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Apostolische Reise nach Portugal
Interview von Benedikt XVI. mit den Journalisten auf dem Flug nach Portugal
Papst Benedikt XVI.

Apostolische Reise nach Portugal anlässlich des 10. Jahrestages der Seligsprechung der Hirtenkinder von Fatima, Jacinta und Francisco (11-14 Mai 2010)

Dienstag, 11. Mai 2010

In dem multikulturellen Umfeld, in dem wir uns alle befinden, sieht man, dass eine rein rationalistische europäische Kultur ohne die transzendente religiöse Dimension nicht in der Lage wäre, mit den großen Kulturen der Menschheit in Dialog zu treten, die alle diese transzendente religiöse Dimension haben, die eine Dimension des menschlichen Wesens ist. Es ist daher ein Irrtum zu denken, dass es eine reine, anti-historische Vernunft gibt, die nur in sich selbst existiert, und dass es sich dabei um „die“ Vernunft handelt; wir entdecken immer mehr, dass sie nur einen Teil des Menschen berührt, nur eine bestimmte historische Situation zum Ausdruck bringt und nicht die Vernunft an sich ist. Die Vernunft an sich ist offen für die Transzendenz, und nur in der Begegnung zwischen der transzendenten Wirklichkeit, dem Glauben und der Vernunft findet der Mensch sich selbst. Daher denke ich, dass die Aufgabe und die Sendung Europas in dieser Situation gerade darin besteht, diesen Dialog zu finden, den Glauben und die moderne Rationalität in eine einzige anthropologische Sichtweise zu integrieren, die das menschliche Wesen vollständig erfasst und so auch die Kommunikation unter den menschlichen Kulturen möglich macht. Daher würde ich sagen, dass die Präsenz des Säkularismus etwas Normales ist, aber die Trennung, das Gegeneinander von Säkularismus und der Kultur des Glaubens ist anormal und muss überwunden werden. Die große Herausforderung dieser Zeit ist, dass sich die beiden begegnen und so ihre wahre Identität finden. Das ist, wie erwähnt, eine Sendung Europas und eine menschliche Notwendigkeit in dieser unserer Geschichte. (…)
Andererseits müssen wir auch eingestehen, dass der katholische, der christliche Glaube oft zu individualistisch war, die konkreten wirtschaftlichen Dinge der Welt überließ und nur an das individuelle Heil dachte, an die religiösen Handlungen, ohne zu sehen, dass diese eine globale Verantwortung, eine Verantwortung für die Welt mit sich bringen. Daher müssen wir auch hier in einen konkreten Dialog eintreten. (…)
So würde ich sagen, werden auch hier über die große Vision des Leidens des Papstes hinaus, die wir in erster Linie auf Papst Johannes Paul II. beziehen können, Realitäten der Zukunft der Kirche aufgezeigt, die sich nach und nach entfalten und zeigen. Daher ist es richtig, dass man über den in der Vision gezeigten Moment hinaus die Notwendigkeit eines Leidens der Kirche sieht, das sich natürlich in der Person des Papstes widerspiegelt, aber der Papst steht für die Kirche und daher werden Leiden der Kirche angekündigt. Der Herr hat uns gesagt, dass die Kirche auf verschiedene Weise immer leiden würde bis zum Ende der Welt. Wichtig ist dabei, dass die Botschaft, die Antwort von Fatima im Wesentlichen nicht auf bestimmte Andachtsübungen abzielt, sondern auf die grundlegende Antwort, das heißt die ständige Umkehr, die Buße, das Gebet und die drei göttlichen Tugenden: Glaube, Hoffnung und Liebe. So sehen wir hier die wahre und grundlegende Antwort, die die Kirche geben muss, die wir, jeder von uns, in dieser Situation geben müssen.
Unter dem Neuen, das wir heute in dieser Botschaft entdecken können, ist auch die Tatsache, dass die Angriffe gegen den Papst und die Kirche nicht nur von außen kommen, sondern die Leiden der Kirche kommen gerade aus dem Inneren der Kirche, von der Sünde, die in der Kirche existiert. Auch das war immer bekannt, aber heute sehen wir es auf wahrhaft erschreckende Weise: Die größte Verfolgung der Kirche kommt nicht von den äußeren Feinden, sondern erwächst aus der Sünde in der Kirche. Und darum ist es für die Kirche zutiefst notwendig, dass sie neu lernt, Buße zu tun, die Reinigung anzunehmen; dass sie einerseits zu vergeben lernt, aber auch die Notwendigkeit der Gerechtigkeit sieht; denn Vergebung ersetzt die Gerechtigkeit nicht.

