein Angestellter bin». Aufgabe und Wirklichkeit? «Ja, die Arbeit ist der Punkt, an dem sich die Verbindung zwischen mir und der Wirklichkeit vollzieht. Am Anfang wollte ich Geld verdienen und hatte große Pläne. Ich wollte etwas Schönes und Nützliches für die Welt tun. Aber ohne dieses Bewusstsein ist es unmöglich. Deshalb hast du Leute vor dir, die arbeiten, ihre Kinder... Nichts kann an dir vorbei ziehen, ohne dass du dich fragst, was für eine Bedeutung es hat».
Sicher gibt es den Gewinn, fügt er an. Aber er ist ein Instrument, er kann nicht das Ziel sein: «Heute ist die Arbeit auf eine Leistung reduziert, das heißt auf Geld – und auf die Karriere. Es kann passieren, dass du Vorstellungsgespräche führst, auch bis zu drei Stunden, und du dir dabei bewusst wirst, dass die Person, die du vor dir hast völlig jenseits der Realität ist, und ganz von ihrem geistigen Projekten eingenommen: Ehrgeiz, Karriere, Gehalt. Und ich sage dazu: „Ja, aber für die Karriere musst du was tun. Was würde dir denn gefallen? Auf diese Frage antwortet mir keiner. Sie sagen bestenfalls: „Alles, es reicht Geld zu verdienen“». Wenn dann jemand anfängt, wird für ihn die Arbeit zu einer einzigen Last. «Stattdessen, kann einer, der arbeitet, in der Beziehung mit dem, was er, tut, wirklich entdecken, wer er ist.»

Für eine paar Cent mehr
Aber das ist weder leicht noch geschieht es automatisch. Für Ranalli kam die Hilfe vor acht Jahren, durch Fortbildungskurse von Bernhard Scholz, dem heutigen Präsidenten der CdO: «Sie waren dringend nötig und halfen mir, den Wert der Dinge zu verstehen. Angefangen bei der Sorge um den Ort der Arbeit bis hin zur Entdeckung, was es heißt, durch die Teilnahme am Hervorbringen eines Wertes Karriere zu machen».
Für Ranalli ist die Beziehung zu den Angestellten „unverzichtbar“. Ihnen steht er an zwei Nachmittagen in der Woche im Unternehmen zur Verfügung: «Aber nicht weil ich großmütig bin. Es interessiert mich. Auch sie wurden mir gegeben – aber wenn ich sie nie anschaue?». Was heißt das? «Wenn du einem eine Gehaltserhöhung gibst, dann gibt es viele Möglichkeiten dies zu tun. Und wenn das einzige, was mich befriedigt, Christus ist, wie kann ich dann die Anmaßung haben, einen glücklich zu machen, indem ich ihm sein Gehalt erhöhe? Das soll aber nicht heißen, dass ich ihm keine Gehaltserhöhung gebe. Aber ich muss ihm zusätzlich noch sagen: Du bist mehr wert als diese Gehaltserhöhung – denn wie lange wird dir diese Befriedigung wegen ein paar Euro mehr genügen?».