OFFIZIELLER EMPFANG
ANSPRACHE VON BENEDIKT XVI.
Lissabon, Flughafen Portela
Dienstag, 11. Mai 2010

Aus einer weisen Sicht des Lebens und der Welt leitet sich die rechte Ordnung der Gesellschaft her. Die Kirche hat ihren Platz in der Geschichte, und sie ist bereit, mit denen zusammenzuarbeiten, welche die menschliche Auffassung vom Leben grundsätzlich achten und nicht an den Rand drängen oder auf den Privatbereich reduzieren. Es geht hier nicht um eine ethische Auseinandersetzung zwischen einem laizistischen und einem religiösen System, sondern vielmehr um eine Sinnfrage, der sich die eigene Freiheit überlässt. Der Unterschied besteht darin, welcher Wert der Sinnesproblematik und ihren möglichen Folgen im öffentlichen Leben beigemessen wird.

EUCHARISTIEFEIER
PREDIGT VON BENEDIKT XVI.
Terreiro do Paço, Lissabon
Dienstag, 11. Mai 2010

Oft sorgen wir uns mühevoll um die sozialen, kulturellen und politischen Auswirkungen des Glaubens und nehmen dabei als selbstverständlich an, dass dieser Glauben auch vorhanden ist, was leider immer weniger der Wirklichkeit entspricht. Man hat ein vielleicht zu großes Vertrauen in die kirchlichen Strukturen und Programme gelegt, in die Verteilung der Macht und der Aufgaben; aber was wird geschehen, wenn das Salz schal wird?
Damit das nicht geschieht, muss das Ereignis des Todes und der Auferstehung Christi – das Herz des Christentums, der Kern und Halt unseres Glaubens, der starke Antrieb unserer Gewissheit, der heftige Wind, der alle Angst und Unentschlossenheit, jeden Zweifel und jedes menschliche Kalkül hinwegfegt – von Neuem kraftvoll und freudig verkündet werden. Die Auferstehung Christi versichert uns, dass keine gegnerische Macht je die Kirche zerstören können wird. Unser Glaube hat also ein Fundament, doch es ist nötig, dass dieser Glauben in einem jeden von uns Leben annimmt. Eine große Anstrengung ist daher zu unternehmen, damit sich jeder Christ in einen Zeugen verwandelt, der fähig ist, allen und immer Rechenschaft zu geben von der Hoffnung, die ihn erfüllt (vgl. 1 Petr 3, 15): Nur Christus kann die tiefen Wünsche jedes menschlichen Herzens voll erfüllen und auf die Fragen über das Leid, die Ungerechtigkeit und das Böse, über den Tod und das Leben im Jenseits, die es am meisten beunruhigen, Antwort geben.
Liebe Brüder und Schwestern, liebe junge Freunde, Christus ist immer bei uns und geht mit seiner Kirche, er begleitet und schützt sie, wie er uns gesagt hat: „Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt“ (Mt 28, 20). Zweifelt nie an seiner Gegenwart! Sucht immer den Herrn Jesus, wachset in der Freundschaft mit ihm, empfangt ihn in der Kommunion! Lernt, auf sein Wort zu hören und ihn auch in den Armen zu erkennen! Lebt mit Freude und Begeisterung euer Leben und seid der Gegenwart Jesu gewiss wie seiner unentgeltlichen, großherzigen Freundschaft, treu bis zum Tod am Kreuz. Gebt allen, angefangen bei euren Altersgenossen, Zeugnis von der Freude über diese starke und angenehme Gegenwart! Sagt ihnen, dass es schön ist, ein Freund Jesu zu sein, und es sich lohnt, ihm zu folgen! Zeigt mit eurer Begeisterung, dass man unter den vielen Möglichkeiten zu leben, die uns die Welt heute zu bieten scheint – und die alle scheinbar auf der gleichen Stufe stehen –, einzig in der Nachfolge Jesu den wahren Sinn des Lebens und folglich die wahre und bleibende Freude findet.

KERZENSEGNUNG
ANSPRACHE VON BENEDIKT XVI.
Heiligtum in Fatima
Mittwoch, 12. Mai 2010

In unserer Zeit, in der der Glaube an vielen Orten der Erde wie eine Flamme zu verlöschen droht, die nicht mehr genährt wird, ist es wichtiger als alles andere, dass Gott in dieser Welt gegenwärtig wird und dass den Menschen der Zugang zu Gott eröffnet wird; nicht zu irgendeinem Gott, sondern zum Gott, der am Sinai gesprochen hat, zu dem Gott, dessen Angesicht wir in der Liebe erkennen, die im gekreuzigten und auferstanden Christus bis zum Äußersten gegangen ist (vgl. Joh 13, 1). Liebe Brüder und Schwestern, betet Jesus Christus in euren Herzen an (vgl. 1 Petr 3, 15)! Habt keine Angst, von Gott zu sprechen und ohne Scheu die Zeichen des Glaubens zu zeigen, so dass vor den Augen eurer Zeitgenossen das Licht Christi erstrahlt, wie die Kirche in der Osternacht singt, in der die Menschheit zur Familie Gottes wird.

BEGEGNUNG MIT VERTRETERN AUS DER WELT DER KULTUR
ANSPRACHE VON BENEDIKT XVI.
Kulturzentrum „Belém“ − Lissabon
Mittwoch, 12. Mai 2010

Die Kultur spiegelt heute eine „Spannung“ wider, die bisweilen Formen eines „Konfliktes“ zwischen der Gegenwart und der Tradition annimmt. Die Dynamik der Gesellschaft setzt die Gegenwart absolut, indem sie sie vom kulturellen Erbe der Vergangenheit loslöst und nicht beabsichtigt, Zukunftsperspektiven zu entwerfen. Eine solche Aufwertung der „Gegenwart“ als Inspirationsquelle sowohl des individuellen als auch des gesellschaftlichen Lebensgefühls widerspricht der starken, zutiefst vom tausendjährigen Einfluss des Christentums geprägten kulturellen Tradition des portugiesischen Volkes und einem Bewusstsein globaler Verantwortung; diese ist im Abenteuer der Entdeckungen und im missionarischen Eifer, das Geschenk des Glaubens mit anderen Völkern zu teilen, zum Tragen gekommen. Das christliche Ideal der Universalität und der Brüderlichkeit hatte dieses gemeinsame Abenteuer inspiriert, auch wenn die Einflüsse der Aufklärung und des Laizismus spürbar geworden waren. Die besagte Tradition hat das hervorgebracht, was wir „Weisheit“ nennen können, d. h. ein Lebens- und Geschichtsempfinden, zu dem eine ethische Ordnung und ein „Ideal“ gehörte, das Portugal zu erfüllen hatte – dieses Land, das immer bemüht war, Beziehungen mit dem Rest der Welt zu knüpfen. (…) Dieser „Konflikt“ zwischen der Tradition und der Gegenwart drückt sich in der Krise der Wahrheit aus, aber sie allein kann für eine gelungene Existenz des Einzelnen wie des Volkes Orientierung bieten und den Weg vorzeichnen. Ein Volk, das seine eigene Wahrheit nicht mehr kennt, verliert sich schließlich in den Labyrinthen der Zeit und der Geschichte, ohne klar umrissene Werte und ohne deutlich ausgedrückte Ziele.
Liebe Freunde, in Bezug auf die Position der Kirche in der Welt muss mit großem Einsatz ein Lernprozess eingeleitet werden, durch den man der Gesellschaft hilft zu verstehen, dass die Verkündigung der Wahrheit ein Dienst ist, den die Kirche der Gesellschaft anbietet, indem sie neue Horizonte der Zukunft, der Größe und der Würde erschließt. (…) Für eine Gesellschaft, die mehrheitlich aus Katholiken besteht und deren Kultur zutiefst vom Christentum geprägt ist, erweist sich der Versuch, die Wahrheit außerhalb von Jesus Christus zu finden, als dramatisch. (…) Das Nebeneinander, das die Kirche in ihrem unverrückbaren Festhalten am Ewigkeitscharakter der Wahrheit, einerseits, und in der Achtung gegenüber anderen „Wahrheiten“ bzw. der Wahrheit der anderen, andererseits, erlebt, ist für sie eine Lehrzeit. In dieser dialogisierenden Achtung können sich der Vermittlung der Wahrheit neue Türen öffnen.
Es ist dies ein Augenblick, der unsere besten Kräfte, prophetischen Mut und die erneuerte Fähigkeit erfordert, „der Welt neue Welten aufzuzeigen“, wie Euer Nationaldichter sagen würde (Luigi di Camões, Os Lusíades, II, 45). Sie, die Sie Kultur in all ihren Formen schaffen, Gedanken entwickeln und die Meinungen bilden – „dank Ihres Talentes haben Sie die Möglichkeit, zu den Herzen der Menschen zu sprechen, einzelne und gemeinsame Sensibilitäten zu berühren, Träume und Hoffnungen wachzurufen und Horizonte von Wissen und menschlichem Engagement zu erweitern. (…) Und fürchten Sie sich nicht, sich der ersten und letzten Quelle der Schönheit zu nähern und in den Dialog mit den Gläubigen zu treten, mit denen, die sich wie Sie als Pilger in dieser Welt und in der Geschichte fühlen, unterwegs zur unendlichen Schönheit“ (Ansprache an die Künstler, 21.11.2009). (…)
Liebe Freunde, die Kirche sieht in der aktuellen Kultur ihren vorrangigen Auftrag darin, die Suche nach der Wahrheit und folglich nach Gott wachzuhalten; die Menschen dahin zu bringen, über die vorletzten Dinge hinauszublicken und nach den letzten zu suchen. Ich lade Sie ein, die Gotteserkenntnis zu vertiefen, ihn so zu erkennen, wie er sich in Jesus Christus für unsere vollkommene Selbstverwirklichung offenbart hat. Schaffen Sie Schönes, vor allem aber lassen Sie Ihr Leben zum Ort des Schönen werden. Möge die seit Jahrhunderten von den Seefahrern auf dem Ozean und heute von den Seefahrern auf der Suche nach dem Guten, nach der Wahrheit und nach der Schönheit verehrte Muttergottes von Bethlehem Ihre Fürsprecherin sein.

BESUCH DER ERSCHEINUNGSKAPELLE
GEBET VON BENEDIKT XVI.
Erscheinungskapelle − Fatima
Mittwoch, 12. Mai 2010

[Heiliger Vater:]
Maria, unsere Herrin und Mutter aller Männer und Frauen, hier bin ich, ein Sohn, der seine Mutter besucht in Begleitung einer Schar von Brüdern und Schwestern. Als Nachfolger Petri, dem die Sendung anvertraut wurde, in der Kirche Christi den Vorsitz in der Liebe zu führen und alle im Glauben und in der Hoffnung zu stärken, will ich zu deinem Unbefleckten Herzen die Freuden und Hoffnungen, die Schwierigkeiten und Leiden eines jeden dieser deiner Kinder bringen, die hier in der Cova da Iria zugegen sind oder uns aus der Ferne begleiten.
O liebenswerte Mutter, du kennst jeden bei seinem Namen, kennst sein Gesicht und seine Geschichte, du hast alle lieb in mütterlicher Güte, die vom Herzen Gottes selbst kommt, der die Liebe ist. Alle vertraue ich dir an und weihe sie dir, heilige Maria, Mutter Gottes und unsere Mutter.

BEGEGNUNG MIT DEN ORGANISATOREN DER SOZIALPASTORAL
ANSPRACHE VON BENEDIKT XVI.
Dreifaltigkeitskirche − Fatima
Donnerstag, 13. Mai 2010

Häufig ist es nicht einfach, das geistliche Leben und das apostolische Wirken auf angemessene Weise miteinander zu verbinden. Der von der vorherrschenden Kultur ausgeübte Druck – die eindringlich einen Lebensstil vertritt, der auf dem Gesetz des Stärkeren und auf dem schnellen und verlockenden Gewinn gründet – beeinflusst letztendlich auch unsere Art zu denken, unsere Projekte und die Perspektiven unseres Dienstes, so dass die Gefahr besteht, dass sie die Motivation des Glaubens und der christlichen Hoffnung verlieren, aus denen sie hervorgegangen sind. Die zahlreichen und dringenden Bitten um Hilfe und Unterstützung, die die Armen und Ausgestoßenen der Gesellschaft an uns richten, drängen uns dazu, Lösungen zu finden, die der Logik der Effizienz, dem sichtbaren Erfolg und der Werbung entsprechen. Dennoch, liebe Brüder und Schwestern, ist die erwähnte Verbindung von geistlichem Leben und apostolischem Wirken absolut notwendig, um Christus in der Menschheit zu dienen, die auf euch wartet. In dieser gespaltenen Welt bedürfen alle einer tiefen und echten Einheit des Herzens, des Geistes und des Handelns.

BEGEGNUNG MIT DEN BISCHÖFEN PORTUGALS
ANSPRACHE VON BENEDIKT XVI.
Konferenzsaal des Hauses „Nossa Senhora do Carmo“ − Fatima
Donnerstag, 13. Mai 2010

Der Papst muss sich immer mehr dem Geheimnis des Kreuzes öffnen und es als einzige Hoffnung und letzten Weg umarmen, um im Gekreuzigten alle, die als Menschen seine Brüder und Schwestern sind, zu gewinnen und zu versammeln. Dem Wort Gottes gehorsam, ist er berufen, nicht für sich selbst, sondern für die Gegenwart Gottes in der Welt zu leben. (…) Tatsächlich erfordert die Zeit, in der wir leben, eine neue missionarische Stärke der Christen, die dazu berufen sind, einen reifen Laienstand zu bilden, der sich mit der Kirche identifiziert und solidarisch mit der Welt ist, die einen komplexen Umgestaltungsprozess durchläuft. Es bedarf authentischer Zeugen Jesu Christi, vor allem in jenen menschlichen Bereichen, in denen das Verschweigen des Glaubens am meisten verbreitet und am größten ist: unter den Politikern, den Intellektuellen und den Medienschaffenden, die eine monokulturelle Sichtweise vertreten und fördern, die die religiöse und kontemplative Dimension des Lebens missachtet. (…)
Der katholische Glaube stellt im Empfinden vieler kein gemeinsames Erbe der Gesellschaft mehr dar und scheint oft eine Saat zu sein, die von den „Göttern“ und Herren dieser Welt bedrängt und verdunkelt wird, dann werden die Herzen nur schwer von bloßen Worten oder moralischen Vorhaltungen berührt werden und noch weniger von allgemein gehaltenen Verweisen auf die christlichen Werte. Der mutige und umfassende Verweis auf die Prinzipien ist grundlegend und unerlässlich; dennoch kommt die bloße Darlegung der Botschaft nicht in der Tiefe des menschlichen Herzens an, berührt seine Freiheit nicht, ändert nicht sein Leben. Das, was fasziniert, ist vor allem die Begegnung mit gläubigen Menschen, die durch ihren Glauben Zeugnis von Christus ablegen und die anderen zur seiner Gnade hinführen.

HEILIGE MESSE
PREDIGT VON BENEDIKT XVI.
Heiligtum in Fatima
Donnerstag, 13. Mai 2010

Zudem ist jenes aus der Zukunft Gottes kommende Licht, von dem die Hirtenkinder erfüllt waren, dasselbe Licht, das sich gezeigt hat, als die Zeit erfüllt war, und das für alle gekommen ist: der menschgewordene Sohn Gottes. Dass er die Macht hat, auch die kältesten und traurigsten Herzen zu entflammen, sehen wir an den Emmausjüngern (vgl. Lk 24, 32). Unsere Hoffnung hat daher eine reale Grundlage, denn sie beruht auf einem Ereignis, das in der Geschichte geschehen ist und sie zugleich übersteigt, nämlich Jesus von Nazareth. (…)Der Glaube an Gott lässt den Menschen offen werden für eine sichere Hoffnung, die nicht enttäuscht; er gibt ihm ein festes Fundament, auf dem er sein Leben furchtlos aufbauen kann; er verlangt von ihm, dass er sich vertrauensvoll der göttlichen Liebe überantwortet, von der die Welt getragen wird.

PREDIGT VON BENEDIKT XVI.
Großer Platz „Av. dos Aliados“, Porto
Freitag, 14. Mai 2010

Meine Brüder und Schwestern, ihr müsst zusammen mit mir Zeugen der Auferstehung Jesu werden. In der Tat, wenn in eurer Umgebung nicht ihr seine Zeugen seid, wer wird es an eurer statt sein? Der Christ ist in der Kirche und mit der Kirche ein in die Welt hinausgesandter Missionar Christi. Das ist die unaufschiebbare Sendung jeder kirchlichen Gemeinschaft: den auferstandenen Christus von Gott empfangen und der Welt anbieten, damit jede Situation der Schwächung und des Todes durch den Heiligen Geist in eine Gelegenheit des Wachstums und des Lebens verwandelt werde. Zu diesem Zweck werden wir in jeder Eucharistiefeier noch aufmerksamer auf das Wort Christi hören und das Brot seiner Gegenwart noch inniger genießen. Das wird uns zu Zeugen, mehr noch: zu Trägern des auferstandenen Christus in der Welt machen. Wir werden ihn in die verschiedenen Bereiche der Gesellschaft tragen und zu denen bringen, die dort leben und arbeiten; wir werden jenes „Leben in Fülle“ (vgl. Joh 10, 10) verbreiten, das er uns mit seinem Kreuz und seiner Auferstehung verdient hat und das die legitimsten Sehnsüchte des menschlichen Herzens stillt. Nichts drängen wir den anderen auf, aber immer schlagen wir es vor, wie Petrus uns in einem seiner Briefe empfiehlt: „Haltet in eurem Herzen Christus, den Herrn, heilig! Seid stets bereit, jedem Rede und Antwort zu stehen, der nach der Hoffnung fragt, die euch erfüllt“ (1 Petr 3, 15). Und am Ende fragen uns alle danach, auch diejenigen, die nicht zu fragen scheinen.
Aus persönlicher und allgemeiner Erfahrung wissen wir genau, dass Jesus der ist, den alle erwarten. Tatsächlich überschneiden sich die tiefsten Erwartungen der Welt und die großen Gewissheiten des Evangeliums in der unabweisbaren Sendung, die uns zukommt, denn „ohne Gott weiß der Mensch nicht, wohin er gehen soll, und vermag nicht einmal zu begreifen, wer er ist. Angesichts der enormen Probleme der Entwicklung der Völker, die uns fast zur Mutlosigkeit und zum Aufgeben drängen, kommt uns das Wort des Herrn Jesus Christus zu Hilfe, der uns wissen lässt: „Getrennt von mir könnt ihr nichts vollbringen“ (Joh 15, 5) und uns ermutigt: „Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt“ (Mt 28, 20) (Benedikt XVI., Enzyklika Caritas in veritate, 78).

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